Versuch einer Linneser Ortschronik.
Gewidmet meinem Enkel Kevin Alexander zu seinem 6. Geburtstag am 24. Februar 2004; verbunden mit dem Wunsch, daß er und alle meine Enkel eine friedlichere Zeit erleben werden, als die meisten ihrer Vorfahren.

Seltsam 
Von guten Menschen ward
aus der Vergangenheit
nur selten uns berichtet.
Doch solchen,
die der Menschen Zahl
durch Kriege ausgelichtet,
wurden Heldenepen
nachgedichtet!

Der Dichter dieser Zeilen ist mir leider nicht bekannt. Das Gedicht wurde mir von Herrn Manfred Schmidt übermittelt, der es bei einer vom Rodheimer Heimatverein zusammengestellten Ausstellung, gezeigt in Gleiberg im Rahmen des Gleibergfestes am ersten Septemberwochenende 2009, sah.
Das Gedicht erschien mir sofort sehr geeignet als Motto dieses Versuchs einer Ortsgeschichte, denn hier werden Sie keine geschichtsverfälschende Glorifizierung militärischer "Heldentaten" finden.
Hier wird versucht, alles zusammen zu tragen, was uns aus alten Urkunden und Aufzeichnungen über das Leben in Linnes überliefert ist.

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[Neues aus HADIS im Dezember 2014:]    

Bei einer Suche nach Urkunden zu unserem Ort im inzwischen ziemlich erweiterten HADIS ergab sich folgendes Ergebnis: 

Ortsname:

Treffer:

Lindes

0053

Lindehe

0003

Kleinlinden

0053

Klein-Linden

1141

Linnes

0004

Lyndis

0003

Lindis

0003

Lindisz

0001

Lyndehe

0001

Lyndee

0001

Kleinlindes

0053

Für die Zahl der Treffer wird von mir keine Garantie übernommen, denn die berechnet nicht der Computer; sie muß "per Hand" ausgezählt werden. 
Einige Urkunden erscheinen unter mehreren Ortsnamen. 
Bei den 1141 Treffern zu Klein-Linden ist eine Art Volkszählungsdatei von 1946 mit über 600 einzeln aufgelisteten Namen enthalten.  

Zu Lindes wurde eine Urkunde von 1254 im HStA Wiesbaden genannt.  Dazu teilte mir Frau Dr. Stößer mit: 
"In den oben genannten vier Aktenbänden zum Nassauischen Lehen der Familie Thom ist keine Abschrift einer Urkunde aus dem Jahr 1254 enthalten. Die Nennung dieser Jahreszahl stellte einen Schreibfehler dar, den ich mittlerweile korrigiert habe. Korrekt lautet die Zahl 1754.    

Unter Kleinlindes fand sich im HStA Marburg: 
Datierung 
1264 Juni  
Originaldatierung 
1264 mense junio
Vermerke
(Voll) Regest
Bernhard von Derinbach, Ritter verkauft dem Richolph genannt de Brath, Schöffen zu Wetzlar seinen Hof zu Kleinlinden.
Formalbeschreibung
Original, Pergament, 2 Siegel 1 zerbrochen
Druckangaben
Hessisches Urkundenbuch, I, 201
Die Urkunde kann im Internet angesehen und auch heruntergeladen werden. Auf der 2. Seite ist deutlich zu sehen, daß die Urkunde zu Lützellinden gehört:  

Im HStA Darmstadt findet sich bei Lindes und fast jedem anderen Ortsnamen:  HStAD
Identifikation
Titel
Kleinlinden
Vermerke
Enthält

·         Name:

·         790 Sigelingeslinden, 802 Sichiligeslinden, 817 Sichilinger marca sei Sigelindeslinden zum Andenken an Siegfrieds Mutter: Dilthey, Archiv für Hess. Geschichte 6 (1850), 205

·         Sigeslindeslinden, Sichelindes im cod. Lauresham. wohl Kleinlinden, Lindes 1280 bis heute Kürzung von S., 1276 Lindehe, 1291 Lyndee, 1293 Lyndehe, 1301 villa Lindees, 1320 Lyndehe, 1353 von dem Lindehes und zu dem Lindehis, 1280 minor villa dicta Lyndes, 1280 Lindes, 1287 Lyndes, 1291 Lindes, 1320 Lyndez, 1408 Lindis, 1422 ff. Lindis, Lindisz, 1615 Lindes:

·         von Schenk Archiv für Hess. Geschichte 14 (1876), 430

·         zuerst Lindehe (Arnsburger Urk. 344), dann Lindee (Arnsburger Urk. 164), später Lindes: Weigand, Archiv für Hess. Geschichte 7 (1853), 256

·         1333 in minori Linden: Nagel, Jahresber. Gießen 3 (1883), 15

·         1412 zu dem Lindes;

·         Gleiberger Zubehörbeschreibung: v. Ritgen, Jahresber. Gießen 2 (1881), 67

·         Lindis; Register 1476: Landau, Zeitschrift für Hess. Geschichte 1 (1837), 348

·         Kleine Lindes

·         Messbuch über das Hoch Frey Adeliche Fabricische Gut zu

·         Kleine Lindes 1744: Stadtarchiv Gießen

·         1759 Klein Linnes;

·         Bericht des braunschweigischen Leutnants Cleve: Wilbrand, Jahresber. Gießen 4 (1885), 15

·         Zehnte:

·         der zende zu dem Lindes solde zu malle gehören uff das slos Glyperg, wandt he was Merenbergs lehen, und ist an die Herrschaft (Nassau) gefallen, aftr Herrn Gernandt von Buchsecks Dode dem he pfandes stondt, und ist aftr der zyt alle Jare glich halb genommen von eins Lantgreben wegen und kommen in die Burg zu den Giessen, domit unsern Greben Philips unrecht geschiet.

·         Gleiberger Zubehör 1412: v. Ritgen, Jahresber. Gießen 2 (1881), 67

Erstaunlich ist die (neue) Zuordnung der frühen Urkunden von 790, 802 und 817 zu "wohl Kleinlinden"
Auf meine Frage zum Hintergrund dieser Zuordnung schrieb Archivoberrat Dr. Adler: 
"1. Bei dem von Ihnen vorgelegten Auszug aus HADIS handelt es sich um einen Teil der „Ortshistorischen Datensammlung Oberhessens“. Die Informationen stammen von Wilhelm Müller, der mit diesen Daten einen zweiten Band des „Ortsnamenbuches“ für Oberhessen publizieren wollte. Dabei sind die Angaben nur als Materialsammlung zu verstehen (Entwurf, ohne abschließende Redaktion).
2. Gerade für die frühen Nennungen von Linden (Großen-, Lützel, Klein-Linden) bestehen nicht unerhebliche Schwierigkeiten bei der richtigen Zuordnung. Da Müller jedoch ein Kenner der Materie war, besteht zunächst kein Anlass, an den vorgenommenen Identifikationen zu zweifeln.
3. Zur Problematik der Zuordnung verschiedener Erwähnungen der genannten Ortschaften ist einschlägig: Lutz Reichardt, Die Siedlungsnamen der Kreise Gießen, Alsfeld und Lauterbach in Hessen (Göppinger Arbeiten zur Germanistik; Bd. 86), Göppingen 1973, S. 236-238."
   

In einem Telefonat am nächsten Tag betonte Dr. Adler, daß die Zuordnung der frühen Urkunden von 790, 802 & 817 doch eher fraglich sei.  

Eine sehr klare und eindeutige Stellungnahme erhielt ich auf Anfrage von Herrn Prof. Ramge: 
"Es bleibt bei 1269 als Ersterwähnung KlLindens. Wilhelm Müller, ......, hat 1937 als ersten Band eines geplanten ‚Hessischen Ortsnamensbuchs‘ den (ausgezeichneten) Band 1 Starkenburg herausgebracht. Weiteres ist wegen seines Todes nicht erschienen. ...... Erkennbar ist: Er hat oberhess. Material gesammelt und versuchsweise ‚Sichelingslinden‘  KlLinden zugeordnet. Das war falsch.
Es besteht in der Forschung seit Kofler Übereinstimmung, dass sich ‚Sichelingslinden‘ auf die gut belegte Wüstung Langen-Linden nw. Kirchgöns bezieht (Glöckner in Cod.Laur. III, 202 Anm. u.ö.; Reichardt 237 f.). Nur Schenk zu Schweinsberg vermutet wegen des –a in  CL 3712a für 790 (Glöckner a.a.O.) Lindehe als Bezugsort. Da alle anderen Sichelingslinden-Belege aber –en als Endung haben, ist das nicht stichhaltig. Denn eines ist sicher : Lindehe ist sprachlich die Ausgangsform für Klein-Linden, wobei das –ehe einen Sammelbegriff herstellt (wie heute in Röhricht, Dickicht u.ä.). Klein-Linden ist also die ‚Siedlung am Lindengehölz‘; der Name hat mit den anderen –linden zunächst nichts zu tun, sondern wurde erst später in der Schriftlichkeit angepasst. Das –es in der heutigen Mundart ist eine andere Endung, mit der ebenfalls ein Sammelbegriff hergestellt wird: Erl-es, Buch-es ‚Erlen-, Buchen-Gehölz‘ und kommt in Flurnamen sehr häufig vor."    

Herr Dr. Bingsohn schickte mir Kopien der o.g. 3 Seiten aus dem Buch von Lutz Reichardt. 
Dieser nennt Sichelingslinden ebenfalls als älteren Namen von Langen-Linden.   

 Fazit nach kurzzeitiger Verwirrung: Es bleibt weiter bei der Ersterwähnung von LINNES im Jahr 1269.   
Besonders danken für die Hilfe zur schnellen Klärung möchte ich Herrn Professor Dr. Hans Ramge, Herrn Dr. Lars Adler und Herrn Dr. Wilhelm Bingsohn.

 Herr Dr. Prage, "Chef" des Stadtarchivs Gießen übersandte mir vor einiger Zeit Scans von Urkundenkopien aus dem Stadtarchiv, darunter auch: 

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[So begann die Chronik bis Dezmebr 2014 - und so bleibt sie nach der kurzzeitigen Verwirrung wegen angeblich älterer Urkunden weiter gültig:]   

Über die vermutliche Entstehungszeit unseres Ortes schreibt Rudolf Weigel auf Seite 3 in seiner umfangreichen Arbeit "Zu der Geschichte Klein-Lindens" als Ergebnis seiner Auswertung der ältesten bisher bekannten Urkunden:
Da sich das Zehntgut außerdem in den Händen von Laien befindet, könnte man versucht sein - die Schenkung an die Kirche vorausgesetzt - die Entstehungszeit der Zehnt oder Vogtei vor das Jahr 1122 zu legen. In diesem Jahr wurde durch das Wormser Konkordat (Investiturstreit) die Überlassung von kirchlichen Zehnten an Laien verboten.
Forscher, die in dem Ort "Sichelingeslinden", der 801 in einer Urkunde des Kloster Lorsch genannt wird, unser Lindes sehen, gehen wahrscheinlich fehl.

Friedrich Wilhelm Weitershaus schreibt zur Entstehungszeit von Linnes in seinem Buch "Klein-Linden - Geschichte und Gemarkung" auf Seite 21:
Aufgrund des sprachgeschichtlichen Vergleichs mit anderen Orten gleicher Namenform läßt sich zusammenfassend sagen, daß Lindehe/Lindes als "Waldsiedlung in einem Lindenstück" zwischen dem 9. und 12. Jahrhundert entstanden sein kann - im lichten Mischwald aus vorwiegend Eichen und Hainbuchen zwischen dem Rand der Lahnaue und dem Lückebach bzw. Kleebach.

Bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts können wir über unseren Heimatort nur aus den noch erhaltenen Urkunden etwas erfahren; meistens ist hier aber nur durch direkte und indirekte Nennung dokumentiert, daß unser Ort existiert hat.
Mit Beginn des 17. Jahrhunderts erfahren wir aus verschiedenen Quellen (siehe unten) etwas mehr. Für Linnes kommen ab ca. 1650 die Kirchenbücher und das "Protocollum Vigelii" als weitere Quellen hinzu.

Urkunden, in denen Linnes direkt oder indirekt genannt wird.

Die älteste bisher bekannte Urkunde, in der Linnes erwähnt wird, trägt das Datum 1269 Dez. 13.  
Die Abschrift findet sich im Wetzlarer Urkundenbuch, Nr. 90, unter der (falschen) Überschrift:
Verpachtung von Stiftsgut zu Selters an Konrad von Linden.
Der Text lautet in der Abschrift des Wetzlarer Urkundenbuches: 

 Gysilberhtus decanus totumpue capitulum ecclesie Wetflariensis. Tenore presentium recognoscimus et constare cupimus universis, quod pari consensu et unanimi voluntate predium nostrum apud Seltersse situatum cum curia eidem pertinente, quod hucusque Conradus filius Lye de Seltersse iure colonario possedit et nobis de ipso quatuor solidos Colonienses et duos leves denarios in Epyphania domini singulis annis solvit, duos pullos, solidum levem pro ove et IIII denarios leves pro piscibus, ad liberam resignationem euisdem Conradi Lye videlicet Conrado civi in Gyzen dicto de Lindehe eodem iure colonario locavimus pro memorato censu nobis annis singulis persolvendo. Postquam autem idem Conradus de Lindehe viam universe carnis ingressus fuerit, recipiemus in bonis eisdem prout est consuetudinarium optimale et heredes sui nichil causabuntur super predio antedicto, sed ad nostram ecclesiam libere et sine contradictione quorumlibet revertetur. Astringit etiam se idem Conradus, quod bona eadem nimini locabit, sed propriis equis colet, alioquin sibi facta locatio irritatur. Ut autem hec robur obtineant firmitatis, presentibus nostre ecclesie sigillum una cum sigillo universitatis in Gyzen duximus appenendum.
   Actum Wetflarie in die beate Lucie virginis anno domini MCCLXIX.
  
Wi. Abt. 90 Nr. 263.  Ausf. Perg.  Von den 2 abh. Siegeln das der Stadt Gießen erh. (besch.)  Rückvermerk (14./15. JH.) dominorum tantum.
   a)  So Original.

1269, 13. Dezember: Conradus filius Lye de Seltersse ... Conradi Lye videlicet Conrado civi in Gyzen dicto de Lindehe eodem ... Conradus de Lindehe ...
(Wetzlarer UB II, Nr. 90; die Überschrift der Urkunde "Verpachtung von Stiftsgut zu Selters an Konrad von Linden" ist falsch wiedergegeben, die Registerangabe richtig).
[Klein-Linden - Geschichte und Germarkung von Friedrich Wilhelm Weitershaus; S. 26.] 

Bedeutung der Urkunde nach Rudolf Weigel, Seite 4:
Damals verpachtet "Gyselberthus
decanus totumque capitulum ecclesie Wetflariensis (= der Vorgesetzte des ganzen Wetzlarer Kapitels) Stiftsgut, das bei Selters gelegen ist, mit dem Kuriengebäude an Conrado civi (Bürger) in Gyzen dicto [genannt] de "Lindehe". Das Gut hat vorher Konrad, der Sohn des "Lye" (Frau?), von Selters besessen. "Conrado de Lindehe" übernimmt es mit denselben Verpflichtungen und muß nach kölnischem Recht 4 solidos kölnisches Geld und 2 leichte Denare in der Epiphaniaszeit jährlich abgeben. Dazu kommen noch 2 Hühner, 1 leichter solidos für ein Ei und 4 leichte Golddenare für Fische (zum freien Verzicht des Konrad von Selters). Konrad von Lindehe darf die Güter keinem anderen überlassen, sondern muß sie durch eigene Pferde bebauen. Er wird sich im übrigen durch eine gemachte Verpflichtung oder Verpachtung nicht irren lassen (??). Nach seinem Tod fällt das genannte Stiftsgut frei und ohne Bindung an die Kirche in Wetzlar zurück.
Siegler: Die Stadt Gießen und die Kirche zu Wetzlar.

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Es folgen einige Zitate aus weiteren Urkunden, in denen Linnes oder Personen aus Linnes genannt. werden. Personen, die den Zusatz de Lindehe (oder ähnlich) im Namen führten, müssen aber nicht mehr unbedingt in Linnes gelebt haben.
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 1276 (11. April) [Urkundenbuch Arnsburg, Nr. 152.]  
Nos: Hermannus et Wintherus, filii Hermanni militis de Vroidesbrath -- nouerint -- quod nos iam dicti fratres, deliberacione prehabita, communicatis manibus paripue consensu, omni iuri, omni actioni et impetitioni, quam habuimus uel habere poteramus aduersus abbatem et conuentum in Arnspurg, tam super bonis in villa Rockenberg sitis, que apud dominum Fridericum de Marpurg beate memorie hactenus comparauerunt, quam super bonis aliis in quocunque loco sitis, seu eciam rebus quibuscunque, mobilibus uel immobilibus, renunciauimus pure et simpliciter propter deum.
     Testes: Adolfus de Huchelnhem. Hedenricus de Elkerhusen. Gernandus de Sualebach. Waltherus Slune. Eckehardus et Synandus fratres. Gernandus filius Ger. de Sualebach. Gilebertus Boppo. Cvnradus de Kincenbach, milites. Herbordus de Garwartheich. Gerlacus pistor. Herbordus de Lindehe. Gerlacus Dragevleisch, scabini. Meingotus caupo. Conradus de Lindehe et a. q. pl.
     Act. a. d. M.CC.LXXVI. iii idus aprilis, iuxta capellam in Gizen.
     Vt autem huius rei ueritas rata et inconuulsa permaneat, presentem litteram ciuitatis in Gizen, Adolfi de Huchelnheim
, Walteri dicti Slune et Synandi de Buchesecke, militum predictorum, sigillis eidem abbati in Arnspurg et conuenti suo dedimus roboratum.
    
(Die Siegel hängen an blau, weiß und rothen Schnüren und sind wohl erhalten. Das dreieckige Siegel Adolf´s zeigt oben einen sogenannten Rechen und unten ein der Spitze des Schildes eine Lilie, mit der Umschrift: SIGILLVM. ADOLFI. DE. HVCHELHEIM.  Das dreieckige Siegel Walters zeigt drei Lindenblätter und führt die Umschrift: S. ..LTHERI. SLVNE.  Das zirkelrunde Siegel Sinands hat das Buseck´sche Wappen, mit der Umschrift: S.´ SINANDI. DE. BVCKESECO.)

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1280  Der Erzbischof von Mainz belagert Gießen, wobei Heuchelheim stark zu leiden hat.  
[Zeittafel zur Geschichte Heuchelheims - Zusammengestellt von Otto Henkelmann II. in "Heuchelheim in Wort und Bild", 1961, S. 142-144.]
Es ist nicht bekannt, ob auch unser Linnes hier betroffen war.
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1280, 25 Juli Landgraf Heinrich der I. zu Hessen schenkt dem Kloster Arnsburg 1 mansus in minori villa dicta Lindes .....
(StA Da, Urk. Oberhessen; Baur, Arnsburger UB, Anhang Nr. 100; Scriba, Reg. Nr. 720).
[Klein-Linden - Geschichte und Germarkung von Friedrich Wilhelm Weitershaus; S. 26.] 

1280, 25. Juli
Der Landgraf Heinrich der I. schenkt dem Kloster Arnsburg "einen mansos in minori villa dicta Lindes". Dieser Schenkung geht eine Verzichtleistung des Ritters Gottfried von Linden, Burgmann in Gießen, voraus. Als Entschädigung erhält er Wiesen zu Steinberg oder Zahlbach zu Lehen. Zugleich bekommt Gernand von Schwalbach einen Hof zu Croppach.

[Rudolf Weigel; Seite 9. Quellenangabe: Scriba, H. E. - Regesten der bis jetzt gedruckten Urkunden zur Landes- und Ortsgeschichte des Großherzogtums Hessen, Darmstadt 1847-1854, Nr. 720.]

Bei der Schenkung des Landgrafen Heinrich I. an das Kloster Arnsburg (siehe dort) werden als Zeugen genannt: Johannes Dominus Merlowe, Eckehardus de Buchesecke (Burgmann in Gießen), Richolfus de Kinzenbach und Johannes de Buchesecke, milites. Wilhelm, filius adolfi de Huchelnheim und Konrad Heinrich domino de Saasen, scabinis Grunebergensis.
Die Frage, wer zu dieser Zeit den Zehnten in Lindes besessen hat, kann nur gestellt werden.
    Gottfried von Linden verzichtet auf Rechte in Lindes. Er ist der Bruder Macharius III. von Linden, der 1275 die Hälfte des Gerichts "Inmehabe"
    verkauft hat.
    Dem Merlauer gehören damals die Zehnten in Selters, Megersheim und Allendorf.
    Hat es eine Bedeutung, wenn Johannes von Buseck als letzter von den "milites"-Zeugen genannt wird?
 
[Rudolf Weigel; Seite 11.]

Bei Scriba, siehe obige Quelle, lautet der Text:
1280, Juli, 25.
Landgr. Heinrich I. zu Hessen schenkt dem Kl. Arnsburg 1 Mans. in Minori villa, dicta Lindes, (Kleinlinden, Schmidt, Gesch. d. Grossh. Hess. I, 239. §. 23. Lützellinden. Abicht, Wetzlar II, 54.) nach erfolgter Resignation des Rit. Gottfried v. Linden darauf, welcher zur Entschädigung dafür Wiesen zu Steynberg als Lehen empfängt, wobei er zugleich auch weiter dem R. Gernand v. Schwalbach einen Hof zu Croppach verleiht.
D. in die bti. Jacobi ap.
   Guden. C. D. III, 1159.  N. C. Dipl. 697.

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1285 märz 7. [Wyss 3, Nr. 1370.]
Die kanoniker zu Schiffenberg verpachten den brüdern Wilher und Ludwig von Kroppach eine hube daselbst.
                              1285  märz  7.

 Noverint universi presentium inspectores, quod nos .. prepositus et conventus canonicorum regularium in Schiffenburg, sana deliberatione prehabita, de communi consilio et consensu nostro concessimus et concedimus per presentes Wilhero et Ludewico fratribus de Cruppach nostrum et ecclesie nostre mansum apud Cruppach situm cum omnibus pertinentiis et iuribus suis iure colonario quamdiu vixerint possdendum.   De quo nobis ......

.............. Testes huius rei deputati sunt: dominus Walterus canonicus ecclesie Wetflariensis, Gernandus iunior et Eckehardus frater suus milites de Gyzen; item Gotsalcus de Wilrispach, Gerlacus dictus Dragefleis et Conradus de Lindehe, scabini ibidem; item Heinricus dictus Grennich et Heinricus dictus Schurweder, cives Wetflarienses.
           Datum anno domini m°.cc°.lxxxiiii°, nonas martii.   
[Warum ist im Titel dann "1285" angegeben?]
          
Aus orig.-perg. in Marburg (deutscho.). Von den beiden Siegeln hängt nur noch ein stück des ersten an.

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 1285 (7. März.) [Urkundenbuch Arnsburg, Nr. 1225.]
    Notum sit  -  quod ego Arnoldus cognomento Kalp omnia bona sita in Langengunse, videlicit quator mansos et vnam curiam, cum omnibus eorum pertinenciis et juribus, quo hactenus possedi nomine et concessione ecclesie in Arnesburg, .............

    Testes: Eckehardus de Bugesecke et Ruzere, fratres. Burchardus et Giselbertus, fratres cognomento Vituli. Ludewicus dictus Schurensloz villicus in Gyzen. Gerlacus dictus Tragefleisch. Cunradus de Lindehe et Godescalcus, scabini ibidem et a. q. pl.
     Facta est autem hec resignatio in Gyzen, in cimiterio penes capellam.
     Dat. a. d. M.CC.LXXXV, nonas martii.
(Gesiegelt hat die Stadt Giessen. Das Siegel hängt unverseht an.)
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 1287 (26. Febr.) [Urkundenbuch Arnsburg, Nr. 210.]
     
 Quum omnes actus hominum  -  hinc est, quod nos Philippus et Godefridus fratres dicti de Lynden, milites, et Godefridus, filius meus, notum esse cupimus - nos mansum nostrum situm in Selterse, talem, quem habebat a nobis siue possederat Wickardus quondam dictus de Selterse bone memorie, quem Adelheidis, sua relicta, a nobis pro xii marcis vsualis monete comparuit, predictum mansum prefate Adelheidi et Henrico filio suo temporibus vite sue vnanimi consensu dimmittimus possidendum.  De  ..............

      Testes: Emberko miles dictus de Wolfskele. Cunradus de Kunzenbach. Richolfus de Kunzenbach, fratres castrenses. Conradus dictus de Lyndes. Lodewicus pistor. Gerlacus pistor. Heckardus sutor. Gerlacus Dragefleith et a. q. pl.
      Dat. in Gyzen, a. d. M.CC.LXXXVII. iiii kal. marcii, fer. sec. prox. a. fest. cathedre s. Petri apost.
     
(Die Siegel der Stadt Gießen und Philipps von Linden hängen an Pergamentstreifen unverseht an.  Das dreieckige verzierte Siegel des Letzteren führt die Umschrift: S.´ PHILIPPI. DE.
        LINDEN.)

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 1291 (19. Mai.) [Urkundenbuch Arnsburg, Nr. 236.]
      
Ego Wernerus miles de Lutzelenlinden et Isengardis, vxor mea - notum facimus - quod pari uoto et consensu mutuo uendidimus uero proprietatis tytulo bona nostra omnino propria in terminis ville Langengunsen sita, in omni iure ac libertate, qua ea hactenus possedimus, venerabilibus in Christo nobis dilectis domino abbati et conuentui monestarii de Arnesburg, cist. ord., mogunt diocesis, ................

       Testes: Gernandus de Sualebach et Gernandus filius ejus. Eckehardus et Synandus fratres de Bugesecken. Henricus Amung. Cuno Halbir. Eberhardus de Huchelnheim et Hermannus Lesche, testes et fideiussores premissorum. Cunradus de Lindes. Gerlacus cognomento Tragefleis. Gerlacus dictus Suerzel et a. q. pl.
       Act. et dat. M.CC.XCI. in die Potentiane.
      
(Gesiegelt hat die Stadt Gießen, deren Siegel wenig beschädigt an Pergamentstreifen anhängt.)         Orig.
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 1291 (8. Aug.) [Urkundenbuch Arnsburg, Nr. 237.]
      
Nos Heinricus et Cunradus fratres cognomento Glumpe  -  recognosciumus  -  quod dabimus venerabilibus et religiosis viris domino abbati et conuentui monasterii de Arnesburg, ratione bonorum in Lyndee nobis ab eisdem concessorum, duo maldra siliginis et sex mestas mensure wetflariensis, in eodem opido circa festum beati Mychaelis annis singulis presentanda. Item septem solidos leuium et sex denarios currentis et legalis monete in Epyphania domini in ipso claustro assignandos. Quod si facere neglexerimus utrumque, sicut est premissum, ex tunc liberam facultatem habebunt, ipsa bona a nobis requirendi, et suis usibus usurpandi, sicut mos est curie, in quam attitent bona memorata, et nos promisimus et tractatum fuit uor den husgenozen.
      Testes: Eckehardus et Synandus fratres de Bugesecken. Gyselbertus Poppo. Wernerus de Linden, milites. Cunradus de Lyndee. Siffridus Gramuz. Heinricus Opperkuche et a. q. pl.
      Act. et dat. a. d. M.CC.XCI. in die b. Cyriaci.
     
(Gesiegelt hat die Stadt Gießen.  Das Siegel hängt beschädigt an einem Pergamentstreifen an.)         Orig.
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 1293 (9. Juni.) [Urkundenbuch Arnsburg, Nr. 252.]
     
Notum sit  -  quod ego Sifridus, filius quondam Wernheri milites de Hattenrod, et Alheydis, vxor mea, pari consensu, vnanimi voluntate, nec non et communicatis manibus, vendidimus honorabilibus viris domino abbati et conuentui monasterii de Arnesburg, nec non et eorum successoribus, nomine sui monestarii duas curias, sitas in predicta villa Hattenrode, cum ...........

     Testes: Dominus Didericus plebanus in Gyzen. Eberhardus de Huchelinheym. Richolphus de Kincenbach. Giselbertus Boppo, milites. Gerlacus dictus Drefleys. Lvdewicus pistor. Cvnradus de Lyndehe. Gerlacus Swerce, scabini in predicta ciuitate Gyzen.
    
Act et dat. in Gyzen, a. d. M.CC.XCIII. in die Primi et Feliciani mart. beator.
    
(Gesiegelt hat die Stadt Gießen.  Das sehr beschädigte Siegel hängt an blau leinener Schnur.)        Orig.

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1295, 23. Juli
Diese Urkunde spricht von "Cuno miles de Gyzen bona in Lindehe". Sie ist gesiegelt von der Stadt Wetzlar und trägt die Aufschrift: ... Conradi de Lindehe.

[Rudolf Weigel; Seite 8. Quellenangabe: Baur, Ludwig - Urkunden d. Kl. Arnsburg, Nr. 1225.] [Nr. 1225 ist datiert "1285 (7. März)" siehe oben; nach Weitershaus muß es Nr. 1227 sein.] [Nr 1227 lautet.]

1295 (23. Juli)
Ego Hartradus dominus de Merinberg notum facio - quod Cuno miles de Gyzen bona in Lyndehe et alibi, de quibus Albertus de Lundorf ipsum impetit, a me tenet in feodo, et quod eadem bona a me et a meis praedecessoribus juste proveniunt et descendunt.*)
  Dat. Wetflariae, a. d. M.CC.XCV, in crast. b. Mariae Magdalenae.
                               (Vid. der Burgmänner in Calsmunt v. J. 1321.)
*) Aufschrift: per hanc literam removetur impetito Gele Volzin de Gruninberg, filie Alberti de Lundorf, nurus Conradi de Lyndehe.


1295, 23. Juli
In der Wetzlarer Urkunde macht "Hartradus dominus de Merinberg" bekannt, daß "Cuno miles (Ritter) de Gyzen" begütert in Lyndehe und anderswo, von "Albertus de Lundorf" zuweilen bedrängt wird. Dies geschieht jedoch zu Unrecht, da Cuno die Güter von Hartrad und dessen direkten Vorgängern erhalten hat.
Die Urkunde trägt die Aufschrift: Zurückweisung der Forderung der "Gele Volzin de Gruninberg, filis (Tochter) Alberti de Lundorf, nurus (Schwiegertochter) Conradi de Lyndehe.

[Rudolf Weigel; Seite 12. Quellenangabe: 38: Wiese, E. - Urk. d. St. Wetzlar, Bd. I., Nr. 822.][Unter der Quellenangabe nicht gefunden.]

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1298,
Conrad Munzer, Bürger zu Wetzlar, überweist seinen drei Töchtern, Nonnen auf dem Schiffenberg, und nach ihrem Tode dem Kloster einen Zins. Dabei wird von dem "Lindes Velde" gesprochen: "in molendino quod dicitor zume Lo pretum quod dicitor de prede Wiese, duo prata, que dicuntur in dem Vorste, cum prato, quod dicitur in deme Lindes Velde".
[Rudolf Weigel, Seite 4; Quellenangabe: Hepding, G. - Zur Ortsgeschichte von Großen-Linden - MOV, Jgg. 1903, Band 12.]
[Dort findet sich auf Seite 71:]
  1298 Juli 12 überweist Conrad Munzer, Bürger zu Wetzlar, seinen Töchtern Christine, Hedwig und Gertrud, Nonnen zu Sch.[Schiffenberg], und nach ihrem Tode ihrem Kloster alle Güter zu Linden und in Lützellinden, sowie einen Zins (pensionem) in molendino, quod dicitur zûme Lo, pratum quod dicitur die preede wiese, duo prata, que dicuntur in deme Vorste, cum prato, quod dicitur in deme Lindes velde 68).
68) W. III Nr. 1387 und B. I 224 Nr. 308.
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1300, 18. Februar
Das Kloster Altenberg überweist der Stadt Wetzlar einige Zinsen, wogegen die aufgezählten Güter des Klosters steuerfrei bleiben sollen. Unter den Zinsen befindet sich der "domo (Haus) Hildegardi de Linde(s), site in der Loingassen (zu Wetzlar), 18 solidos coloniensium".
[Rudolf  Weigel, Seite 4; Quellenangabe: Wiese Ernst - Urkundenbuch der Stadt Wetzlar, Bd. I - Veröffentlichungen d. Hist. Kommission für Hessen und Waldeck, 1911, Nr. 464.]

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1300 märz 28. [Urkundenbuch der Stadt Wetzlar, Bd. 1; ed. Ernst Wiese, Marburg, 1911; Nr. 466.]

Die Wetzlarer bürger Werner und Sanne, eheleute, dotieren einen von ihnen gegründeten altar in der Wetzlarer stiftskirche. Besiegelt von stift und stadt Wetzlar.

 Noverint universi, ad quorum noticiam, quod nos Wernherus et Sanna conjuges, civis Wetflarienses, ....
....... de quadam domo sita in Gizen, quam nunc Lodewicus, opidanus in Gizen, dictus der Murere et Gerdrudis, uxor ejus, inhabitant, nomine annui census, pro quo titulo subpignoris seu ypothece, quod vulgariter underpant dicitur, duo agri, unus situs in der Auwe, alter apud villam, que Lindee dicitur, sunt firmiter obligati; item de omnibus nostris bonis apud Lindee sitis octo maldra siliginis, duo anseres et duo pulli annis singulis persolventur; ........
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1301 mai 23. [Wetzlarer Urkundenbuch, Nr. 495.]

Die Wetzlarer bürger  Bertholdus de Lindees dictus Nopelere und seine ehefrau Elizabet verkaufen den kanonikern und nonnen zu Schiffenberg die erbleiherechte an deren gütern zu Kleinlinden.
Presentibus ..... domino Theoderico, scolastico Wetflariensis ecclesie, Heinemanno, filio quondam Gerberti, Rulone Reyge, scabinis, Conrado dicto Munzere, Gerlaco dicto Cimmerman, civibus Wetflariensibus, et aliis quampluribus fidedignis, ad hoc specaliter pro testibus requisitis et rogatis.
Siegler: die stadt Wetzlar, - 1301 mai 23.
Darmstadt, Kleinlinden, ausgef. perg.  Rest des siegels hängt an (1).
Marburg, abschrift des Marburger kopialbuchs in Wien nr. 601 (2).
Marburg, fragment eines Schiffenberg kopiars p. 37 (unvollständig) (3).
Wyß III, 366 nr. 1391 nach 2.

 Die Urkunde ist bei Wyss 3 unter der Nr. 1391 in einer Originalabschrift zu finden. Die zusammenfassende Überschrift des Verfassers lautet:
Berthold Nopeler von Lindes bürger zu Wetzlar verkauft den kanonikern und nonnen zu Schiffenberg seine erbleiherechte an deren gütern zu Lindes (jetzt Kleinlinden).

 Auszüge aus der Urkunde:

Omnibus ac singulis presentium litterarum perceptoribus innotescat, quod ego Bertholdus de Lindees dictus Nopeler civis Wetflariensis communicata manu Elisabeth uxoris mee legitime vendidi, dedi, ....

... omnia bona mea sita in villa Lindees tam in villa quam extra in pratis, campis, pascuis, nemoribus, cultis et incultis vel quocunque nomine censeantur, ..........

   Actum et datum anno domini m.ccc.i., feria tertia post festum pentecostes. 
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1302 märz 26. [Wetzlarer Urkundenbuch, Nr. 519.]

 Amilius, armiger de Gizen, und seine ehefrau Jutta verkaufen ihre güter zu Ebersgöns, die ihnen bisher quatuor solidos coloniensium, maldrum caseorum de valore trium solidorum et sex denariorum coloniensium, duas metretas olei, quatuor anseres, totidem pullos et duos cappones carnisprivialis
zu Bartholomäi
(August 24.) zinsten, gegen elf mark kölnische pfennige an die Wetzlarer bürger Wernhero und dessen ehefrau Sanne, welche diese einkünfte ad luminaria altaris in honorem sancti Johannis baptiste per nos in ecclesia Wetflariensi de novo constructi
schenken neben allen ihren gütern zu Giessen und bei Kleinlinden (Lindee).  Vor den Wetzlarer schöffen Hartrado Blidone, Heinrico[!] filio advocati, Hermanno Felice et Conrado de Kazzinvort, u. a.  
Siegler: das stift und die bürger von Wetzlar. - 1302 märz 26 (7. kal. april.).
 Wetzlar, staatsarchiv, Allmenrödersche sammlung, ausfert. perg. Das erste siegel hängt beschädigt an, das zweite fehlt.

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1304 wird eine Kapelle in Lindes erwähnt:
Otto I. räumte 1304 dem Prämonstratenserinnenkloster Altenberg bei Wetzlar das Vorschlagsrecht
[für die Besetzung der Pfarrei Heuchelheim] ein. Die damaligen Pfarrer mußten auch in den Kapellen zu Kinzenbach, Lindes, Allendorf, Atzbach und Launspach Messe lesen.
[Die Pfarrgemeinde Heuchelheim von Pfarrer Dr. W. E. Zwingel, Heuchelheim, in Heimatbuch für das evangelische Dekanat Giessen 1954. Leider fehlt eine Quellenangabe; vmtl. nach Urkunden des Klosters Altenberg.]
 [In dem 2000 von Dr. Albert Hardt veröffentlichten Urkundenbuch der Klöster Altenberg (Lahn-Dill-Kreis) Dorlar (Lahn-Dill-Kreis) Retters (Main-Taunus Kreis) erscheint diese Urkunde nicht. Bei einem längeren Telefonat konnte sich der Autor nicht vorstellen, wo die Urkunde sein könnte.]  

Eine wesentlich stärkere Anbindung von Linnes an Heuchelheim als an Großen-Linden, wo unser Ort später durch einen "Privatvertrag" kirchlich angebunden war, läßt sich familiengeschichtlich noch sehr lange belegen. Nach 1652, Beginn der Kirchenbucheinträge, kommen noch lange viele alte Linneser Familien aus Heuchelheim. Die Familien Weller, Neidel, Germer, Volkmann u. a. kommen alle von Heuchelheim nach Linnes. Die Eckhardt, Harger u. a. leben schon länger in beiden Orten.
Aus Großen-Linden stammt im 17. Jahrhundert nachweislich nur der Kirchensenior Velten Wagner, dessen einziger bekannter männlicher Nachkomme aber aus Linnes wegzog oder früh verstarb. Daß der Hofmann Cloß Weigel aus Großen-Linden stammt, wie vielfach vermutet wurde, kann bisher nicht belegt werden; ist sogar nach den bisher bekannten Akten eher unwahrscheinlich.
Erst im 19. Jahrhundert kamen z. B. die Bernhardt und Faber von Großen-Linden nach Linnes.
Von Linnes aus nach Heuchelheim gingen Lenz und und viele Töchter der Familie Jung u. a. .
Von Linnes nach Großen-Linden gingen z. B. die Maurerfamilie Größer.

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1317 oktober. [Wetzlarer Urkundenbuch, Nr. 913.]

 Happlo dictus Spiesheymer und Alheydis, eheleute, bürger zu Giessen, verkaufen Mechthildi, witwe Conradi dicti Schuffegerne de Gießen, ein malter korn wetzlarer mass jahreszins, lieferbar nach Wetzlar zwischen Mariä himmelfahrt (August 15.) und geburt (September 8.); nach deren tode fällt der zins an dechant, kanoniker und vikare der Wetzlarer kirche zu der käuferin und ihres † ehegatten anniversar. Der zins ist fällig aus einer halben hufe, genannt zu dem Keczilringe zu Kleinlinden (Lindes) und allen dazu gehörigen gütern. Die Güter zinsen Gude, relicte quondam Richolffi, filii Heynemanni Gerberti, scabini Wetflariensis, sechs metretas korn, 21 kölnische pfennige und ein fastnachtshuhn. Die aussteller bescheinigen den empfang der kaufsumme von sechs mark weniger einen ferto pfennige.
Zeugen:
Cuno dictus Halbir, Theodericus dictus Schizcesper, milites, Eckardus et Gerlacus Ludewici, castrenses et scabini dicte civitatis,
u. a.
Siegler: die stadt Giessen. - 1317 oktober.
 Wetzlar, stiftsarchiv, kopialbuch f. 42.
 

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1320, 10. August
Die Eheleute Gobeln u. Yrmentrudis, die Schwester Cusa mit ihrem Sohn Hermannus - anscheinend Nachkommen der Yrmentrudis, gen. Krebis, - haben Besitz in Lindehe. Sie setzen im Schreiben außeinander mit "Cunonem militem dictum Halber et monasterium (Kloster) Arnsburg.
Siegler ist die Stadt Gießen.
   
[Rudolf Weigel; Seite 9. Quellenangabe: Baur, Ludwig - Urk. d. Kl. Arnsburg, Nr. 597.]

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1329, 29. Juni: Hartmann gen. Stukir von minori Linden (Lützellinden) verkauft ... Gefälle von Gütern zu Bulgesheim apud villam minus Linden (Klein-Linden) (Baur, Hess. UB II. Nr. 606, S. 394). [Klein-Linden - Geschichte und Germarkung von Friedrich Wilhelm Weitershaus; S. 26.]

Bei "Scriba, H. E. - Regesten der bis jetzt gedruckten Urkunden zur Landes- und Ortsgeschichte des Großherzogtums Hessen, Darmstadt 1847-1854, Nr. 4021" findet sich zu dieser Urkunde:
1329, Juni, 29.
*Hartmann gen. Stukir v. minori Linden, verkauft mit Zustimmung seiner Frau Hadewig der Gertrud, Tochter weil. Hartmuds in maj. Linden, benannte Gefälle von Gütern zu Bulgesheim apud villam minus Linden.
D. in die b. Petri et Pauli apost.
-- Ibid. II, 394. Nr. 606.
 
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Scriba, H. E. - Regesten der bis jetzt gedruckten Urkunden zur Landes- und Ortsgeschichte des Großherzogtums Hessen, Darmstadt 1847-1854, Nr. 4061. [Im Ortsregister wird auch diese Urkunde unter "Kleinlinden" angegeben:]

1333, Aug., 9.
*Eckhard miles de Lynden u. Osterlindis conjuges bekennen mit Erlaubniss des Abtes u. Conventes zu Arnsburg ihre Güter zu minori Lynden, welche Gerwin Snabil baut, verkauft, die von solchen aber an das Kloster zu leistende Rente auf einen halben Mansus daselbst übertragen zu haben.
D. in vig. b. Laurentii mart.
-- Ibid. II, 415. Nr. 647.

[Nach der Zuordnung im Ortsregister scheint Scriba unter "minori Lynden" Klein-Linden zu verstehen, während Weitershaus "minus Linden" mit Klein-Linden und "minori Linden" mit Lützellinden gleichsetzt; siehe 29.06.1329.] 
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1333 Aug. 24. [Wetzlarer Urkundenbuch, Nr. 408.]

 Castrenses, scabini totaque universitas opidi Gyszen beurkunden, daß Happelo dictus Spyezheimere, Syfridus, Iohannes et Isendrudis sui liberi vor ihnen die Güter auf den Gemarkungen Gießen und Lyndehe cum duabus curiis in villa Seltyrse, die sie bisher vom Stift Wetzlar iure colonario für eine Rente besaßen, cum omnibus et singulis melioracionibus ac structuris, si que sunt vel essent, dem Stift zurückgegeben haben.

Zeugen: die Gießener Schöffen Crafto de Rudenhusen und Eckardus Dreflez u. a.
Siegler:  Stadt Gießen.  -   1333 ipso die b. Bartholomei ap.
 
We. Ausfert. Perg. mit abh. Siegel. Rückvermerke (14./15. Jh.): Resignacio quorundam bonorum in Gießen, Lyndes et Seltirsse und dominorum tantum.
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Mitte 14. Jahrhundert.

[Wetzlarer Urkundenbuch, Nr. 533. 3 einseitig beschriebene Pergamentstreifen mit untereinander geschriebenen Angaben von Örtlichkeiten in und um Wetzlar, auch einige Urkundentitel, vielleicht die Urkundenanordnung in einem Kopialbuch.  -  Blatt 3:]

... Garbinheym. Bybelingeshusin. decima Steinboel. Rethinbach. Mittelnrethinbach. Swalbach. Nydernwetfe. Volkenkirchin. Wydenhusen. Dorlar. Nydern Cleen. Obern Clen. Quenenbach. Rycholfeskirchen. Lunen. Buren. Lundorff. Steyndorff. Aslor. Oberndorff. Lyndes. Gießen. Kynczinbach. Erde. Lempe. Dyffenbach. Langengunsse. Hulczhusen. Dorrenhulczhusen. Kyrchgunsse. Eberhartisguns. Morle. Grydelbach. Bysschofkirchen. Dudenhoben. Aldendorff. Mulenheym. Luczelynden. Adesbach. Hirlsheym. .... 
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1353, 1. Mai
Ein Konrad Crebeyz und seine Ehefrau Hedwig bestätigen, daß sie für von den Jungfrauen zu Schiffenberg geliehene 6 Morgen Wiesen und Land zu dem Lindehis jährlich 10 Mesten = 250 Pfund, 22 Pfennige und ein Fastnachtshuhn zu zahlen haben.
Die Zeugen sind: Gerhard von Kinzenbach (er ist 1311 Burgmann zu Gießen und Sohn des 1335 verst. Johannes v. Kinzenbach), Heinrich Ingus, Bürger und Schöffe zu Gießen, Gerten und Henrich Burgennere und Hermann von Lindehes.
 
[Rudolf Weigel; Seite 10.  Quellenangabe: 31: Lindenstruth, W. - Der Streit um das Busecker Tal, II. Teil, S. 152; MOV, Jgg. 1911, Bd. 19.] [Die Quellenzuordnung ist hier durcheinander geraten.]

Die Urkunde findet sich bei "Baur, Hess. Urkunden, I. Band, Seite 597; Nr. 881":
1353 (7. Mai).  Ich Conrat Crebeyz von dem Lyndehes vnd Hedwig min eliche husfraw irkennen vns, daz wir han vi. morgen wyssin vnd landis zu dem Lindehis von den Juncfrawin zu Schiffinburg, da wir en alle iar abe gebin sullin zu pache x. mestin kornis vnd xxii. pennige vnd i. fasnachun. ----
Zeugen: Gerharte von Kinzinbach, Henriche Inqus Burgman vnd scheffin zu Gyzin, Herten vnd Henrich Bungennere vnd Herman von Lindehes.
    Dat. a. d. M.CCC.LIII, in vig. ascens. dom.
     (Das Siegel der Stadt Gießen hängt zerbrochen an.)     Orig.

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1353, 7. Mai: Die Nonnen des Klosters Cella zu Schiffenberg verpachten 6 Morgen wyssin und landis zu dem Lindehis ... an Conrat Crebeyz von dem Lyndehes und Hedwig, seine Frau. Unter den Zeugen: Gerhart von Kinzenbach, Herman von Lindehes  (Baur, Hess. UB I, Nr. 881, S. 597).  [Klein-Linden - Geschichte und Germarkung von Friedrich Wilhelm Weitershaus; S. 26.]
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1356 aug. 22. [Wyss 3, Nr. 934.]

    Kunt sy, daz ich Henrich genant Lyntgart von Aldendorf und Hette myn eheliche husfraue, vor wylen Henriches genant Fylien dochter, burgere zun Gyßen, han gegebin deme conmenthure, den brudern und deme convente gemeynlichen des Dutschen ordenes des huses zu Schiffenburg dry pennynge geldis lychtir pennynge jerlicher gulde und zynses, dy yn alle jar gevylen von eyme stucke landes gelegen by den guden luden by deme dorfe zu Lyndez, und han wir dy dry pennynge geldis von deme vorgenanten stucke landes geschlagen und gewyset of unse hus und hobestad, dy wir itzut besitzen und bewonen, gelegin innewendig der ryngmure der stad zun Gyßen by schaffen Erwynes hobe. Und sollen wir dy egenanten gulde alle jar of sancte Martines dag des heylgen bischobes gebin und andelaugen von deme huse und hobestat in allir der maße, als wir sy vor von dem lande gabin, und in allir wyse, als man pennynge gulde schuldig ist zu gebene. Zu orkunde han wir gebedin dy ersamen lude dy burgmanne und dy scheffen gemeynlichen der stad zun Gyßen, dz sy ir gemeyn ingesegele obir uns an dissen bryb hant gehangen. Hy by synt gewest disse ersamen lude: her Craft, her Senand von Rodinhusen, rittere; Dythart, Kunkele, scheffene zun Gyßen. 

   Datum anno domini m°.ccc°.l°.vi°., feria secunda proxima ante festum beati Bartholomei apostoli.
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Hermann von Buseck gen. Stammheim erhält noch am 25. Februar 1360 von dem Vikar des Johannesaltars der Stiftskirche zu Wetzlar zu Landsiedelrecht "allez daz gut zu deme Lyndes by den Gyßen gelegen, es sy in dorfe, in holze, in felde, in waßer, an weyde, wy man daz genene mag oder wo iz gelegen ist mit alle deyle nutze und mit alle rechte als der vorgenannte Sancte Johannes altar alda hat und yme zugehoret binne Ses (6) malder korngelds und eyn malder habirn geldes guder frucht wetzflar maßes ...." (49)  [Klein-Linden - Geschichte und Germerkung von Friedrich Wilhelm Weitershaus; S. 24; Quellenangabe: 49: HStA Wiesbaden, Abtl. 90 Nr. 377; abgedruckt Wetzlarer UB. III, Nr. 119, mit falscher Lesung "zu deme Lynden", im Original richtig zu deme Lyndez!]
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1360, 25. Februar: Hermann von Buseck gen. von Stammheim erhält das Gut zu deme Lyndez by den Gyzzen zu Landsiedelrecht verliehen; neben dem Aussteller, die Stadt Gießen, ist auch Gerhard von Kinzenbach genannt, dessen Familie das Gut später übernimmt (HStA Wi 90, Nr. 377; Wetzlarer UB III, Nr. 119, dort verlesen (Großen-)Linden statt Lindez; richtig bei Müller, Althess. Ämter Kr. Gi, S. 73, N.8)

1370, 6. März: Der Zehnte in Lyndes an Burkhard von Buseck als landgräfliches Lehen (StA Mbg Kl, Nr. 157/2)

1414, 15. Juni: Gerhard von Kinzenbach erhält als Mannlehen von Lg. Ludwig den Sas und das Gadem zu Lindes mit allen zugehörigen Gütern und den 20 Morgen in der Linder Mark, wie es bereits seine Eltern inne hatten (StA Mbg K4, Nr. 101)

1414, 15. Juli: Als Mannlehen 10 Hufen Land zum Lyndes mit Zubehör an Kunz von Kinzenbach und seinen Vetter Gerhard von Kinzenbach (StA Mbg K4, Nr. 103).

1436, 14. Mai: 10 Hufen zu Lyndes als Mannlehen an die Brüder Kurt (= Konrad) und Richard von Kinzenbach, für sich und für ihren Vetter Philipp von Kinzenbach, Gerhards Sohn, wie sie dasselbe (von Ihren Eltern) hergebracht haben (StA Mbg K4, Nr. 477). 
[Alle Angaben zum Burggut zitiert: Klein-Linden - Geschichte und Gemarkung - von Friedrich Wilhelm Weitershaus, Seite Seite 81/82.]
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1373  Im Kampf der Rittergesellschaften unter Gottfried von Ziegenhain gegen den Landgrafen wird unsere Gegend stark verwüstet.
1402  Bei den kriegerischen Auseinandersetzungen brennt Heuchelheim zum Teil nieder.
 
[Zeittafel zur Geschichte Heuchelheims - Zusammengestellt von Otto Henkelmann II. in "Heuchelheim in Wort und Bild", 1961, S. 142-144.]
Auch hier ist nicht bekannt, wie stark unser Linnes betroffen war.
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1376, um
Nach einem Art Lehensverzeichnis besitzt damals Ritter Burkhard von Buseck von dem Landgrafen von Hessen neben Wiesen im Wiesecker Wald, in Selters und 3 Mansin vor Gießen auch den Zehnten zu Lindes zum Lehen: "Item decimam in Lindes".
Es fällt auf, daß das Lehensbuch in die Zeit des Sterner Krieges 1371 weist. In ihm haben sich eine Menge Grafen, Herren und Ritter gegen den Landgrafen Heinrich II. und seinen Mitregenten Hermann verbündet. Die reichsunmittelbare Ganerbschaft der Busecker hält jedoch zu den Landgrafen und bekommt dafür Lehen und andere Vorteile. Allerdings wird in diesem Krieg, der seit 1375 von der "alten Minne" weitergeführt wird, das gesamte Wiesecktal - die von Wieseck und Trohe halten ebenfalls zum Landgrafen - von Johann zu Nassau-Dillenburg stark ausgeplündert und mitgenommen.

[Rudolf Weigel; Seite 11. Hier wird die Quelle 35: "Glypergs alt buchlin" angegeben, was aber unmöglich stimmen kann. Vmtl. Quelle 32: Lindenstruth, W. - Der Streit um das Busecker Tal, (siehe oben), Urkunde 14 a.]

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1389: ... de bonis in Lyndis, Spiesheymer, sito in lyndes. (Präsenzenbuch/Necrologium Wetzlar 1389, S. 82, 261). [Klein-Linden - Geschichte und Germarkung von Friedrich Wilhelm Weitershaus; S. 27.]
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1396
In dieser Niederschrift beansprucht die Herrschaft auf dem Gleiberg den Zehnten "zu dem Lindes" für sich: 
"Item der Zente zu dem Lindes solde, zu malle gehören uf das slos Glyperg, he was Merenbergs Lehen und ist an die Herrschafft gefallen afto hern Gernandt von Buseheks dode, den he pfandes stondt. und ist afdo der Zyt alle jare glich halb genommen von eins landgreben wegen und kommen in die burg zu den Gießen, damit unsern greben Philips unrecht geschieht."
Gernandt von Buseck war der Bruder des vom Landgrafen belehnten Burkhard von Buseck, der außerdem noch in der alten Burg zu Gießen eine Wohnung mit Gärten als landgräfliches Lehen besaß.

[Rudolf Weigel; Seite 12. Die Quellenangabe lautet "39"; es ist aber eindeutig Quelle 36: "Glypergs alt buchlin".] 

[Bei Adolf Hepding "Zur Ortsgeschichte von Großen-Linden" lautete die Abschrift, aus anderer Quelle:]
    "Item der zende zu dem Lindes solde zu malle gehören uff das slos Glyperg wandt he was Merenbergs lehen und ist an die herrschafft gefallen afto hern Gernandt von Busehecks dode den he pfandes stondt und ist afto der zyt alle jare glich halb genommen von eins lantgreben wegen und kommen in die burg zu den Gießen, domit unsern greben Philips unrecht geschiet.
                   Großenlinden.
    Item das dorff Großenlinden mit luden und gerichten und gerichten mit welden und wiltfange mit kirchsatze mit allen eren und wirden und mit allen rechten und renthen und mit allen notzen mit gebodden und gepietten gehörit glich halb uff das slos Glyperg.
   Item was forst haben zu Großenlinden jaris gefellit die gehörit halb gein Glyperg und nun gepörren myn jonchern drittteile und dem landgrebe ein forteil".
Nassauer Kopialbuch Nr. 45, auch II. Jahresbericht des Ob. B. p. 67 ff.

Diese Klage erscheint in einem anderen Licht, wenn man weiß, daß der Landgraf von Hessen wenige Jahre vor 1400 den Grafen Philipp von Nassau als seinen "lieben Schwager" anredet. Für Schwäger ist nämlich anzunehmen, daß sie sich so geeinigt haben, indem sie das alte Recht wiederherstellten und sich den Zehnten in Lindes teilten. In dem Punkt 15 der Zehntgerichtsordnung [richtig ist: "Centgerichtsordnung"] ist dies dann auch verbrieft:
   "das denn die Von Küntzebach, auch von Graffen Philipsen von Naßau zu Lehen han".
Das Salbuch des Amtes Gießen aus dem Jahr 1587 berichtet daher auch, daß das Dorf Lindes den Wein- und Fruchzehnten je zur Hälfte an Hessen und Nassau zu leisten hat.
  [Rudolf Weigel; Seite 16.]

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Ausdruck HADIS im Internet:
Identifikation  HStAD Best. A 3 Nr. 191/4
  Datierung
       1408 September 16
 
Originaldatierung
       1408 act. in castro Marpurg

  Alte Archivsignaturen
       A 3 Klein-Linden, 1408 - 09 - 16
Vermerke
    (Voll) Regest
       Klein-Linden: Notariatsinstrument in Gegenwart Landgraf Hermanns ausgestellt über die Aussagen des Hentzo Meyden und Hartmann
       von Arzpach, die ehemals im Dorf Lindes gesetzt, aber zu Gießen wohnhaft seien, in betreff des Zehnten zu Lindes beziehungswiese
       des landgräflichen Anteils an demselben
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1408, 16. Sept.
Nach Prof. Petri, Mainz hat diese Urkunde etwa folgenden Inhalt:
Die Urkunde enthält eine Zehntveräußerung, die sich auf einen älteren Rechtsakt vor 50 Jahren beruft. Die Hauptnutznießer sind:
"Hentze und Hartmann", vermutlich von Atzbach. Trier wird erwähnt. In ihrem 2. und 3. Teil wird ein "Ernestus Junck clericus Maguntiy" und ein "Ernestus Tacher clericus Maguntiy" genannt. Dies sind zwei Mainzer Notare, die bei der ersten Abmachung dabei waren. Der Zweite von ihnen hat sie sogar aufgesetzt. (Die Urkunde ist schlecht leserlich)
Richard Matthes liest sie so: 
Die Urkunde enthält eine in Gegenwart Landgraf Hermanns aufgenommene Aussage von Hentzo Meiden und Hartmann von Atzbach, ehemals Lindes, jetzt in Gießen wohnhaft, über den Zehnten zu Lindes bzw. den landgräflichen Anteil an demselben. (Die Urkunde ist größtenteils unleserlich geworden.)
[Rudolf Weigel; Seite 11/12.] [Auch hier paßt die Quellenangabe "36" nicht zu dem Quellenverzeichnis. Es muß sich um Quelle 33 handeln: Handschriftl. Urkde. aus dem Staatsarchiv Darmstadt.]

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1412: ... Item der zende zu deme Lindes solde zu malle gehoren uff das slos Glyperg (Nass. Kopialbuch, Nr. 45). [Klein-Linden - Geschichte und Germarkung von Friedrich Wilhelm Weitershaus; S. 27.]
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Unter den umfangreichen Lehensverleihungen im Jahre 1414, die sich durch den Regierungsantritt des Landgrafen Ludwig im Jahre 1413 ergaben, sind einige Beurkundungen von Lindes:
Am 15. Juni 1414 verleiht Landgraf Ludwig dem Gerhard von Kinzenbach als Mannlehen den Saß und das Gadem zu Lindes mit allen zugehörigen Gütern und den 20 Morgen in der Linder Mark, "wie es bereits seine Eltern innehatten".
(StA Marburg K 4, Nr. 101.) Das besagt, daß die Burg mit Sicherheit schon eine weitere Generation vorher bestanden hat. Die von Kinzenbach waren seit 1287 Burgmannen in Gießen und hatten vor 1341 merenbergisches Lehen "for den Gyezen in der auwe".
Zugleich wurden am 15. Juni
[! s. o.: Juli!] 1414 10 Hufen Land zum Lyndes (300 Morgen) als Mannlehen an Kunz von Kinzenbach und seinen vorgenannten Vetter Gerhard verliehen. (StA Marburg K 4, Nr. 103.)
Am gleichen Tag erhielt Eckart Schlaun von Linden Geld- und Fruchteinkünfte in Lindes. (StA Marburg K 4, Nr. 99.)
Tags darauf, am 16. Juni 1414, wurde Kurt von Bicken mit dem zweiten "Gut zum Lyndes" an der Lahn beliehen. (StA Marburg K 4, Nr. 106.)
Am 14. Mai 1436 erhielten die Brüder Kurt und Richard von Kinzenbach für sich und ihren Vetter Philipp von Kinzenbach, Gerhards Sohn, als Mannlehen des hessischen Landgrafen 10 Hufen (= 300 Morgen) zu Lyndes, wie sie dasselbe hergebracht hatten (von ihren Eltern!).
[Klein-Linden - Geschichte und Germarkung von Friedrich Wilhelm Weitershaus; S. 24.]

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Streitigkeiten [von Nassau] mit Hessen um den Zehnten führten dazu, daß 1459 nur der halbe Zehnte (von Lindes) dem Johann von Breidenbach zu Lehen gegeben wurden. Gegen den Verkauf seitens der Grafen von Nassau an Johann Hermann Schenk zu Schweinsberg (46) erhob Landgraf Georg von Hessen-Darmsatdt Einspruch und behauptete, das Recht des Näherkaufs zu haben (47) [Klein-Linden - Geschichte und Germarkung von Friedrich Wilhelm Weitershaus; S. 23; Quellenangabe: 46: HStA Wiesbaden, Abtl. 150 (24. Dez. 1627) & 47: Wolfgang Müller, Die althess. Ämter im Kreise Gießen, S. 95.]
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Eine Notiz vom 22. Mai 1473 veranschaulicht das Größenverhältnis zu einigen Nachbargemeinden:
"Im Dorfe Lindes 1 Kuh und 1 Hammel, zu Wieseck (Wiske) 2 Kühe und 2 Hämmel, zu Großen-Linden 8 Kühe und 8 Hämmel, im Gericht Steinbach 4 Kühe und 4 Hämmel, die zum Essen tauglich sind, eintreiben für Heerzug und Feldlager Landgraf Heinrichs. Sonntag nach Pfingsten (13. Juni 1473) nach Marburg schicken. Zettel: Im Gericht Steinbach ein Wagen dafür."
 [Klein-Linden - Geschichte und Germarkung von Friedrich Wilhelm Weitershaus; S. 25. Quellenangabe: StA Marburg Rechnungen I 51/10 1088, Schriftgut vor 1517, Teil 2 Rechnungen, Band 2.] 

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1489 März 19 [Wetzlarer Urkundenbuch, Nr. 1231.]

Aufzeichnung über den Grenzbegang des Propsteizehnten zu W{etzlar}: Des probsts zehnen belangen anno 1489.

 Zu wissen, daß uff donnerstag nach Gerdrudis yn den jaren noch Christi geburt 1489 dy ersamen und wirdigen mit namen her Eberhart von Bicken, dechant, .....,

..... und hat Henchen von Naunheym gesagt, es sy ein acker gewest und er hab korn darin lassen liegen vor den zehnen. Item han sy auch gesagt, yn der Brulspach Heintzgen von Lyndes erbe gebe auch zehnen, und disser beleydung ist gewest Jost Wagner ein richter und Heintz Sommer der stubenknecht.

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Am 25. August 1494 erhielt Johann von Weitershausen, nach Aussterben der Kinzenbacher im Mannesstamm den Saß und das Gadem zu Lyndis, die 20 morgen Landes gelegen gein der Linder Margke und 10 Hufen zu Lyndis als Mannlehen; erneuert 1510 ff. [Klein-Linden - Geschichte und Gemarkung - von Friedrich Wilhelm Weitershaus, Seite 82.]  __________________________________________________________________________________________________________________________

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Ortsgeschichtliches in den Kirchenbüchern und anderen Quellen.

Hier sind Anmerkungen zum Zeitgeschehen, kirchengeschichtliche und ortsgeschichtliches Notizen, die in den einzelnen Kirchenbucheinträgen „versteckt“ sind, zusammengestellt. Manche dieser Einträge nehmen auch eine extra Seite ein. 
Notizen aus dem Protocollum Vigelii sind mit [Prot. Vig.] gekennzeichnet. Es sind aus dem Protocollum auch Alltagsbegebenheiten hier aufgenommen, die einen Einblick in das Zusammenleben der Menschen in Linnes in der Zeit von 1652 bis ca. 1680 geben.
Auch Einträge aus dem Vogteigerichtsbuch von Allendorf/Lahn [VGA] und anderen Quellen sind hier mit eingearbeitet. Naturereignisse, Kriegswirren usw., die in Quellen der näheren Umgebung dokumentiert sind, und vmtl. auch in Linnes zu spüren waren, sind ebenfalls berücksichtigt. Auch Notizen aus der "Schäferschen Chronik", die in Steinberg und später Leihgestern geführt wurde, sind eingearbeitet worden. Die mit [Sch.-Chr.] gekennzeichneten Zitate enstammen dem Artikel "Die Schäfersche Chronik" von Otto Stumpf in MOHG, Band 63 (1978), Seite 79ff; Absatz "Kriegsereignisse und allgemeine Nachrichten", Seite 91ff.
Angaben aus "Otto Schulte: M. Philipp Vigelius, Pfarrer zu Wetter und Großen-Linden, Sein Leben, seine Arbeit und seine Gemeinde; Hessische Volksbücher 76-78; Darmstadt 1930, Selbstverlag des Herausgebers Wilhelm Diehl" sind mit [Schulte, Seite ..] zitiert.
Die mit [Weitershaus, Seite ...] zitierten Teile entstammen dem Buch "Klein-Linden, Geschichte und Gemarkung" von Friedrich Wilhelm Weitershaus; Gießen 1981. Dieses Buch enthält einen Anhang: "Der 300jährige Grenzstreit mit Klein-Linden 1531-1845" von Dr. Erwin Knauß; Angaben daraus sind mit [Knauß, Grenzstreit, Seite ...] gekennzeichnet.
Die mit [Rudolf Weigel, Seite ...] gekennzeichneten Teile sind zitiert nach: Rudolf Weigel: "Zu der Geschichte Klein-Lindens". Diese umfangreiche Arbeit ist mehrfach in Vereinschroniken usw. auszugsweise gedruckt, aber m. W. noch nie komplett veröffentlicht worden.
Auch neuere, für Linnes wichtige Ereignisse, sind in diesem Versuch einer Ortschronik aufgenommen.
Auch hier, bei den zwangsläufig nur kurzen Darstellungen von Linneser Vereinen usw., habe ich mich bemüht, die jeweiligen Chronisten im "Originalton" zu zitieren.
Nicht kursiv gedruckte Teile im neueren Ortsgeschehen und Anmerkungen zur Zeitgeschichte stellen meine persönliche Meinung dar, die ich mir bewußt gestatte.
Für weitere Hinweise bin ich dankbar! 

Die Erbauung der Burg ist um die Zeit 1350/60 oder wenig später anzusetzen. Es ist die Zeit des Burgenbaues und der festen Häuser in unserer Gegend, ... [Klein-Linden - Geschichte und Gemarkung - von Friedrich Wilhelm Weitershaus, Seite 82.] 
Obwohl noch in den Kirchenbüchern mehrfach von der "freijadlichen Burgk zu Lindes" die Rede ist, besaß die Linneser Burg nie Festungsmauern. 

1502 hat Lynndes sieben steuerpflichtige Haushaltungen; als Haushaltvorstände werden genannt:
Hanns z
um Lynndes; Opferhenn; Pfiferhenn; Pfiferhenns Sone; Rewberhenn; Christian Wiegeln Sone; Ludwig Wiegeln Sone.
[Otto Stumpf: Einwohnerlisten des Amtes Giessen vom 15. bis zum 17. Jahrhundert (1470-1669); Seite 30.]
Dies ist die erste aus Linnes erhaltene Einwohner-/Steuerliste. Die nächste stammt aus dem Jahr 1617. Leider sind viele Listen von Linnes, im Gegensatz zu umliegenden Orten, nicht mehr erhalten.

Die schriftliche Überlieferung berichtet zuerst 1531 von Streitigkeiten zwischen Gießen und Klein-Linden um Hutegerechtigkeit in dem Gebiet "jenseits und diesseits der Landwehr oder Hege" (4).
In diesem Jahr erscheinen die Vertreter der Gemeinde Klein-Linden vor den landgräflichen Beamten des Oberamtes und behaupten, "die uberfart oder viehdrip der vom Lyndes mit ihren Schafen, Kuhen und Pferden eins vermeintlichen erblichen geprauches in der von Gießen Landwehre und Burgkfrieden zu hüten und zu haben...".
 [Knauß, Grenzstreit, Seite 111; Quelle 4: Allmendakten 1531.]
Dr. Knauß beschreibt in seinem merkwürdig einseitigen Aufsatz, daß die Grenzstreitigkeiten entstanden, nachdem um 1530 auch die letzten Wohnstätten des Dorfes Selters aufgegeben worden waren. Die Landwehr wird als die vermutliche frühere Grenze des Dorfes Selters gegen Südwesten gesehen. Er weist auch darauf hin, daß es offensichtlich zwischen Selters und Lindes althergebrachte gegenseitige Weiderechte gegeben haben muß. Dies spricht m. E. aber dafür, daß es zwischen Selters und Lindes noch einen untergegangenen Ort gegeben haben könnte, denn solche gemeinsamen Nutzungsrechte am Boden enstanden üblicherweise nach der Wüstwerdung eines Ortes. Dieser vermutete Ort hätte dann ganz im Centbann des Centgerichts Lindes gelegen. Dadurch wäre auch erklärt, daß die Centbannsgrenze noch wesentlich weiter nördlich, etwa bei den heutigen Veterinärkliniken, lag. Ursprünglich gehörten sicher keine Teile dieser alten, dem Landgrafen direkt unterstehenden, Verwaltungseinheit zur Gemarkung Gießen. Das wird im späteren Verlauf der Grenzauseinandersetzung noch einmal wichtig. 
Allerdings ist aber auch kaum vorstellbar, daß zwischen Lindes und Selters Platz genug für noch einen Ort gewesen sein könnte. Vorstellbar ist noch, daß auch ein Teil der Linneser in die Stadt Gießen gezogen waren, und dadurch gemeinsame Huterechte etc. entstanden waren.
Bei der Aufgabe des Ortes Selters, wobei sicher die meisten Bewohner nach Gießen gezogen waren, verleibte sich Gießen allerdings offensichtlich die gesamte Gemarkung von Selters ein. Es entstanden nicht, wie sonst üblich, gemeinsame Rechte aller umliegenden Gemeinden. Darüber hinaus nutzten die Gießener die vmtl. von Selters "ererbten" Rechte südlich der Landwehr ganz selbstverständlich, versuchten aber die Rechte der Linneser nördlich der Landwehr einzuschränken. [Meine Angaben wie "südlich" und "nördlich" sind natürlich von Linnes aus gesehen. Außerdem erkläre ich mich für ebenso parteiisch, natürlich im Sinne von Linnes.]
Dies gelang ihnen auch, denn in dem auf Vermittlung des Landgrafen geschlossenen Vergleich wurden die Rechte der Linneser deutlich beschnitten.
Dr. Knauß schreibt in seiner Anmerkung 10: Das Urteil von 1531 und seine Anordnungen mußten hier in dieser Breite dargestellt werden, weil nur durch die Kenntnis des ursprünglichen Rechtsverhältnisses die späteren Veränderungen in ihrer Tragweite für die Stadt Gießen deutlich werden. Ebenso schreibt er auf Seite 113 vom "Ausdehnungsbestreben der Lindeser". Auch sieht er seltsamerweise in dem Urteil von 1531 wesentlich erweiterte Hüterechte für die Linneser, mit denen sich diese bis zum Ende des 16. Jh. abgefunden zu haben scheinen.
M. E. ist aber davon auszugehen, daß die Linneser in den späteren Prozessen eine Rücknahme der Einschränkungen des Urteils von 1531 und eine Wiedereinsetzung in alte Rechte erreichten. Das Urteil von 1531 kann m. E. nicht einfach mit den "ursprünglichen Rechtsverhältnissen" gleichgesetzt werden!

1526  Philipp der Großmütige führt die Reformation in Hessen ein.
[Zeittafel zur Geschichte Heuchelheims - Zusammengestellt von Otto Henkelmann II. in "Heuchelheim in Wort und Bild", 1961, S. 142-144.]

Im Jahre 1568 werden die Kapellen von Dornholzhausen, Hochelheim, Hörnsheim, Leihgestern, Allendorf und Lindes als zur Pastorei Großen-Linden gehörig geführt. [125 Jahre Kirche Kleinlinden, 1866-1991, Seite 7; ohne Quellenangabe; vmtl. nach Salbuch der Kirchengemeinde Großen-Linden von Pfarrer Johannes Stockhausen, 1568; heute Kirchenarchiv Darmstadt.]

1583  Pest im Dorf.
[Zeittafel zur Geschichte Heuchelheims - Zusammengestellt von Otto Henkelmann II. in "Heuchelheim in Wort und Bild", 1961, S. 142-144.]
Es ist nicht bekannt, ob auch Linnes betroffen war.

Im Jahre 1593 kam es zu einem zweiten Vertrag über die Hutegerechtigket [zwischen Linnes und Gießen], der im großen und ganzen die gleichen Koppelhutberechtigungen wie 1531 zwischen Landwehr und und den Bachwegen enthielt, in einem Fall aber bereits ein merkliches Zurückdrängen der Gießener Rechte brachte: Die Gießener sollten das Hüten über der Landwehr nach Klein-Linden zu einstellen. Diese Abmachungen über die Hutegerechtigkeit wurden 1626 noch einmal erneuert und bestätigt (11). [Knauß, Grenzstreit; Seite 113; Quelle 11: St A M, Samthofgericht, Fragmenta Actorum G 91/92.]

Leuner Chronik von Pfarrer L. H. Himmelreich; 6. "Das 17. Jahrhundert":
Am 17. März 1606 (Q.: Manuscript im Archiv zu Braunfels "Das verkehrte Jahr") erhob sich des Nachmittags 3 Uhr ein unerhörter Sturmwind und warf innerhalb einer Stunde eine solche Menge Bäume um, "daß dergleichen wohl in keinen historiis befunden wird". Die Kirchtürme zu Butzbach und Wölfersheim wurden umgeworfen. Im Amte Braunfels fielen dem Sturmwinde über 20.000 Stämme allein in den Wäldern zum Opfer. Am 19. März besichtigte Graf Johann Albrecht I. von Solms-Braunfels den Schaden. Das Dahlheimer Kirchendach war zur Hälfte weggerissen. In Tiefenbach waren 1900, in Niederbiel 1090, in Leun über 1000, in Oberndorf und Niederquembach je 1000, in Laufdorf 400, in Steindorf 340, in Albshausen 300, in Oberbiel 209, in Oberquembach 200, in Schwalbach 180, in Burgsolms 130 und in dem solmsischen Teil von Nauborn ungefähr 100 Waldstämme umgerissen worden.
 In den anderen Dörfern und in den herrschaftlichen Wäldern haben sie nicht gezählt werden können.
.......
Das Jahr 1606 brachte unserer Gegend auch die Pest, ....
[Ob in 1606 auch in Linnes ein Ausbruch der Pest erfolgte, ist bisher nicht bekannt; sicher wird sich aber der im KB Lützellinden dokumentierte Pestausbruch von 1611 auch in Linnes ausgewirkt haben.]

1610 werden (..) 13 Lindeser als Besitzer von Grund und Boden in der Gießener Gemarkung genannt. [Rudolf Weigel, Seite 31.]

Vom 22. Septembris bis zum 6. Novembris 1611 sterben nach KB 2 in Lützellinden 30 Menschen, bei denen ausdrücklich "peste" von Pfarrer Johannes Mercator als Todesursache vermerkt ist.

In einem Schreiben aus dem Jahr 1612 ersucht der Hauptmann von Gießen den Landgrafen Ludwig von Hessen, „seinen Untertanen in Lindes mit einer Steuer an Frucht oder Geld zu Hilfe zu kommen, da sie ihr geringes Kirchlein mit Hilfe gutherziger frommer Christen und zu Ehre Gottes künftigen Frühling erweitern möchten“. Im Oktober desselben Jahres schreibt der Hauptmann an den Landgrafen, „daß der neue Kirchenbau nunmehr ins Werk gesetzt sei und mit Stein-brechen und Fuhren angefangen worden sei“. Er bittet den Landgrafen, die Lindeser für die Zeit eines Jahres von dem Frondienst zu befreien, „da die Ackerleut zum Lindes nicht mehr als 14 geringer Pferde haben und die Einläufigen (d. s. Leute, die bereits im Ort wohnen, aber das Ortsbürgerrecht noch nicht besitzen) nicht mehr als vier“. [Rudolf Weigel] 

ANNO DOMINI 1613 DEN 13 ABRILIS ZWAR
DER ERSTE STEIN ZV DEM KIRCHEN BAVWE
GELEGET WAR DVRCH PHILIBS SCHMIT ABEL BINTZ
BEIDE BAVW HERN SINT TVRCH DIE OBER KEIT AVS ER KORN

1956 wieder aufgefundener Sandsteinsturz des Portals der zweiten Linneser Kirche; seit 1961 an der Südmauer der neuen Friedhofkapelle eingemauert.
Am 9. September 1613 wird die neue Kirche eingeweiht. [125 Jahre Kirche Kleinlinden, 1866-1991, Seite 8.]
2000 brachte Hugo Weigel eine erklärende Tafel unter dem Portalstein an. 

Am 9. Sept. 1613 weiht die Gemeinde ihr neues Gotteshaus ein. Es steht in der damaligen Untergasse unterhalb der früheren Burgschule. Das Kirchlein hat eine Kanzel, einen Altar und Sitzplätze für Männer und Frauen. In seinem Türmchen, das noch im vorigen Jahr auf der alten Schule zu sehen war, hängen 2 Glocken. Die Orgel wird erst später aufgestellt.
1653 läßt ein Studiosus Faust aus Frankfurt eine Sonnenuhr an dem Gebäude anbringen und 1669 stiftet der Hofmeister des Junkers zu Lindes ein neues Altartuch. – Wenn der Friedhof nicht schon früher bestanden hat, so ist er sicher auch 1613 angelegt worden.
[Rudolf Weigel]  


Leuner Chronik, s. o.:
Im November 1614 richtete die Lahn durch große Überschwemmungen viel Unheil an. Alle Brücken wurden beschädigt, Häuser wurden weggerissen, viel Vieh ertrank. Hunderte von Obstbäumen schwemmte der Fluß fort. Dazu kam noch eine Himmelserscheinung, die die Gemüter ängstigte:
"Ao 1618 mense 7 bri ist ein erschröcklicher Comet viel nacht nach einand gesehen worden, in gestalt eines großen sterns, mitt einer langen Ruthen oder straal, in die 10 oder mehr schuh lang anzusehen."
[Keine Quellenangabe für das Zitat.] Dieses Zeichen und die elementaren Ereignisse, welche die Lahngegend heimsuchten, waren nach dem Volksglauben Vorboten für schreckliche Kriegsereignisse. 

1617 wird für den Gießener Festungsbau eine "Wallsteuer" erhoben. In Lindes sind 18 Haushaltungsvorstände steuerpflichtig. Das Gesamtsteuervermögen dieser 18 Linneser beträgt 4882 Gulden. Einzelne der hier genannten Familien lassen sich sehr lange, einige bis heute in Linnes nachweisen. Genannt werden: Bier Melchiors Ww. - 50; Abell Bintz - 240; Donges Anna - 376; Peter Ebel[Ebert] - 414; Christ Eckhart - 415; Christ Eckarts Kinder - 70; Johann Eckart - 153; Melchior Eckart - 349; Johanneß Goebel - 216; Philips Heb - 145; Jorgen Peter - 250; Joisten Hans - 344; Jorg Kauß - 190; Joist Kauß - 200; Philips Schmitt - 980; Jacob Schneider - 155; Cloß Weygell - 50; Georg Zueß - 285.
[Otto Stumpf: Einwohnerlisten des Amtes Giessen vom 15. bis zum 17. Jahrhundert (1470-1669); Seite 30.] 
Anhand der Akten des Centgerichts Lindes konnte nachgewiesen werden, daß Joisten Hans identisch ist mit Hans Jung, dem Stammvater fast aller Linneser "Jung". Cloß Weygell, der Hofmann/Hofrichter auf der Burg war, kann als Stammvater der Linneser "Weigel" angesehen werden. Warum  Johannes Lentz, der nachweisliche Stammvater der Linneser "Lenz" und Schwiegersohn des oben genannten reichen Wirtes Philips Schmitt war, in dieser Liste nicht erscheint, konnte bisher nicht geklärt werden. Donges Anna war nach den Centgerichtsakten sehr früh verwitwet und hat nicht mehr geheiratet. Sie hatte nur einen Sohn, der wechselnd als Johannes Donges, Johannes Andermann und Donges/Anthonius Andermann in den Akten erscheint. Er ist der Stammvater der Familien "Andermann". Auch die in der obigen Steuerliste schon mehrfach genannten Eckhart sind heute noch in Dorfnamen nachweisbar.

Anno 1621 haben 8 Wochen lang Kriegsvölker zu Grüningen gelegen bis auf Ostern. [Sch.-Chr., S. 6]

Anno 1622 den 22. Mai sind durch Steinberg gezogen:
       9 Cornet Reiter        \
       8 Fähnlein Fußvolk  /  bayrisch Volk   
[Sch.-Chr., S. 13]
       Den 31. Mai (ist) Christianus, Herzog von Braunschweig erstlich zu Als-
       feld ankommen mit 30.000 Mann und (hat) dem Fürsten von Darmstadt
       sehr übel in seinem Land gehaust.    
(S. 13)
       Den 26. Mai ist Landgraf Ludwig Darmstadt durch den Pfalzgrafen und
       durch den Grafen von Mansfeld eingenommen worden und den Fürsten mit
       hinweg "nahe Manna ? geführt."   
      (S. 13)

Anno 1624 uf Mittwoch den 16. Juny ist von einem schnellen Regen so fast ein Stunt
lang hat gewat, zu Gambach in der Wetterauw über vil 1000 fl Wertschaft ahm Lant ge-
schehen, den es hat das Waßer 4 Wohnhauß und 11 Scheuwern und vil Stallung in gront
umb geworfen und hinweg geflust, auch vil Baum mit den Wurtzeln auch hinweg geflust.
 [Sch.-Chr., S. 29] 

Anno 1624 uf dn Dag Maria Heimsuchung (2. VII.) ist daß Kriegsvolck auß Marpurgk
ufgezogen und hat das Nachtlager zu Leitgestern, Watzenborn und Steinbergk gehalten.
  [Sch.-Chr.. S. 29]

Nota Diß 1626 Jar sein von dem ersten Dag January biß uf den erste Decembriß 8
unterschittliche Nachtlager von Krigs Volck bey uns geweßen, ab Den 28. Octobris
ist Watzenborn durch Sassen Lauenbergisch Volck (Sachsen-Lauenburgisch Volk)
gantz spullirt (geplündert) worden. Über 600 Reiß Daler (Reichstaler), was gestolln und
an Rantzioagelt (Lösegeld) dar von bracht.
          [Sch.-Chr., S. 44]

Nota diesen Herbst Anno 1626 hat die Pest in allen Dorfer ahn gefangen.
Nota in dißem iar 15 Juli sein die Artellery und die Heer Wagen auß Gißen nach Rhein-
 fels geführt worden.
Nota In dißem 1626 iar den 22 Aprilis ist das Krigs Volck zu Großen Linden eingefallen
 und 9 Man und Weibs Persohn erschossen uff den Gaßen. Sein alß balt dot plieben und
 irer noch viell verwundet so balt hernach auch gestorben sein.  .......
Anno 1626 - Nota. In diesem iar ist gegen Herbst vor Weihnachten so gros Mangel ge-
 wesen Salz halber. U. g. F. und Herr hat auß dem Vor Rat in der Kellerei der
 Bürgerschaft verkauft als ein maaß Saltz vor 4 Kopstick. Sonst in der Stat bey den
 Kromer hat ein maß Saltz gern gegalten auch 7 1/2 Kopstick. 
Nota. In diesem 1626 iar hat das Volck von Watzenborn gar nit in die Stat dorfen gehn
 wegen dero Pest.  ........      
  [Sch.-Chr., S. 45]

Vogteigerichtsakten, Seite 121: 
Vögtgericht wegen Kriegsgefehrlichkeit in Ao 
1626 Vnd 1627 ingestaltt Worden p.

Anno 1627 den 30 Mey sein 100 Jar, daß die Universitet erstlich zu Marpurgk Brif
Legirt (privilegiert) worden.
Ao 1627 den 27. Juni ist Fridirch Dil von Reuttern erschlagen.
    [Sch.-Chr., S. 49]

Anno 1628 - Nota In diesem iar gleich nach Ostern hat es ahngefangen ahn der
Pest zu sterben biß ahn Martiny. (11. XI.)
 Zu Langgunß sein ahn 300 gestorben
 Zu Leihgestern auch 164. Ist in allen Haußer durch den gantzen Flecken biß uf sein
 164 persohn gestorben.
 Zu Groningen (Grüningen) auch in allen Haußer biß uf
 [Steht so da.]
 Des Mall zu Steinberg in Peter Schneiderß Hauß auch ahn gefangen.
 Zu Gißen auch ahn gefangen der Pest umb Bardolomey. (24. VIII.)
Nota Teuer Wein dis ao 1628 - ein Maß Wein hat 20 Alb. gegolten zu Gißen und ist uf
 keinem Dorf kein Wein geschenckt in dem gantzen Ampt Gißen, Ursach des Krigs
 wessens halber.
     [Sch.-Chr., S. 51]

Anno 1628 von Michaeliß biß uf Christag in dißem gantzen Lant kein Wein uf keinem
Dorf nicht - Dan auch zu Gissen, Butzbach, Lich - als ein
Maß 1/2 Reis Thaller,
Ist kein Appel kein bier                                                          (Apfel, Birne)
Ist kein Rübenn kein Hoppen             In diser gantzen              (Rüben, Hopfen)
Die Erbes, Wicken, Bone erfroren       Lantschaft                     (Erbesn, Wicken, Bohnen)
der Weitzen ein Meste - 20 Alb.
die Erbeß ein Meste - 20 Alb.
Item in disem Jar uf Sondag nach dem Christag habe ich alle mein Schof (Schafe) der sein
23 gewesen - must verkaufen ....
          [Sch.-Chr., S. 57] 

1629 werden in der Lindeß-Leibeigen-Bede 27 steuerpflichtige Familienväter, meistens mit den Vornamen ihrer Frauen, genannt; bei einem, Seyfried Schefer, heißt es: ist nach Dudenhofen gezogen. Bei Magny Weißgerbers Ww. Elisabeth steht der Zusatz kompt von Heuchelheim. 
[Otto Stumpf: Einwohnerlisten des Amtes Giessen vom 15. bis zum 17. Jahrhundert (1470-1669); Seite 30.] 

Im Jahr 1629 steht "das Dörflein Lindes mit aller hoher und nieder Obrigkeit, Geboten, Verboten, Diensten und Steuern" dem Landgrafen von Hessen zu. [Rudolf Weigel, Seite 31. Quellenangbae 59: Matthes, R. - Aus d. Verg. Kl.-L., Nr. 15 und Salbuch des Amtes Gießen v. 1629, fol. 97 ff.]
In Lindes gibt es damals die Untergasse (jetzige Wetzlarer Str.), die Obergasse und die Lützellindener Straße. Alle Gassen sind bessere Feldwege, auf denen sich Jauche und Regenwasser ihren Weg suchen. Gossen werden erst viel später angelegt. ....
Der Ort ist nicht befestigt. Die Häuser sind nur von Gärten umgeben, die durch Dornenhecken geschützt sind.
[Rudolf Weigel; Seite 31.]

1634 Als Großen-Linden wieder einmal an 4 Ecken angezündet wird, kommen auch durch unseren Ort Italiener und Spanier von der Hauptmacht des Kardinalinfanten von Spanien, der nach der Schlacht bei Nördlingen in die Niederlande zieht. [Rudolf Weigel; Seite 40, nach Otto Schulte.]

Im Jahre 1634 muß aber Gießen wieder klagen, weil die Nachbarn aus Klein-Linden nunmehr ständig auch mit Schweinen und Schafen über die Gießener Landwehr hüteten und grasten. Außerdem wollten die Lindeser nun plötzlich von ihren in der Gießener Gemarkung gelegenen Gütern keine "Beed" mehr bezahlen, weil sie behaupteten, der "Centbann" liege nicht in der Gießener Gemarkung. [Knauß, Grenzstreit, Seite 113.]
Die Linneser nahmen hier m. E. also alte Rechte, die ihnen durch das Urteil von 1531 beschnitten worden waren, nach dem sie "furters mit den Ochsen und sonst keinem Vieh mehr" dort hüten durften, einfach wieder in Anspruch. Auch das zweite Argument, daß keine Teile des Centbanns ursprünglich zur Gießener Gemarkung gehörten, ist sicher zutreffend, da es kaum vorstellbar ist, daß sich die alte Verwaltungseinheit der Cent und eine Stadtgemarkung überschnitten.
Bei Dr. Knauß heißt es dann im nächsten Satz:
Der Grund, warum die Klein-Lindener jetzt, auf den Rechten ihres Vogteigerichts[!!!] fußend, neue Forderungen stellten, liegt in der Tatsache begründet, daß in der Zeit von 1630 bis 1700 ein großer Teil der Güter innerhalb des Centbannes bis zur Landwehr von Gießener Bürgern an Klein-Lindener Bauern verkauft worden war. Allein von 1665 bis 1680 waren es 155 Morgen (13). [Anm. 13: siehe Anm. 11: St A M, Samtgerichtshof, Fragmenta actorum G 91/92.] Waren hier die Linneser, die 1634 und vorher ihre Schweine über die Landwehr trieben, so vorausschauend, daß sie wußten, daß ihre Nachkommen 30 bis 50 Jahre später im Besitz des Landes sein würden?
Störend finde ich auch die Benennung des Linneser Centgerichts als "Vogteigericht". Das Linneser Centgericht hatte zwar in dieser Zeit weitesgehend nur noch ähnliche Funktionen wie ein Vogteigericht, ahndete Feldfrevel usw. Das rechtfertigt aber nicht die "Umbenennung". Ein Vogteigericht, wie z. B. das von Allendorf/Lahn ahndete Feldfrevel und regelte vor allem Erbschaften und Verkäufe von dem, ursprünglich einer Vogtei zugehörigen, Streubesitz in mehreren Ortsgemarkungen. Ein Centgericht war für einen geschlossenen "Centbann", eine alte Verwaltungseinheit, zuständig. Die noch erhaltenen Centgerichtsakten zeigen, daß das Centgericht Lindes ursprünglich in etwa die Funktion eines heutigen Amtsgerichtes hatte, und daß diesem alten Centgericht mit Aufkommen des Absolutismus zunehmend von der landgräflichen Verwaltung in Gießen die Kompetenzen entzogen worden sind.

Leuner Chronik:
Im Januar 1635 froren alle Flüsse zu. Selbst über den Rhein fuhren die schwersten Lastwagen.
....
Zu allem Unglück war im Februar desselben Jahres [1635] die Pest ausgebrochen, die keinen Ort unserer Heimat verschonte und kein Ende nehmen wollte. Damals (Akten vom 30jähr. Krieg im Archiv zu Braunfels, Gefach 104) heißt es von der Lahngegend: Der Zustand dieser Orte ist sehr schlecht und könnte wohl schlechter nit sein, weil alles totaliter ruiniert, die Leute häufig hinweggeflohen und aller Orten fast zur Hälfte ausgestorben sind.
  Zu der Pest gesellte sich eine große Hungersnot, die drei Jahre lang dauerte.

KB Kirchberg, Notiz im Sterberegister, Abschrift Werner Heibertshausen:
"1635 ist Pest und Krieg in Oberhessen sehr häufig eingerissen, deßwegen der Catalogus hier nicht eigentlich hat können continuiret werden". [Herr Heibertshausen merkt noch an, daß nach dem 15. Febr. auch keine Taufen mehr eingetragen wurden.]

Vogteigerichtsakten, Seite 139: 
Vögtgericht Ao 1635 ist nicht gehalten Worden 
noch konnen wegen Krigs Vngelegenheitt p.

Diß Anno 1636 jahr ist so ein schrecklich deuer Zeit und ein Hunger im Landt, daß viel
Leut hungers sterben müßen ....
    [Sch.-Chr., S. 86]

1636 u. 1640 durchzieht schwedisches Kriegsvolk unsere Gegend. Überall kommt es zu Plünderungen, Vergewaltigungen und Ermordungen. [Rudolf Weigel; Seite 40, nach Otto Schultes Vigeliusbuch.] 

In den Jahren 1635 - 1642 herrschen Hungersnot und Pest in unserer Heimat. Immer wieder nehmen die durchziehenden Truppen Pferde, Vieh und Frucht weg und zertreten alles Korn und den Hafer auf dem Feld. Sie plündern und morden und treiben auch noch andere Schandtaten. Bei solchen Durchzügen fliehen die Leute von Lindes oft in die Festung Gießen oder verstecken sich in den Wäldern. Die von der Pest befallenen Angehörigen aber müssen sie ihrem Schicksal überlassen. In Großen-Linden stirbt im 1. Pestjahr der zehnte Teil der Bewohner. In Gießen werden von der Seuche etwa 1400 Personen dahingerafft. Da keine Kirchenbücher mehr geführt werden, können wir nur vergleiche[ende] Schlüsse auf unseren Ort ziehen. Die Armen stillen ihren Hunger mit einem Gebäck aus gemahlenen Eicheln, Leinsamen und Rübenschnitzeln. Brot aus Kleie ist sogar bei den Reichen ein Leckerbissen. Im Frühjahr 1637 wird die Hungersnot so schlimm, daß man Hunde, Katzen, Mäuse, Ratten verzehrt. Die Hungernden folgen oft dem Karren des Schinders und bemühen sich, ein Stück Fleich von einem verendeten Tier zu erhaschen, wobei es oft noch zu Raufereien kommt. - Die Bitte, "vor Krieg, teurer Zeit, vor Pestilenz und schwerer Not behüt uns, lieber Herre Gott", wird von den Menschen dieser Zeit aus ganzem Herzen gebetet. [Rudolf Weigel; Seite 40.]

Anno 1638 - Diß iahr ist daß rint Vieh gahr teuwer gewesen eß hat ein Kuh 20 Daler
 24-25 Daler golten
Den 4 Dag Appril acht Dag nach Ostern uf Giser Margk(t) ist ein groser Schne ge-
 falen, daß man nit uf den Marck hat kenen gehen.
      [Sch.-Chr., S. 97]

Anno 1639 Iahr - Den 29 Mertz angefangen zu brachen und den 9 dag Appril die
letzte brach getahn biß uf ein Virtel bei der Griniger Hege, hab ich nit gekent von
wegen deß Krigs Volcks.
          [Sch.-Chr., S. 101]

Vogteigerichtsakten, Seite 145: 
Vögtt Gericht gehalden montag den 6 t maji 
Anno 1639 vfgeschüpt gewesen wegen Kriechß Volckß 

In einer Kriegsschadensliste von 1639 werden 17 Geschädigte in Lindes genannt. Der Gesamtschaden beträgt 254 Taler 13 Albus. [Dr. W. Heymann: "Kriegsschädenslisten der Dörfer um Gießen aus den Jahren 1639 und 1640" in HiB, 1937, Nr. 3.]

Anno 1640 Den 1. Dag Januari ist daß schwedisch Krigs Volck zu u. g. F. u. Herrn
Landtschaft komen und 17 Wochen darin gelegen und alles außgeplündert,
Pfert, Frucht, Viehe aleß hinweck geführet. Sie haben mir genommen undt weg
führet 21 alten Schaf undt 11 Jung Lemer, 1 Mast Schwein, 4 Helt Schwein (unge-
mästete Schweine), 2 Küh, 1 Jerick Rint, 12 Hüner, 4 Enden, 3 Achtel Korn,
3 Achtel Hafern, 30 Reichs Daler an gelt müsen geben an aler hant Sachen
thut in Summa 143 Daler.     
      [Sch.-Chr., ohne Seitenangabe.]

Vogteigerichtsakten, Seite 145: 
Daß Gericht ist In Anno 1640 nicht 
gehalden worden wegen vnfriedenß.
[Im Jahr 1640 sind die Einwohner von Linnes und anderen Dörfern wohl mehrfach (oder für längere Zeit?) nach Gießen geflohen. Dies wird auch belegt durch Taufen von Kindern aus Linnes, Allendorf, Lützellinden usw. in Gießen; siehe FB Giessen, Otto Stumpf, Band 3, Ortsfremde.]

1640 werden in der Lindeß-Leibeigen-Beede nur noch 20 Familienväter, wiederum die meisten mit den Vornamen ihrer Frauen, genannt.
[Otto Stumpf: Einwohnerlisten des Amtes Giessen vom 15. bis zum 17. Jahrhundert (1470-1669); Seite 30.] 
Der Schmied Ludwig Haupt, der die Witwe von Johannes Lentz geheiratet hat, ist schon dabei. Er gilt als Begründer der Linneser Schule und erster Lehrer.
In der angegebenen Quelle ist auch dokumentiert, daß 1640 in Linnes ein Kriegsschaden von 200 Reichstalern angerichtet wurde. Im einzelnen werden genannt: Salvaguardi (Sicherheitswache, Schutzwache) - 18; Cunrad Becker - 1; Ludwig Haupt - 6; Jacob Jung - 4; Johannes Meckel - 36; Abel Peter - 9; Cunrad Peter - 9; Cunrad Peter, Schenkischer Hofmann anstatt seines Junckers - 98; Velten Wagner - 7; Clas Weyels Witwe - 12.
Conrad Peter erleidet hier also einen Schaden von 9 Reichstaler an eigenem Vermögen; 98 Reichstaler Schaden enstanden am Burggut, dessen Hofmann (Pächter/Verwalter) er war.

1642 kann offensichtlich der gewohnte Gerichtstag, Montag nach Quasimodogeniti, wieder nicht eingehalten werden, wie aus folgendem Eintrag, Seite 147, ersichtlich ist:
Vogtt Gericht gehalden den 23 tag mayij Anno 1642 
Weill der Vnfritten vndt die bayErß Arme im lant geleg(en) haben 

Anno 1643 den 5. 6. 7. Dag Januari ist so ein über auß groß Wasser gewessen, daß
alß die Jungen Fursten von Darmstat nach Gissen sindt gezogen, haben sie nit in die
Stat Gissen konnen von wegen des Wassers. Es ist so groß gewessen, daß über die
Brük an alen Pforten hat gangen, daß man bei dem Sichhauß (Siechenhaus) uf ein
Achen hat kennen fahren über die Schar undt übern Wal biß an den Walbergk undt
haben die Junge Fursten 2 Nacht uf dem Schifenberg gelegen.
Die Leut haben alenthalben in der Stat mit Achen undt Backtregen gefahren. Uf dem
Marck(t) ist es nur drocken gewesen ...
      [Sch.-Chr., S. 114]

Aber das schlimmste Jahr von allen ist wohl das Jahr 1646 gewesen. Die Nachbardörfer Gießens waren nach und nach zu der Erkenntnis gekommen, daß das sicherste Mittel, sich vor den raubenden und plündernden Soldatenhorden zu retten, das sei, in die Festung zu Gießen zu flüchten. Leihgestern hat im Jahre 1646 von diesem Mittel öfters Gebrauch gemacht, so daß in der dortigen Kirchenrechnung von 1645 steht, daß keine Einnahme aus dem Opfersäcklein (= Klingelbeutel) hätte gemacht werden können, da die Bevölkerung so oft auf der Flucht gewesen sei.
Von Großen=Linden meldet die Kirchenrechnung 1646, daß die ganze Bevölkerung vor dem heranrückenden Kriegsvolk die Stadt verlassen und mit allem Hab und Gut in die Festung Gießen sich geflüchtet habe. Aus dem protocollum Vigelii in Großen-Linden ist zu entnehmen, daß der Pfarrer mit geflohen war und die Kinder seiner Gemeinde dort in Gießen getauft und seine Amtshandlungen verrichtet hat. In dem leer gelassenen Orte hausten die eingerückten Soldaten. Sie brachen in der Kirche den Fußboden auf, um nach dort vergrabenen Schätzen zu suchen. Sie erbeuteten einen der zwei silbernen Abendmahlskelche. Sie "zertraten, fraßen und verheerten alles Korn und allen Hafer im Feld", so daß nichts davon eingescheuert werden konnte, als sie abgezogen waren. Sie warfen die eisernen Öfen im Pfarrhaus um und taten dort wie auch wohl in den Privathäusern großen Schaden.
[Schulte, Seite 42.] [Wahrscheinlich waren auch die Linneser 1646 öfters nach Gießen geflüchtet. Im Anhang des Gießener Familienbuches ist keine Taufe eines Linneser Kindes, wie 1640 mehrfach, in 1646 verzeichnet (nur Heuchelheim und Allendorf sind vertreten). Allerdings könnte das (nicht mehr erhaltene) Kirchenbuch Großen-Linden auf der Flucht mitgenommen und in Gießen weitergeführt worden sein. Bisher unklar bleibt auch die obige Angabe des protocollum Vigelii als Quelle. Pfarrer Weigel wurde auf Trinitatis 1647 als Pfarrer in Großen-Linden "uffgeführt". Pfarrer Otto Schulte schreibt im Vorwort seines Buches, daß von den ursprünglich 120 Vierteljahresheften des protocollum Vigelii von ihm der Großteil der noch erhaltenen 56 Hefte im Unrat des Taubenschlages des Pfarrhauses gefunden wurden und und nun, also vor 1930, zu drei Büchern gebunden, Eigentum der Kirche sind. Der erste erhaltene Eintrag stammt aber vom 08.01.1652! Es kann sich dann nur um einen späteren, rückblickenden Eintrag handeln.]

1646  Schwedische Truppen unter dem General Wrangel setzen das durch Gräben, Hecken und Schlagbäume geschützte Dorf in ein Flammenmeer. 86 Häuser und 83 Scheunen brennen nieder; nur die Kirche und 2 Höfe bleiben verschont. Soldaten nehmen die Frucht weg und plündern. Hungersnot.
- Pest.
[Zeittafel zur Geschichte Heuchelheims - Zusammengestellt von Otto Henkelmann II. in "Heuchelheim in Wort und Bild", 1961, S. 142-144.]
Von Linnes ist ein solcher Brand nicht bekannt; die Plünderungen werden aber ähnlich gewesen sein. 

===================================================================================
In Garbenheim wird 1633 Johannes Macrander Pfarrer. Im Kirchenbuch finden sich, im Anschluß an Tauf-, Heirats- und Beerdigungseinträge zahlreiche Anmerkungen zum Zeitgeschehen und zum Leiden der Menschen im 30jährigen Krieg. Hier folgen diese zeitgeschichtlich wichtigen Angaben von Pfarrer Macrander aus dem KB Grabenheim:
KB 1 Garbenheim 1626 bis 1664  -  Historische Anmerkungen   [Es folgen noch Ergänzungen.]   

~: a(nn)o 1634. 
Novemb. 23.  Caspar Hejderichen ein sohn getaufft, Nicolaus 
pat. & mat. Nicolas Joachimj  vndt Ann Elß Peters Am ende
tochter.  Eben in der stunde Kamen drej Regiment Kaijserische
zu fues, diser Caspar vnd auch Niclas Juchem, wurden von disen Völckern
von der Mansfeldischen Armee, mitgenommen vnd sind jammerlich vmbkommen,
vnd hat die Wetzflarische Guarnison vnser Dorf jämmerlich 2 jar ausgeplündert, endlich
                                                                                          Kam auch pestilentz, auch theure Zeit 
[Vmtl. sind nur die letzten beiden Zeilen später nachgetragen worden, teilweise in die erste Zeile des nächsten Taufeintrages geschrieben.]  

+: Anno 1635. 
Januarij 11. Georg Rüeln  töchterlein gestorben, peste, nomine Anna-Judith  
[In Höhe dieses Eintrages links am Rand beginnend, querstehend, zweizeilig:]
NB sind bej 30 fewerstedtt[?] gewesen, v. ist keine
        gäntzlich ausgestorben, [ohne Georg Hejderichs = gestrichen.]

~: Anno 1635. 
17. Jan. Zu abend vmb 8.[6.?] vhr,  Johan Friderich Scheffern, ein
   sohn getaufft, Johann-Jost,  Pat  Johan Adam der
   Schmidt, sein Schwager, [Nachtrag:] beij tage dorfft sich niemand wegen streiffend(er)
                                                                           parthejen sehn laßen 

~: Anno 1635.    
8. Februarij  Johan-Wilhelm Crombachen ein sohn getaufft,  
   Johann-Georg.  Pat.  Ich Pfarrer, vndt Elsbeth Johannes
   Joachimbs Hausfraw.  musten selbig mahl aus der Kirchen vnd dorff
                                                entlauffen. 

+/#: Anno 1635.    
28. Aprilis Barbara, Rücker Zimmermanns wittib zu wetzflar 
   gestorben vnd begraben, ohne laüden, singen v. predigen, (: weil die Soldaten
   wolbekleidete leüte vff der gaßen ausgezogen:)  

#: Anno 1635.
30. Aug. Peter Teschen töchterlein, Maria, begraben
(: wurden von streifender Parthei, selbig mahl aus der
Kirchen gejagt :)  

#: Anno 1635.
13. 7bris  Johannes Frechen sohn  Johann Georg,  15. jar
   alt, zu Wetzflar gestorben vndt begraben.
   (: waren weg(en) des stetig(en) einfals, raub v. plunderung der Knochen=
   webelisch(en) Reüterej, nach wetzflar geflohen, alda die pest sehr
   graßirt :)

#: Anno 1635.
19 Septembris Philips Funcken begraben. Textus Joh. 13.  ....
 
muste in der Auwe in einem graben etliche Zeit liggen, wegen des
 täglichen einfals der Kaijß.  

 ~: Anno 1636.   
10. ejusdem [Martij] Hanß georg Hauperten ein sohn getaufft,
   Hanß Jacob, Propater Jacob Reitz,  wegen vielfeltiges
   streiffens, muste die mutter am dritten tage außm Kindbette nach
   wetzflar weichen, sampt allen inwohnern vnd Krancken. 

+: Anno 1636. 
16. Aprilis  Johannes Molich ein alter vndt verstendiger
  man, gestorben,  Ist ihm Kein leichpredig vndt begengnis
  geschehen, haben auch dz heilige Osterfest vber  mit trawren zu
  wetzflar vnd vmbliggenden Heßischen örtern \vns/ verbergen müßen,
  wegen des teglichen streiffens vndt inquartierens.  

 #: Anno 1636. 
2 Maij ...
16 ejusdem  Anchen  Melchior Strohen wittib  [leer] jar alt
   zu wetzflar begraben. 
NB Seidhero  a(nn)o 634   1 tl \D(omin)ica/ Adventus die manßfeldische Armee
        das land hiervmb verderbt  sindt bis an jetzo \peste/ [sind = gestr.]
        Garbenheimer leüte gestorben ----------  75.  leben noch 78 

#: Anno 1636. 
9 tl Julij  Hanß Caspar, Johan Friderich Scheffers sel. hinderlaßen
     letztes söhnlein, zu Wetzflar begraben 
2. Julij Ist ein Kaijß. Armee, vnder dem Feldt Marschalck G. N. Götzen, bej 30 Regi=
ment, zu Roß, Dragoner v. Fues die Lehn herauf, Landgraff Wilhelm von Heßen v. ad Herren[?]
anzugreifen, gezogen, zu Wetzflar dz Hauptquartier 7 tag gehabt, die Generaln, Obristen,
deroselben pagagi[?] etc. lagen in d(er) Stadt, vor d(er) Stadt von d(er) Dill an biß an NiderGirmes 
war des fues volcks feldtlager mit dem geschütz, vf den dörffern die Reuterej.  Die winter=
frucht so eben zeitig, ward aller oben abgeschnitten, zun [?]Hütten ins lager[?] getragen, vertretten. vom
troß gedroschen[?], v. vertragen, also gar dz in vnser terminej Kaum ein achtel frucht Kan zu=
sammen gelesen werden, wan man sich dörffte sehen laßen.  Die dörffer sind gantz ruinirt, Gott sei
Danck dz die bloßen bew sind stehen plieben, alles haus gerümpel, disch, banck, betlachen, [?]thüren,
Kelten, büden etc. sind verbrant, vnd ins lag(er) geführt,  Ist auch bej vns, aus mangel d(er) pferde, Kein
sommerfrucht geseet, dz rohe obst ist von den bewmen geschlagen, die mühren ausgerupt.  Daß
also große hungers noht vorhanden, weil alles viehe v. vorraht hinweg.  Gott wölle vns
buesfertige hertzen verleihen, dz wir von vnserm sündhafften, bösen leben v. wesen abstehen, vff dz auch ahn
der großen v. langwirigen plagen v. strafen gerewen möge.  

a(nn)o  636. 
Dominica 9. post Trinitatis [14.08.1636] Sacram Coenam admini=
strirt  sind wie verzeichnet 30. communicanten gewesen 
Haben die vbrige Zeit, wegen vielfeltiges durchzie=
hens, einquartierens, raubens, plünderns vndt
geldt preßuren, vns wenig im dorff finden laßen,
vnd den Gottes dienst verrichten.  

+/#: Anno 1637.  
9. Martij, Ein man von Ernsthausen vnder Weilmün= 
ster, Henrich genant, Herman Wirths sohn, vndt Mar=
grethen Peter Scheffers tochter man, zu Dudenhofen, sampt
seinem weibe vndt Schweher, in des bürgermeisters haus ein
zeit lang geherbergt, nach Wetzflar gehen wöllen, ist \an/ bej der 
Kühemarck an der waldtecken dem spitzenberg zu im hege=
graben todt funden worden,  Ist vf begehren seines weibs
vndt Schwehers von den Nachbarn alhier vff einem Karn ge=
holet, vnd vf vnsern Kirchhoff begraben,   Ist ohn zweifel
hungers gestorben.   
Vmb diese zeit gildt ein mest Korn zu Wetzflar j R(eichs)th(a)l(e)r 
vnd ist noch nicht zubekommen.  ein mest weitz 5. Kopfst.  Das achtel 
                                                                                       Korn 10 R(eichs)th(a)l(e)r  

#: Anno 1637.
14. Septemb. Ann-Margretha Peter Meßerschmidts
töchterlein 5 jar alt begraben
Umb diese zeit ist ein allgemein fieber im gantzen landt gewesen
vnder den restirenden leüten, alhier \.....?/ sind jetzo noch 3 personen,
so innerhalb jarsfrist nicht kranck gewesen

*/~: Anno 1638  
21. Martij Hanß Georg Kahln ein tochter getaufft, 
Ann-Elßbeth  promater Ann-Elß, Johannes Frechen
Hausfraw, circa hoc tempus war große Kriegsgefahr, deren
wegen auch dis Kind, 4 tage alt, vmb den abend getaufft
ward,  vff die Ostern zog General Götz Feldmarschalck mit
seiner Armee durch wetzflar vnd derer orten, nach dem
Bejerland zu gegen Hertzog Bernhard Frantzösischen Gene=
ral welcher Jan de werd Kaijß. Obrist(en) geschlagen v. gefangen.
[Deutlich zu lesen: "de werd"; nich "de wred(e)"; die Fortsetzung ist mit anderer, teilw. verblaßter, Tinte geschrieben:] 
Alhier zu Garbenheim hatten 1500 pferde logirt, alle restende[?] fütterung[?] vnd 
gemüse vfgeätzet, was sie nicht mitgenommen, v(er)derbet.  mir Pfarrern
ist an allerhand bej 50 fl schaden geschehen, vor dis mahl, vnd sind 
mir seithero dem manßfeldischen march bej 1000 fl. werth
an viehe, frucht vnd mobilien sonsten etc abgeraubt.  v. dancke
doch dem gütigen Gott, das Ich, mein weib v. Kind(er) [?]vnsern gesunden leib,
davon bracht. 

~: Anno 1639.  
17. Martij Hanß Georg Kahln ein sohn getaufft 
Hanß Jacob, pat. Jacob Reitz vnd Susanna
Caspar Teschen Hausfraw,  Heüt sind wir abermals in große
forcht vnd schrecken gesetzt weil naher wetzflar 4 compagnj
Küraßirer, auch in Hüttenbergk vnd Ampt Glejperg,
Königsberg ja vberall, Kaijß volck ingetheilt vnd ist Panir[?!]  
Schwedischer obrist vnd General albereit mit seinem volck 
im Franckenland.  

~: Anno 1639. 
Den 19 t April. des abends bej licht Johan Georg Kochen 
   ein sohn getaufft  Johann Friderich,  pat. Johan Georg
   Krombach, vnd Elßgen, Johannes Joachimj Hausfraw, 
   Weil aber General Hatzfeldts Armee diser orter durchgezogen 
   welche abermahls die frucht im felde sehr abgeätzet. 

+/#: A(nn)o 1640. 
13 Januarij, Jacob, Niclas Crombachen söhnlein
zu wetzflar gestorben vnd begraben.  wir waren
dismahl vor der Saxen weijmarischen Armee, welche ins Fürsten=
thumb gezogen, gen wetzflar gezogen. 

~: Anno 1645  
den 20 t Feb. Hans Georg Kahln ein söhnlein getaufft,  Johan   
Melchior.  propatres Johan Melchior Krafft bürger zu wetzflar 
Johannes, Jacob Reitzen sohn zu wetzflar,  promater Elsbeth Peter
Teschen tochter.  wir waren dismahl nach wetzflar gezogen, aus forcht der plün= 
derung vor den frantzösischen volckern so zu weilburgk logirt,  erlangete bej
Hln. Jacobo Herttio dem eltesten pfarrer, dz ich dis Kind selber in der stat 
im[?] losament[?] getaufft.        

A(nn)o 1645.  
Vff Wejhnachten S coenam 17 personen administrirt.  
Vff ostern S. Coenam 23 personen mitgetheilet. 
  solte im Herbst gehalten werden, würden aber durch die heßische
  völcker gehindert, weil der Hl Graff von with Obristl. mit 5. Compagni Reüttern
vnd 120. musquetiren 12. dage alhier logirt, wir kamen dismahl vmb vnsern wein, frucht v. futtung[?] 
a(nn)o 1646.     
Vffs new jar 22 personen S Coenam administrirt.  
vnd rißen 24 bew nider, Gotterbarms, logirten 8 tage zu wismar vnd
dahervmb, endlich nahmen sie butzpach ein, sprengten die pforten etc. 
beschoßen auch die Stat Marpurgk etliche dage, bekamen sie ein mit
accord, belagerten daß Schlos, beschoßens streng, bekamens mit accord 
a(nn)o 1646 den 16 Januarij, Obrist Willich welcher das schlos inne hatte
ward beneben seinen mitofficirern zu Gießen etlich mahl vor stand=
recht geführet, weil er keinen sturm erwartet etc. 

~: A(nn)o 1646.  
Den 28. t. Junij  Jacob Reitz eine tochter zu wetzflar taüffen laßen  
propater Hanß Georg Kahl.  promater Hl D.[B.?] Molthers tochter Catharina. 
dictäa.[!] filiola, [Elßbeth, oder Elßgen = gestr.] Catharina.  
Etliche Dage zuvor war die Schwedische Heüpt Armee vffgebrochen, vnd 
hatten zu Garbenheim vff allen hügeln schantzen gegen den feind vffgeworfen[?],  
dadurch vnser dorff ruiniret, die früchte v. gras ab geetzet,  [Mit anderer Tinte später nachgetragen:] Ist auch nicht
nur eine handvol heu[heim?] in Garbenheim dis jar kommen, musten das restirende viehe 
von der heide erhalten, vnd bescherete vns Gott auch einen weichen winter.[?]  

#: A(nn)o 1646  
Eodem die [8. t. Augusti] Elßbeth, Henrich Lucij tochter  7. jar weniger
   5. wochen alt, begraben.  Wir wurden dis mahl an der leich=
   predig gehindert, mußten ejlend außziehen nach Solms, weil die Kaijß.
   vnd Baijrische Armee vor den Schweden wichen bis nach Runckel hinvnder. 

Den 4. t 8b(ris) aj 1646, als den 4ten bus, fast, vnd bettag 
  daß H. Abendmahl 10 personen administrirt. 
Diesen sommer haben die Schweden vnd Kaijserliche Armeen, daß land dieser
orter v(er)derbt, dz wir vnser brodtkorn weit holen müßen,   

a(nn)o 1647. 
   Den 1 tl Januarij. S. Coenam administrirt 28 personen. 
   war zwar der erste ausgeschribene bues, fast v. bettag, vom
   Gießer Sup(er)intendenten, weil aber Ihre Fürstl. Gd. vnserer alten
   obrigkeit, Graff Ernst Casimir von Naßaw Sarbrucken etc. Gd.
   drej dage vor dato das Ampt Glejberg widervmb eingeraumet,
   Ist dieser fast dag abgeschriben, vnd soll in Kurtzem ein ander
   bus-fast-bet-vnd dancksagungs dag ausgeschriebn werden. 
   Es hat aber der Furst von darmstadt dis Ampt 10 jar weniger etlich wochen
   innen gehabt.  
Die Schantzen vff den bergen vmb vnser dorff weisen auß wie die
Schwedisch Haupt Armee logirt, vnd solches in die vierte wochen lang. 

Vff Ostern S Coenam 18 personen administrirt.   
Den 15, 7b(ris). 
13 personen S. Coenam administriret. 
   weil die Schwedische vnd Kaijßl. Armeen vmb Marpurg vnd darin gelegen 
   von Advent voriges jahrs, bis 6 wochen nach Christag 648. haben wir müßen
   ausziehen, vnd also dz H. Abendmahl nicht halten können.  

oo: A(nn)o 1647. 
den 5. t. xb(ris). 
Caspar Wagnern vnd Ann-Elsen 
  Johannes Frechen wittib copuliret.   weil die Schweden
  vor den Kaijserlichen gewichen biß hinder Caßel,  vnd die Kaijß.
  marpurgk belagert,  derentwegen es von[ver?]  nomen[?] sehr vnsicher 
  sind wir den 1. Advents Sondag [= 28.11.1647, jul.] in der nacht mit vnserem viehe etc.
  nach wetzflar gezogen,  welche ..[Fleck] ieß[?] Reüterej zu Salvaguarden hatte(n). 
  wird also von hieren der gantze Lahnstrom biß oben auß v. daß gantze
  Heßenland vollend in grund verderbt,  vorm jar hauseten die Schweden
  dieser örter auch also,  v. haben die Fürsten von Heßen durch ihre vnejnigk.
  ihre Schlöß(er) im Ampt Marpurg selbst zersprengt.  
  [Ab hier ist die Schrift sehr stark verblaßt:] 
  nach dem newen jar aber haben die Kaijß. marpurg die stadt
  geplündert, dz Schloß aber nicht inbekumen[?],  Zurück ins Francken=
  land gewichen, die Schweden aber sind ihnen nachgezogen, vnd haben
  dem Fürsten von darmstadt alle seine Schlöß(er) v. Städte im Vogels
  berge geplündert, endlich den 1 t Feb. Vber den maijn in Francken 
  lang gangen,  vnd sind wir armen leüte vff lichtmeß wied(er) heim
  gezog(en)  

~: a(nn)o 1648.  
Den 30 Januarij Hanß Georg Kahln ein sohn getaufft, Johann-
Philips.  Propater Ich Pfarrer,  vnd Promater Elßgen 
Johannes Joachims Hausfraw.  Ist auch zu wetzflar jung[??] worden 
vnd vff erlangten consenß durch mich im Hause daselbst getaufft, 
weil die Schwedische vnd Kaijß. Armeen dieser orten [?]verstört[?] vnd
wir 12 wochen[?] nunmehr zu wetzflar gewesen.            

A(nn)o 1648                     
Dominica 18. pt.
S. Coenam 14 personen administriret. 
   In der herbstmeß ist der allgemeine Teütsche friedens
   schluß publicirt, vnd ist die Schwedische Armee, dieser
   orter ins winterquartier ausgetheilet, vnd ein gros
   geld die Soldaten zubezahlen, in allen landen [?]erhoben. 
   nemlich 5 million.  

 [Ende der zeitgeschichtlichen Notizen von Pfarrer Johannes Macrander im KB Garbenheim.]
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1650 besteht in Linnes eine Schule. [Prot. Vig.]
Die Einwohnerzahl von Klein-Linden bertug um 1650 etwa 125 Einwohner. [Hermann Rau: Geschichtliches von Klein-Linden, in: 50jähriges Jubiläumsfest der Radfahrervereinigung Klein-Linden; Seite 21. (Ohne Quellenangabe.)]

Durch den folgenden Eintrag im Protocollum Vigelii vom 29.02.1652 ist dokumentiert, daß Pfarrer Weigel in Linnes Abendmahl hält:
den 29. ich zu Lindes (weil das H. Abendmahl gehalt(en):) sonder(..) Hir nach mittag fur den Caplan (der zu Hirnßheim ein Kind zutaufen hatte:) geprediget, letzt theil des Evangel. Vom Blinden am Weg.
Merkwürdigerweise schreibt Pfarrer Weigel an Ostern 1653, daß er nun das erste Mal das Abendmahl in Linnes gehalten habe, siehe unten.

den 2. Mart. [1652] haben die Lindeßer einen Zaun umb ihren Kyrchhof gemacht. Hat seythero nach dem Kriegswesen noch immer offen gestanden.
den 4. der Opfermann Dörner drauf gemacht.
[Prot. Vig.]

den 8. Mart. [1652] ist Henrich Weigel zu Lindes, von der Burg, darauf er bißhero des Junckern Hofmann gewesen, Herab gezogen, in sein eygen Hauß. [Prot. Vig.]

den II. Januar [1653] hat Antonius Faust Studios. Francof. eine Sanduhr in die Lindeßer Kyrch verehret vnd mihr durch eine magd von giessen hergeschickt. welche ich den 23.hujus mit nach Lindes genommen vnd gelifert, den Senioren auch 8 dage Zuvor angeZeiget habe. [Prot. Vig.]
[Er hatte vorher für Pfarrer Weigel in Linnes gepredigt.]

den 17. Januar [1653] hat der Opferm. Zu Lindes, Ludwig Haubt, die uhr stehen lassen, weil sie ihm keinen lohn darvon Zustellen geben wöllen. [Prot. Vig.]

den 25. Januar [1653] da ich meine besoldung von des Opfermanns vnd der Kühhirtin Haußgesesse Zu Lindes forderte, welche mihr noch die gantze Zeit außstünde, vnd mihr weder der Opferm. selbst, noch die gemeinde (alß welche ihm auch seinen lohn von der uhr weigerte,) geb(en) wolte. gieng die gemein Zusammen, vnd beschlossen, der Opferm. Sölte mihr selber meinen lohn geben, so wölten sie ihm seinen die 2. Jahr von der uhr Zustellen geb(en). vnd würfe sich ein ander auf, der es ohne besoldung von der uhr, verwalt(en), v. doch dem Pfarrer sein gelt selber geb(en) wölte. Sihe droben 17.hujus. [Prot. Vig.]

den 7. April [1653] Zu Lindes 55. Eyer bekommen auf gründonnerstag. Von Conrad Beckers frawen 0. welche Kranck war. [Prot. Vig.]

den 11. April [1653] auf Ostermontag hielte ich (auf begehren etlicher alter weiber, die die wegsteuer nicht haben nach Linden Zugehen:) das H. Abendmahl (ietzt Zum ersten Mahl) Zu Lindes waren 14. Communicanten; darunder Melchior Hildebrand der Hofrichter, so ietzt Zum ersten mahl bey mihr gehet, da ich nun schier 6. Jahr Pfarrer hir gewesen. [Prot. Vig.]

den 13. Januar [1654] Bettag alhie, (den ...(Kyrch?) Convent underlassen) auch zu Hirnßheim (weil H. Collega unpäßlich war:) und endlich Zu Lindes gehalten. Text Gen. 8.v. 13.bis zum 20. XVIII. Predigt D. Suarini.
Eod. ist Johannes Rau mit seiner Haußhaltung von garbenteich gen Lindes geZohen, die Kühe und Säue alda zuhüten.
[Prot. Vig.]

den 3. Mart. [1654] habe ich auf geheiß des H. Superintendenten, desselben Bescheid der Lindeßer gemeinde vorgehalten, welches inhalt war, dz sie den Opfermann bey seiner freiheit solten lassen, wie Vnser gn. Furst und Herr ernstl. befohlen, und im gantzen Land der brauch werr: Oder er wölte sie von I(hro?) Fl. gtn. verklagen, wie auch dz er sich immer wegen der schule mit ihnen habe Zanken müssen, und daß sie mehr auf ihre Säwe, alß auf ihre Kinder, achtung gäben. diß war ein Bescheid auf Ludwig Haubts, Opfermanns (und nun mehr auch Schulmeisters) Klag, dz sie ihn (dem brauch mit seinen vorfahren gehalten Zuwider) von des Pfarrers besoldung (welche mihr nun von des Opfermanns Hauß 6. Jahr hinderstendig:) nit befreyen, ihm über das auch 2. Spethlr(?,wohl: Rthlr.), jährlich die uhr Zustellen, und dieselbe v. glocken Zuschmieren, nit geben wölten. Forderte deswegen den hinderstand (von 3. Jahren). [Prot. Vig.]

den 23. Mart. [1654] 56. Eyer zu Lindes aufgehob(en) auf grundonnertsag.
NB. Conrad Beckers und Melchior Hildebrands, Hofrichters, als deren weiber Kindbetterinnen; It(em) Jois Rauhen als Kühe und Säwhirth, wil er fremd da, verschonet.
[Prot. Vig.]

den 25. 9br. [1655] hat mein gevatter H. Christian Soldan Studiosus, fur mich Zu Lindes geprediget, an stat Sonntägl. Evangelii Zum text gehabt Matth. 3.v.8. Taufte ich darbey Johann-Ludwigen, Melchior Hildenbrands des Hofrichters Kind. waren ich und uxor auf dem Kindbett: Truncken roth win von Allendorf, mas 4.alb. NB Ein par maß hatten sie auch von gissen mitbracht, firnen win. [Prot. Vig.]

den 25. maji [1656] (auf H. Pfingsttag) ...
Eod. 6 Kinder von Lindes (keine hiraus) confirmiret, 5. Knaben und 1. mägdlein. Vnter welchen war Nicolaus Möller von Heydelbach bey Alßfeld her, der Schäfer Jung. [Prot. Vig.]

den 17. 7bris [1656] haben die Lindesser auf ihre Kirchweih keine Predigt bekommen, weil mihr nichts angezeiget war, und ich nit wuste, wz fur ein tag sie brächte, Davon mihr hernach den 19 ejusd. Philipps Eberts, bey der Kalckkauten sagte, daß sie Mariä geburt brächte. Auf welchen 19. 7br. ich doch per accitens .... bequemen text, in meiner ordentl. wochenPredigt erklärte aus 1. Chron. 23. vom vers bis zum ende. vnd darbey erZehlete, dz die Kyrche vor 43. Jahren erbawt werr. [Prot. Vig.]

den 7. Jul. [1657] hat der Kastenmeister gev. Elias Wagner 3. mas Kalck Zu Lindes vom Opfermann gekauft fur 9.alb. und gelescht und eingegrab(en) in den Früe(?)Hof. [Prot Vig.]

den 26. Julii [1657] habe ich angekündiget, über 8.tage das H. Abendmahl Zuhalte(en).
Zu Lindes Henrich, Jacob Jungen S. sohn, und Johann Jacob(en), Baltzer Weigels, so das gebet wider die Zauberey, von mihr ab= und ihnen vorgeschrieben, dz sie es ferner abschreib(en) und lernen solt(en), verlohren, und in der Kyrch sich darumb zankten, iedem eine maulschelle gegeben.
 [Prot. Vig.]

den I. Aug. [1657] Zeyget Johannes Eckhard von Lindes an, dz sein Kindlein, Johann-Andreas, so heut den 9. tag an den pfochen kranck gewesen, diesen morgen zwischen 6.und 7.uhrn gestorben seye, und er es morgen wölle begraben lassen. Ist 5. monat, weniger 12. tage (oder 20. wochen I. tag) alt worden. [Prot. Vig.]

den 16. [Aug. 1657] habe ich Marien, Jacob Jungen s. witwen Zu Lindes, auf ihr begeren, in ihr büchlein des intgenommen Opfergeldes, daran sie 3. f. so schuldig blieben, geschrieben dz dieselbe 3. f. und ferner noch 1. f. so sie überZugsgeld wegen ihres Sohnes Conrads frawen geben solte, mit thielen (36. wd(wurden??) fur 3. alb gerechnet,) beZahlet habe, fur den Altarstein. vnd dz Balthasar Weigel noch 4. thiele darZu (weil der Stein 40. thiele gekostet,) gegeben habe, welche ihm wider müssen erstattet werden. Hierbey war, in Hanß Lentzen Hauß, Baltahsar Weigel Senior, Ludwig Haubt Opfermann, Peter Lentz alß voriger, und Johannes Neidel als ietziger Burgmeister. [Prot. Vig.] [Jacob Jung war vor Ludwig Haupt Opfermann gewesen.]

den 21. Aug. [1657] spricht an Johann Reinhard Zu Lindes (Ann-Elisabeth uxor,) wil künftig Sonntag begraben lassen sein töchterlein Ann-Elisabeth, so 10. tage an den pfochen kranck gewesen, und dieses morgens zwischen 2.und 3.uhrn gestorben. 2 jahr weniger 3. tage alt. [Prot. Vig.]

Anno 1657 den 30 Dag Auguste ist so ein greulich Wasserflut komen, daß unsern Hof
hinein gangen hat, daß es halb Manß hoch in unser Scheuerden(ne) hat gangen undt in
den Kustal daß die Kelber undt Rindt Vieh in den Steln geschwome haben, daß die Ku
Kreb (Kuhgrippe) hinaus dem Stal ist geschwomen und ist so lang beß Weter gewest mit
Regen, daß das Gromet al auß den Wiesen ....(unleserlich)
    [Sch.-Chr., Seite 146]

den 22. 7br. [1657] spricht an Johann-Georg Weigel von Lindes (Catharina uxor,) wil morgen begraben lassen sein töchterlein Elisabeth-Catharinen, so nächtens nach 11.uhr verschieden. morgen 3. wochen an den pfochen kranck worden, welche ihm wider vergangen, und es seythero innerliche Kranckheit gehabt. Ist 5. jahr alt gewesen 3. wochen vor Ostern. [Prot. Vig.]

den 28. 7br. [1657] hat der Leydecker Hanß-Henrich Zugmann, [Nachname unleserlich verbessert] so hie sich aufhält, das Kyrchtach Zu Lindes angefangen Zudecken, wo es mangelhaftig und 30. ejusd: verfertiget. Hat die decknägel dargethan. Sollen ihm geben 1. Rthlr. [Prot. Vig.]

den 9. Mart. [1658] Alß ich gen Giessen gegangen war, hat der Schulmeister die betstunde gehalten. [Vmtl. ist Lindes gemeint.]
Eod. hat mihr N. Joh. Just Velten Pedell Zu giessen geliehen Passions-Predigten Herrmanns und anderer p m 4to. It(em) M. Stumpf hat mihr gen Lindes geschicket, da ich sie in Hanß Lentzen Hauß bekommen, Passions Predigten in Matthäum, Marcum und Lucam Dauderstadii etc. m 4to. Zu der Passion über S. Lucam dies Fasten Zeit über Zupredigen. diese beyde müssen ihnen widergegeben werden.
Eod.
der Juncker gen Lindes kommen, und Melchior Hildenbrand von der Burg getrieben, welcher gen Linden (Zu Johannes Gerharden ingezohen.) Am Rand: Hat der Juncker (schon Zuvor) Johannes Spanheimern von Heuchelheim und Johannes Eckharden seinen Eydamen Zu Lindes, Zu Hofleuten angenommen. [Prot. Vig.]

den 6. Januar [1659] gerechnet mit Baltzer Weigeln Zu Lindes, wegen meiner besoldung .. ao -1658. Sagte, Joes Schwetzer hette gegeben 2 1/2 
   Kopfstück an geld;
   It(em) hat er mihr die wiese in der Lützellind. Lück(en) 2.mahl gemehet auf seine Kost, wz er dafur abZiehen wird.
       der Burgmeister hat mihr gegeben
   10.f. 15.alb (Schwetzers mehen ausgeschlossen,) das erste Ziel.
    5.f. 13.alb. 2.d. (mehen wider ausgeschlossen) das zweyte Ziel.
    4.alb. an 4. maß bier Hans Lentz mihr noch bey vorigem Burgmeister gelassen, so er bey diesem abZencht
[?abzieht?].
                     Ist Summa
   16.f. 5.alb. 2.d.      Sind 10. Hausgesässe
             Stehen mihr noch aus
    6.f. 8.alb. 2.d. darvon aber des Schwetzers mehen noch abZuZiehen.
           Hirauf hat er mihr ietzt gegeben
    4.f. 
              [Prot. Vig.]

1658 erhält Pfarrer Weigel von Großen-Linden für seine Gottesdienste in Lindes nur noch von 10 Hausgesäßen insgesamt 22 1/2 (Gulden) jährlich. [Rudolf Weigel, Seite 31; Quellenangabe: 65: Otto Schulte und Matthes.]
Im Jahre 1659 am 6. Januar verzeichnet Weigel, was ihm die Gemeinde Lindes für die ganze seelsorgerliche Versorgung für 1658 schuldig sei. Es sind im ganzen 22 1/2 fl., die der Bürgermeister von Lindes einzuziehen und an ihn abzuliefern hatte. Er hatte sie von den zehn "Hausgesässen" (das Wort setzt 10 Häuser in Lindes voraus) einzuziehen und erhielt von jedem 2 1/4 fl. 
Hundertzwanzig Jahre später war die Sache so geregelt, daß "jeder Einwohner, wovon auch die Beisassen und Witwen nicht ausgeschlossen waren, jährlich an Geld 40 alb. 4 heller" beizutragen, daß ein Viertel dieses Geldes alle Vierteljahr von dem Bürgermeister zu erheben, und daß für diese Bemühung derselbe von jedem Betrag entbunden sei.
Ganz unabhängig von dieser Privatbesoldung bekam der Geistliche noch, laut einer Aufzeichnung in einer Kirchenrechnung von 1778, 2 Achtel Korn (= 4 Ztn.) jährlich Pacht von dem adligen Gut in Lindes, die zur Pastorei Großen=Linden fielen. Sie wurden schon geliefert, ehe der Bau der Kirche zu Lindes im Jahre 1613 angefangen wurde und ehe noch der Pfarrer von Großen=Linden sich durch den Privatvertrag gebunden hatte, "sich alle Woche nach Lindes zu begeben und den Gottesdienst zu halten". In späteren Jahren hat die Gemeinde Klein=Linden versucht, diese 2 Achtel Korn als zur Privatbesoldung des Pfarrers durch die Gemeinde gehörig zuzurechnen. Es ist darüber lange Streit gewesen.
[Siehe bei 1817.]
Außer der obengenannten Besoldung hob der Pfarrer noch alljährlich am Gründonnerstage zu Lindes Eier auf, wobei er die Kindbetterinnen und den Kuh= und Säuhirt, wie er schreibt, "verschonte". Er erhielt der Kleinheit des Ortes entsprechend nicht viel, einmal 56, ein andermal 72. [Schulte, Seite 121/122.]

den 21. Januar [1659] .....
Eod. der Rentmeister Zu giessen, in sein und des Ambtmanns namen mihr einen bescheid ertheilt, dz die Lindeser gemein mihr des Opfermanns theil an meiner besoldung geben sollen; welches sie Zuvor nit thun wollen. [Prot. Vig.]

den 21. Jul. [1659] hat das donner wetter Zu Lindes Baltzer Weigeln in einen Hausten Korn geschlagen, dz er verbrennet. Hatten 2. frembde under einem anderen Hausten nit weit davon gesessen, welche gesagt, die erde hette sich erschüttert, wie wan ein theil her und dar gienge. teste Hans Lentz 22. ejusd. [Prot. Vig.]

Der folgende Eintrag belegt, daß es schon einen Schornsteinfeger gab:
den 3. 8br. [1659] hat der Schornsteinfeger von Giessen den Schornstein im Pfarrhauß, (davon er 8. alb. fordert, so ich folgenten tag den Kastenmeister geheissen ihm geben:) und den in der Schul, (davon er 5. alb fordert, so der Burgmeister bezahlen mus:) gefeget. [Prot. Vig.]

den 4. 8br. [1659] ..... [Bericht von Pfarrer Convent in Gießen]
Bey diesem Covent lase uns der H. Superintendent vor F(ürst)l(ichen) befelch, dz vor vagirenten gesellen, ohne sein vorbewust, nichts aus d(em) Gotteskasten geben sollen.  ............
2. Propomirete ich, dz Johannes Eckhard Zu Lindes seinen schweher Johannes Spanheimern geschlagen hette. Antwortete der H. Superintendent, Ich solte ihm das vorhalten, und ihn darümb strafen, vorm Kyrchen Convent, und wan er Zum nachtmahl gehen wölte. [Prot. Vig.]

den 30. 8bris [1659] habe ich den Lindesern auf der Cantzel angekündiget, morgen die schule wider anZufangen, und die Kinder darein Zuschicken. Habs auch sonderlich dem Opfermann anbefohlen, dz er sie halten solle. [Prot Vig.]

den 18. 9br. [1659] alß ich gen Lindes kam Zupredigen, sahe ich, dz gebick über die gaß her nach Joes Neidels Hauß gestrewet war. ward mihr erZehlet, es werr die nacht geschehen; weil Johann-Melchior Andermann, Hans Lentzen tochter Cathch(en) gefreyet, und abschlägig antwort bekommen hette. Zornete ich auf der Cantzel daruber. [Prot. Vig.]

Der folgende Eintrag belegt, daß Linneser Bauernsöhne auch in dieser Zeit schon ein Handwerk erlernten:
den 29. 9br. [1659] erZehlete mihr Baltzer Weigel Zu Lindes (auf Hans Lentzen tochter weinkauf,) daß sein sohn Conrad aufs schuster Handwerck gewandert, und vor 14.tag nach marpurg geZohen werr. [Prot. Vig.]  Conrad Weigel und sein Bruder Philipp lebten später als Schuhmachermeister in Hanau.

Am 12. Dezember 1659
sprach mich an Georg Sauer, Studiosus zu Gießen, daß er künftigen Freitag für mich zu Lindes predigen möchte. Ich verweigerte es ihm anfangs, weil er vergangenen Sommer an einem Sonntag predigen wollte und nicht gekommen war. Als ich es ihm an einem andern Sonntag wieder erlaubt hatte, ist er in Lindes bis in die Nacht hinein beim Trunk gesessen und (hat) an 14 Maaß Bier getrunken, welches er obendrein der Wirtin schuldig geblieben. Jedoch weil er Besserung versprach, auch die Wirtin bezahlen wollte, habe ich ihm verziehen und ließ ihn predigen. Nunmehro war der Opfermann sehr zufrieden mit der Prdeigt und meinte: der kann gut saufen, kann aber auch gut predigen. [Prot. Vig.; Abschrift F. W. Weitershaus]

den 18. 10br. [1659] habe ich Conrad Peter und Conrad Becker zu Lindes anbefohlen, ihre Kinder in die Schul Zuschicken, welches mihr Conrad Becker vor 3. wochen (da er communiciret,) verhiesse, aber nit gethan hat. Entschuldigte sich, er könte nit soviel bekommen, dz er einem Kind ein buch kaufte. Alß ich ihm verwiese, dz er seine fraw den tag Zuvor und den tag hernach (alß er das H. Abendmahl gebrauchet,) geschlagen hette. Antwortete er: Er schlüge wol seine frau, und sie werren doch eins. dräwete (da ich mit dem Kind in die schul Zuschicken anhielte; Er hette schon einen weg, wüst wol, wo hinaus. It(em) da er der Kyrch heraus kame, sagt er, er käme an einen ort, da wölte ers gedencken; welches ich verstunde auf mich geredet: aber der Opfermann legte es aus, Er hette von der gemein geredet, welche er meyne dz sie ihm Zuhart Zusetze. [Prot. Vig.]

den 4. Januar [1660] spricht an Johann-Balthasar Lentz von Lindes (Elisabeth uxor,) wil über morgen (festo Epiphanios) taufen lassen einen jungen sohn (I. Kind), so gebohren worden auf S. Stephanstag (26. 10br.) vorigen Jahrs morgens zwischen 2. und 3. uhr. gevattern I. Johann-Wilhelm Dern von Lützellinden, der Kindesmutter vatter. 2. Catharina, Hans Lentzen Haußfraw, Kindsvatters mutter.
Alß ich fragte, wie es Zugienge, dz die fraw 8. Monat nach der HochZeit ins Kindbett kommen werr. Antwortete er, das weise Gott. Ich sagte ferner: Sie beyde würden auch darumb wissen. Antwortete er dargegen: Er wüste nichts alß ehr und gutes; er wölte eher, dz er nicht lebete.
den 6. Januar habe ich (weil ich unpäßlich war:) den Kyrchen Convent hie underlassen.
Eod. taufte ich Zu Lindes Johann-Wilhelm, Johann-Balthasar Lentzen Kind. waren ich und auch uxor über nacht da, und die 2. tage im Kindbett.
Kam des abend Johannes dahin, und sagte, dz nechstkünftigen Sonntag mein Gevatter H. Christian-Moritz Soldan Studiosus, fur mich Zu Lindes predigen wölte.
[Prot. Vig.]
Diese und die folgenden Notizen aus dem Protocollum Vigelii sind hier aufgenommen, weil sie exemplarisch die Bemühungen von Pfarrer Weigel aufzeigen, erst die kirchliche Heirat, die meistens 1 bis 2 Monate nach der weinkäuflichen Copulation erfolgte, als als Datum des Zusammenlebens eines Paares aufrechtzuerhalten, bzw. durchzusetzen. Aus Großen-Linden hat er dokumentiert, daß er Anweisungen gab, daß Frauen, die nach der weinkäuflichen Copulation schon im Haus der Schwiegereltern lebten, wieder auziehen mußten.
Aus heutiger Sicht recht pikant wirkt natürlich, daß Pfarrer Weigel, trotz der Vorwürfe und obwohl unpäßlich, zusammen mit seiner Frau 2 Tage die Kindtaufe mitfeiert. Man könnte hier eigentlich davon ausgehen, daß der Streit mit dem Ehepaar Lentz beigelegt ist. Dem ist aber ganz und gar nicht so, wie die folgenden Einträge zeigen:
den 4. Mart. [1660] haben sich des morgens noch bey mihr im Hauß ferner angeZeigt, Johannes, Jacobs Vigeliussen sohn, und Johannes Will bender. Kamen aber gar keine von Lindes.
Eod.
ich (nach gehaltener Predigt und H. Abendmahl alhie,) auch gen Lindes gegangen und daselbst geprediget.
Nahm, nach der Predigt ins Opfermanns Hauß vor Johann-Balthasar Lentzen sambt seinem weibe Elisabeth, und fragte sie darüber, wie es Zugienge, dz sie zufrue, nemlich 8. monat nach der HochZeit, ins Kindbett kommen werr. wolte keines Zufrüen beyschlafens, und eh es ihnen erlaubt gewesen werr, gestehen. das weib sagte, wan sie sich anderer sünde so viel unschuldig wüste, alß dieser, wölte sie keine haben. Alß ich ihnen dräwete, es vor den Superintendenten Zubringen; antwortete sie, sie wölte mihr hinkommen, wohin ich begerete.
[Prot. Vig.]

1660 werden in der Leibeigenbeede nach Gißen 16 Haushaltungsvorstände mit ihren Frauen und 2 Witwen genannt. Nur bei Ludwig Haupt, der hier verlesen/verschrieben als "Ludwig Herbst" erscheint, wird die Frau nicht genannt. [Otto Stumpf: Einwohnerlisten des Amtes Giessen vom 15. bis zum 17. Jahrhundert (1470-1669); Seite 31.]

Die Zeit bringt es mit sich, daß auch der Glaube an Hexerei und Zauberei, verbunden mit Geschwätzigkeit, allerlei Unheil bringt:
1663 werden in Gießen 2 Weiber aus Lißberg als Hexen verurteilt. Die eine wird verbrannt, die andere mit dem Schwert hingerichtet.
        Auch in Lindes geht 2 Jahre später ein Gerücht um, das der Pfarrer in seinem Tagebuch festhält:
1665 "erzählte mir der Opfermann zu Lindes
[Ludwig Haupt, der auch der erste Lehrer war], daß Anna Neidel, des Jonas[Johannes] Neidel Hausfrau Pferd und Kuh des Johannes Konrad Weigel verhext habe, daß beide verendet. In der Ölmühle zu Lützellinden habens die Leute zuerst erzählt. Die Frau hat sich sehr darüber gebrestet und wills nicht gestehen." [Rudolf Weigel; Seite 41 - Die Angaben enstammen dem Protocollum Vigelii.]
..... 1665 erzählte mir der Opfermann zu Lindes (Ludwig Haupt), daß Anna, des Johannes Neidels Hausfraue, so er 1651 geheuratet, Pferd und Kuhe des Johann Conrad Weygel so verhext habe, daß beide verendet. In der Ölmühle zu Lützellinden habens die Leute zuerst erzählt. Die Frau hat sich sehr darüber gebrestet und wills nicht gestehen. [Nachlaß F. W. Weitershaus nach Protocollum Vigelii.]
Es ist wenig bekannt, daß um diese Zeit in Oberhessen und anderen rein evangelischen Regionen genauso grausame, sadistische und unmenschliche Hexenprozesse stattfanden, wie sie allgmein eher den katholischen Regionen zugeordnet werden. So auch im Busecker Tal.
Gegen Anna Neidel aus Linnes, Mutter des späteren Lehrers Johann Peter Neidel, wurde offensichtlich kein solcher Prozeß geführt, in dem es meines Wissens nie einen Freispruch gab, da die "Angeklagten" entweder bei der Folter ermordet wurden, oder unter der Folter die unsinnigsten, nur den perversen Fantasien der Foltererer und "Richter" entsprungenen "Untaten gestanden" und dann ermordet wurden.
Anna Neidel starb aber glücklicherweise als alte Frau in Linnes.
Solange wir unser Heimatland nur als Land der "Dichter und Denker" idyllisieren, wird nicht bearbeitet werden können, daß wir auch das Land der "Richter und Henker" sind.
Gerüchte, Tratsch, Verleumdungen und üble Nachreden sind bis heute Mode geblieben; eigene Unfähigkeiten per übler Nachrede dem Nachbarn anzulasten, usw., ist immer noch viel geübter Brauch, der, perverser Weise, oft von besonders "christlichen" Menschen in kleinen Dorfgemeinschaften über Jahrhunderte "gepflegt" wurde; ganz entgegen dem christlichen Gleichnis von dem Splitter und dem Balken im Auge. Die Kirche trug ihren Anteil dazu bei, in dem sie die "Kirchensenioren" per Verordnung zu Denunzianten bestimmte.
Bis heute werden durch diese schwerst krankhaften Verhaltensweisen Menschen in ihrer Existenz getroffen und zerstört. Gerade in wirtschaftlichen Krisenzeiten, wie sie damals allerdings noch wesentlich existenzieller gegeben waren, wird Mobbing, Verleumdung und üble Nachrede zur vermeintlich besten Methode, in unserer Ellenbogengesellschaft die eigene Haut zu retten.

Im April wird im Protocollum Vigelii von dem Mord an einer Groß-Lindener Bürger berichtet, der sich nach der Ortsbenennung vmtl. noch in der Linneser Gemarkung abgespielt hat:
den 27. April [1666] ....
Eod. spricht mich Henrich Hofmann an, daß ich Johanneß Eckharden, der vergangenen mittwoch (den 25. dieses) auf dem weg von giessen her, vor unserem wald, durch einen schlag am öbersten geweb(?) am lincken arm, und durch eine wunden, mit einer radschienen, auf der rechten/lyncken [verbessert, nicht mehr feststellbar, was zuerst da stand] seiten, am Kopf durch die hirnschal hinein geschlagen, verletzt worden, dz er daruber sein Leben hat einbussen müssen, und heut morgen nach 7.uhren gestorben ist, über morgen (29. dieses) LeichPredigt halten wölle.
den 28. April
sindt Balbierer, Hermann-Vincentz Deich (beneben seinem Sohn Johann-Danielen) und Georg-Reinhard Langstorf, auf commision der Kantzl(ey), vom Ober-Schultheißen von Giessen hergeschicket worden, welches des abends 7.uhren, in beysein 2. Schöpfen, Fritz Langen und Peter Bachen, Johannis Eckhards s. Körper besichtiget; wie gros und tief die wunde auf dem Kopf (aus welch(em) sie II. stücke Hirnschale aus dem hirn heraus gethan:) It(em) wer der schlag am Lincken arm beschaften(beschauten??); hab(en) auch geseh(en), dz er 2. schwartzbraune fleck(en) am gemächt (welches sie für stöße erkand haben,) gehabt, vnd habe ich ihnen dieses aufgezeichnet, der Pistor abgeschrieb(en), und er und die 2. Schöpfen underschrieben; welches sie dem OberSchultheißen, alß Peinlich Richter, gen giessen mitgenommen haben.

den 8. Juli [1666] als ich von Lindes gen Linden gehen wollte, überraschte mich ein arg Donnerwetter, weshalb ich wieder umkehrete und beim Opfermann im Stall über Nacht blieb. [Nachlaß F. W. Weitershaus nach Protocollum Vigelii.] 

den 30. 10br. [1666] habe ich das Schreiben des H. Superintendenten, den Bus- fast= und bettag auf den neuenJahrstag betreffent, angekündiget, hie und Zu Lindes.
Alß wir Zu Lindes aus der Kyrch giengen, hatte Enders Spanheimer des Johan Reinhards sohn Johann-Petern, der sich mit Jois Spanheimers sohn Johannesen genarret, vor der Kyrchenthür in das gesicht geschlagen, dz ihm die nase über die gassen hin bis nach Hauß geblutet, welches mihr Johann Reinhard hernach in des Opfermanns Hauß klagte, ob ich es strafen wölte, oder wölte er ihn vor der Obrigkeit verklagen. Erlaubte ich ihm dieses, begerete doch, noch ein wenig darmit inZuhalten, ich wölte ihn erst vornehmen und daruber sprechen. [Prot. Vig.]

den 4. 9br. [1667] hat der Opfermann Zu Lindes wider angefangen schule Zuhalten. gehen 8. Kinder darin, 4 Knaben und 4. mägdlein. [Pot. Vig.]

den 20. April [1668] ......
Eod. kam Maria, Conrad Beckers tochter Zu Lindes Zu mihr, klagte dz ihr vatter sie gestern, Zum 2.mahl wegen des betens geschlagen, dz sie die nacht nicht hette getrauet, in dem Hause zubleiben, sondern in Joh. Melchior Andermannß Scheuer gelegen hette; und bate mich, dz ich sie und ihre schwester doch wölte auf Pfingsten Zur Confirmation annehmen, sonst wölte ihr vatter sie im Hauß nicht lassen, und sölten sie ihr brot betteln. verhörete ich sie den catechismum schlecht, und beschiede sie auf Sonntag Zu mihr ins Opfermanns Hauß Zu Lindes zu kommen, sie ferner Zuverhören. [Prot. Vig.]

den 16. Aug. [1668] hat Johann-Georg Mayer von wetter, Studiosus Zu Giessen, fur mich Zu Lindes das Evangelium geprediget. gienge ich doch auch dahin und hielte die Kinderlehr. Hatte einen andern Studenten mit sich, Johanneß Kahlen[Rahlen? = verbessert] von wollmar, welcher mich auch ansprache, über ein woch(en) odr 3. Zupredigen, verwilligte ich: sol mihrs aber, wans gescheh(en) sol, noch Khundthun. 
NB Eod. war einem Furmann von Homberg auf der Ohm, der einem mann daselbsther einen Karr(en) voll siebe nach Wetzflar auf den marckt (so heut war;) hatte führen wöllen, ümb 1. Rthlr., sein Pferd Kranck worden (dz Joes Neidel, in deßen stall er under deß sein pferd gelassen den Karr(en) ümb 1 1/2 Kopfstücke nach Wetzflar hatte führen müssen:) und under der Predigt gestorben.
[Prot. Vig.]

den 18.7br. [1668] habe ich allein hir geprediget. Zu Lindes underlassen, weil ich vergangenen mitwoch(en) Kyrchweih Predigt daselbst gehalten hatte. [Prot. Vig.]

den 27. 10br. [1668] wehlete Johann Reinhard Zu Lindes, an seiner stat, Conrad Beckern, zum Burgmeister aufs künftige Jahr. [Prot. Vig.]

den 26. Mart. [1669] habe ich Passions Predigt gehalten aus Luc. 22. vom 54.vers bis zum ende, IV. Pred. Dauderstad. Hie atlein(allein?), bey dem Bettag; welchen ich vorig feyertag Zu Lindes gehalten. Alda nit in der Kyrch waren Joh. Balthasar Lentz, Conr. Jung witwen Knecht, beyde Burg Hofmänner, Joes und Endrß Spanheimer, Johannes Neidel, Joh. Melchior Andermann, Joes Eckhard. Zehlete uf ümb, fragte nach ihnen, und thete ermahnung widr solchen unfleiß. Conrad Peter Senior war kranck. Hanß Lentz hielte ich vor die Klage der leute, über sein auf d(em) samen fahren mit den schafen. Sonsten fiele beym Convent nichts vor. [Prot. Vig.]

den 9. April [1669] habe ich Passions Predigt gehalten aus Luc. 23. cap. vom 23. bis zum 47. vers hie: Zu Lindes bis Zum Ende.
Eod.
(auf Charfreytag) .......
Eod. Zeygete mihr Johann Eberhard Spanheimer Zu Lindes an, daß (da er vor einem Jahr versprochen, wan ihm Gott Zur gesundheit wider hülfe, er ein wüllen tuch auf den altar kaufen wolte: nun der Opfermann ein wüllens gekauft hette:) er ein weiß flächsens drauf geben wölte. Sagte auf Ostertag Zu mihr, dz ers aufbreyten wölte, da folgenten tag ein student da predigen sollte. ist auch geschehen. Hatte es oben (über das schwartze wüllen), der Opferm. aber den Sonntag hernach es under aufgebreytet; welches Spanheimerß frauen nit hatte wöllen gefallen. [Prot. Vig.]

den 15. April [1669] spricht mich Crein, Georg Eckhardß s. von Lindes witwe (ietzt Zu Watzenborn sich aufhaltend,) an ihre tochter Susannen, Georg mancken, in wohnerß und Kirchen Senioren Zu Heuchelheim magd und braut (welche auf Osterdienstag vom Pfarrer daselbst weinkauflich copuliret worden:) nechstkommenten Sonntag (18. dieseß) I.mahl p auf Zurufen. gabe mihr 131/2 alb. darvon ich ihr (weil sie arm, alt, kranck und lang eine witwe gewesen,) 3. alb widr Zurück gabe.
NB. der Breutigam ist 80. Jährig, die Braut aber 26. Jahr alt, Zu Lindes gebohren, und (da die mutter wegen Kriegsunruhen auslaufen mussen, und auf der lehn gesessen,) Zu Giessen getauft, darnach draussen aufgeZohen, und hat nun ins 8. Jahr bey diesem Herrn gedienet und zwar also, dz seine vorige Haußfraue auf ihrem todbett Ahngeraten, sie Zufreyen, welches er auch nun, wie wohl mit iedermanns verwunderung, gethan hat. Gott beschere ihnen glück und segen, dz sie ihn in seinem alter pflegen, und es selber geniessen möge!
  [Prot. Vig.]

den 23. April [1669] ....
Eod. habe ich monatliche Bettags Predigt ....
Eod. Zu Lindes hielte ich Predigt Exod. 12. vom anfang bis Zum 6. vers. I. und II. Pred. Vincent Schmucks zusamen.
Im Convent lief nichts vor, den daß die Senioren mihr erzehleten, wie ein neuer würth dahin, in Baltz. Weigelß s. witwe ihm verlehntes Hauß Ziehen wölte. Ich ermahnete sie, der Jugent das spielen und saufen auf die Sonntage, It(em) das lehen
[besen??] außwerfen auf walpurgis Zuwehren. Sage ihnen auch von einer steuer Zusameln fur die verbrandte Fauerbächer. [Prot. Vig.]

den 18. Jun. [1669] habe ich monatl. Bettag des morgens erst Zu Lindes gehalten, Text aus dem vergang. SonntagsEvangelio Luc. 16. v. 22.23. bis in den 24. auf die worte: Erbarm dich mein. Kil. imitiret und Dieteric. in Cateches: de vita aterna et de inferno. Im Kyrchen Convent Zeygten mihr die Senioren an, daß die junge ledige burß, auch junge männer, immer auf die Feyertage in Johann Reinhardß Hauß spielten und söffen; wölt(en) darvon nit ablassen, gäben auf sie nichts.  [Prot. Vig.]

Der Bevölkerung nach zu schließen war der Ort [(Großen-)Linden] klein. In Weigels Protokollum findet sich eine Aufzeichnung, derzufolge im Jahre 1669 die Einwohnerzahl "auf fürstlichen Befehl hin" festgestellt worden war. Sie belief sich auf 434 Seelen, während Lindes deren 123 zählte. [Schulte, Seite 26.]

Eod. 30. 9br. [1672] gab mihr Johann-Conrad Knortz Zu Lindes 24. alb. fur seine HochZeitPredigt. Aufrufgelts ließ ich ihm nach, weil ich bis den 2. morgen bey ihm auf der HochZeit gewesen. [Prot. Vig.]

FB Giessen, Otto Stumpf, Band 3, Ortsfremde:
Am 09.12.1672 wurde in Gießen Gottfried Eberhard Möller, ein Sohn des Allendörfer Müllers Conrad Möller, getauft; dabei heißt es:
... "des Möllers auf der Sorg u. s. Hfr., die wegen der Kriegsgefahr anher geflogen."

+/#: Anno 1672. [KB Garbenheim.]   
Den 13 tl Decembris, Johan Georg Koch, vnserer Kirchen Senioren einer,
   begraben, war den 8tl hujus zwar gestorben, weil aber die Chur Branden=
   bürgische vnd Kaijserliche Armee, ihren rückzug durch diese örter genommen,
   muste man die leiche so lange in Keller stellen.  

Eod. [14.12.1672] spricht mich Joh. Reichard Bach an, morgen Henrich Jungen Zu Lindes, der gestern die nacht, zwischen dem 12. und 13. dieseß gestorben, [darüber:] ungefehrlich ümb 2. uhr, dz es seine fraue nit gewahr worden, auch wegen Kriegsunruh und gefahr keine uhr geschlagen, die Leich Predigt Zu halten.  [Prot. Vig.]

den 28. 10br. [1672] ist der Reuter, so von den Keyserischen kranck ligen blieben, bey Gev. Johannes Willn, hinweg geführet worden nach Lützellinden.
den 30. 10br.
hat es Kiseln geworfen. [Prot. Vig.]

Die Kriege Ludwigs des XIV.
Auch von den Eroberungskriegen des französischen Königs wird Lindes nicht verschont. Nur, um die Schrecken eines jeden Krieges aufzuzeigen, lesen wir in dem schon oft zitierten Buch des Großen-Lindener Pfarrers:
[Protocollum Vigelii]
1672 "Die Gemeindsleute Balth. Lenz, Konr. Becker, Heinrich Jung und Johann Neidel sind vom Oberkommando, so in Gießen liegt, gezwungen
         worden, mit ihren 4 Karren 400 Musketen (Handfeuerwaffen mit Luntenschloß) von Gießen nach Darmstadt zu fahren.
         Am 4. Okt. ging ich nach Lindes, um zu predigen, aber vergebens, weil der Ort von Menschen leer war.
         Am 13. Okt., als ich zu Lindes auf der Kanzel stand zu pedigen, kam eine Partie Reuter, die gen Frankfurt wollten, vor das Kirchentor
          geritten und begehrten den Weg gezeigt. Ich mußte abbrechen und ohne Schluß von der Kanzel gehen. - In der Lückebach haben sie
          einem Juden von Hochweisel 2 Reichstaler abgenommen:
1673  Am 12. Mai war der Landgraf in Gießen und hat befohlen, daß die Bäume und Hecken vor Gießen sollten abgehauen werden wegen der
          Kriegsgefahr. Die Leute sollten sich auf 1/2 Jahr mit Proviant versehen.
         Am 12. Juni ist ein Franzos von einem Bauer beim Wetzlarer Schlag erstochen und in das Gebüsch versteckt worden.
         Am 6. Juli ging ich nicht gegen Lindes zu predigen, weil ich hörte, daß niemand da wäre als die französischen Reuter, die ganze Gemein
           aber nach Gießen geflohen. 
         Am 9. Juli haben die Franzosen in Dutenhofen 16 Scheuern und 3 Häuser abgebrannt. - Vier Männer brachten in einem Backtrog einen
          Burschen von Vollnkirchen, den die Franzosen erschossen und ihm die Schuhe ausgezogen.
         4. August. Nachdem der französische General Turenne 4 Wochen in Wetzlar gelegen und nun aufbricht nach der Wetterau zu ziehen,
          kann das Abendmahl nicht gehalten werden. - In Lindes sterben viele Leute an der Ruhr, dieweil sie in ihrer Not unreifes Obst essen.
1673, Frühjahr. Der Pfarrer von Dutenhofen hält bei mir um ein Almosen aus dem Gotteskasten an, weil er ganz ausgeplündert, sein Vieh
          und alles verloren hat.
         Am 4. Juni ist der Pfarrer von Volpertshausen vor den Kriegern geflohen und mit Weib und Kindern, Kühen und Säuen zu uns gekommen,
          weil vergangene Nacht die Franzosen mit Bewilligung des Grafen von Gleiberg in das Schloß gekommen sind.
1674. Am 24. Okt. wird ein Soldat begraben, der im Backhaus gestorben ist. Für das Begräbnis werden den Trägern seine Schuhe und sein
          Hut gegeben."
 
[Rudolf Weigel; Seite 42/43; nach Protocollum Vigelii.] 

Im KB Garbenheim ist dazu 1673 in den Abendmahlslisten zu lesen:  
Vff Pfingsten solte zwar, daß Heilige Abendmahl gehalten worden sein, weill aber die
Frantzösische Armee dieser örter einquartiret worden, ists nicht gehalten worden.      
Diese Armee hat die Feldgewechse, gras, frucht, vnd die bäw sehr rui=
niret, die fenster all zerschlagen, die ofen zum theil zerschlagen theils vmbge=
rißen, alle ejserne Bauch vnd schloßer an thüren, Kasten vnd dischen abge=
schlagen vnd weggetragen etc: 
   Den 12 tl Augusti ist diese Armee ins Franckenland gezogen, vnd sind
wir widervmb heimgezogen,  Es sind dise völcker bej 15 wochen im Ampt Gleiberg
vnd zu wetzflar gelegen. 
   Der acker ist vngebauet plieben, die beßerung in vnsern höfen v(er)dorben,
die Sommerfrucht haben dise viele völcker, zu Roß vnd fues in solcher
zeit verfüttert, verfreßen vnd vergeüdet. 
   Die Winterfrucht pleib mehren theils stehen, durchwuchs mit feldwicken
gras vnd vnkraut, ward zwar endlich abgemacht, aber vor
Martini kaum alle heim bracht vnd der acker beseet, in gleichem
auch hew vnd grummet, vnd ist also der künfftige schade,
dem erlittenen gleich zuachten. 
   Es haben auch diese völcker, eine böse schwachheit hinderlaßen, daran
viel leüte in den dörffern sterben, vnd auch alhier, laut newen
Kirchen buchs.   
[Und ebenfalls dort:] 
Vff Pfingsten 
Anno 1675
, haben nachgesetzte sich Zum heiligen Abend=
mahl angeZeiget.  Confirmati.
Es sind aber die Lünebürgische Völcker, in diese örter einquartirt
bej acht dagen still gelegen, vnd endlich naher Cobolentz gezogeen etc.  wir haben
vns zu Wetzflar in den Pfingstfejerdagen vfhalten müßen;  

den 6. Jun. [1673] ......
Zu Lindes im Convent ward geredet von Johann-Conraden, Henrich Weigelß sohn, sambt seiner dirnen Zufordern: sagten aber, er werr ietzt Zu Giessen, da er sich fur einen Soldaten hette annehmen lassen. [Prot. Vig.]

den 9. Julii [1673] hat es Zu Dudenhofen gebrandt. Sind 16. scheuern, auch eine Ziemliche anZahl anderer bäue, und 2. oder 3. Häuser gantz abgebrandt. ümb 10. häuser aber beschädiget. [Prot. Vig.]

Am 10. August 1673 kann Pfarrer Weigel nicht [von Großen-Linden] nach Lindes zur Betstunde reiten, weil er wegen eines Rudels Wölfe, das geradewegs auf ihn zukommt, umkehren muß. Der Opfermann in Lindes muß daher die Betstunde halten. [Rudolf Weigel; Seite 33. Nach Otto Schultes Vigeliusbuch; ursprüngliche Quelle: Protocollum Vigelii.]

1674, am 24. Juli war zu Lindes ein Brand, wobei 3 Scheuern samt den Ställen abgebrannt. Anna Elisabeth, Johann Eberhards Zusen Witwe, Tochter des Kirchensenioris Velten Wagner, also verirret war und an einer Kette gelegen, machte sich dvon los, steckte ihte Scheuer in Brand und lief bey aufgehung des feuers in die Löhn, daraus sie der Schultheiß mit 6 Männern holen ließ. [Nachlaß F. W. Weitershaus nach Protocollum Vigelii.] 

+: Anno 1675.
Den 22 tl Maij. Johan Wilhelm, Jonas Am End söhnlein, 1 jahr alt,
Zu Wetzflar gestorben, nb. Die Lünebürgische Armee lag in
diesen örtern, bej 12 dage stille, mit großenm schaden vnser
Armen leüte, Zogen sich endlich hinvnter nach Cobolentz etc:
wir hielten vns mitler Zeit Zu Wetzflar.
 [KB Garbenheim.]  

#: Anno 1675.
Den 9 tl Novembris, Johan Friderich Tesch 70 jar alt, begraben,
den siebenden, lagen alhier zwej Compagni Kaijserliche Völcker, dieser
verstorbene wolte seinem Coronet Hew außruppen, felt vom gerüst,
stirbt 12 stunde hernach.
  [KB Garbenheim.]  

den 27. April [1676] ist das Centgericht Zu Lindes (so in II. Jahren nicht gehalten worden) vom Schultheißen Zu Heuchelheim, H. Georg Burcken, zum I.mahl wieder gehalten, und Conrad Peter Zu Lindes Zu einem Schöpfen erwehlet worden. [Prot. Vig.]

den 25. Jul. [1676] sagte mihr der Opfermann Zu Lindes, daß unserß gn. Landes Fürsten Bruder H. Landgraf Georg; It(em) der graf von Greifstein (welcher vor 8 tagen noch vor seiner Schmidten gewesen,) gestorben wären. [Prot. Vig.]

den 30. 9br. [1677] habe ich hie, H. Eydam Zu Lindes die AposteltagsPredigt gehalten; er auch Zu Lindes die Beicht. Haben sich 14. Communicanten auf künftigen I. Advents Sonntag angeZeyget. den 15. Conraden, Conrad Peters sohn, hat er, wegen ungehorsamb gegen das Predigambt Zurückgewiesen. [Prot. Vig.]

den 16. 10br. [1677] ich hie, H. Eydam Zu Lindes geprediget. Sagte, die Lindeser hetten geklagt, man wölte ihnen die krancken Soldaten von giessen hinthun gen Lindes. die giesser wölten sie alle hinaus haben. [Prot. Vig.]

den 28. 9br. [1679] ....
Zu Lindes hatte H. Eydam dem Johanneß Schwetzern hart verwießen sein neuliches greuliches fluchen auf der gassen bey außfahrung mit den Kihen. verb..heß(?) Er, durch seinen Zorn hatte wöllen verthedigen.
Hatte Catharinen, Joh. Melchior Andermannß frau und Conrad ...
[verbessert, unleserlich]igelß frau, versöhnet, den langwierig haß fallen zulassen. [Prot. Vig.]

den 28. 10br. [1679] (auf Sonntag nach dem Christtag,) habe ich für H. Diaconen n.mittag hie die Epistel geprediget. [?]er hat 4. da er vorm grossen gewässer nicht kunte von Hirnßheim herüber kommen. Endlich noch am abend, über die aw herab, (Zum theil von Johann-Conrad Schmidten getragen: ) durch die diesebach her, herKommen war. [Prot. Vig.]

den I. Januar [1680] ....... 
Zu Lindes hat H. Eydam Eckhard, auf den Neu Jahrs danck= bus= fast= und bettag 2. mahl geprediget, auch das H. Abendmahl gehalten, welches wir nicht schuldig gewesen, sondern sie hetten hergehen sollen. [Prot. Vig.]

den 9. Januar [1680] Zu Lindes in Joeß Lentzen Scheuer des morgens ein Reuter von Rittmeisterß Rabenau Compani tod funden, von Balbierern erkennet, dz er sich Zu tod gefallen Hans-Conrad Gerf gnt., von Alten Buseck dahin ihn den 11. dieseß seine Eltern und brüder geführet Zubegraben. [Prot. Vig.]

den 25. Mart. [1680] hat H. Eydam Zu Lindes geprediget, und den Bettag mit gehalten. Im Convent nicht vorkommen, dan daß das saufen und spielen in Johann Reinhards Hauß nit wil ingestellet werden.  [Prot. Vig.]

den 23. April [1680] .....
......  Zu Lindes ward mit Johann Reinhard geredet, er das saufen und spielen auf die Sonntag in seinem Hauß abschaffen, oder wöltn wir ihn strafen und es der obrigkeit klagen. gab zur antwort, Es gienge ihn nichts an, sein sohn führete die wirtschaft. Solens dem sohn sagen, bleiben Zulassen. [Prot. Vig.]

den 23. May [1680] hat H. Eckhard hie und Zu Lindes geprediget. Zu Lindes der Soldat hinderstendige contribution gefordert. Hatten die Lindeser gesagt, sie hetten in den 3. Jahren 2067.f. contribution, und 300.f. dienstgelt gegeben.  [Prot. Vig.]

den 16. 9br. [1680] ....
NB auf dem wege nachheim eu(?) sagte mihr Joh. Friedrich Schäfer, der Juncker BurgHofmann von Lindes, dz sein Juncker Bernhard von Weiterhaußen, bey dem er ietzt gewesen war, die Burg verkauft hette Juncker Frenden(?) auf der Altenburg bey Alßfelde welche selber auf künftigen Peterstag darauf ziehen, und sie bewohnen wölte
  [Prot. Vig.]

den 9.10br. [1680] (habe aber unversehens den 8. gesetzt:) habe ich Henrich Schmeltzeisen (nach dem sie ihn Zu giessen nit hatten wöllen einlaßen:) einen Schriftlichen schein gegeben, daß ihm fur seine krancke Kindbetterin möchte gesteuert werden.
Sagte, es werr ein mann kommen, der hette gesagt, daß man Zu Franckfurt kein brot, auch nit einen weck feil bekommen könte. wegen mangel des mahlens.
  [Prot. Vig.]

1680 Den 16 Dag December ist so ein gros Kommett mitt so einer grose Stral, die
niemals von keinem Menschen gesehen am Himmell ist worden.
Gott der almechtige wöll uns armen Leudt gnädtig undt barmhertzig sein,
alles Gott befohlen.
          [Sch.-Chr., S. 151] 

den 18. 10br. [1680] ist ein Soldat Zu Giessen (auf dem marckt, auf befelch des Commandanten,) geradbrecht worden, der(?) einen Sältzer umgebracht hatte. [Prot. Vig.]

den 19. 10br. [1680] hat H. Eckhard den Lindesern die citation der Cantzley vom 17. dieseß, den 22. ejusd. auf der Cantzley Zuerschein mündlich vorgehalten:
     den 21. sie ihnen, sambt der Inhasions Schrift, auch schriftlich gebracht,
     schriftlich auf die Inhasionsschrift Zuantwort(en), und sie Zur Fl. Cantzley. auf den termin wider einZulifern.
[Prot. Vig.]

1680, Burggut:
Im Jahre 1680 ging das Lehen für 2266 Reichstaler von Bernhard von Weitershausen an Otto von Wrede über, dem es 1682 durch Lehensbrief bestätigt wurde. [
Klein-Linden - Geschichte und Gemarkung - von Friedrich Wilhelm Weitershaus, Seite 82.]

den 14. Januar [1681] ....
Eydam Zu Lindes Joh. Peter Reinhard ermahnet, seinem stiefsohn den muthwillen Zuwehren, der einen hund an die leute gehetzet; und seinen sohn in die schule gehen Zulassen. Hatte vorgewendet, er gienge Zu giessen in die Schule. war angeZeiget word(en), dz sie in Philipß Lentzen Hauß eine spielstube wölten anfangen. Darauf Zuseh(en) und Zuwehren.
  [Prot. Vig.]

den 25. Febr. [1681] ....
NB dieseß Jahr ümb Peterstag is Enderß Spanheimer, gewesener Junckern Hofmann, von der Burg Lindes, gen Heuchelheim geZohen. [Prot. Vig.]

den 1. Mart. [1681] da Joh. Friedrich Schäfer von Lindes hir gewesen eine magd Zudingen, hatte er gesagt, Er bliebe auf der burg: der neue Juncker Zöhe noch in einem Jahr nit dahin. [Prot. Vig.]

den 8. April. [1681] habe ich das erste mahl gehört die Nachtigal und gucKuck singen. [Prot. Vig.]

den 25. April.  [1681] ward gesagt, daß der Turck, da er die ruthe (des neuen stern-cometen,) gesehen, sich dermaßen entsetzet und gefurchtet, daß er etlich tausend Christen, die er gefangen gehabt, solte los gelassen haben.  [Prot. Vig.]

den 8. may [1681] ......
NB vergangene nacht war ein dieb dem Joh. Melchior Andermann Zu Lindes auf seiner bäue gewesen, und hatte ihm weytzen stehlen wöllen: war aber von ihm verjagt worden, und hatte er seinen Hut ertappet.  [Prot. Vig.]

den 26. Junii [1681] habe ich hie und Zu Lindes geprediget. und bin in die Lohn baden gegang(en). [Prot. Vig.]
[Was damals wohl noch ein Vergnügen war.]

den 8. Jul. [1681] ....
Zu Lindes war nichts im Convent vorgegang(en), dan nur Paulus Kauß, weg(en) ausbleibens aus der Kyrchen in 3. alb Kyrchenstraf erkennet word(en).  [Prot. Vig.]

den 22. Januar [1682] hat Joh Ludwig Stockhausen Zu Lindes geprediget. hat aber Paul. bekehr auf den 26. Januar. (solte seyn auf den 25.) angekündiget. Daß die Leute auf dem samen gewesen mit den schafen, da mein Eydam kommen Zupredigen, und er warten müßen, bis sie heim kommen. [Prot. Vig.]

Anno 1682 im Januaris ist so ein groß Wasser gewest an vill Ortten, das bey
Mensche Gedächten ny so gros gewest ist, das vill daussendt Menschen sindt er-
drunken undt omkomme. Gott wölle es erbarmen.
Das Wasser hadt die Stäg bey Gisen hinweg geflist.
      [Sch.-Chr., Seite 154]

Anno 1682 im August monat hadt sich ein groser Stern am Himmel midt einer
grose Strall lasen sehen. Was dar auf folgen wirdt, wirdt die Zeidt geben. Gott der
Allmächtig wöll uns arme Leudt gütlich undt barmhertzig sein.
Alles Gott befohlen.
Anno 1682 den 5. Dag December hadt sich am Himmel ein wonderlich Zeichen einer
Schlange gleich lasen sehen. Was darauf erfolgen wirdt, wirdt die Zeit geben.
Alles dem liben Gott befohlen.
        [Sch.-Chr.; Seite 155]

Die kirchlichen Beziehungen zwischen Lindes und Großen-Linden sind also besonderer Art. Eine Meldung aus dem Jahr 1682 weist noch einmal darauf hin. Damals wird Lindes von der Kirchengemeinde Großen-Linden aufgefordert einen Beitrag zur Instandsetzung der Kirche und der Pfarrgebäude zu leisten. Lindes weigert sich jedoch, da es selbst eine Kirche zu unterhalten hat. Außerdem weist man darauf hin, daß auch die ältesten Einwohner des Ortes nicht beschwören können, daß jemals ein Beitrag zur Unterhaltung der Großen-Lindener Kirchengebäude geleistet worden ist. Da man sich nicht einigen kann, kommt der Streit vor das Gießener Gericht. Dieses entscheidet, daß „Lindes nicht als Filial von Großen-Linden anzusehen und daher von dem Beitrag zu den Kirchengebäuden freizusprechen ist“. Die Nachbargemeinde legt gegen dieses Urteil Berufung ein. 3 Jahre später wird es daraufhin von Darmstadt verworfen und die Lindeser werden zu einem Beitrag „verdammt“. Ein Gesuch der Lindeser an die Gräfin Dorothea wird abgelehnt. [Rudolf Weigel, S. 37.] 

Am 06. Februar 1694 zieht das hessen-casselische Gelbe Regiment durch Klein-Linden. Beim Durchzug wird ein Kind geboren, das am 07.02. in Leihgestern getauft wird:
den 7. T. Febr. hat Christian Qveßbach von Wallbrill aus dem Bergischen Land \F/  v. 
\F: Ein Musqvetier vom gelben Hessen Cassel Regiment/
Marg. s. Fr. Ein Söhnl: tauffen lassen: Gev. waren, p Hl Mauritius Hermann
von Malßburg Major under den Hessen, v. Lorentz Adamus Friederich vom Gehlen
Regim: so Ihm den Nahmen Mauritius Laurentius gegeben, war gebohren den Tag
zuvor im durch March Zu Kl.linden:  
[KB Leihgestern]

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Kurze Überlegungen zur Sozialstruktur von Linnes im 17. und zum Wandel im 18. Jahrhundert.
Bis zum Ende des 17. Jahrhundert lebten alle Linneser Familien fast auschließlich von der Landwirtschaft. Nur 3 andere Berufe sind in Linnes vertreten. Der schon 1557, in der ältesten erhaltenen Centgerichtsakte, genannte Hans Schmidt wird 1665 als der wierdt Zum Lindiß bezeichnet. Gerügt wird im gleichen Jahr aber auch Deß wierdts Jostd(en) bub. Später ist Philips Schmidt der Wirt in Linnes. Er ist vmtl. ein Sohn von Hans Schmidt. In der Wallsteuerliste von 1617 wird zu allen Genannten ein Steuervermögen angegeben. Philips Schmidts Vermögen (980) ist mehr als doppelt so hoch wie die nächsthöchsten Vermögen (415 & 414). Insgesamt wird für alle 18 genannten Familienväter ein Steuervermögen von 4882 Gulden angegeben.
Am 11.05.1620 wird Johannes Meckels deß wirdts magt am Centgericht gerügt. Spätestens seit Beginn der noch erhaltenen Kirchenbucheintragungen ist Johann(es) Reinhardt Wirt in Linnes; 1680 wird die Wirtschaft, nach seiner Aussage, von seinem Sohn [welchem?] geführt. Vermutlich hat auch diese alte Linneser Wirtschaft schon eine Fuhrmannsherberge besessen und es wurden vermutlich auch schon Vorspanndienste geleistet.
1669 werden Johann Wilhelm Reichardt und Anna Margretha aus der Oberpfalz bei der Taufe eines Kindes einmalig als Wirtsleute zu Linnes bezeichnet.
Hier handelt es sich sicher um den neuen würth, der am 23.04.1660 beim Convent in Linnes im Protocollum Vigelii, s. o., erwähnt wird. Dieser Eintrag legt aber auch nahe, daß der darin genannte, verstorbene, Balthasar Weigel auch eine Gaststätte betrieb.
Die beiden weiteren im 17. Jahrhundert noch genannten Berufe in Lindes hat ab 1650 Ludwig Haupt inne; er ist Schmied, Opfermann und Lehrer.
Die Schäfer und Hirten kommen in dieser Zeit fast immer von auswärts und werden wohl jährlich von der Gemeinde neu angestellt.
Ein Pfarrer lebt nicht im Ort; er kommt aus Großen-Linden und übernachtet nur gelegentlich beim Opfermann. Die Sonntagspredigt in Lindes fand im Winter am Nachmittage, im Sommer so früh am Morgen statt, daß noch am selben Morgen in Großen=Linden der "Metten"=gottesdienst gehalten werden konnte. Am Donnerstag fand die Wochenpredigt in Lindes statt; der Caplan oder Diaconus (zweiter Pfarrer in Gr.-Linden und Pfarrer in Hörnsheim) hatte an einem weiteren Wochentag eine Predigt in Lindes zu halten. Außerdem gab es monatliche Bettage; siehe Schulte, Seite 50/51. Der Pfarrer war vom Patronatsherr, hier der Landgraf von Hessen, eingesetzt und konnte von ihm auch jederzeit abgesetzt werden; er war ganz "selbstverständlich" auch ausführendes Organ der weltlichen Obrigkeit vor Ort und berichtete Verstöße gegen staatliche Gesetze genauso selbstverständlich an die weltliche Obrigkeit, wie Verstöße gegen kirchliche Regeln an die kirchliche Obrigkeit, das hochfürstliche Consistorium. Zur Registrierung der "Verstöße" stand dem Pfarrer der Kirchenkonvent, der in Großen-Linden aus 5 Kirchensenioren bestand, zur Seite.
Der Pfarrer war das Werkzeug des gotteingesetzten Herrschers, das Volk für das Reich Gottes zu erziehen. Darum nennt ihn [Pfarrer] Weigel "mein Fürst und Herr", er schaut mit Ehrfurcht zu ihm empor. Er ist stolz darauf, ihm zu dienen. Er ordnet anstandslos [bitte mal den doppelten Wortsinn überlegen!] seinen Willen dem seines Fürsten unter, dessen Entscheidung ist für ihn die ultima ratio, und nirgendwo findet sich im Protokollum ein Wort der Kritik oder gar der Mißbilligung der Verordnungen seines Landesherrn" schreibt Pfarrer Otto Schulte auf Seite 127 in seinem 1930 erschienen Buch über seinen von 1647 bis 1682 tätigen Amtsvorgänger Philipp Weigel/Vigelius.
"Honoratioren" im Ort sind die Centgerichtsschöffen und die Kirchenältesten, auch Kirchensenioren genannt. Kein Mitglied dieser beiden Gremien wird frei gewählt; die Gremien ergänzen sich nach dem Tod eines Mitgliedes jeweils selbst durch die Benennung eines neuen Mitgliedes. Meist stammten 3-4 der 12 Centgerichtsschöffen des Centgerichts Lindes aus unserem Ort. Beim Kirchenkonvent, dessen Größe für Linnes noch nicht gesichert ist, bestimmte der Pfarrer mit über die Ergänzung; bei den Centgerichtsschöffen ist im 18. Jahrhundert belegt, daß die Obrigkeit in Gießen den verbliebenen Schöffen einige von ihr Ausgewählte zur Auswahl vorgab.
Nachdem das Burggut 1680 in den Besitz der "de Wrede" übergegangen ist, lebt diese Familie auch in Lindes. Die vorherigen Inhaber des Burglehens scheinen nicht hier gelebt zu haben.
Eine Besonderheit ist, daß in Lindes sehr viele Theologiestudenten aus Gießen ihre ersten Predigten halten. Dies ist in der Amtszeit von Pfarrer Vigelius durch vielfache Einträge in seinem protocollum dokumentiert.

Familiengeschichtlich ist zu erwähnen, daß im 17. und 18. Jahrhundert die meisten familiären Beziehungen mit Heuchelheim bestehen. Viele alte Linneser Familien stammen aus Heuchelheim, als Beispiel seien hier nur die Neidel, Weller, Rinn, Reuschling, Steinmüller, Volkmann und Germer genannt; Angehörige der Familie Lenz gehen nach Heuchelheim. Auch die Neidel gehen in einem Zweig zurück dorthin.
Aus Allendorf kommen die Amend, Volk und Luh nach Linnes; auch dorthin gehen Lenz; aus Langgöns stammen die Schaum und Spieß.
Mit Lützellinden bestehen Anfang des 17. Jahrhunderts noch recht enge familiäre Beziehungen, die mit der letzten Teilung des Hüttenbergs fast ganz aufhören, nur die Schupp kommen in dieser Zeit noch nach Linnes.
Von Linnes aus verbreitet sich die Maurersippe Größer über viele Orte Oberhessens; ihr Stammvater Josef Größer kam aus Tirol und heiratete in Linnes.
Fast keine familiären Beziehungen bestehen mit den Städten Gießen und Großen-Linden. Im 17. Jahrhundert sind nur noch ganz wenige Abwanderungen in die Stadt Gießen festzustellen; auch verblüffend wenig Frauen aus Linnes heiraten einen Gießener.
Ähnlich ist es mit Großen-Linden. Velten Wagner, der in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts in Linnes lebt und keine männliche Nachkommen hier hat, stammt möglicherweise aus Großen-Linden. Daß der Hofmann Cloß Weigel, der Stammvater der Linneser Weigel, aus Großen-Linden stammt, ist nach Einsicht in die Akten des Vogteigerichts Allendorf eher unwahrscheinlich, da er nicht als Erbe seines angeblichen Vaters in Großen-Linden genannt wird.
Die Annahme von Pfarrer Hoffmann, die hundert Jahre später noch einmal von Lehrer Matthes aufgegriffen wurde, daß Linnes eine von Großen-Linden ausgehende Ortsgründung sei und daß von 8 Familien nur eine nicht aus Großen-Linden stammen sollte, ist nachweislich ein Fantasieprodukt.

Im 18. Jahrhundert gewinnen weitere Gastwirtschaften in Linnes an Bedeutung. "Die Besitzer dieser Gasthäuser gelten bald als die reichsten Leute im Ort. Sie halten Pferde- und Ochsengespanne, mit denen sie den durchkommenden Reisekutschen und Frachtwagen Vorspanndienste leisten" schreibt Rudolf Weigel auf Seite 44. Im Laufe des 18. Jahrhunderts kommt es dadurch zu größeren sozialen Unterschieden in Linnes; anstelle des einen reichen Wirtes gibt es nun mehrere. Außer Schmieden treten auch weitere Handwerksberufe auf, nachweisbar sind Maurer und Zimmerleute.
Dr. Ernst Ludwig Theiß und Dr. Gerd Steinmüller beginnen ihre Serie "Linneser Gastronomie in vergangenen Zeiten", die im Linneser Backschießer ab der Ausgabe 49, Oktober 1999, erscheint, mit den großen Fuhrmannsherbergen. Durch die Zusammenstellung aller Familien nach den Kirchenbuchaufzeichnungen ergeben sich noch einige Ergänzungen zu den sehr nah miteinander verwandten Wirtsfamilien, die hier kurz dargestellt werden sollen.

"Zum (schwarzen) Adler"
Dr. Theiß und Dr. Steinmüller nennen als Erbauer des Wohnhauses Johann Jacob Jung (1665-1722), der ein Halbruder von Johann Caspar Reinhard, einem Enkel des oben genannten Wirtes Johann Reinhard, war. Er wird in den KB noch nicht als Adlerwirt genannt.
Sein Sohn Johann Balthasar Jung wird dann als Adlerwirt genannt. Es fand sich in den KB keine direkte Nennung als Adlerwirt (Taufe seiner Kinder, oder als Pate), bei der Heirat seines nachgelassenen Sohnes wird er aber so genannt, siehe unten.
Seine Tochter Anna Eulalia heiratete Johann Ludwig Weigel (1695-1758), den ersten bekannten Löwenwirt, der ein Sohn des Lehrers Ludwig Weigel war.
Der Nachfolger von Johann Balthasar Jung als Adlerwirt war sein Sohn Johannes Jung (1722-1778), der eine Tochter des Hirschwirts heiratet; hier der Heiratseintrag aus dem Jahr 1749:
Johannes Jung, J. Balthasar Jungen, weyland Centgerichts-Schöffe und Gastwirths im Schwartzen Adler zu Kll. ehel. ältester Sohn und Anna Elisabetha, weyland J. Balthasar Lentzens, Gastwirths im Hirsch daselbst ehel. Tochter wurden nach erhalten. gnädigst. Dispens von Darmstadt (weilen sie in tertio grade lineae aequalis verwandt) den 5. Oct., war 18. p. Trinit., zu Hause weinkäuflich cop. und Donnerstag, den 6. Nov. nach vorhergegang. Hochzeitspredigt ehel. eingesegnet.
Nachfolger von Johannes Jung als Adlerwirt wird der gleichnamige Sohn Johannes Jung (1755-1807), Schultheiß und Adlerwirt. Er war verheiratet mit Maria Catharina Weigel, einer Tochter des Centgerichtsschöffen und Schwanenwirts Johannes Weigel.
Nächster Adlerwirt war dann Philipp Jung (1781-1848), jüngster (erwachsen gewordener) Sohn des Schulteißen Johannes Jung.

"Zum (güldenen) Löwen"
Johann Ludwig Weigel (1695-1758),
Sohn des Schullehrers Ludwig Weigel und verheiratet mit einer Schwester des Adlerwirts Johann Balthasar Jung (s. o.), wird urkundlich nachweisbar erstmalig am 27.09.1726 anläßlich einer Patenschaft als Wirth im Löwen genannt. (Er ist hier Pate bei der späteren Ehefrau seines einzigen Sohnes.) Die Eheleute werden auch als Wirthsleute im güldenen Löwen genannt.
Der einzige Sohn, Johannes Weigel (1733-1774) ist der nächste Löwenwirt. Dessen Ehefrau, die am 27.09.1726 getaufte Catharina Maria Weigel, ist eine Schwester des Schwanenwirts Johannes Weigel (1712-1788); dieser wiederum ist mit der ältesten Schwester des hier behandelten Löwenwirts Johannes Weigel verheiratet.
Dr. Theiß und Dr. Steinmüller geben die Inschrift des oberen Hauses der Herberge zum Schwanen an, nach der dieses Haus 1744 von Ludwig Weigel erbaut wurde. M. E. kann deshalb ziemlich sicher davon ausgegangen werden, daß der oben genannte erste bekannte Löwenwirt Johann Ludwig Weigel (1695-1758) der Erbauer ist. Er vererbte dann seiner ältesten Tochter und ihrem Mann den Schwanen und seinem einzigen Sohn den Löwen. Dies erklärt auch die Durchfahrt zwischen den beiden Gaststätten.
Der Löwenwirt Johannes Weigel (1733-1774) hatte nur 2 Kinder, die beide klein verstarben.
Als nächster Löwenwirt tritt Johann Henrich Rinn (1755-1786) in Erscheinung. Er hat 1755 Elisabetha Margaretha Weigel (1751-1815), die jüngste Tochter des Schwanenwirts geheiratet; sie ist eine Enkelin des ersten Löwenwirts Johann Ludwig Weigel, siehe oben. Nach dem frühen Tod von Johann Henrich Rinn heiratet seine Witwe 1788 Caspar Fischer aus Langgöns (1761-1813). Beide Ehen der Löwenwirtin bleiben kinderlos. Caspar Fischer wird noch 1809 als Löwenwirt bezeichnet. In seinem Sterbeeintrag heißt es nur noch Einwohner und Gemeindsmann. Auch im Sterbeeintrag seiner Witwe ist kein Hinweis auf den Löwen enthalten.
Spätestens ab 26.07.1816 ist der älteste Sohn des Schwanenwirts Johann Ludwig Weigel (1745-1821), Johann Philipp Weigel (1783-1843), der ab 1803 mit Anna Maria Jung (1776-1843), einer Tochter des Adlerwirts und Schultheißen Johannes Jung (1755-1807), verheiratet war, der Löwenwirt. Wie er in den Besitz des Löwen kam, ist noch unklar. Der Sohn Caspar Weigel III. (1814-1883) wird der nachfolgende Löwenwirt. Dessen Schwiegersohn Johann Georg Schmidt aus Lützellinden (1842-1933) schließt 1879 den Löwen; siehe Dr. Theiß und Dr. Steinmüller.
Wie groß das Vermögen von Johann Caspar Weigel III. war, zeigt ein Eintrag im GemeinderathsberatungsProtokoll der Stadt Gießen vom 19.11.1863. Danach hatte er der Sadt Gießen 2000 Gulden geliehen und die Zinsen wurden von 3,5 % auf 4 % erhöht. [Frdl. Mitt. von Dr. W. Bingsohn, Gießen.]

"Zum (weißen) Schwanen"
Wie schon oben erwähnt ist Johannes Weigel (1712-1788), der Schwiegersohn des Löwenwirts Johann Ludwig Weigel der erste bekannte Schwanenwirt, als solcher erwähnt vom 06.03.1763 bis zum 22.09.1780. Seine Eltern Johann Balthasar Weigel III. (1682-1756) & Anna Elisabetha, geb. Weigel (1683-1756) werden nie im Zusammenhang mit einer Wirtschaft genannt, sodaß ziemlich sicher davon auszugehen ist, daß er den Schwanen von seinem Schwiegervater bekam.
Sein Nachfolger als Schwanenwirt ist spätestens ab 24.10.1782 sein Sohn Johann Ludwig Weigel (1745-1821), der auch Centgerichtsschöffe und Kirchensenior war; er starb im 34. Jahr als Kirchenältester.
Dessen ältester Sohn Johann Philipp Weigel (1783-1843) ist ab 1816 Löwenwirt, siehe oben.
Schwanenwirt ist spätestens ab 17.06.1820 Anton Weigel (1792-1836), der jüngste Sohn des Schwanenwirts Johann Ludwig Weigel (1745-1821).
Nach Anton Weigels recht frühem Tod heiratet dessen Sohn 1837, wird aber dabei noch nicht als Schwanenwirt bezeichnet. Seine Frau ist erstmals am 01.11.1840 als Schwanenwirts Frau Patin. 1841 wird zweimal bei Patenschaften seiner Kinder Johann Ludwig Weigel (1784-1862), Antons älterer Bruder, als Schwanenwirt bezeichnet. Er scheint scheint seinem Neffen aber nur kurzfristig beigestanden zu haben, denn ab 1842 wird dann nur noch Antons Sohn Johann Caspar Weigel IV. (1816-1899) als Schwanenwirt bezeichnet. Er ist mit Maria Elisabeth, geb. Weigel (1811-1888), einer Tochter seines Onkels Johann Philipp, des Löwenwirts, verheiratet! Johann Caspar Weigel wird am 11.10.1857 noch als Schwanenwirt bezeichnet; 1860, beim Tod seines Sohnes Anton wird er als Beigeordneter und Gutsbesitzer benannt.

"Zum Hirsch"
Bei der Gastwirtschaft zum Hirsch könnte es sich m. E. am ehesten um die alte, namenlose Linneser Wirtschaft handeln, aber auch die Krone kommt dafür in Frage. Von dem alten Linneser Wirt Johann Reinhard sind nur zwei Söhne bekannt: Johann Daniel Reinhard (1649-1728) und Johann Peter Reinhard (um 1651-1688). Keiner der beiden wird als Wirt genannt. Der einzige Hinweis darauf, daß Johann Daniel eine Gastwirtschaft betrieben haben könnte, findet sich 1724 in einem KB-Eintrag, daß eine frembde Weibsperson in Johann Daniel Reinhardts Hauß ankommen ist und bald ein Kind geboren hat. Auch in Großen-Linden benutzt der Pfarrer bei anderweitig sicher als Wirten bekannten Personen oft die Formulierung "in ..... Hauß".
Johann Peter Reinhards Enkelin heiratet Johann Jacob Schupp aus Lützellinden, den ersten bekannten Kronenwirt.
Johann Balthasar Lentz (1677-1743), Sohn des Schmieds Johannes Lentz, verheiratet mit Anna Maria, geb. Reinhard, Tochter von Johann Daniel Reinhard, ist der erste bekannte Hirschwirt. Auch er wird im KB erst nach seinem Tod so genannt. 1728 ist seine Frau Anna Maria als "des Wirths Johann Baltzer Lentzen Haußfrau" Patin, siehe unten. 1742 ist die Taufe eines in "Johann Baltzer Lentzen Haus" geborenen Kindes durchreisender Krüg-Leute verzeichnet.
Der "Hirsch" wird noch bis 1750 im KB erwähnt. 1746 starb in Lindes im Hirsch ein fremder Krughändler an der Gelbsucht. Ebenfalls 1746 ein armer blinder Mann aus Dauphin in Frankreich, und 1750 ist im Wirtshauß zum Hirsch ein Collectant gestorben. Es ließ sich bisher aber nicht feststellen, wer nach dem Tod von Johann Balthasar Lentz von 1743 bis 1750 (oder noch länger) der Wirt im Hirsch war.
Johann Balthasar Lentz hatte 5 Kinder, die das heiratsfähige Alter erreichten. Der Sohn Johann Melchior (1706-1765) wird bei einer Patenschaft seiner Tochter 1751 als Wirt im Grünen Baum bezeichnet, er war mit Anna Catharina Amend aus Allendorf verheiratet, kann den Grünen Baum also nicht geerbt haben. Der 2. Sohn, Johann Daniel (1716-1773) wird nie als Wirt genannt. Die Tochter Elisabetha Margaretha heiratete nach Leihgestern. Der 3. Sohn, Johannes (1723-1761) wird ab 1752 durchgängig als Wirt im grünen Baum genannt und stirbt auch als solcher; er war mit Anna Maria Müller, einer Schultheißentochter aus Dutenhofen verheiratet, kann den Grünen also auch nicht geerbt haben. Die jüngste Tochter, Anna Elisabetha, heiratete den Adlerwirt Johannes Jung, siehe oben.

"Zum grünen Baum"
Es schien zuerst naheliegend, daß der "Grüne Baum" mit dem "Hirsch" identisch sein könnte, dieser also nur umbenannt wurde. Dagegen spricht aber, daß die Herberge zum grünen Baum schon 1728, 1738 und 1739 im KB genannt wird. In dieser Zeit ist aber kein Wirt zum Grünen Baum bekannt.
Am 01.09.1728 wird in der Herberg zum Grünen Baum in Lindes ein Kind geboren, dessen Eltern auf dem Weg zum Markt in Gießen waren und 8 Stunden vor der Geburt in Linnes ankamen. Seltsamerweise ist bei diesem Kind Patin: des Wirths Johann Baltzer Lentzen Haußfrau namens Anna Maria. Warum hat die Hirschwirtin ein im Grünen Baum geborenes Kind gehoben? Waren "Hirsch" und "Grüner Baum" doch eine Einheit, der Hirsch die Wirtschaft, der Grüne Baum die Herberge?
Am 26.07.1738 stirbt allerdings im Wirths Hauß zum grünen Baum ein Knäblein, welches eine Weibsperson dahin sehr kranck gebracht.
Am 09.08.1739 wird das Kind herum ziehender Zunder=Leute getauft, so zu Lindes im grünen Baum geboren.
Erst 1751 wird Johann Melchior Lentz, der älteste Sohn des Hirschwirts Johann Balthasar Lentz einmal als Wirt im grünen Baum genannt; von 1752 bis zu seinem Tod ist sein jüngster Bruder, Johannes Lentz (1723-1761), als Wirt im grünen Baum nachweisbar. Wie die beiden Brüder zu Wirten im grünen Baum wurden, ist unklar, da sie beide Frauen von außerhalb heirateten, siehe oben.
[Als "praktischste" Lösung schlage ich vor, die Gastwirtschaft als "Hirsch unterm grünen Baum" zu benennen.]
Johannes Lentz hatte nur einen Sohn, der erwachsen wurde, Johann Caspar Lenz (1753-1805). Er war Centgerichtsschöffe, aber eine Nennung als Wirt wurde nicht gefunden, ebenso nicht bei den Kindern des Johann Melchior Lentz.
Über die spätere gleichnamige Gaststätte "Zum Grünen Baum" berichten Dr. Theiß und Dr. Steinmüller ausführlich.

"Zur (güldenen) Crone"
Erster Kronenwirt war der err. am 13.12.1691 in Lützellinden geborene Johann Jacob Schupp (+ 1756). Er heiratete 1715 in Linnes Elisabetha Catharina Reinhard (1696-1753). Sie war das einzige Kind des Centgerichtsschöffen und Kirchenältesten Johann Caspar Reinhard, das das Erwachsenenalter erreicht hatte. Die erste Erwähnung dieses Ehepaares als Wirthsleute zur Crone findet sich bei der Taufe eines ihrer Kinder am 22.09.1726. Johann Jacob Schupp wird schon bald Centgerichtsschöffe und wird dadurch dann als "Herr" bezeichnet. Am 18.08.1739 ist er als einziger Linneser und Nichtadeliger Taufpate bei den de Wrede.
Sein Nachfolger als Kronenwirt ist sein Sohn Ludwig Caspar Schupp (1738-1758). Er heiratete mit 18 Jahren die 16jährige Anna Elisabeth Zörb, eine Wirtstochter aus Großen-Linden. Diese heiratet nach seinem frühen Tod den Centgrafensohn Friedrich Christian Pflug aus Gönnern, der als Kronenwirt genannt wird. Auch er stirbt im November 1760; sein Frau im Dezember 1760. Alle hier Genannten sterben an der hitzigen Kranckheit oder an den Friesel, die im 7jährigen Krieg viele Opfer in Linnes fordern.
Der nächste bekannte Kronenwirt ist der in Heuchelheim geborene Johann Andreas Lenz (1736-1803). Er heiratete 1760 Maria Catharina Schupp (1743-1792). Sie war eine Tochter von Johannes Schupp, einem Sohn des oben genannten Johann Jacob Schupp. Dieser Johannes Schupp (1720-1764) hatte nach Großen-Linden in den "Schwarzen Adler" eingeheiratet. Johann Andreas Lenz ist nur von 1764 bis 1766 als Kronenwirt nachweisbar; lebte aber mit seiner Familie weiter in Linnes.
1768 wird im KB Klein-Linden bei einer Heirat der Brautvater als Gasthalter zur Cron dahier bezeichnet; im KB Großen-Linden heißt es: Herrn Conrad Diehls, Rathsverwandten in Laubach, welcher das Schuppische Wirthshauß zu Klein-Lindes auf 3 Jahre gemietet, ehelich älteste Tochter ....
Was nach Ablauf dieses Mietvertrages mit der Krone geschah, ist bisher noch unklar. Ebenso ist noch unklar, ob es sich bei den beiden folgenden Kronenwirten um Inhaber der alten Gastwirtschaft "Zur Crone" handelt, oder ob hier Neugründungen vorliegen.
Spätestens ab dem 05.01.1790 ist der spätere Centgerichtsschöffe Johann Philippus Jung (1763-1831), ein Sohn des Adlerwirts Johannes Jung (1722-1778), Kronenwirt in Linnes. Da seine Frau eine geb. "Neydel" ist, ist nicht ersichtlich, daß er durch Erbschaft zum Kronenwirt wurde.
Ebenfalls unklar ist, wie der aus Heuchelheim stammende Johannes Rinn II. (1806-1885) zum Kronenwirt wurde. Er war seit 1834 mit einer Tochter des Großherzoglichen Bürgermeisters Johann Philipp Weigel verheiratet, wird von 1835 bis 1844 als Fuhrmann, 1855 als Kronenwirt und später als Wirt und Weinhändler genannt.

Anläßlich der Plünderung von Linnes am 22.04.1797 findet sich im Kirchenbuch ein langer Eintrag, siehe unten. Darin findet sich auch der Satz:
Es ist doch auch ungleich bei der Plünderung hergegangen, einige der reichsten Häußer in der Obergaß hatten sich durch eine Parthie Kanounir Sicherheit verschaft, daß sie nichts dabei verlohren. 
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Am 18. Februar 1700 wird der Gregorianische Kalender auch in den protestantischen Ländern, also auch in Hessen-Darmstadt, eingeführt.
Er löst den Julianischen Kalender ab.

Eine Kirchenstrafen (Poenitenz)-Ordnung vom 01.05.1705 im KB 1/Teil 6 Großen-Linden beleuchtet die damals selbstverständlichen Eingriffe der Kirche ins Privatleben: 
Nachricht wie es mit der poenitentz derer die sich nach fleischl(icher) Vermischung heurathen soll gehalten werden,
vermög hochfürstl. Verordnung ausgegangen am 1. May 1705.

1lich diejenige Personen, welche ohne vorhergegangenen EhVerspruch sich zusammen in Hurerey vermischen, nachmals aber entweder freiwillig oder auf  zureden, oder auf rechtliche Erkenntnis sich einander heurathen, sollen zuvorderst vor dem Kirchen=Convent, von denen Predigern und Kirchen Senioren desjenigen Ortes, wo sie die Kirchen=Bus zuthun haben, ihrer begangenen Unzucht halber, zur wahren Buse erinnert werden, und nach gehends in einer Wochen Predigt sich in ihren gewöhnlichen Stühlen einfinden, und die Prediger ohne ihren Namen zu nennen, nach der Predigt der Gemeinde anzeigen, daß zwey Personen sich wider das sechste Gebott vergangen, nachmahls aber sich ehelich copuliren zu laßen, resolvirt haben. Dannenhero sie die Gemeindt bäthen, ihnen das Aergernis, so durch ihre begangne Sünde gegeben hätten, christlich zu verzeihen.

2tens Denjenigen, welche sich ordentlich zusammen verlobt, und nach der Verlobung vor der priesterlichen Copulation sich fleischlich zusammen gethan, soll nur von denen Predigern in gegenwart einer Paar Senioren in der Sacristey ihr begangener Fehler, daß sie vor dem Angesicht der christlichen Kirche falschlich ausgegeben, daß sie noch nicht sich ehelich zusammen gethan hätten, vorgestellt, und sie darauf nach Erkantnis ihres unrechts, zum Beicht=Stuhl und h. Abendmahl auf ihr anmelden zugelaßen werden.

3tens wegen dispensation soll vor die offentl(iche) poenitentz eine gewiße Geldstrafe halb in den Land=Kasten und halb in eines jeden Ortes Kirchen=Kasten gethan werden.

NB sind insgemein 5 fl. (Gulden).

NB Nachdem in der frstl. Verordnung der casus nicht determinirt, wann die poenitirende das Geld pro dispensatione nicht erlegen könten oder wolten, wie dann zu verfahren seye, so hat das fürstl. Consitorium zu Gießen in einem rescript unterm 30. Jan. 1720. es dahin Aeterminirt: quod 1mam classem, die ohne vorhergegangene Ehverspruch sich fleischlich vermischen, sollen zwar in einer wochen Predigt an ihren ordentlichen Plätzen stehen bleiben, aber doch ihre Vornamen genennt werden und sie auch antworten solten.

die 2da classis aber derer ordentlich verlobten solte in der Kirch an ihren ordentlichen Stühlen erscheinen doch weder ihr Namen genennt noch von ihnen eine Antwort erfordert sondern nur die Anzeige geschehen, daß zwey Personen, welche sich geheurathet, vor der priesterl(ichen) copulation sich ehlich zusammen getahn, etc.

Aus diesem NB ist deutlich ersichtlich, daß Wohlhabende sich durch eine Geldzahlung eine Kategorie besser, in der Bestrafung, stellen lassen konnten.
Arme dagegen mußten sich einer härteren öffentlichen Diffamierung unterziehen, wobei dadurch die Geldstrafe natürlich keineswegs erledigt war, im Gegenteil, sie mußte im Gefängnis abgesessen werden. Ein Umrechnungsmodus in dem deutlich wird, wieviel Geld für einen Hafttag angerechnet wurde, ist mir aus den Kirchenbüchern nicht bekannt geworden. Auch ist mir nicht klar geworden, ob nur die Hälfte, die dem Land=Kasten, also wohl der Kasse des Amtsbezirks, zustand, abgesessen werden mußte.

Noch 1755 findet sich folgender Pönitenzeintrag in Großen-Linden: 
Montags den 17ten Nov. nach gehaltener Bäthstunde thät stille Kirchenbuß auf hochfürstl. Consistorial-Befehl weilen sie sich von Johann Phil. Petri von Weydenhaußen im fürstl. Nassau Weilburgischen schwängern laßen, Anna Maria Klinckin von Allendorf, welche als Magd dahier gedient hatte.
Zu diesem Eintrag ist ein Zettel eingeheftet: 
„Daß Anna Maria Klinckin von Allendorft die ihr angesetzte 15 Zehnen(??) Straffarmuths halber im Gefängnuß verseßen, solches wird beschienen(?).
             Gieß(en) d. 8ten 9bris 1755 
                                                    JWittich  
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Im Jahre 1698 wird Peter Neidel, Sohn des Gemeindemannes Joh. Neidel zu Lindes Schulmeister. Er ist der Schwiegersohn seines Vorgängers Ludwig Weigel und führt das Amt bis 1716. Seine Besoldung ist aufgezeichnet in den Akten des Pfarrarchives zu Großen-Linden und lautet:
"Schulbesoldung zu Klein-Linden, wie solche am 18. Mai 1700 vor den damaligen Schulmeister Peter Neydel verordnet und nachher bei dem Schuldiener Wagner die Accidenzien (besonderen Leistungen) anders reguliert worden sind.
1. Ist von einem jeden Mann, der in der Gemeinde ist, 1/2 Meste Korn, ein Sichling Korn und 1 Laib Brot und 5 albus Uhrgeld zu geben.
    Dies muß ein jeder Einwohner und Gemeindsmann geben, und ist das Brot auf Michaeli, das Korn und Uhrgeld auf Martinitag fällig.
2. Ist von einem jeden Kind, das in die Schule geht, 30 albus oder 1 fl. (Gulden) jährlich vom 6ten Jahr an bis 1/2 Jahr nach der Konfirmation
    (Himmelfahrtstag) zu entrichten.
3. Von den Kapitalien, die die Schule ausgeliehen hat, die Zinsen zu 3 fl. 7 albus (0,=4 M.)
4. Von einer Leiche vor das Gesäng 10 albus, und einen Laib Brot vor das Läuten, und 3 albus vor die Personalien zu schreiben.
5. Von einer Kindtaufe 5 albus und vor das Wasser zu wärmen 1 albus vom Opfer.
6. Von einer öffentlichen Hochzeit 7 albus (0,04 M.), einen albus vom Opfer nebst dem hergebrachten Rechte (Teilnahme an der Hochzeit). 
7. Von einer stillen Kopulation 5 albus und 1 albus vom Opfer.
8. Bei Haltung des heiligen Abendmahls vor der Bemühen dabei 15 albus.
9. Vor den Opferbeutel herumzutragen 2 fl."
[Rudolf Weigel; Seite 48.]
Damit diese Lehrerbesoldung nicht ganz so exotisch wirkt, sei hier daran erinnert, daß der Lehrer damals auch immer gleichzeitig Opfermann und Organist (falls eine Orgel vorhanden) war. Die Punkte 1-3 beziehen sich hier auf die Lehrertätigkeit; das "Beaufsichtigen" der Kirchenuhr (Uhrgeld) war allerdings Opfermannstätigkeit. Punkt 4 erinnnert daran, daß der Lehrer und die älteren Schüler bei einer "öffentlichen" Beerdigung mit Gesang "aufzutreten hatten." Das "Personalien zu schreiben" war wohl eine Linneser Besonderheit; nachdem der Pfarrer 1699 die Taufen von fünf Lindeser Kinder nicht ins Kirchenbuch eingetragen hatte (wahrscheinlich waren auch viele Großen-Lindener Eintragungen vergessen worden), wurde in Linnes von etwa 1700 an ein eigenes "Standesamtsregister" vom Lehrer geführt (Wäre vmtl. sprachgeschichtlich sehr interessant, da der Linneser Lehrer, anfangs in Platt, das Gleiche dokumentierte, wie der Pfarrer in Großen-Linden in Hochdeutsch).
Die Punkte 5 bis 9 betreffen Tätigkeiten des Opfermanns, der wesentlich weitergehende Funktionen hatte, als der spätere Kirchendiener. So hielt der Opfermann z. B. bei Verhinderung des Pfarrers auch mal den Gottesdienst, oder er vollzog Nottaufen, was aber auch der Hebamme erlaubt war. Besonders in Orten wie Linnes, wo der Pfarrer nicht vor Ort wohnte, hatte der Opfermann schon einiges zu tun.

Am 21.06.1701 tritt Lindes in einem umstrittenen Vergleich seine Mitmärkerrechte am "Fernewald" an Gießen ab. Damit verzichten die Lindeser darauf, daß sie in dem bei Annerod und Steinbach gelegenen Wald zwischen dem Michaelistag und Ostern Holz für ihren Hausbedarf schlagen und ihr Vieh dorthin treiben dürfen. Ihnen scheinen aber zu dieser Zeit die Mitmärkerrechte gar nicht mehr bekannt gewesen zu sein; denn 1746 sagen 34 Gemeinsleute aus, daß sie nie einen Viehtrieb dorthin gehabt haben.
Die Einwohner unseres Ortes erhalten dafür das Recht zugesprochen, zusammen mit den Gießenern das Gebiet zwischen der "Lindeser Hege" und den beiden Bachwegen (250 Morgen) als Koppelhut benutzen zu dürfen. Zwischen den Bachwegen und der "Centbann"-grenze ans Weyher nach Gießen zu (in der Höhe der heutigen Veterinärkliniken) dürfen sie allerdings nur auf ihren eigenen Gütern krauten und grasen; doch müssen sie dazu bei den Bürgern der Stadt anfragen.
Mit diesem Vertrag ist die Forderung der Lindeser, die Centbanngrenze als die Gemarkungsgrenze anzuerkennen, nicht berücksichtigt worden.
Auf den 400 Morgen großen Ländereien dürfen aber bis 1845 die Lindeser Feldschützen
[vmtl. sind hier die "Centgerichtsschützen" gemeint, die nur selten aus Linnes kamen] die Feldfrevel ahnden.  [Rudolf Weigel, Seite 44.]
Aus anderer Sicht:
Für das Jahr 1701 wird bei Dr. Knauß, Grenzstreit, Seite 114, wieder ein Vergleich zwischen Linnes und Gießen genannt.
Seine wichtigsten Bestimmungen sind (17):
1. Zwischen der Hege und den Bachwegen besteht nun eine gleichberechtigte Koppelhut von Gießen und Klein-Linden.
2. Die Lindeser dürfen in Zukunft auf ihren eigenen Gütern auch zwischen den Bachwegen und der Centbannsgrenze "ans Weyer" (nach Gießen zu in
    Höhe der heutigen Veterinärklinik) krauten und grasen, wenn sie vorher beim Bürgermeister von Gießen anfragen.
3. Kontribution zwischen Hege und Bachwegen versteuern Gießener Eigentümer nach Gießen und Lindeser nach Klein-Linden.
4. Klein-Linden überläßt Gießen seinen Anteil am Fernewald an Grund, Märkerrecht und allen Nutzungen (18).
5. Hege, bzw. Landwehr bleibt Gießener Gemarkungsgrenze und soll erneut ausgesteint werden.
[Quellen: 17: Stadt AG GUB II,2/Nachtrag 13. / 18: St A D, XIV, E2, Konv. 62-64: Das Waldbuch von 1603 zählt Lindes zu den 13 Orten, die einst zur Markgenossenschaft "Fernewald" gehörten.]
Seit wann und wodurch Lindes zu seinem Anteil am Fernewald kam, ist bisher unklar. 

Im Jahre 1703 will die Gemeinde ein Schulhaus bauen. Sie bittet daher um Bauholz aus dem Staatswald. Da in der Nähe keine Staatswälder sind, werden dem Ort "einige abgängige Stämme aus den Waldungen im Ambte Königsberg" angewiesen. Außerdem wird angeraten, sich das übrige Holz zu kaufen. Da diese paar Stämme aber mehr Fuhrlohn kosten, als sie wert sind und der Gemeinde sonstige Mittel fehlen, kommt es nicht zum Bau der Schule (80).  [Rudolf Weigel, Seite 48. Quelle 80: Staatsarchiv Dm.; VI, 3. Konv. 45.]

1710 wird die "Lindeser Hege" an den Obrist von Wrede verkauft; dieser behält aber nur 1/3 des Geländes und verkaufte den Rest an die Gemeinde Klein-Linden weiter, die nach Abholzung der Bäume dort teils Äcker und teils Wiesen anlegte und sie dann ihrerseits an die einheimischen Bauern weitergab. [Dr. Knauß, Grenzstreit, Seite 115.]
1710, Gießen verkauft dem Besitzer des Herrenhofes in Lindes, dem Obristen von Wrede, ohne fürstliche Erlaubnis die "Lindeser Hege", deren Verlauf schon im Abschnitt über das 16. Jahrh. beschrieben worden ist. Das Geschäft wird getätigt, "weil die Stadt zuviel Prozesse und Verdrießlichkeiten gehabt hat". Wrede bezahlt dafür 850 fl. (Gulden) (72).
Die Hege umfaßt 8 3/4 Morgen oder nach heutigem Maß 300 Ar. Auf ihr stehen 216 Bäume, die bald danach abgeholzt werden. 2/3 der Fläche veräußert der Obrist an die Gemeinde weiter, die dort Acker- und Weideland anlegt.
[Rudolf Weigel, Seite 45. Quelle 72: Rady, J. B. - Die Zustände d. Stadt Gießen zu Anfang d. 18. Jh.; MOV, Jgg. 1889, Bd. 1, S. 76.]

Am 15. April 1711 wird der Obrist und Commandant zu Gießen, Johann Friedrich von Wrede in Klein-Linden beigesetzt. KB Gr-L: 
Am 15. Aprl. wurde zu Lindes in der Kirche beygesetztt H(err) Joh. Friedr. von Wrede Obrist und Commandant zu Gießen woher die Leich mit einem Comitat in Gutsch kam, der ich mit dem Schuldiener und Schülern vors Dorf entgeg(en) gang(en). In der Kirche hilte eine Str... vorm Altar und  verlaß die personalia. Zu Gießen war auch Leichen Predigt gehalten.
Johann Friedrich war ein Vertreter der von Wrede auf der Burg in Lindes. (siehe Weitershaus, Seite 61/62)

1713 findet sich in einem Nachtrag im KB Gr-L, daß es viele Tote gegeben hat, weil Soldaten Krankheiten eingeschleppt hatten, wobei wohl auch 5 aus Gefangenschaft heimgekehrte Soldaten starben. NB: 1713 viele gestorben, weil Soldaten Krankheiten eingeschleppt.  

1714 gab es den einzigen Kindesmord in Lindes, der in den KB dokumentiert ist: den 14.7.1714, nachmittags gegen 2, ist in dem Adelichen Wredisch garten als hinter der Adelichen Wohnung ist und auft die Wetzflarer Straß stöset, ein todtes Mägdlein gefunden worden, welches des Adelischen Hofmanns Hundt aus einem Loch etwa 1 oder 2 Spaten stich tieft herauß gescharren, worinnen daßelb von einer leichtfertigen Dirne verscharret ward, noch lebendig auf die Welt kommen, doch alsobald nach der Gebuhrt ohngebadet an diesen Ort gebracht worden. Es ist auch allem vermuthen nach von einer frembderin, von keiner Lindeser Weibsperson dieses Laster begangen worden, das todte Kind ist noch gemeldeten Tag von einem Medico und Barbier, wie auch von einem Docter, aus Gießen auft der Regierung Befehl besichtigt worden und dann auch eben den Tag ist es noch auf dem Lindeßer Kirchhof begraben worden. 
Das Tuch worinnen das Kind eingewickelt gewesen, ist von Leinwand gewesen und auff den Ecken hat sich ein mit schwartzer Seyden bezeichntes Lateinisches D befunden, welches doch so gemacht gewesen, daß es geschienen alß sollte der vorderste Strichen zugleich auch ein 1 bezeigen, ... in modam D.
    
Ob die Eltern oder die Mutter des Kindes ermittelt wurden, ist nicht vermerkt.

Zur 200jährigen Wiederkehr des Reformationstages findet sich der folgende Eintrag, Gr-L/KB1/Teil 6: 
Erstlich am 30. Octobr. 1717. soll ein großer Buß- Fast- und Bethtag, und zugleich nach der letzten Predigt die Beicht gehalten werden: Texte sollen seyn: 
       Morgends Hos. IV, 1-7. Vnd vorm Altar zu verlesen. Dan. IX. 1-19. 
       Mittags Joh. II. 3,4.

Zweytens Am 31t. Octobr. ist das rechte Jubel-Fest an welchem in allen Kirchen das H. Abendmahl gehalten und eine Collect halb vor das Waißen-Hauß zu Darmstatt, und halb vor jeden Orths Armen gesamlet, und sind folgende Texte zu erklären 
       Morgends  Colos. I. 12-14 Vorm Altar verlesen. PS. LXXXIX. 1-16. gesungen. Vor der Predigt. Eine Veste Burg ist unser p.
        nach der Predigt aber: Herr Gott dich loben wir. 
       Mittags   Joh. XII, 35,36 und wird vor der Perdigt gesung(en): Nun welche hier ihr Hoffnung gar, nach der
Predigt aber:   
        Allein Gott in der Höh sey Ehr-

1717 soll Linnes 206 Einwohner gehabt haben. [Nach: Hermann Rau: Geschichtliches von Klein-Linden, in: 50jähriges Jubiläumsfest der Radfahrervereinigung Klein-Linden; Seite 21. (Ohne Quellenangabe.)]
Im Jahr 1717 hat unser Ort 206 Einwohner. [Rudolf Weigel, Seite 46; Quelle: Matthes R. "Aus der Vergangenheit Kl.-Lindens."] 
Die ursprüngliche Quelle dürfte die kleine Festschrift zur 300 Jahr-Feier der Reformation von Pfarrer Christian August Hoffmann "Die Feier des dritten Evangelischen Jubelfestes zu Gros= und Klein=Linden; Grosenlinden 1817", sein. Dort heißt es, dem damaligen Kenntnisstand entsprechend, auf Seite 16:
Kleinlinden hat sich erst kurz vor dem ersten evangelischen Jubelfeste durch Ansiedlung einiger (8) Familien, welche alle, eine einzige ausgenommen, aus Grosenlinden abstammten, zur Gemeinde gebildet. Im Jahre 1613 wurde die dasige Kapelle gegründet, und bis zum zweiten Jubelfeste, 1717, hatte sich die Zahl der Einwohner auf 206 durch inneren und äußeren Zuwachs vermehrt. Gegenwärtig [1817]
beläuft sich die Seelenzahl von Kleinlinden auf 312, übertrifft also die von 1717 um 1/3. Bis zum vierten Jubelfeste, 1917, könnte sie wohl die Zahl von 450 - 470 erreichen.

Vom 6. Februar bis 7. März 1725 sterben in Lindes 6 Kinder an den Blattern.

1725 "Eine große Feuerspritz mit dem Gericht angeschafft worden." Das Gericht Heuchelheim mit den Orten Heuchelheim, Rodheim, Fellingshausen und Lindes kaufte eine Feuerspritze, die in Heuchelheim stationiert war. 1753 werden Rodheim und Fellingshausen von Heuchelheim und Lindes ausgezahlt; 1757 zerbrach die Gemeinschaft zwischen Heuchelheim und Lindes; Heuchelheim erwarb eine eigene Feuerspritze. Was mit der gemeinsamen Spritze geschah, ist bisher nicht bekannt. [Siehe: 100 Jahre Freiwillige Feuerwehr Giessen-Klein-Linden, 1995; Seite 81, nach einem Artikel in HiB, Nr. 33, 1932:]
"Beim Lesen des Berichts haben wir uns Gedanken darüber gemacht, wie die Spritze bei Hochwasser nach Klein-Linden kam und wie lange das gedauert haben könnte" notiert der Verfasser.

Der Jahresanfang 1726 muß sehr kalt und schneereich gewesen sein:
den 6 ej: [Martij] ist alhier [Dorlar] begraben worden, Johannes, Johann
Henrich Schmitts Sohn von Vetzberg, welcher ver=
wichenen Sambstag 7 wochen aufm breitenfeldt
erfroren, bißher unterm tieffen Schnee gelegen und
am schon gedachten Sambstag, von dem Atzbacher
Schûtz gefunden
 [KB Dorlar Atzbach, Begräbnisregister 1726.]

Samstag, den 11. September 1739 stirbt der Landgraf  Ernst Ludwig nach 56jähriger Regierungszeit. Eintrag im KB Klein-Linden. Im KB 1 Großen-Linden findet sich folgendes: 
Mittwoch den 7t Octobr. 1739 war Solenne Leich-Begängnis vor den bisher Regierenden Lands-Herrn H. Ernst Ludwig. Es folgt ein 2 Seiten langer Bericht, anschließend:
Not. Zu Kleinlinden war nicht gepredigt, sondern sie musten nacher Grosen L. Komen, wie gleichfals geschehen, als vor des jzt verstorbenen H. Landgrafen Frau Mutter hochseel. Gedachtnis ao 1710 von mir MRunckel Leichenpredigt gehalten worden. it. als vor des hochseel. Herrn Landgraffen Frau Gemahlin Frau Dorothea Charlotta ao 1705 am 14ten Xbr. von meinem Anteceseore H. Past. Neben Leichen Predigt geschehen. It ist auch nur zu Grosenlinden Leichen Predigt geschehen ao 1678 mittwochs nach Pfingsten am 22ten May vor H. Landgraf Ludw. den älteren. it eodem ano am 28ten Sept. vor H. Landgraf Ludwig den VII. nur zu Grosenlinden von H. Pastore Vigelio gepredigt worden, wie Er solches in seinem protocoll aufgezeichnet.

Hier steht noch nicht ausdrücklich dabei, daß die Lindeser eine eigene Leichen-Predigt beim Ableben des Landesfürsten verlangten, aber wir können eindeutig davon ausgehen. Der Pfarrer beruft sich, wie üblich, auf altes Herkommen und Gebrauch und verweigert diese Predigt den Lindesern. Dieser Streit ist damit aber noch lange nicht beendet, sondern taucht immer wieder auf, wie im folgenden zu sehen sein wird.

Da die beiden folgenden Ereignisse wohl auch in Lindes zu „spüren“ waren, seien hier 2 Einträge aus dem Kirchenbuch Hermannstein vermerkt (Zitiert nach Heinz Dietrich: „Familien-Chronik Eckhardt):
Anno 1735 in der nacht Vom XI.p.Trini auf den 22 t. dito, ist nicht nur hiesigen orths, sondern auch zu Wetzlar, Giessen, Braunfels, pfalz und and orthen, eine sehr starke erschitterung der erden, nachts zwischen 2 u. 3 Uhr, durch ein erdbeben Vermerkt. worden, doch ist,s Gott sey dank! ohne schaden abgegangen

Anno 1740. 9 t. u. 10 t. Jan. ist die Kält allhier am allergrössten verspiert worden, so dass der Brun in hiesigem pfarrhof zümlich hart zu gefroren gewessen, und die Kält an dem Thermometra-Magna, welches in hiesigem pfarrhaus hangen gehabt, biss zum 35 grad herunter gesunken, auch etl. Bäume, wie zu Blasbach, da ich dieser Zeit vicariret, Vernommen, von einander gefroren, auf Mathiastag -24. Febr. und den folgenden war die Kälte abermals 35 grad.

Der Prozeß schien somit abgeschlossen, aber 1740 wurde er von Klein-Linden unter recht fadenscheinigen Argumenten wieder aufgerollt (20).
[
Dr. Knauß, Grenzstreit, Seite 115. Anm. 20: St A M, Samtgerichtshof, Fragmenta actorum G 91/92: Gegenklage von 34 "Gemeinsleute" aus Klein-Linden unterschrieben. Wie sich in den Schriftsätzen zeigt, waren gerade 39 Jahre nach dem letzten Gerichtsentscheid vergangen. Nach 40 Jahren wäre die Sache nach damaligem Recht verjährt gewesen.]  
1746 [vmtl. Druckfehler], 34 Gemeinsleute aus Klein-Linden unterschreiben eine Gegenklage gegen die Stadt und behaupten, daß der gesamte "Centbann" Teil der Linneser Gemarkung sei. [Rudolf Weigel, Seite 45; Quelle: Knauß, Erwin Gemarkungs- und Allmendentwicklung in Gießen; MOV Jgg. 1963, Bd. 47, S. 194.]

Anno 1742 am 6. Octobr. wurd allhier der Huldigungs-Actus für Ihro Hochfürstl. Durchl. H. Landgraff, Ludwig den Achten vorgenommen. (KB 1 Großen-Linden)

Anno 1743 den 19. u. 20. April hat ein sehr grosen Schnee geworfen, desgleichen in
50 Jahr nicht gewest, auch hat es 4 Wochen lang geregnet u. geschneit, daß nie-
mand hat in währender Zeit ackern hat könen.
Anno 1743 ist so ein groß Regen Wetter gewesen, daß gar wenig Gerste Land auf-
gebrochen. ....
    [Sch.-Chr., S. 165]

Anno 1743 nach mitag umb 4 Uhr ist Lutzelinden uf den 11. Juni eine Feuers Brunst
entstanden, das in 2 Stundten sein über 100 Bäue in der Asche gelegen, darunter
sein 31 wohn Heuser, 30 Scheuern und über 40 Ställ und noch vielle Heußer be-
schädiget. Daß mahl ist eine grose Dürung gewesen, das in 5 Wochen nicht ge-
regnet zu vor. Es ist ein kleiner Regen geschehen den 5. July das Kraut gesetz u.
Lein gesäget (gesät) worden, sonst hätte es nicht geschehen könne, hernach
wieder döre Zeit.
       [Sch.-Chr., S. 167]

Anno 1743 ist ein erschrecklicher groser Commeht Stern am Himmel gestanden.
Der ist fast ein halbes Jahr gesehen worden. Sein Strith? Strich? ging alle Abend
nach Dutenhofen zu, dar auf ein groser Krieg erfolget.
   [Sch.-Chr., S. 174]

Der österreichische Erbfolgekrieg.
Dieser Krieg bricht 1741 aus, weil Kaiser Karl VI. Krone und Land seiner einzigen Tochter Maria Theresia vererbt hat und viele Fürsten diese Thronfolge nicht anerkennen. Der Gießener Bürger Härtling berichtet aus dieser Zeit:
   Nachdem im Februar 1745 8000 Hanoveraner sowohl Gavallerie als auch Infantrie in den Dörfern einquartiert waren, ist am 30. März in Gießen
   Viehmarkt. An diesem Tag kommen 300 ungarische Husaren von Wetzlar über Heuchelheim her und besetzen die Stadttore. Sie teilen sich aus
   auf die Lollarer Straß und nach Buseck, auch nach Linnes zu und beschlagnahmen bis abends 4 Uhr 36 Pferde, die den Franzosen zugebracht
   werden sollen. Am 31. März besetzen die Franzosen die Umgebung von Gießen und verlangen Futterage, daß also die Leute sehr ruinieret worden.
   Die Dorfschaften sind in Furcht und Schrecken und die Leute sind grausam nach Gießen herein geflohen mit Kasten, Kuffers, Weißzeug, Kleidung
   und auch viel Frucht. Am 14. Juni trifft die österreichische Armee bei Gießen ein. Die avant Garde als Husaren und etwas Fußvolk zusammen
   6000 Mann haben ihr Lager bei Linnes auf der Heide. (27 & 82)
[Rudolf Weigel, Seite 50. Quelle 27: Matthes, R.  "Aus der Vergangenheit Kl.-Lindens. Quelle 80: Staatsarch. Dm. VI, 3. Konv. 45.]

Am 14.05.1745 findet sich bei einer Taufe in Linnes folgender Zusatz im KB Großen-Linden:
... im Hauß getauft à Pastore stannario, me ágrotante, (weilen kein öffentl. gottesdienst gehalten worden ob Streitz et tumultus Gallicos, Galli T. auff der Burg, im garten u. Aeckern sich gelagert) ...

Anno 1745 die Französische Troublen im Lande et in vicinia, da dieselbige allhier in Grosenl. allein erhoben an Rationes bey 130. bis 150. Achtel Gersten und über 300 Centner Heu. Gott sey uns gnädig, u. geb uns alle hertzl. Buß etc. (KB 1 Großen-Linden) 

Anno 1745 Ist das Frantzosen Krigs Volg in
Butzbach und im gantzen Land Hessen ? gewesen und Futter und alles
............ hir genomen und haben das Land durchstrichen von Oster biß nach
Pfingsten.
       [Sch.-Chr., S. 166] 

Anno 1745 im Monat Feber u. Mertz sind die Frantzosen alhier in der gantzen
Gegend herum geschwebet, Butzbach eingenommen, daß viellen Orten mit Frantzosen
beleget alß Usingen, Weylburg, Grosenlinden, Langöns.
Daß das Land Forge (Fourage) lifern müßen, so viel nur auf zu bringen. Sie haben
wohl von einem Orth wohl 4 - 5 tausent Ration an Heuw und Hafer gefordert, doch
keinem Menschen nichts mit Gewalt genomen, daß wir Gott sey Dank von ihnen Fried
fertig sprechen können.
   [Sch.-Chr., S. 166 - Die Chronik wird jetzt in Leihgestern geführt.]

Anno 1745 ist das Kaiserlich Lager bei Linnes gestanden die kleine Arme(e), die
grose Arme(e) bey Kintzebach über der Lohn, ist dazumahl im Gerste u. Hafer
Feld gestanden und hat doch die liebe Frucht nit viel gehindert, ist wieder außge-
wachsen.
    [Sch.-Chr., S. 172]

1746 den 11. Märtz sein zwey Kaiserliche Croaten Compiene alhier eingerückt, wo-
von alle von fremder Sprach, doch haben sie guten Ordre gehalten. Sie sind dazu-
mahl in Braband gezogen, ist aber wieder Frieden gemacht worden.
  [Sch.-Chr., S. 174]

Anno 1746 den 25. Mertz abens umb 8 Uhr hat sich ein Zeichen am Himmel sehen
lassen, welches vom Stein Küpfel über Leygestern auf Braband gedeutet. Von der Leng,
die es am Himmel gehabt hat, nicht zu beschreiben. Es hat etwa 1 1/2 Stund lang ge-
standen, war erschröcklich zu schauen.
   [Sch.-Chr., S. 176]

Anno 1746, den 27. Juni, ist eine Geographische Karte von C. M. Pronner datiert, die die
Conjunktionen der Thraunisch und Bathanischen Armee bey Urb zeigt.
Neben Klein Linden, zum Allendörfer Wäldchen hin, sind 17 Zeichen für Militäreinheiten
eingezeichnet (möglicherweise noch mehr; der Kartenausschnitt endet dort).
Dabei steht: "Avant Garde". [Abb. in "Pohlheim Watzenborn-Steinberg 1141-1991", Seite 8.]
Die Abb. ist mit folgender Erklärung versehen:
Diese Karte veranschaulicht eine Episode aus dem Österreichischen Erbfolgekrieg.
Truppenoperationen der Einheiten Maria Theresias sind eingezeichnet bei Laubach, im Busecker Tal 
und bei Grüningen. Sie waren aufmarschiert, um die Franzosen zurückzuschlagen.

Am 15.05.1749 heißt es in einem Pateneintrag im KB Großen-Linden zu einer Taufe in Klein-Linden: 
P: 1. Hochwohlgeb. Frau Frau Maria Sophia, H. von Wrede Seine Ehe Liebste, so mit Ihrem Eheherrn Herrn Hauptmann von Wrede sich dermahlen in Mastricht befundt, allwo das Hessen Darmstädtische weise Regiment dermahlen in Garnison liegt.

1750 ist bei 3 von 9 verstorbenen Kindern als Todesursache Kinderblattern vermerkt, bei einem Kind: rote Ruhr, auch eine 36jährige Frau stirbt an der Ruhr. Insgesamt 19 Sterbefälle in Lindes im Jahr 1750.

1750 wird das Schulhaus Wetzlarerstraße 58 (Hinterhaus) errichtet, auf das später, beim Abbruch der zweiten Kirche, deren Glockentürmchen aufgesetzt wurde. Beim Abriß der alten Schule zerbricht 1969 das Glockentürmchen. [Siehe: 125 Jahre Kirche Kleinlinden, 1866-1991, Seite 10/11.]

Im Jahre 1750 spitzte sich der Streit so zu, daß es auch zu handgreiflichen Auseinandersetzungen kam. In Beschwerdeschriften der Gemeinde Klein-Linden heißt es dazu: "... Gießen ging dann mit 40 Mann dreimal in das umstrittene Gebiet und entfernte Steine, welche wir dort setzten und fuhren sie nach Gießen. Diese Leute waren ... wohlbewaffnet. Sie gingen brutal gegen Klein-Lindener Einwohner vor und schlugen einige zusammen, auch drohten sie, ins Dorf einzufallen, falls wir uns unterstehen sollten, nachmals Steine zu setzen (24)." [Dr. Knauß, Grenzstreit, Seite 116. Anm. 24: St A M, a. a. O.: Bericht der Gemeinde Klein-Linden vom 17.8.1750.]
1750, In dem zwischen Gießen und Lindes umstrittenen Gebiet kommt es Mitte des Jahres zu handgreiflichen Auseinandersetzungen. 40 wohlbewaffnete Gießener, die plötzlich aufgetaucht sind, schlagen einige Lindeser zusammen und entfernen die Steine und fahren sie weg. Sie drohen sogar ins Dorf einzufallen, falls nochmals Steine gesetzt werden. [Rudolf Weigel, Seite 45. Quellenangabe wie 1740, Seite 195f.]

Nach langwierigen Verhandlungen, die von umfangreichen Klageschriften und Rechtsgutachten beider Seiten begleitet waren, entschied am 16.2.1752 der Samtgerichtshof in Marburg, daß der Vergleich von 1701 rechtsgültig sei und Klein-Linden nun unverzüglich den damals festgesetzten Bestimmungen nachzukommen habe. Die bereits 1706 als Versäumnisstrafe verhängten 30 Goldgulden müsse Klein-Linden binnen 4 Wochen zahlen. Der Gießener Rechtsvertreter gab seine Zustimmung zu diesem Urteil, während der Advokat Klein-Lindens Berufung einlegte. Obwohl diese vom Samtgerichtshof abgelehnt wurde, deutet der letzte Schriftsatz der Gerichtsakten vom 19.5. bzw. 30.5.1753 darauf hin, daß für Klein-Linden der Rechtsstreit damit noch nicht beendet war (25). [Dr. Knauß, Grenzstreit, Seite 116. Anm. 25: St A M, a. a. O.]

Anno 1752 Sontags den 12. Märtz hat sich ein Zeichen am Himmel sehen lassen nach-
mitag um 5 Uhr, anfangs alß ein Sternschup, darnach sich gekrümmet und darinnen
gedonnert ein Gewitter.
   [Sch.-Chr., S. 178.]

1751 sterben 6 Menschen in Lindes, 1752 gibt es nur 2 Todesfälle, in 1753 dann 4. Mit 1754 beginnen dann die großen Sterbejahre. Es sterben 9 Menschen, erstmalig taucht als Todesursache die „Diagnose“ „weiße friesel“ auf. In 1755 sterben eine Ehefrau, 10 Knäblein, 1 Mägdlein. Bei 9 Kindern lautet die Todesursache Blattern. In 1756, dem ersten Jahr des 7jährigen Krieges, sterben in Lindes 3 Männer, 2 Eheweiber, 1 Söhnlein, 2 Mägdlein. 1757 werden im KB Gr-L als verstorben aufgelistet: 4 Männer, 2 Weiber, 2 Söhnlein, 3 Töchterlein, 1 ledige Weibsperson und 1 fremder, ein franzos.
Der franzos wurde am 5.12. begraben, er war beim Durchzug der französischen Armee durch Klein-Linden gestorben. Mindestens ab Dezember 1757 war dann Klein-Linden für mehrere Jahre direkt vom Krieg betroffen.

Im Jahre 1755 mietet die Gemeinde das Haus des Gemeinsmannes Schupp als Schulhaus. Die jährliche Miete beträgt 8 fl. (Gulden) (27 & 77)
In den ersten Jahren nach der Gründung der Schule hatte noch der jeweilige Lehrer den Unterrichtsraum selbst gestellt
. [Rudolf Weigel, Seite 49; Quelle 27: Matthes, R.; Aus der Vergangenheit Kl.-Lindens. Quelle 77: Gemeindearchiv Kl.-Linden.]
Für Ludwig Haupt, den ersten nachweisbaren Lehrer (und Schmied) in Linnes ist belegt, daß er den Unterricht in seinem Haus hielt. Dies gilt wohl auch noch für seinen Nachfolger Ludwig Weigel, den 2.Lehrer. Auch dessen Schwiegersohn, Johann Peter Neydel, der 3.Lehrer, wird ein eigenes Haus in Lindes besessen haben. Michael Daubner, der Schwiegersohn von J. Peter Neydel, könnte dessen Haus übernommen haben. Er tauscht aber seine Stelle vorübergehend mit Johann Wilhelm Lampus aus Burkhardsfelden. Dieser heiratet erst 1722, zwei Jahre nach seinem Amtsantritt als Lehrer in Linnes, die "Einheimische" Anna Maria Acker. Spätestens bei ihm und auch bei dem ab 1739 tätigen Johann Friedrich Wagner, der erst 1746 eine Linneserin heiratet, ist nicht vorstellbar, daß sie den Schulunterricht in ihrem eigenen Haus abhielten, da sie ein solches erst hätten kaufen müssen.

Nach dem preußischen Sieg bei dem fernen Roßbach (5.11.1757, siehe Einleitung) traten Franzosen und Reichsarmee den Rückzug an den Rhein an, wobei große Teile der Truppen durch den Raum um Lich zurückfluteten. Zu dieser Zeit befand sich in Klein-Linden ein großes französisches Magazin, wohin die Bauern der Umgebung monatelange "Fourage" für Soldaten und Pferde zu Liefern hatten. [Villinger Hefte, Heft 6/1, "Krieg und Frieden".]

Am 22.3.1758 wird erneut ein französischer Mousquetier beim Durchzug der Truppen begraben. Am 23.10 stirbt im französischen Lager auf dem Schillenberg (KB Kl-L) ein württembergischer Wagenmeister. Am 1. September wird ein Junger Bursch aus Weiberfellen von eine Salve-gardt erschossen, als er futtaschirte.
Der Wortlaut der Einträge ist im Kapitel Fremde... zu finden. Insgesamt sterben 1758 19 Personen in Lindes (Großen-Linden: 16), aufgelistet als: 
6 Männer, daruter 2 fremde Soldaten von den franz. Trouppen, 3 Weiber, 2 ledige Mannspersonen, 5 Söhnlein, 3 Töchterlein.

1759, Mittwochs den 9ten May wurde ein Deserteur vom Königl. franzl. Regimet Royal Pologne /welches hiro in Großen-Linden in Cantonirungs Quartier liegt/ in dem Grosen-Brücker Feld arquebusiret, und hernachmahls auf dem hiesigen Kirchhof am Rath-Hauß begraben.

Am 31.05. entdeckt eine Marqutenders frau von den Königl. franz. Trouppen, die sich in das Lager zwischen Gießen und Lollar zusammen zogen und in erstaunlicher Menge diese Straß passirten eine Frau in Wehen in einem Korn Acker ohnweit Lindes. Sie meldet diese Begebenheit dem Bürgermeister zu Lindes.

Anfang Oktober gibt eine Frau aus Lindes, welche bisher zu Gießen als Magd gedienet, als Vater ihres unehelichen Töchterchens einen Soldaten, Nahmens Wittmann, von dem dermahlen zu Gießen garnisonierenden Königl. französ. Regiment von Löwenthal an. Dessen Bruder Joh. Henrich, ebenfalls Soldat in diesem Regiment, wird als Pate notiert, so aber bey dem Tauf Acta nicht erschienen.

Bei den Sterbeinträgen ist dann vielfach von der grassierenden hitzigen Krankheit, ab August auch von der Ruhr als Todesursache zu lesen. Am 31.03. findet sich bei einem Sterbeeintrag die Notiz: Es waren viele franz. Officirs und Soldaten in der Kirche. 
Am 24.04. rettet in Großen-Linden ein Soldat ein Kind aus der Bach.  
Am 12.09.1759 findet sich im KB Großen-Linden, bei der Beerdigung eines Großen-Lindeners der Zusatz:
NB. weilen das l'Opital ambulante dermahlen hier ist, so war die ganze Kirche voller fremder und französischer Soldaten.

Am 28.09. schreibt der Pfarrer als Nachtrag: NB. das ganze Hauptquartier der Königl. französ. Armee war zu dieser Zeit zu Lindes, der Herr General du Metz ließ mir ein Wacht vor die Kirchtür stellen, damit alle Unordnung möchte verhindert werden.
Nicht verhindern konnte der Herr General, daß an den eingeschleppten Seuchen, an der Mangelernährung nach den Plünderungen usw., insgesamt mindestens 37 Menschen in diesem Jahr 1759 in Lindes starben. Die Kirchenbücher sind hier nicht ganz eindeutig, in beiden werden 37 Sterbefälle angegeben, dabei werden aber 40 Personen genannt, manche Einträge gibt es nicht in Klein-Linden, andere nicht in Großen-Linden. Dreimal bleibt im KB Gr-L ein Platz, für den am Rand „Kll“ steht, leer. In Großen-Linden sterben in diesem Jahr 50 Personen.

Das große kriegsbedingte Sterben geht in 1760 weiter. Nach den Aufzeichnungen im KB Gr-L sterben dort 47 Menschen, in dem kleinen Lindes 28 Personen; 1 Mann, 8 Weiber, darunter 7 Wittwen, 2 ledige Mannspersonen, 2 ledige weibspersonen, 4 Söhnlein, 11 Töchterlein. Das KB Kl-L verzeichnet 27 Sterbefälle.
Zum Beispiel stirbt in diesen Jahren die Familie Schupp, die die Krone bewirtschaftete, in Lindes ganz aus. Ein Sohn hatte vorher nach Großen-Linden geheiratet, von einem weiteren ist der Verbleib unbekannt.
Auch die in der Krone nachfolgende Familie Pflug verstirbt innerhalb von 2 Jahren vollständig, meist an dem weißen friesel.

Exemplarisch sei hier kurz das Schicksal der Großen-Lindener Bürgers- und Wirtstochter Anna Elisabetha Zörb beschrieben. Sie heiratet am 06.05.1756 mit gerade noch 15 Jahren den Centgerichtsschöffen und Gastwirth zur Krone Ludwig Caspar Schupp in Lindes. Allgemein war in Kriegs- und Notzeiten das Heiratsalter oft deutlich niedriger als sonst. 19 Tage vor ihrem 17. Geburtstag wird das einzige Kind dieser Ehe geboren, ein Mädchen, das mit 5 Wochen und 2 Tagen am 17.07.1757 stirbt. 
18jährig wird sie zum ersten mal Witwe. Ihr Mann stirbt an der grassierenden hitzigen Krankheit am 21.12.1758. 
Ihre 2. Ehe schließt sie am 28.10.1759 mit Friedrich Christian Pflug aus Gönnern, der am 13.11.1760 als Gasthalter zur Güldenen Crone an dem friesel verstirbt. 
Nach seinem Tod wird am 09.12. das einzige Kind dieser kurzen Ehe geboren, wieder ein Töchterlein, das mit 17 Tagen stirbt. Der Todeseintrag der Mutter, die noch vor diesem Kind stirbt, lautet im KB Gr-L:
Montag den 15. Dez.1760, morgens zwischen 3 und 4 Uhr starb an dem weisen Friesel Anna Elisabetha, weyland H(errn) Friedrich Christian Pflugs, gewesenen Gasthalters zur güldenen Crone, hinterlassene Wittwe und folgte also ihrem Manne / vid. supra / bald in die Ewigkeit nach, wurde Mittwoch den 18ten ejusd. begraben, Alt 20 Jahr, 5 Monath und 14 Tage.

Diese Kronenwirte waren sehr wohlhabend, vielleicht damals die reichsten Familien in Lindes, die armen Familien waren noch deutlich schlimmer von den Plünderungen und Hungersnöten betroffen. 
Pfarrer Fäuerbach schreibt beim Tod seiner Frau (siehe Kap. Pfarrer) ins Kirchenbuch: 
wir hatten in der Pastorey vom 4ten Septembr. 1759 bis den 15ten Jan. 1760 Einquartierungen und also beständig die grösten Unruhen im Hause, welches Vieles zu unserer aller Kranckheit beygetrag(en).

Im August 1760 gibt es folgende Taufe in Großen-Linden: 
Freytag, den 1. Aug. abends nach 10 Uhr wurde H(errn) Friedrich Morgenstern, bürtig aus Dernbach bey berg zabern im Zweybrückischen gelegen, und Sophia Catharinam Luisen, H(errn) Pfarrer Juqards seel. zu Queckborn hinterlassener Tochter, seiner Ehefrauen / welcher unter dem französischen Regiment Royal Deuxpont dermahlen als Sergeant steht, ein Söhnlein gebohren, und Dom. IX. p. Trin., den 3ten euisd. in der Kirche getauft. Gevattern wurden erbethen: 
1. H(err) Philipp Friedrich Musen(?), Eisenhändler in Gießen 
2. Jgfr. Charlotta Sybilla, weyland H(errn) Joh. Georg Pfifferlings, gewesenen fürstl. Raths zu Darmstadt hinterlaßene Jgfr. Tochter und 
3. Carolina Augusta Luisa Fäuerbachin, meine, des Pastoris älteste Tochter, 
welche dem Kind den Nahmen: Friedrich Carl August mitgetheilet. 

Ebenfalls im August wird auch das Söhnlein eines französichen Marquetenders aus Tyrol in Lindes getauft, das am 1. Oktober stirbt. Einer der Paten ist Oberster Krancken aufwärter beim Hospital. Dieses befand sich auf der Burg.

Das Jahr 1761 brachte für das ausgeplünderte Lindes dann anscheinend eine Beruhigung, es starben 4 Männer und 1 Töchterlein. Getauft wird ein uneheliches Söhnlein, für das als Vater ein Mousquetier vom Weisen Regiment, so dermahlen bey der Reichs=Armee steht, angegeben wird.

In Großen-Linden ist nach einer Doppelbeerdigung am 15.03.1761 vermerkt: 
NB weilen 3. Schweitzer Regimenter Reding, Boccard u. Salis hier und in den (?)..chresten Häusern über 100. Soldaten lagen, so waren bey beyden Leichen kaum 8. Manns Personen und siblich(??) Weibs Personen bey der Leichen begleitung. Die Kirch war ungew(öhnlich?) voler franzl. Soldaten u. Domestiquen.

Dafür ging es dann 1762 in Lindes mit der hitzigen Krankheit wieder richtig los.
Am 05.07. findet sich bei einer Taufe der Nachtrag: 
NB. ohnerachtet ich unter beständigem Regen zu Fuß nacher Lindes gehen müssen, weilen alle hiesige Pferde auf die Vorspann  weg nomen, und ich um halb 12. Uhr Mittags daselbst angekommen, so konte doch keine Kirche halten, weilen die Cavallerie der Königl. franz. Armee, so unter dem Commando Ihro Königl. Hoheit des Prinzen Conde vom Nieder Rhein kommen, von 10. Uhr bis Nachmittags um 3 Uhr in einem beständigen Zug durch Klein Lindes marchirte, dahero auch das Kind im Hauß taufen mußte.

Am 07.09. notiert der Pfarrer zur Beerdigung von Clara, Eberhard Gernands Töchterlein, und wurde wegen der überhäuften Kriegs Unruhen, michen nicht allein bißher beständig fouragiert, sondern auch die gesamte französ. Armee im Marsch nach dem Hessenlande begriffen war, auf des Vatters Anhalten donnerstags den 9ten 7bris in der Stille begraben; alt 2 Jahr. 
Einen Tag darauf stirbt eine weitere Tochter von Eberhard Gernand, jetzt an der Ruhr, die Beerdigung findet wieder wegen der übermächtigen Kriegs Unruhen in der Stille statt. 
Am 04.11. findet eine Beerdigung INTER MAXIMOS STREQUITUS(?) et tumult. militum. statt, am 10.11. wird der Hofmann der Burg, J. Ludwig Weygel, gestorben an der Ruhr, begraben, da bey 2000 Mann franz. Trouppen zu Lindes lagen.

Es sei hier einmal angemerkt, daß es in diesen Zeiten Brauch war, daß sich das Militär, ob Freund oder Feind, von den Bewohnern der besetzten Orte verpflegen ließ, beziehungsweise diese plünderte.
Am 18.11. findet ein Begräbnis unter dem Abend Läuten weil .... Einquartierung war, statt.

Für 1762 werden im KB Gr-L 22 Beerdigungen in Lindes notiert, im KB Kl-L 24.

Getauft wird im Jahr 1762 die Tochter eines französischen Marquetenders aus burg lengen feld aus der Pfalz, der sich schon anderthalb Jahr zu Klein-Lindes aufgehalten und eine Frau aus Groß-Rechtenbach geheiratet hat.

Am 18.02.1763 findet sich dann bei einem Sterbeeintrag die Bemerkung nach erfolgtem frieden.

Rudolf Weigel schreibt auf Seite 51:
Der Siebenjährige Krieg 1756 - 1763
In dieser Zeit bestehlen und verderben die durchziehenden Soldaten alle Gärten und Felder der Umgebung, indem sie sich mit Kraut, Kolleraben, Kartoffeln usw. versorgen. Außerdem sollen sie 5 Wäldchen abgehauen und viele Weibspersonen angetastet haben.
Im September 1759 liegt eine Woche lang das Hauptquartier der französischen Armee des Marschalls Contades in Klein-Linden (27 & 83).
Am 5. Dezember geben die Franzosen ihr Lager bei Gießen auf und lassen nur eine Besatzung von 1800 Mann in der Festung zurück. In Klein-Linden halten jetzt deutsche Truppen unter Prinz Ferdinand von Braunschweig ihren Einzug. Sie haben seither jenseits der Lahn bei Krofdorf und Heuchelheim gelagert. Am 21. oder 22. Dez. macht die franz. Garnison aus Gießen einen Ausfall und versucht Klein-Linden morgens um 3 Uhr vom Schiffenberg, von Heuchelheim und von der Landstraße her zu überrumpeln. Doch die in unserem Ort stehenden Bataillone und die Kavallerie vertreiben den Feind "in konfusion" in die Stadt. In der Klein-Lindener Kirche werden zwei hannöversche Offiziere und auf dem Friedhof einige Musketiere und Sergeanten beigesetzt. (27, 84 u. 85)
Als Folgen des Krieges werden erwähnt:
In der Kirche unseres Ortes müssen neue Glockenseile angeschafft werden, weil die Franzosen diese als Zugstränge verwendet haben. Im Frühjahr 1760 wird der Gemeinde Saatfrucht zugewiesen, da die Truppen alles aufgezehrt haben. Im Jahr 1762 leiht sich Klein-Linden 600 Gulden, um die Kriegsschulden bezahlen zu können. Im gleichen Jahr kann die Gemeinde 112 Gulden als Einnahme verbuchen "für allerhand Fahrgeschirr, das die Vorspannleute bei der Flucht zurückgelassen haben". (27 & 86)
Die Schanze im Allendörfer Wäldchen "am steil abfallenden Rand des bewaldeten Hügels westlich von Klein-Linden und nördlich von Allendorf, wo derselbe gegenüber der ehemaligen Braunsteinwäsche beim Wärterhaus (83) Nr. 146 an die Wetzlarer Bahn stößt", soll aus dieser Zeit stammen.
[Quelle 27: Matthes, R. "Aus der Vergangenheit Kl.-Lindens".  Quelle 83: Buchner, O. "Zur Geschichte d. 7jährigen Krieges in Oberhessen", MOV, Jgg. 1885, Ber. 4.  Quelle 84: Hepding, G. A. "Zur Ortsgeschichte von Großen-Linden", MOV, Jgg. 1903, Bd. 12, Seite 52.  Quelle 85: Boßler, A. "60 Jahrfeier des Gesangsvereins Eintracht".  Quelle 86: Boßler, A. "Kriegserlebnisse aus Klein-Linden", Familienblätter d. Gi. Anzeigers, Jgg. 1914.]

In Klein-Linden starben 4 Personen im Jahr 1763 und 3 im Jahr 1764. 
1763 und 1764 finden sich die folgenden Einträge im Kirchenbuch von Klein-Linden:

1763. Am Gedächtniß=Tage derer beydete Apostela Simonis und Judae, als den 28ten 8bris. wurde von Ihro Hochwürden, dem Herrn Superintendenten, Doctor Johann Herrmann Benner, in Beyseyn dr. HochEhrwürd. Herrn Pahtor Fäuerbachs, als Predigers alhier zu Klein Linden, sodann derer beyden HHErrn Beambten, Herrn Reg. Rath Klippstein und H. Ambt Schultheiß Cronenberg zu Heuchelheim, die Kirchen=Visitation gehalten, Nachmittags um 2. Uhr.
                     1.) Wurde gesungen: Nun lob mein Seel den Herrn p.
                    
2.) Sermon über die Epistel.
                    
3.) Examen de Baptismae.

1764, den 6ten Majii als auff Dom: Misericordias Domini haben wegen besonderen Umständen Ihro Hochfürstl. Durchlt. unser gdster Herr Landgraff, den allgemeinen großen Fast= Buß= und Bättag zu verordnen, geruhet: BußTexte waren folgende:
1.) Psalm: CI. v. 3.-6. 2.) Psalm CV. v. 23. 3.) Psalm. CIII. v. 1-5. 
Lieder wurden gesungen: Herr Jesu xst du Höchstes Guth; Jesu der du meine p v. 3-6. 
Allein zu dir Herr J. xst. Schaff in mir Gott ein reines Hertz; Erfühl du deine Wege; Nun last aus Gott den Herren; Lobet den H. ihr Heyden all; Lobet den Herren, den mächtigen König der Ehren; und Nun dancket alle Gott: NB. Auch haben Ihro HochEhrwürden, der Herr Pahtor Fäuerbach zu Grosen Linden, den exprehzen Befehl ertheilet, daß künftig hin, auf vorbemeldtem Tag, sämtl. Schul Kinder, so im Standte sind zu gehen, in der Pahtorey mit dem Schuldiener erscheinen, und etl. BußLieder singen, sodenn, wann die 2te Predigt vorbey, in bester Ordnung wieder nach Hauße gehen sollen p.   

Am 7. März 1764 erhält Joh. Gottfr. Fritsche von Allendorf bei Lindes die ledige Schulstelle. Man nimmt ihn, „weil er eine schöne Hand schreibt und von einem christlichen Wandel ist“. 27/24 u. 81) [Rudolf Weigel.]

1768 findet sich im KB Nauborn der folgende Bericht über ein Unwetter:    
NB In diesem jahr 1768 wurde in der nacht vom 2 auf
den 3ten Julij wurde hiesiger orth mit einer sehr
grosen waserfluth heimgesuchet, es entstunden des
abends 2 schwere gewitter, welche \von süd=west kamen und/ von 9 bis 11 uhr
dauerten, und hierauf kame das gewäser mit einem
entsetzlichen geräusch von Niederwez herunter 
allwo \ein/ mann mit \seinem/ weib, 10 stück rindvieh er= 
truncken, auch verschiedene gebaüde niederge=
worfen und weggeschwemmet worden. das waser
stund hier in Nauborn beij dem obersten steeg
12 schuh hoch, dem Nassau Weilburg. Schultheis 
Joh: Jost Hofmann, so am ende des dorfes gegen     
dem berg[?] biellerstein herunter wohnte wurde
seine scheüne, dreij ställ, des Johannes Heckers
wittwe
Ihre scheune \und schoppen/ so über dem obersten steeg
\auf Solms. Braunfels seithe/
gewohnet, und des Joh: Jost Hofmanns wittwe
Ihr schoppen die halbe scheüne, so unter
dem untersten Steeg auf fürstl. Solms. Seithe eben   
falls wohnet, …. niedergeworffen und das
gehöltz davon bis nach Wetzlar fortgeschwemmet 
worden.  auch sind 306 stück schaaf, 16 stück
rind vieh, 48 stück schwein und über 100 gäns
in den ställen ersoffen, worunter ich auch 25
stück gehabt, und verlohren. die predigt, so
hierüber am 6 Julij auf den monathl. bättag
gehalten, war über die worte Habacuci
cap: 111 vers 8 – 11. Von dieser waserfluth
ist auch die brück zwischen den Silhöffer
thoren zu Wetzlar geborsten, und in den
gärten daselbst sehr große verwüstung gemacht 
worden, der schaden, \welcher/ so Hl. Hofrath Heerd da=
selbst, an seinem garthen, so allernächst an
der stadt und unter obicher brücke gelegen,
zugefüget wurde auf  4000 f geschätzt. die
obstbäume so hier und in den Wetzlar gärthen
umgerissen und weggeschwemmet worden, mögen
wenigstens beij 1000 gewesen seijn.     
    
[Dieses Unwetter war evtl. so lokal begrenzt, daß Linnes nichts "abbekommen" hat.]  

Am 17.10.1768 stirbt der Landgraf Ludwig VIII. nach 29jähriger Regierungszeit, im 77. Jahr seines Alters.... hier und zu Kl Lindes den 20 Octobr. mit allen Glocken wegen der hohen Trauer zu Läuten angefangen. Von 11. bis 12. Uhr Mittags, um ganzer 6. Wochen damit fortzufahren.
Am 14.11. findet dann in Großen-Linden das Solenne Leichen Begängnis statt. 
Der Bericht dazu geht über zwei Seiten im KB 1 Großen-Linden. Hier sei der Schluß zitiert, aus dem wir auch ersehen, daß der Streit von 1739 wieder auflebt. Der jetzige Pfarrer beruft sich auf die Eintragungen von 1739 und lehnt damit erneut das Ansinnen der Lindeser ab:

Um 9 Uhr ging die Procession über den untersten Rost(?) vor sich. die junge Pursche somit den hiesigen und Klein Lindeser Schul-Knaben, hinter welchen die 2. Schulmeister, der hiesige, H. Vigelius und der Lindeser H. Fritsche, welche das Gesäng führten, gingen voran. Hinter denselben ging Ich der Pastor allein, weilen Herr Euler zu Allendorf die Leichen-Predigt halten mußte. Darauf folgten der hiesige Schultheiß H. Hofmann, der Stadt Rath und ganze Bürgerschaft. Der LeichePredigt wohnten sehr viele Fremde aus unterschiedenen Orthschaften im Weilburgischen bey.

Die Klein Lindeser verlangten von mir, Ich sollte auch zu KleinLinden eine Leichen Predigt halten. Sie schickten dannenhero 2mahl den Burgermeister und einen Vorsteher an mich, um mich dazu zu bewegen; Ich stelte Ihnen aber vor, daß es Vors 1te nicht anginge, weilen die Rede vor dem Altar als(?) Leichen Predigt so lange währen würde, daß keine Zeit mehr haben würde mich nach Lindes zu begeben, Sie müsten dannenhero der Leichen Predigt in der Mutter-Kirche dahier bey wohnen. Vors 2te wäre es wieder die Observanz daß zu Lindes bey dergleichen hohen Trauer=Fällen pflegte gehalten zu werden.

Videat. das Jahr 1739 in hoi libro, was der seel. H. Pastor Runckel hiervon bey der Leichen=begängnis, des in Gott ruhend Herrn Landgrafens Ernst Ludwigen aufgezeichnet hat. Die Klein-Lindeser fanden sich hierauf sämtlich hier ein.   

1769 ist das Catechismus=Vorbäten von des HErn Pastor Fäuerbachs HochEhrw. wechselweiss verordnet worden pp.    

Am 18.12.1771 stirbt der Pastor Primarius von Großen-Linden und Prediger und Seelsorger zu Klein-Linden Jacob Eberhardus Fäuerbach.

Am 19ten Xbris 1771 findet sich folgender Nachtrag bei einer Heirat:
NB. wegen Absterben des Herrn Pastor Fäuerbach, verrichtete das Amt Herr Diaconus Arnoldi von Grosen Lind(en).

Da der Gemeinsmann Schupp inzwischen einen liederlichen Lebenswandel geführt hat, muß er im Jahre 1771 sein Haus verkaufen. Es wird das erste Schulhaus des Ortes und kostet mit Garten 600 fl. (Gulden). Da die Gemeinde den Garten wieder für 226 fl. verkauft, hat sie nur noch 374 fl. aufzubringen. Einen Teil dieses Betrages versucht Lindes über eine Kollekte im Fürstentum Hessen zu erhalten (27 & 80). Ob dies jedoch gelungen ist, ist nicht übermittelt. Am Ende des Jahrhunderts wird im Garten hinter dem Haus ein neuer Schulsaal errichtet. Die Lehrerwohnung in dem alten Gebäude befindet sich im 1. Stock (oberen St.) und besteht aus 2 Zimmern und einer Kammer. Die Küche befindet sich unten im Flur neben der Tür zum Schulzimmer. [Rudolf Weigel, Seite 49. Quelle 27: Matthes, R. "Aus der Vergangenheit Kl.-Lindens".  Quelle 80: Staatsarchiv Dm.; VI, 3. Konv. 45.]
Die Einleitung des ersten Satzes muß noch überprüft werden. Die Familie "Schupp" besaß die "Gastwirtschaft zur güldenen Crone" und starb, nach bisherigen Erkenntnissen aus den Kirchenbüchern, vor 1760 an kriegsbedingten Seuchen aus. Nur von Johann Conrad Schupp ist kein Sterbedatum bekannt; er wird 1753 letztmals im KB als Pate erwähnt. Er wäre demnach aber der Einzige, der als Vorbesitzer des Schulhauses in Frage käme.

1772 ist wegen der Pastorat-Vacantz keine Kinder-Confirmation gehalten worden.

Folgende Notiz findet sich noch im KB Kl-L:
1772. 
Dominica III. post Trinitatis, als am 5ten July wurde der HochwohlEhrwürdige und Hochgelahrte Herr, Herr Johann Ludwig Vietor, gewesener Frey=Prediger zu Pirmasenz im Fürstlich Hanau LichtenBergischen, zum Pastor und Ober Pfarrer zu Großen und Klein Linden introduciret und vorgestellet, von Ihro Hochwürden Herrn Kirchen Rath und Superintendenten Herrn Dr. Johann Herrmann Benner, in Beysein des Herrn Diaconi und Pfarrers Arnold(i) wie auch des Herrn Pfarrers Sartorii zu Haußen, Amts Hüttenberg pp
Gott der Herr sey Deroselben Sonne und Schild!
 

Im Jahre 1773 richtet Fritsche [seit 1764 Lehrer in Linnes] eine Bittschrift an das Konsistorium nach Darmstadt. Er bezeichnete die Lindeser Schulstelle als die schlechteste im ganzen Oberfürstentum, weil sie nur 6 Achtel Frucht einbringt. Er schreibt, er müsse durch Nebenarbeit, wie Abschreiben usw., noch mehr zu verdienen suchen und bittet deshalb um einen kleinen Zuschuß aus dem "Geistlichen Kasten" von 10 Gulden. Er erinnert daran, daß dieser Zuschuß früher der Lindeser Stelle gewährt worden ist, aber durch ein Verschulden des Schullehrers Daubner wieder gestrichen worden sei. Trotz Befürwortung seines Antrages durch seine Vorgesetzten kann Fritsche die Zulage nicht erhalten, da kein Geld vorhanden ist und erst "ein reicher Stemmler (Stifter) sterben muß", um der Kasse wieder aufzuhelfen. [Rudolf Weigel, Seite 49.]

Ende März 1774 stirbt die Gemahlin des regierenden Landgrafen, er selbst, Ludwig IX. stirbt am 6. April 1790, nachdem er 22 Jahre in Hessen-Darmstadt und 49 Jahre in Hanau-Lichtenberg regiert hat.

1777 hat das Dorf 264 Einwohner. Von ihnen sind 206 oder 78 % in der Landwirtschaft tätig und verfügen zusammen über 3 Pferde, 80 Ochsen, 123 Kühe, 33 Rinder und 113 Schweine. 9,9 % der Bevölkerung sind Handwerker. Sie gliedern sich auf in 12 Schmiede, 4 Zimmerleute und 5 Maurer. [Rudolf Weigel, Seite 46; ohne besondere Quellenangabe.] [Die Angabe, "12 Schmiede", erscheint mir für diese Zeit zu hoch.]

Die älteste, uns erhaltene Flurgrenzbeschreibung der Stadt Gießen von 1778 berichtet (26), daß die Lindeser zu dem vereinbarten Grenzgang nicht erschienen, sondern - "so viele man in der Ferne wahrnehmen könne, den "Cent-circulusbann" begangen" - ihren eigenen Gang gingen. [Dr. Knauß, Grenzstreit, Seite 11. Anm. 26: Stadt A G, Flurgrenzbeschreibung von 1778.]

1779 hatte Linnes 242 Einwohner. [Nach: Hermann Rau: Geschichtliches von Klein-Linden, in: 50jähriges Jubiläumsfest der Radfahrervereinigung Klein-Linden; Seite 21. (Ohne Quellenangabe.)]

Da die Gesundheit Fritsches im Laufe der Jahre immer mehr geschwächt wird, kann er den Unterricht nicht mehr allein erteilen. Auf seine Bitte hin wird ihm deshalb 1779 sein Sohn Hyronimus als Gehilfe beigegeben. Aus demselben Jahr findet sich in den Akten ein „Verzeichnis der Schulbesoldung zu Klein-Linden, aus dem wir auch ersehen, daß zu dieser Zeit ungefähr 30 Kinder die Schule besuchen:               [Rudolf Weigel, Seite 49/50]
            1. Jährlich von jedem Kind 1 Gldn., macht ungefähr          30 fl. (Gulden)
            2. Desgl. Von jedem Gemeinsmann ½ Meste Korn             9 fl.
            3. 1 Sichling Korn von jedem                                               5 fl.
            4. Desgleichen 10 Kreuzer                                                   6 fl.
            5. An Accidenten (Leiche, Kindtauf, Kopulation)                  1 fl.   30 Kreuzer
                                                                       zusammen               51 fl.   30 Kreuzer
Im Jahr 1784 erhält der Schullehrer Fritsche den Andreas Sommerlad aus Lang-göns zum Gehilfen. Er selbst stirbt am 18. Jan. 1790 zu Lindes. 27/24 u. 81)


1783.
Mittwochs den 21ten May wurde von S. HochEhrwürden Herrn Pastor Primarii zu Grosen Linden, Herrn Johann Ludwig Wilhelm Vietor, abermahls Schul-Visitation und öffentl(ich)es Schul Examen alhier zu Kleinlinden gehalten.
1.) wurde gesungen: Allein Gott in der Höh
2.) Sermon über II. Tim: III. v. 15. Weil ... von Kind auf die Heil. Schrift weißen p
3.) Examen über die 5. Hauptstücke des Catechismi Lutheri.
4.) Kurze Lectiones der Kinder in Lesen, Schreiben und Rechnen vorgenommen.
5.) Zum Beschluß gesungen: Unser Ausgang p.

1784. 
Donnerstags den 30ten Sept.: Nachmittags um 4. Uhr, wurde von des Herrn Superintendenten Dr. Rosenmüllers ....würden, Schulexamen allhier gehalten, u. zwar im Schul Haus.
1.) wurde gelesen das VIte Capitel Matthaei.
2.) der 2te Articul des Catechismi Lutheri erklärt.
3.) die Schüler ihre Lectiones im Schreiben u. Rechnen vorzeigen - und lezteres wiederholen.

1785.
Dominica IX. post Trinit: als am 24ten July Vormittags um 9. Uhr, wurde von Ihro Hochwürden, Herrn Kirchen=Rath und Superintendenten Dr. Rosenmüller, in Beysein des HErrn Pastor Vietors HochEhrwürden, die Kirchen Vihitation allhier zu Kleinlinden gehalten.
1.) wurde gesungen: Mache dich mein Geist bereit p.
2.) Sermon über das Eveangelium.
3.) Examen über die Fragen der Heils Ordnung p, insonderheit der Sorge für die Seele u. die Ewigkeit, gehalten.
4.) wurde gelesen 2. Cor. 5. V. 1.-10.  1. Joh. 3. v. 1.-12.
5.) von denen Schülern die Schreib=Bücher vorgezeiget.
6.) von denen übrigen das 2. Hauptstück des Catechismi Lutheri hergesagt und endl.
7.) gesungen: Herr, lehre mich bedenken, der Zeiten letzte Zeit pp.

1786.
Mittwochs nach Pfingsten, als den 7ten Juny, des Nachmittags um 4. Uhr, wurde von Ihro Hochwürden, Herrn Superintendenten Dr. Bechtoldt, die Schul Visitation alhier gehalten. 
1.) wurde die 1te Pfingsttags Epistel gelesen. Actor. II. v. 1.-13. 
2.) die übrige Lectiones der Schüler hergesaget. 
3.) Examen über die Lehre von der Ausgießung des Heil. Geistes. 
4.) die Schreib und Rechen bücher vorgezeiget, und 
5.) wurde gesungen: Dies ist noth! ach Herr! diß Eine pp.  

Anno 1788
Auf den Monath Julij liefert Contribution
                                /  Heuchelheim       124 fl. 14 alb. 6 d:
Das Gericht         /   Rodheim                 50 fl. 17 alb.  "  
Heuchelheim     \    Fellingshausen      38 fl. 20 alb.  1 d: 
                               \   Klein Linden           41 fl. 26 alb.  "      
                                                Summa    225 fl. 17 ---    7 d.  
[Beschreibung Klein-Lindens 1789, Seite 423; siehe unten.] 

Im Stadtarchiv Gießen, Nr. 3257, findet man das handgeschriebene Buch: Beschreibung Klein-Lindens von 1789. Es enthält u. a. neben Grenzgangsprotokollen, darunter die Copia eines Grenzgangs vom 28ten Maij anno 1627, ein Gemeindeverzeichnis und genaue Aufzeichnungen der Besitzverhältnisse im Ort. Am Ende des Buches sind auch für die Jahre 1788-1794 die Gerichtskostenrechnungen des Gerichts Heuchelheim aufgeführt, sowie die Kosten, die auf jede Gemeinde entfallen. Die jeweiligen "Endabrechnungen" werden hier mitgeteilt:
Für 1788 heißt es zu der Summa 28 fl. 5 alb: daran Trägts
      der Gemeinde Heuchelheim        13 fl. 21 alb. 4 d:
      der Gemeinde Rodheim                5 fl. 17 alb. 2 d:
      der Gemeinde Fellingshausen       4 fl.  7 alb. 7 d:
      der Gemeinde Kleinlinden             4 fl. 18 alb. 3 d:
1789: Summa 38 fl 18 alb daran erträgts
      der Gemeinde Heuchelheim       18 fl. 24 alb. 1 d:
      der Gemeinde Rodheim               7 fl. 19 alb. 3 d:
      der Gemeinde Fellingshausen      5 fl. 25 alb. ---
      der Gemeinde Klein-Linden          6 fl.  9 alb. 4(?) d.
1790: Verglichen, bleibt baar zu bezahlen --- 28 fl. 15 alb.  Daran Trägt es 
      der Gemeinde Heuchelheim       13 fl. 26 alb. 3 d:
      der Gemeinde Rodheim               5 fl. 19 alb. 3 d:
      der Gemeinde Fellingshausen      4 fl.  9 alb. 4 d:
      der Gemeinde Klein-Linden          4 fl. 20 alb. 1 d.

1790 den 16. July ist Justus Franck von Romrod als Schulmeister allhier in Klein-Linden ankommen, und den Sonntag drauf von Herrn Pastor Lindenmeyer der Gemeinde und Schulkindern vorgestelet worden. 
(Letzte Seite KB 2 Kll, Abschrift W.)

Im Jahr 1791 sterben mindestens 6 Kinder, bei 5 anderen ist keine Todesursache eingetragen, an den Blattern.  

Am 15.12.1791 steigt eine hochschwangere Frau aus dem Postwagen Gießen - Hanau aus, um bei der Linneser Hebamme ihr Kind zu bekommen. Wie lange dieser Postwagen schon fuhr, ist mir noch nicht bekannt.

1791 betragen die Gerichtskosten des Gerichts Heuchelhim: Summa 29 fl. 14 alb:  daran erträgts:
 
     der Gemeinde Heuchelheim       14 fl. 10 alb. 5 d:
      der Gemeinde Rodheim                 5 fl. 24 alb. 6 d:
      der Gemeinde Fellingshausen      4 fl. 13 alb. 7 d:
      der Gemeinde Klein-Linden           4 fl. 24 alb. 6 d.
1792 sind die Gerichtskosten erheblich gestiegen; die Summa von 163 fl. 18 alb. 4 d: wird folgendermaßen aufgeteilt zwischen den Gemeinden:
      der Gemeinde Heuchelheim         79 fl. 21 alb. 1 d:
      der Gemeinde Rodheim                32 fl. 11 alb. 1 d:
      der Gemeinde Fellingshausen     24 fl. 22 alb. 5 d: 
      der Gemeinde Klein-Linden          26 fl. 23 alb. 6 d. 
Die beiden höchsten Einzelposten in diesem Jahr sind:
40 fl. 15 alb. ---  Heuchelheim 27 Paar Ochsen, Von Butzbach bagage des fürstl(ichen) LeibRegiment sollen hohlen
24 fl.  -----      ---  Kleinlinden 12 Paar Ochsen bagage von Gießen nach Nauheim gefahren 


1792. 
Samstags d. 6. octobr morgens um 8 uhr wurde von Ihro Magnificenz HErrn Herrn Superintendent Dr: Bechtold die Schulvisitation alhier gehalten. Erstens wurde gelesen Tim: 1. Capitel, 
2.) die Kleinen Schüler sagten das erste Hauptstück fragweis her. 
3.) wurden die Schreibbücher producirt 
4.) das Einmal Eins Vor und rückwarts auch wurde vor und rückwärts gezalt. 
5.) wurde die Biblische Geschichte vom König David, seiner und seinen Kindern Schicksals 
durch fragstücke von den grosen 
             Kindern hergesagt 
6.) wurde gesungen Wie göttl. sind
doch Jesu Lehren pp.

1793. 
Samstags, d. 15. Juny Nachmittags um 2. Uhr wurde von Ihro Magnificenz HErrn Superint. Dr. Bechtold die Schulvisitation allhier gehalten. 
wurde gelesen 2. Pat: 1. Kapitel Über die einige Gottheit Chatechisirt, 
das 1. Hauptstück hergesagt 
die Schreibbücher producirt 
das Rechnen probirt, und das Ein mal Eins rückwärts gemacht. 
Aus der Biblischen Geschichte wurde die Geburt Mose, bis zur Ausführung der Israeliten aus Eygypten, durch fragen mit den mit den größten Schülern vorgenommen. 
wurde gesungen: Kein Andrer ist dir Jesu gleich.

Anno 1793  Ende des Jahres
Ist das Capital im Brand Cataster 
                                /  Heuchelheim          68190 fl. 
Des Gerichts           /   Rodheim                 26250 fl.   
Heuchelheim           \    Fellingshausen       16140 fl.  
                               \   Kleinlinden             29410 fl.       
                                                Summa    139990 fl.   
[Beschreibung Klein-Lindens, Seite 425 (letzte beschriebene Seite des Buches).] 

1793 enstehen dem Gericht Heuchelheim Kosten in Höhe von 234 fl. 12 alb. 5 d.  daran beträgts:
      der Gemeinde Heuchelheim         114 fl.  6 alb. 3 d:
      der Gemeinde Rodheim                 46 fl. 11 alb. 6 d:
      der Gemeinde Fellingshausen        35 fl. 14 alb. 2 d: 
      der Gemeinde Klein-Linden            38 fl. 12 alb. 2 d.
 
Da die Gemeinde Kleinlinden 46 fl. 2 alb. 4 d. schon vorgelegt hat, erhält sie bei dieser Jahresabrechnung noch etwas zurück.
1794 werden die Gerichtskosten von 130 fl. 13 alb. 11(?) d. wie folgt aufgeteilt:
      der Gemeinde Heuchelheim         63 fl. 15 alb. 7 d:
      der Gemeinde Rodheim               25 fl. 24 alb. 2 d:
      der Gemeinde Fellingshausen      19 fl. 22 alb. ---
      der Gemeinde Klein-Linden          21 fl. 10 alb. 7 d.

Rudolf Weigel, Seite 51/52: Die französischen Revolutionskriege
Auch bei diesen Kämpfen und Durchzügen französischer, österreichischer und preußischer Truppen kommt es in unserer Heimat immer wieder zu Plünderungen, Mißhandlungen und Erpressungen.
Im Jahr 1794 wird auf dem Wredischen Gut (Hof) ein Lazarett eingerichtet, in das (dem) 217 verwundete Soldaten und 2 Weiber aufgenommen werden.
Danach quartieren sich in unserem Dörflein 35 Offiziere, 116 Unteroffiziere, 1792 gemeine Mann, 79 Weiber, 50 Kinder und 511 Fuhrknechte mit 1758 Pferden ein. Schmiedemeister Schaum muß zur Landesverteidigung Kugeln gießen, für die Blei und Kupfer aus Wetzlar herangeholt werden.
1795 ziehen in Lindes feindliche Truppen ein. Diesmal sind es 30 Offiziere, 76 Unteroffiziere, 497 gemeine Mann, 23 Weiber, und 722 Knechte mit 1993 Pferden. Beim Abzug des Feindes müssen 14 Paar Ochsengespanne aus Klein-Linden Proviant nach dem Kriegslager bei Herborn schaffen. Da diese Gespanne lange Zeit verschwunden sind, werden am 20. Juni d. J. der Gießener Amtsvorsteher Gravelius und der Klein-Lindener Gemeindeschreiber (Johann Weigel) losgeschickt, um bei den Offizieren die Entlassung der Fuhrleute zu erreichen. Nach einer langen abenteuerlichen Fahrt über Groß-Rechtenbach (Chursächsisches Lager), Wetzlar, Herborn, Hachenburg - Engelbach, Engelbach, Altenkirchen, Weyersburg, Hasselbach, Ickenrod, Hagenburg (Hachenburg) - Martenberg, Nieder-Roßbach, Herborn und Katzenfurt kommt der Gemeindeschreiber "am 26. Juni nachmittags ganz ermattet aber gottlob gesund" wieder bei den Seinigen in Klein-Linden an (27 & 77). - Ob die 14 Gespanne zurückgekehrt sind ist mir zumindest nicht klar.
Vom Anfang Juli 1796 - März 1799 (v. 8.7. - 11.9.96 u. v. 21.4.97 - März 1799) ist Gießen fast durchgehend von Franzosen besetzt. Diese beschlagnahmen Hafer, Heu, Brot, Fleisch, Branntwein, Hufeisen, Nägel, Landkarten, Tuche, Schuhe, Stiefel, Pferde für die Artillerie und anderes mehr. Auch wertvolle Kunstwerke, Bücher und Schriften aus der Universitätsbibliothek sollen damals abhanden gekommen sein.
[Quelle 27: s. o.  Quelle 77: Gemeindearchiv Kl.-Linden.]

Am 19. August 1795 steht im KB Klein-Linden:
Unter dem nehmlichen Dato (19. Aug. 1795) wurde ein Kind von dem Französchen Condeischen Corps von einem Römisch Katholischen Feldprediger in des Lud. Balßer Weygels Behaußung getauft. 

Am Sonntag den 11. September 1796 wird bei dem Taufeintrag der Anna Ottilia Weigel wieder auf Kriegsunruhen verwiesen: 
Wegen der Kriegsunruhen hat kein Gottesdienst können gehalten werden. Die Tauf ist im Schulhaus geschehen. (KB Klein-Linden).

Am 12. Januar 1797 wird einem Grenadier bey dem Kaiserl. Regimet Clerfait in Lindes ein Kind getauft, das am 11. Januar im währenden Winterquartier geboren wurde.

Am Ende des 2. Kirchenbuchs Kl-L findet sich folgender längerer Eintrag:
Pro Memoria
Nachdem der Kriegsschauplaz schon verschiedene Jahre in hiesiger Gegend gewesen, die Kaiserl. und franzoischen Armeen Wechsels Weise Astruiret(Avanciret?) und Retirieret waren, drangen die Franzosen den 18. April 1797 bei Neuwied über den Rhein und zwar sehr geschwind, so daß sie 21. April die Kaiserlichen von dem ganzen Lahnstrom bis an die Nidda verträngten. Um 3. Uhr, Nachmittags waren die Kaißerlichen noch hier, bis ½ 4 Uhr kamen die ersten franz. Dragoner ins Dorf und kamen in der Mark(?) in Handgemenge, nachher fiel zwischen Steinbach und Grüningen eine Schlacht zum Nachtheil der Leztern vor, wobei der franzoische General Neu gefangen worden. In der nemlichen Nacht bekam das hiesige Dorf 600 Mann Dragoner ins Quartier welche den andern morgen abmarschirten. Um 6.r Uhr den 22. April des Morgens fiel eine franzoische Armee, welche sich bei Giesen in den Gärten gelegen hatte hier zum Plündern ein, dies dauerte bis des Abends 7. Uhr, Wann eine Partie fort war kam die andre, so daß in manchen Häußer nicht die geringste Lebens Mittel übrig blieb und die meisten Leute haben in 3. Tag keinen bissen Brod gehabt, und Schaden, den der Ort erlitten wird auf 14000. fl geschäzt, nicht allein Lebensmittel, sondern auch Kleider und Weißzeug, nebst vielem Geld haben die feinde genommen, der Schulmeister Franck hat nach seiner geringen Haushaltung einen Verlust von 250. fl. Es ist doch auch ungleich bei der Plünderung hergegangen, einige der reichsten Häußer in der Obergaß hatten sich durch eine Parthie Kanounir Sicherheit verschaft, daß sie nichts dabei verlohren. -

Gleich nach der Schlacht bei Grüningen kam ein Waffenstilstand zu Wegen, der 22. Monath dauerte, die franzoischen Trouppen wurden in das ganze Oberfürstenthum Regartirt, wo endlich alles draufgegangen, daß Land ist da durch so auf und abgezehrt worden und hat so viel Schulden gemacht, die Kindes Kinder nicht bezalen können.

Hierzu schreibt Albert Boßler im Jahr 1911, zitiert nach „100 Jahre freiwillige Feuerwehr 1995“, „daß vor vier Jahren -also in 1907!!- noch 1742 Mark ältere Kriegsschulden in der Gemeinderechnung für Klein-Linden eingestellt waren, jetzt aber getilgt sind. Während der Einquartierung bezahlte die Gemeinde von Mai bis Dezember -1797- an Balth. Schiefer in Gießen an Wein für französische Offiziere 520 Gulden und von da bis zum 8. Mai des nächsten Jahres wieder 171 Gulden für Wein und 7 Gulden für Branntwein. Auswärtige Offiziere kamen nach Klein-Linden und müssen mit verpflegt werden. Die Gemeinde gerät immer mehr in Schulden. Es werden 5025 Gulden für Kriegskosten aufgenommen und im nächsten Jahr wieder 888 Gulden für Kriegsfahrten, dieweil der Viehstand so reduziert ist, daß Fuhrwerke aus der Nachbarschaft herangezogen werden müssen.
Um dem großen Notstand der Gemeinde zu steuern, sendet der Amtmann Gravelius von Gießen an den Bürgermeister ein Schreiben, worin er die Bauern auffordert, mit ihren noch vorhandenen Gespannen ihren unglücklichen Miteinwohnern bei der Bestellung ihrer Felder zu helfen, damit letztere nicht noch gänzlich ins Verderben gebracht werden.“ 
[Dieses Schreiben war mit Sicherheit ein echte Hilfe!]

[Freundliche Mitteilung von Frau Marion Wächter:] 
Die Schlacht fand am 21.4. nicht zwischen Steinbach und Grüningen sondern zwischen Steinberg (Watzenborn-Steinberg) und Grüningen in den sog. Pohlheimer Wiesen statt und der franz. General hieß nicht Neu sonden Ney.
Mein Urahne Damasky nahm an dieser Schlacht teil und kam so als kaiserlicher Soldat von Böhmen nach Watzenborn, daher habe ich bereits einiges zu diesem Schlachtengetümmel gesammelt.
Im Winter 1794/95 lagen bereits kaiserliche Heere hier in der Umgebung. Am 18.1.1795 gab der Kommandeur des Ungar. Gren.-btl. zum Abschied (Rückzug) ein Mittagessen in Rechtenbach, bei dem u.a. anwesend waren:
ein Hauptmann von Bechard von Lützellinden,ein Oberleutnant Zvanka sowie ein Unterleutnant Podhorsky ebenfalls von Lützellinden, ein Hauptmann Schmidl von Dutenhofen, ein Hauptmann von Melitz von Münchholzhausen, ein Oberleutnant Watzl von Allendorf, Leutnant Einhäuser von Hörnsheim ... Das sind wohl alles Namen von kaiserlichen Armee-Angehörigen ...

Bei Rudolf Rudolf Weigel findet sich zur der Plünderung von Linnes am 22.04.1797 auf Seite 52 noch folgende Geschichte:
Viele Bewohner flüchten noch schnell in die benachbarten Ortschaften oder in die Wälder, andere fliehen bis nach Grüningen. - Eine Familie (Ph. Weigel) muß dabei ihre Kuh, die sie mit Müh und Not über all die schweren Jahre hinweg gerettet hat, zu Hause lassen. Bevor sich jedoch die Hausbewohner auf den Weg machen, versorgen sie das Tier noch rasch mit einigen Eimern Wasser und einem Ballen Heu und füllen den vorderen Teil des Stalles mit Stroh aus. Als die Familie dann 2 Tage später von Grüningen zurückkehrt, kann sie ihre Kuh - trotz Milchfieber - noch lebend begrüßen. [Ohne Quelle.]

Am 14. Juni 1797 wird einem Ronducteur (Wagenmeister) bey des französischen General Coulange Equipage ein Kind getauft, das am 13.06.1797 in Lindes geboren wurde.
Die Frau dieses Wagenmeisters aus Cendrecaurt in der Provinz Franche Comtée stammt aus Romrod.

1799. Samstags den 10. Aug. wurde von Herrn Sup. Bechtold Hochwürden die Schulvisitation gehalten. 
Erstl. wurde Apost.sch. das 6. Kapitel gelesen. daraus von der freudigkeit Stephans vor dem geistl. Gericht der Judten erklärt. 
2.) die Hauptstücke des kleinen Chatechismus erklärt. 
3.) die Bibl. Geschichte von den Söhnen Adams von den grossen Schülern fra
gweis hergesagt. 
4.) das Rechnen probirt und die Schreibbücher durchgangen(?) 
5.) Gesungen Soll dein verderbtes Herz pp G.b. 202.
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Die Entwicklung von Linnes im 19. Jahrhundert.
Bis in die 40iger Jahre des 19. Jahrhunderts bleibt Linnes ein Dorf, dessen Menschen hauptsächlich von der Landwirtschaft und dem Fuhrverkehr leben. Die Besitzer der Fuhrmannsherbergen sind weiterhin die reichsten Leute im Ort. An Handwerkern sind zu den Schmieden und Maurern nun Wagner, Küfer, Metzger und Schreiner hinzugekommen. Der Schreinermeister Johann Caspar Jung IV. eröffnet später einen Holzhandel. Die Holzhandlung Jung dürfte damit die älteste noch bestehende Linneser Firma sein. Rudolf Weigel schreibt auf Seite 59/60, ohne direkte Zeitangabe:
Kleinere Arbeitsstätten zur damaligen Zeit sind:
  Ein Kalksteinbruch, der sich von dem heutigen Feuerwehrhaus bis fast zur Lützellindener Straße hinzieht.
  Eine Kalkbrennerei, die sich an der heutigen Wetzlarer Straße unterhalb der Burg befindet.
  Eine Lehmgrube, die sich vom Weiher bis zum heutigen Bahndamm hin ausdehnt und in der man auch Backsteine brennt.
  Außerdem die Schmiede des Dorfes. Der Besitzer Schaum erstellt die Lahnbrücke nach Heuchelheim und geht mit einigen Professoren aus Gießen
  auf die Jagd. Er erfindet ein Patent des Stahlhärtens und macht für die Professoren Geologenhämmer. Diese können die studierten Herren zum Teil
  schon an dem uralten Quarzit ausprobieren, der am Andreasteich gefunden wird. Der Teich hat seinen Namen von dem Schäfer Andreas Becker,
  der um 1826 dort oft die Schafe der Gemeinde gehütet hat. (27, s. o.)

Andreas Becker, 1796-18170, heiratete 1826 in Linnes und wird von 1828 bis zu seinem Tod als Schäfer genannt. Offensichtlich wurde die Stelle jetzt nicht mehr jährlich neu vergeben.
Etwa ab der Mitte des 19. Jahrhunderts verändert sich sie Sozialstruktur des Ortes sehr deutlich. Mit Beginn des Bergbaus und dann noch einmal sehr stark mit Aufnahme des Eisenbahnbetriebs kommen neue Familie nach Linnes und bleiben im Ort. Während des Eisenbahnbaues leben auch "fremde" Familien im Ort, darunter auch ein Bauunternehmer aus Schlesien und seine Arbeiter. Diese Familien verlassen Linnes aber nach dem Abschluß der Bautätigkeit wieder, während Eisenbahner sich hier ansiedeln.
Aber auch Söhne der alteingesessenen Familien arbeiten nun zunehmend im Bergbau oder an der Eisenbahn; andere gehen in Gießener Fabriken. Bedingt durch die Erbteilung ist der Besitz an nutzbarem Land nun so klein geworden, daß viele Bauernsöhne sich solche neuen Arbeitsstellen suchen müssen, fast alle bewirtschaften aber ihre kleinen Äcker nebenbei noch selbst und halten Vieh.
Die Fuhrmannsherbergen werden auch in der Zeit des Eisenbahnbaus noch zusätzlich verdient haben an "Dauermietern"; außerdem leisteten sie vmtl. nun auch mit ihren Gespannen Fahrdienste beim Eisenbahnbau und auch noch für die Bergwerke. Später verlieren sie ihre Bedeutung für den Ort langsam ganz und werden geschlossen.
In der weiteren Entwicklung werden andere, neue Gastwirtschaften in Linnes zu Ausflugslokalen der Gießener Bevölkerung.

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1800. den 7. Juni wurde von Herrn Superintendent Bechtold Hochwürden, mit Herrn Regierungs Rath Mayer Wohlgebornen die Kirchenvisitation gehalten. 
Erstl. wurde gelesen Joh: 4. Kapitel, in der Biblischen Geschichte von der Schöpfung Mose 1. Cap: bis auf die Sindfluth erklärt; sodann die Geschichte von Abraham von den Schüler fragweis hergesagt. Die Schreibbücher producirt, das Ein mal Eins vor und Rückwätts gemacht, das Rechnen im Kopf gemacht, oder dem Kopf nach probirt, zuletzt gesungen, Eins ist Noth pp.
NB. der Gemeinde wurde aller Erst ein Sermon von dem Erlösungs werk Jesu gehalten, die Junger Leute EXaminirt; Gesungen, Herr Jesu Gnaden Sonne p.

Durch Verordnung vom 23. April 1804 wird das Amt Gießen in ein Land- und ein Stadtamt aufgeteilt. Klein-Linden kommt zusammen mit Großen-Linden zum Stadtamt (42). [Rudolf Weigel, Seite 55.  Quelle 42: Müller, Wolfgang  "Die althessischen Ämter im Kreis Gießen" Schriften d. Inst. f. gesch. Landeskunde von Hessen und Nassau, Marburg 139.]

1805 sterben 14 Menschen in Linnes, deutlich mehr als sonst im Jahresdurchschnitt. Darunter sind 7 Kinder, ein 8. wird tot geboren; bei 3 Kindern heißt es ausdrücklich, daß sie an den (bösartigen) Blattern gestorben sind.

Im Jahr 1805 beginnt man den Festungsgürtel um die Stadt Gießen und die Chaussee, die Frankfurter Straße, zu bauen. [Rudolf Weigel, Seite 58.]

In einer Urkunde vom Februar 1806 schreibt der Gießener Amtskeller von Schmalkalder: "Es werden wohl wenig Ortschaften im genzen Hessenland seyn, welche eine so kleine eingeschränkte Gemarkung haben als es Klein-Linden hat. Kaum 100 Schritte jenseits des Ortes fängt die Allendörfer Gemarkung an. Sodann erstreckt sich die Heuchelheimer Gränze bis weit diesseits der Lahn. Besonders aber ist großer Mangel an Wieswachs".  Richard Matthes schreibt dazu: "Dem wäre noch hinzuzufügen, daß auch der Wald gänzlich fehlt." (27 & 93) [Rudolf Weigel, Seite 56.  Quelle 27: s. o.  Quelle 93: Staatsarch. Dm.  Ablieferung d. Finanzministers 77 Nr. 76 fol. 74.]

Am 04.09.1806 stirbt Pastor Friedrich Christian Lindenmeyer mit 67 Jahren im 18. Jahr seiner Amtsführung in Großen-Linden.

Zu Beginn des Jahrhunderts steht die Schaf- und Tierhaltung noch in hoher Blüte und die meisten Bewohner arbeiten weiterhin in der Landwirtschaft.
Am Beispiel des Bickschen Gutes lassen sich noch einmal die Probleme dieser Zeit aufzeigen:
Nachdem das Gut im Jahr 1795 an 8 Klein-Lindener Einwohner meistbietend verpachtet worden ist, bitten die Pächter im Jahr 1806 um Pachtermäßigung. Zur Begründung führen sie an, "daß die Äcker und Wiesen an der Lahn oft überschwemmt worden seien, wobei das Wasser bis in die Lindeser Gärten vorgedrungen sei. Allein im laufenden Jahr sei dies 9mal geschehen. Überhaupt hätten sie in den letzten Jahren zusammen nicht soviel geerntet, als einer an Pacht bezahlen müsse." (27)
15 Jahre später (1821) stellen die Pächter ein ähnliches Gesuch. Diesmal sprechen sie von einer Mäuseplage, die über die Hälfte der Ernte vernichtet hätte. Beide Gesuche werden vom Schultheißen Jung und vom Gießener Amtskeller von Schmalkalder unterstützt. Die Finanzkammer lehnt sie jedoch als "leywidrig" ab. (27 & 93)
Da auch in den folgenden Jahren die Ernten und auch ganze Stücke Landes oft vom Wasser weggeschwemmt werden, bitten die Pächter schließlich ganz verzweifelt um Auflösung des Leihvertrages. (27)
[Rudolf Weigel, Seite 58. Quelle 27: s. o.  Quelle 93: s. o.]

So sterben im Jahr 1807 wieder einmal viele Kinder an den Pokken. [Rudolf Weigel, Seite 66.] [Für Linnes kann das anhand der Sterbeeinträge im Kirchenbuch nicht sicher belegt werden; es sterben 11 Menschen, darunter 8 Kinder. Das sind mehr als im Durchschnitt in einem Jahr sterben; es wird aber in keinem Eintrag auf die Pocken oder Blattern hingewiesen. Allerdings sterben in Großen-Linden 54 Menschen, dies ist ein Mehrfaches des sonstigen Jahresdurchschnittes.

Im Jahr 1807 verläßt der letzte letzte in Klein-Linden ansässige Freiherr Ludwig Dietrich von Wrede unseren Ort und zieht nach Würgassen b. Herstelle in Westfalen. Sein Gut umfaßt damals nur noch 130 Morgen, 35 Ruten Ackerland und Wiesen. An Gebäuden sind vorhanden: Das Wohnhaus mit dem Nebenhaus, der Ochsen- und Kuhstall neben dem Haus, der obere Schweinestall, der große Stall unten am Weg, die Scheuer mit dem Ziegeldach und die Scheuer mit dem Strohdach. Der Freiherr verpachtet das Gut und erhält dafür 870 Gulden.
Da Wrede sich in ständiger Geldverlegenheit befindet und außerdem an Steuern, für Gemeinde, Staat und Einquartierungskosten jährlich 520 fl. - also über die Hälfte der Pacht - zahlen muß, verkauft er 1812 das ganze Anwesen. Zunächst muß es jedoch durch fürstliches Dekret vom 11. März in freies Erb- und Eigentum umgewandelt werden. Dabei fällt die sogenannte Koppeljagd weg und 1/5 des Gesamterlöses kommt an den Staat.
Im April desselben Jahres läßt Wrede das Gut abschätzen. Taxatoren sind:
   die Feldgeschworenen Friedr. Amend, Ludwig Weigel im Schwanen,
   der Schultheiß Jacob Kreiling v. Klein-Linden sowie der Zimmermann Jacob Herbert aus Gießen.
Die 4 Leute veranschlagen sämtliche Gebäude mit allen Liegenschaften auf 13 421 fl. (Gemeindearchiv Kl.-Linden; 77/Abt. XV)
Am 15. Mai d. J. wird der gesamte Wredische Besitz durch den Anwalt des Freiherrn Herrn Krug aus Gießen an Klein-Linden verkauft. Die Vertreter der Gemeinde sind:
   der Schultheiß Kreiling, der Vorsteher Balthasar Weigel und der Gemeindeschreiber Phil. Weigel.
Außerdem geben sämtliche Bürger mit Ausnahme des Christian Lenz durch Unterschrift ihre Zustimmung zu dem Vertrag.
Wrede ist jedoch mit den Abmachungen nicht einverstanden; deshalb wird das Gut versteigert. Es gelangt am 22. Juli an den Meistbietenden, den Geheimrat von Zwierlein von Winnerod, der 13 900 fl. bietet. Den Weinkauf in Höhe von 30 fl. und den Gottespfennig
[von] etwa 20 fl. müssen von Käufer und Verkäufer zu gleichen Teilen getragen werden. Außerdem muß der Käufer die Lieferung von 2 Achteln Korn an den jeweiligen Pfarrer übernehmen.
Herr von Wrede hat außerdem der Gemeinde als Entschädigung für Kriegskosten 932 fl. zu zahlen.
Ein Jahr später schon verkauft Herr von Zwierlein den gesamten Besitz an einzelne Klein-Lindener Ortsbürger für insgesamt 15 5000 fl. (Q. 17: s. o.)
Nach dem Wegzug der Freifrau von Wrede (Wilhelmine von Wrede) nach Gießen wird ihr oberhalb der anderen Gebäude stehendes Wohnhaus - auf Abbruch - nach Groß-Rechtenbach veräußert. Die Steine der Wirtschaft "Burg Seip" od. "ZurPost" in Groß-Rechtenbach stammen also vom Wredischen Gut. (85 u. 54)
Dabei erwirbt der Gemeindsmann Johann Jung das Burghaus mit sämtlichen Nebengebäuden für 600 fl. (99)

[Rudolf Weigel, Seite 61.  Quelle 54: Rau, H. in "300 Jahre Volksschule GI-Kl.-L.", 1950. Quelle 85: Boßler, A.  60 Jahrfeier des Gesangsvereins Eintracht.  Quelle 99: Staatsarch. Da.; XIV Gi. 160.]

1808-1813: Am Ende des Jahres 1815 findet sich im Sterbereigister des KB Klein-Linden der folgende Nachtrag:
Die in den feldzügen von 1808=1813 ausgebliebenen Soldaten btl.
 Nach verehrlicher Verfügung Grosh. Oberkriegs Collegs vom
30. August 1814 sollen alle diejenigen Soldaten, welche aus
den feldzügen von 1808. 1809. 1810. 1811. 1812. 1813 nicht in ihr Vater=
land zurückgekehrt sind noch binnen einem Jahre von Publi=
cation der Verordnunggerechnet, in ihr Vaterland zurück
kehren, oder von ihrem Leben Nachricht geben, als todt betrachtet werden.
  Aus Kleinlinden sind solcher Pursche sechs u zwar alle im
Russischen Feldzuge ausgeblieben, welche hiermit namentlich
verzeichnet werden.                                                                                                          gebohren
1. Johann Andreas Amend zweiter lediger Sohn des jüngst verstorbenen Einwohners und
                                        Gemeinds Mannes Johann Friedrich Amend -------------------------     1788 / 1 Jan.
2. Ludwig Klingelhöfer        ältester unehel. led. Sohn der Anna Maria Künzebach                  1784 / 8 Aug
3. Daniel Lenz                   hinterl. jüngster led. Sohn des gewesenen Einwohners und
                                        Gemeinds=Mannes Johann Philipp Lenz ------------------------------      1780 / 5 Jun
4. Joh. Philipp Lenz           hinterl. zweiter lediger Sohn des gewesenen Einwohners und
                                        Gemeinds=Mannes Ludwig Lenz, Dan Sohn --------------------------      1791 / 27 July
5. Joh. Friedr. Weller         ältester lediger Sohn des im Jahr 1813 verstorbenen Ein=
                                        wohners und Gemeindsmannes  Friedrich Weller -------------------       1791 / 8 Fbr
6. Joh. Friedr. Weigel         hinterl. jüngster Sohn des gewesenen Einwohners u
                                        Gemeindsmannes Caspar Weigel ----------------------------------------       1790 / 22 Fbr.

Am 22. Juli 1812 wird das Burggut öffentlich versteigert. [Siehe Klein-Linden - Geschichte und Gemarkung - von Friedrich Wilhelm Weitershaus, Seite 82.] [Siehe auch bei 1807.]

Im Januar 1813 muß auch unser Ort Quartiere für die zurückflutenden französischen Truppen stellen. Es sind außerdem Botengänge zu tun, wegekundige Männer als Führer zu stellen und immer wieder Kriegsfuhren zu leisten (100).
Nach der Völkerschlacht bei Leizig (vom 16. - 19. Okt.) wird die preußische Armee Blüchers über den Vogelsberg in die Gießener und Großen-Lindener Gegend beordert. .....
Am 3. November kommt Blücher selbst in Gießen an. Einen Tag später wird die Hälfte der 2. Brigade des York´schen Korps für 3 Tage in Klein-Linden einquartiert. Am 7. Nov. zieht das Korps in Richtung Wetzlar und Limburg weiter (72).
Bald darauf sieht unser Ort Kosaken, die als Teile der Armeee Blüchers Napoleon verfolgen. Auch sie fordern die Versorgung und Verpflegung der Mannschaften und der Pferde und verlangen von den vorhandenen Handwerkern die Ausführung der Reparaturen (100). Von ihnen stammen auch einige Hufeisen, die noch lange Zeit in der Dorfschmiede zu sehen sind. Ein Schreiben, das in diesem Jahr in Klein-Linden ankommt, nimmt ebenfalls auf sie Bezug. Nach ihm ist einem russischen Soldaten im Wald bei Darmstadt ein mit 4 Ochsen bespannter Wagen abgenommen worden. Der fast zu Tode geschlagene Bauer soll aus Klein-Linden stammen. Der Schultheiß wird in dem Schreiben aufgefordert, den Eigentümer zu ermitteln (27 & 86).
Vom Januar 1814 ab sind für die unaufhörlich durchziehenden Preußen und Russen wieder zahllose Botengänge und Kriegsfuhren zu leisten (100).

[Rudolf Weigel, Seite 65. Quelle 27: s. o.; Quelle 72: [Vmtl. Druckfehler, ebenfalls 27 gemeint.]; Quelle 86: Boßler, A., Kriegserlebnisse aus Klein-Linden; Familienblätter d. Gi. Anzeigers, Jgg. 1914; Quelle 100: Walbrach, Carl,  Oberhessen während der Befreiungskriege; HiB, Jgg. 1933, Nr. 13.]

Auch dieses Mal wird eine Krankheit von der durchziehenden Soldateska eingeschleppt. Schon im Januar, Februar und März 1813 sterben 2 Ehepaare "an einer hizzigen Krankheit", vom 17.12. bis zum Jahresende 1813 wird die "hizzige Krankheit" bei 4 weiteren Erwachsenen als Todesursache genannt. Insgesamt sterben im Jahr 1813 zwölf Menschen in Linnes. Die Epidemie wütet mindestens bis zum Juni, am 20.06.1814 stirbt eine 18jährige Frau als letzte von insgesamt 13 Personen, bei denen ausdrücklich "hizzige Krankheit", "Nervenfieber" oder "hizziges Nervenfieber" als Todesursache genannt werden. Insgesamt sterben in diesem Jahr 20 Menschen in Linnes. Zum Vergleich seien hier die Sterbezahlen der vorhergehenden und der folgenden Jahre genannt: 1810: 4 / 1811: 11 / 1812: 9 / 1815: 8 / 1816: 6 / 1817: 4.
Rudolf Weigel schreibt auf Seite 66: 1813/14 bringt das grauenvolle Nervenfieber den Familien des Dorfes sehr viel Elend. Gleichzeitig bricht unter dem Vieh eine Seuche aus. 

1815. Auf dem Wiener Kongress, 18.09.1814 bis 09.06.1815, werden viele Grenzen in Europa neu festgelegt. Da der Kreis Wetzlar jetzt zu Preußen gehört, hat Linnes nun eine Grenze mit Preußen. Ein Grenzstein war noch lange (bis wann?) "auf der Holzburg" zu sehen. 

Das Jahr 1817 ist ein Hungerjahr. Für das Achtel Korn, das früher 8 fl. (Gulden) gekostet hat, müssen vor der Ernte 26 fl. und nach der Ernte 18 fl. bezahlt werden. [Rudolf Weigel, Seite 66.]

1817 hatte Linnes 312 Einwohner. [Nach: Hermann Rau: Geschichtliches von Klein-Linden, in: 50jähriges Jubiläumsfest der Radfahrervereinigung Klein-Linden; Seite 21. (Ohne Quellenangabe.)] [Zur Quelle siehe bei 1717.]

Am 01.11.1817, Mittags 2 Uhr, zog ich mit der Gemeinde und Schuljugend aus dem Schulhause unter Absingung des oben bemerkten Liedes: "Lob, Ehr und Preis" nach dem grosen freien Plazze in der Mitte des Ortes, wo dessen vier Strasen, wie Strahlen eines Kreises zusammen laufen, und wo die Gemeinde an Sonntagen oder in Feierstunden sich zu versammeln pflegt. Wir bildeten einen Kreis um die Grube, welche für die als Denkmal zu pflanzende Linde, die von da fast aus jedem Hause wahrgenommen werden kann, schon gerichtet war. So beschreibt Pfarrer Christian August Hoffmann in seiner Schrift "Die Feier des dritten Evangelischen Jubelfestes zu Gros= und Klein=Linden" die Pflanzung einer Linde zur 300. Wiederkehr des Reformationstages in Linnes. Er schreibt auch noch: Bemerkenswerth ist es, daß ich, nach einer mehr als Jahres langen Unterbrechung des Gottesdienstes, die durch eine Irrung in der Gemeinde veranlaßt wurde, welche nunmehr zum Kirchgange nach der Mutterkirche höchsten Ortes angewiesen worden war, an diesem Feste den Wunsch der Gemeinde Klein=Linden erfüllte, ihr wiederum die Haltung eines eigenen Gottesdienstes zu verwilligen; ein Umstand, der die festliche Freude um ein Groses steigert.
Die "Irrung" hatte darin bestanden, daß auch nach dem Verkauf und der Aufteilung des Burggutes, Pfarrer Hoffmann weiter die 4 Zentner Korn, siehe bei 1658, für die Pastorei Großen-Linden einforderte, die keiner der Teilkäufer zahlen wollte. Eine "bewundernswerte" Dickköpfigkeit auf beiden Seiten, die sehr schön zeigt, wie alt die heute wieder hochaktuelle, von unserem Bundeskanzler perfektionierte, Methode ist, mit trotzigem Verhalten aus dem Kindergartenalter "Politik" zu betreiben.

Erst die napoleonische Zeit, die mit ihren Kriegs- und Notjahren die Städte und Dörfer in erhebliche finanzielle Bedrängnis brachte, ließ den Streit erneut aufleben.
Es ging jetzt nicht mehr in erster Linie um Hute- und Weiderechte; auch die Gemarkungsgrenze stand nicht im Brennpunkt der Auseinandersetzungen.
Es handelte sich vielmehr um die Frage, ob die Eigentümer der Äcker und Wiesen im sogenannten Centbann zu den Zinsen der von der Stadt Gießen seit 1807 aufgenommenen Kriegskosten-Kapitalien beizutragen hätten oder nicht.
Der Prozeß, der zunächst um diese Frage im Jahre 1819 wieder aufgenommen worden war, wurde natürlich sehr bald auf die alten Streitpunkte ausgedehnt.
Während sich Klein-Linden erneut auf den "Centbann" berief, der ganz zu seiner Gemarkung zähle und darum nicht nach Gießen steuern könne, verwies Gießen auf die alten Verträge von 1531, 1701 und 1752, nach denen die Gießener Gemarkungs- und Steuerrechte bis zur alten Landwehr deutlich und uneingeschränkt festgestellt worden seien. Im übrigen sei klar erwiesen, daß Klein-Linden von 1698 bis 1820 die Bede von den Gütern der Klein-Lindener Bauern im Centbann unwidersprochen nach Gießen bezahlt habe, und erst seit 1820 würden die Zahlungen verweigert, nachdem sich diese Beträge durch die von Gießen aufgenommenen Kriegskosten-Kapitalien erhöht hätten (28).
[Dr. Knauß, Grenzstreit, Seite 117. Anm. 28: Stadt A G, Allmendakten (Streit mit Klein-Linden) 19. Jh.]

Eine interessante Sache wird noch aus dem Jahr 1819 gemeldet. Am 30. Nov. d. J. werden die vor 1817 gültigen örtlichen Längen- und Flächenmaße in das metrische System umgerechnet. Dabei stellt sich heraus, daß Klein-Linden zusammen mit Rodheim im Kreis Gießen und Fellingshausen im Kreis Wetzlar ganz andere Maßeinheiten hat als die ürbirgen Orte.
[Es folgen zu verschiedenen Orten die Angaben zu "Ortsfuß", "Rute" und "Lokalmorgen" nach "Krause, Die Verrechnung der hessischen Ortsmaße (vor 1817) 1956".]
Welche Bedeutung diese verschiedenen Maße haben, muß noch untersucht werden. Auffallend ist jedoch, daß die Rodungsdörfer um den Schiffenberg den gleichen Lokalmorgen haben. Man ist daher versucht zu glauben, diese Maße könnten in die Anfänge eines Ortes zurückführen. [Rudolf Weigel, Seite 57.]

1821 wird eine Mäuseplage erwähnt, siehe bei 1806.

Am 16.12.1821 notiert Pfarrer Hoffman im KB Kl-L: 
Nota: Ein merkwürdiger Fall, daß auf einen Tag vier Kinder getauft wurden.

Am 14.03.1822 wird in Klein-Linden ein neuer Friedhof eingeweiht. 
Dies geht aus dem Sterbeeintrag des Kindes Maria Elisabetha Künzebach hervor: 
[Darüber:] NB Von(?) hier fängt die Reihe der auf dem neuen Kirchhofe Beerdigten an. 
Maria Elisabetha Künzebach, Töchterlein des hiesigen Einwohners Johannes Künzebach, starb am zwölften März, Nachmittags vier Uhr, alt sechs Monate weniger 2. Tagen; nat: 1821 / 14 Spt; und wurde am vierzehnten ejusdem unter Einweihung des neuen Begräbnisplatzes Mittags ein Uhr beerdigt, ...

In einer Beschreibung des Großherzogthums Hessen von 1825 befindet sich folgender Hinweis:
"Klein-Linden, Dorf unweit Gießen, an der Heerstraße nach Frankfurt, mit einer Burg, 61 Häusern und 310 Einwohnern. Von hier führt eine Chaussee nach Wetzlar, welche 1.258 Klafter lang ist".
   [100 Jahre Freiwillige Feuerwehr Giessen-Klein-Linden, 1995; Seite 79.]

Auch um das Jahr 1825 muß in unserer Gegend große Not geherrscht haben. Der Gießener Bürgermeister Schneider berichtet nämlich an das hessische Ministerium, daß auch die ältesten Leute sich nicht erinnern können, eine solche Zeit erlebt zu haben. Er schreibt, daß die Leute erbittert sind wegen verschiedener Maßnahmen des Staates, die sie ruinieren und die zum Teil wegen Besoldungsvermehrung und höherer Würden von den ausführenden Personen allzuhart durchgeführt werden. Er schlägt vor, den Bauern Kredite zu gewähren, damit diese genügend Vieh halten können und auch ihr Stroh nicht zu verkaufen brauchen. Er meint, daß es möglich sein müsse, die Auswanderung nach Brasilien, um die von vielen Leuten unserer Gegend ersucht wird, einzudämmen. An irgendwelche Abwerbungen glaubt er nicht (102). Ob in dieser Zeit auch Einwohner unseres Ortes nach Brasilien gegangen sind, ist bis jetzt noch ungeklärt. [Rudolf Weigel, Seite 67.  Quelle 102: Lehnert G. "Ein Gießener Bürgermeister zur Auswanderung"; MOV Jgg. 1942, Bd. 38.]

1826 soll Linnes dann schon 356 Einwohner gehabt haben. [Nach: Hermann Rau: Geschichtliches von Klein-Linden, in: 50jähriges Jubiläumsfest der Radfahrervereinigung Klein-Linden; Seite 21. (Ohne Quellenangabe.)]
[Vmtl. stimmt eine der Einwohnerzahlen von 1825 oder 1826 nicht; eine Zunahme um 46 Einwohner in einem Jahr ist in dieser Zeit nicht nachvollziehbar.]

Im 1830 ist der Schulsaal zu klein geworden. Deshalb wird hinter dem Haus ein neuer Saal gebaut, auf den man 1864 das Türmchen der alten Kapelle setzt. 1869 muß ein zweiter Schulsaal über dem schon bestehenden errichtet werden. Der Dachreiter der alten Kapelle kommt einen Stock höher. Gleichzeitig wird das in unmittelbarer Nähe stehende Brauhaus wegen Baufälligkeit abgerissen. An seiner Stelle entsteht eine neue geräumige Lehrerwohnung. (Alle hier genannten Gebäude sind 1969 abgerissen worden) [Rudolf Weigel, Seite 64.] 

Nach erneuten fast 2 Jahrzehnte dauernden Auseinandersetzungen wurde Klein-Linden im Jahr 1837 verurteilt, mit den Güterstücken im Centbann zu den Zinsen der seit 1807 von der Stadt Gießen aufgenommen Kriegskosten-Kapitalien beizutragen, und zwar nach dem durch Gesetz bestimmten Maßstab. Ferner soll Klein-Linden alle bisher entstandenen Kosten des Rechtsstreits tragen. .....
[Erstaunlich finde ich, daß hier die vmtl. pro Kopf der Bevölkerung wesentlich höheren Kriegsschulden der Linneser keinerlei Erwähnung finden.]
Beide Seiten boten ihre besten Vertreter und auswärtige Rechtssachverständige auf, um ihrem Standpunkt zum Erfolg zu verhelfen.
Als sich im Jahre 1840 abzuzeichnen schien, daß Gießen auch diesmal den Rechtsstreit gewinnen mußte, weil die Beweisaufnahme eindeutig zu seinen Gunsten sprach, erklärte sich Klein-Linden durch seinen außerordentlich geschickt taktierenden damaligen Bürgermeister Weigel bereit, einem von Gießen vorgeschlagenen Vergleich zuzustimmen (29).
[Dr. Knauß, Grenzstreit, Seite 117. Anm. 29: Stadt A G, Allmendakten (Streit mit Klein-Linden).]

Am 18.01.1841 verwandelte ein plötzlicher Wärmeeinbruch im Winter mit Regen nach vorausgegangenem strengsten Dezemberfrost und ungeheuren Schneefällen mit abgeschnittenen Dörfern zu Jahresbeginn den hessischen Raum in eine Wasserwüste. Die Lahn, die Fulda und der Main erreichten mit der schlagartig einsetzenden Schneeschmelze den höchsten Stand des Jahrhunderts. [Sonntag-Morgenmagazin, 15.01.2006; Seite 21]

Im November 1841 erhält der Gießener Advokat Briel die Erlaubnis, "die von ihm entdeckten Braunstein-Ablagerungen im Großenlinder Marckwald alsbald" abzubauen. Der wertvolle Braunstein wird zunächst im Tagebau in der Nähe des heutigen Oberhofes gewonnen. Das Unternehmen geht bald an den Engländer Fernie über ....
Der ganze Betrieb ist damals auf Handarbeit eingestellt. Nach der Gewinnung werden die Erzbrocken zu faustgroßen Stücken auseinandergeschlagen und auf die Scheidetische gebracht. Dort stehen 12 - 15 jährige Jungen und Mädchen, die die Stücke mit Hämmerchen noch mehr zerkleinern und sortieren. (95) Auch von Klein-Linden arbeiten damals mehrere Leute auf dem Bergwerk. Im Ort selbst sind fremde Bergleute in "Kost und Logie" (88). Außerdem fahren zahlreiche Pferdehalter den Braunstein an die Lahn zur Braunsteinwäsche (88). Diese liegt in der Nähe des Allendörfer Wäldchens. Dort sind abseits vom Ufer Waschtröge zum Waschen des Erzes aufgestellt. Das verwendete Wasser wird über 3 Klärsümpfe der Lahn wieder zugeführt. Die Gruben der Sümpfe sind am Boden gepflastert und an den Wänden mit Mauerwerk oder Bohlen eingefaßt. Sobald ein Klärsumpf mit Schlamm ausgefüllt, wird dieser weggefahren, da er nicht in den Fluß oder auf die Böschung geworfen werden darf (96). Um den Transport des Erzes zu beschleunigen, baut man im Jahre 1879 eine Drahtseilbahn vom Bergwerk zum Bahnhof Gießen. (95)
[Rudolf Weigel, Seite 58/59. Quelle 88: Lenz, O.  Denkschrift zum sechzigjährigen Jubelfest des Klein-Lindener Posaunenchors. Quelle 95: Weiss, Ludw.  "Linder Marck" und Bergwerkswald; H.i.B. 1956 Nr. 12. Quelle 96: "Local-Verordnung über den Betrieb u. die polizeiliche Beaufsichtigung der Erzwäschereien an der Lahn. Gießen den 21. Jan. 1857" Großherzogliches Kreisamt Gießen, in Verhinderung des Kreisraths; Pietsch Regierungs-Assessor.]

1843 Beginn des Abbaus der in der Lindener Mark liegenden Manganerzlagerstätten. Dies eröffnet vielen Menschen eine Erwerbsmöglichkeit bis zur Einstellung des Betriebes im Jahr 1976. [1200 Jahre Leihgestern; Blick in die Geschichte, Zittafel ...; GAZ vom 25.06.2005]
Linnes beginnt zu wachsen; Bergleute von ziehen mit ihren Familien hierher, oder heiraten nach Linnes ein.
Dieser Wachstumsprozeß setzt sich mit dem Eisenbahnbau fort.

Am 1. April 1844 muß es in Klein-Linden zu einem größeren Brand gekommen sein. Näheres darüber ist nicht bekannt. Die Schadenshöhe geht aus einer Aufstellung der Brandversicherungskasse hervor. [100 Jahre Freiwillige Feuerwehr Giessen-Klein-Linden, 1995; Seite 73.]

Der über 300jährige Grenzstreit zwischen Linnes und Gießen endet im Oktober 1845 mit einem Vergleich, der unter "Observanz" des großherzoglichen Hofgerichts und des großherzoglichen Kreisrates zu Gießen unter folgenden Bedingungen geschlossen wurde (30):
1. Die Gemarkungsgrenze bilden die beiden Bachwege vom "Heßler" im Nordwesten an der Lahn bis zur "Herrschaftlichen Hege (31)" und dem "Linder
    Markwald" im Südosten.
2. Die Kommunalumlagen werden in Zukunft von den Besitzern an die Gemeinde entrichtet, in deren Gemarkung die Güterstücke liegen.
    Entsprechendes gilt für die früher oder später enstandenen Kriegskosten.
3. Bislang rückständig gebliebene Kommunalumlagen, welche die Stadt Gießen zu beziehen hat, werden zu 1/4 niedergeschlagen und zu 3/4 von
    der Gemeinde Klein-Linden, welche für ihre "Debenten" als Selbstschuldnerin zu haften hat, in 4 Jahreszielen von Martini 1846 bis Martini 1849
    an die Stadtkasse abgeliefert.
4. Kosten des Rechtsstreits werden gegenseitig verglichen; Kosten der Grenzfestsetzung und der neuen Aussteinung trägt jede Gemeinde zur Hälfte.
5. Alle Hute, Weiden, Pferch oder Berechtigungen in den nunmehr abgeteilten Bezirken gelten ab sofort als erloschen, so daß niemand in der fremden
    Gemarkung ein solches Recht geltend machen kann.
6. Kosten, zu denen Gießen bzw. Klein-Linden in früheren Entscheidungen verurteilt wurden, werden niedergeschlagen; Klein-Linden verzichtet auf
    den Ersatz des bisher im gesamten Centbann allein getragenen Feldschützenlohnes.  
 
[Dr. Knauß, Grenzstreit, Seite 118.]

1845 hatte Linnes 428 Einwohner. [Nach: Hermann Rau: Geschichtliches von Klein-Linden, in: 50jähriges Jubiläumsfest der Radfahrervereinigung Klein-Linden; Seite 21. (Ohne Quellenangabe.)]

1846: Watzenborn-Steinberg wird von einem heftigen Erdbeben heimgesucht, das nur Sachschaden verursacht.
         38 Einwohner werden das Opfer eines Nervenfiebers.
["Pohlheim Watzenborn-Steinberg 1141-1991", Seite 11.]
Weder von dem Erdbeben nach von der Epidemie ist mir bisher in Linnes etwas bekannt.

1849  Erste Lahnbrücke nach Allendorf errichtet. [Von Heuchelheim nach Allendorf und Klein-Linden.]
[Zeittafel zur Geschichte Heuchelheims - Zusammengestellt von Otto Henkelmann II. in "Heuchelheim in Wort und Bild", 1961, S. 142-144.]

Um 1850 ist der Schulsaal zu klein geworden. Deshalb wird hinter dem Haus ein (neuer) Saal gebaut, auf den man 1864 das Türmchen der alten Kapelle setzt. [Rudolf Weigel, Seite 64.]
Bis zum Jahr 1850 werden in unserem Ort einige Häuser im unteren Teil der Lützellindener Str. und in der Hintergasse gebaut. [Seite 55.]

Der Bau der Main-Weser-Bahn bringt Probleme aber auch neue Arbeitsmöglichkeiten für die Ortsbewohner. So müssen die Widerstände der Bevölkerung und auch der Besitzer von Grund und Boden überwunden werden, und "Localkommissionen" müssen das Land taxieren. Da alle Arbeiten ohne Maschinen ausgeführt werden, finden die Leute als Erdarbeiter oder Gespannfahrer einen guten Verdienst (97). Auch die Unternehmer und Arbeiter, die sich als Logiergäste in den Klein-Lindener Gasthäuser einquartieren, bringen Geld in den Ort. (88)
Nachdem bis Mitte des Jahres 1850 die Strecke von Kassel nach Gießen betriebsbereit ist und 1 Jahr später die Geleise von Fankfurt her bis nach Lang-Göns liegen, können am 25. April 1852 die ersten Probefahrten zwischen Lang-Göns und Gießen vorgenommen werden. Am 15. Mai 1852 fährt dann der erste Zug mit einer Fahrtdauer von etwa 6 1/2 Stunden von Kassel nach Frankfurt (97).
[Rudolf Weigel, Seite 59. Quelle 88: s. o.  Quelle 97: Hofmann, Phil.  700 Jahrfeier Lang-Göns  -  100 Jahre Main-Weser-Bahn.]

1854 wird der Linneser Posaunenchor, der älteste in Hessen, gegründet.

1855 leidet Klein-Linden unter einer Viehseuche. Zu ihrer Überwachung wird ein Gendarm einquartiert. Er bleibt von Sonntag bis Donnerstag und bezahlt für Kost und Wohnung 65 Kreuzer. (61,71 Kreuzer sind 1 Gulden; 21 Gulden sind 12 Taler) (88) [Rudolf Weigel, Seite 66.  Quelle 88: Lenz, O. "Denkschrift zum sechzigjährigen Jubelfest des Klein-Lindener Posaunenchors".]

Nach der "Bevölkerungsliste der Gemeinde Klein=Linden im Jahre 1858"; "Aufgestelt Klein=Linden am 3. Dezbr. 1858" [Stadtarchiv Gießen] wohnen in Linnes in 83 Wohnhäusern 117 Familien mit 97 Knaben unter 14 Jahren, 93 Mädchen unter 14 Jahren, 167 männl. und 165 weibl. Personen über 14 Jahren; die Summa aller Seelen beträgt 522. In der Spalte Bemerkungen sind zu den meisten Familienvorständen, worunter auch Witwen sind, Berufe angegeben; danach gab es in Linnes 49 reine Ackermänner, darunter der Bürgermeister. Ackermann und Wirth, Ackermann und Schmied, Ackermann und Metzger, Ackermann und Wagner sind jeweils 2 weitere Familienväter. Ein Familienvater ist Schreiner und Ackermann. In zwei Familien leben jeweils ein Ackermann und ein Taglöhner. In zwei Familien sind jeweils 2 Taglöhner registriert, in einer weiteren leben ein Taglöhner und ein Küfer. Als Taglöhner werden 12 weitere Familienväter geführt. Fabrikarbeiter werden insgesamt 2 genannt. Desweiteren gibt es einen Schäfer und einen Ortsdiener, sowie einen Bahnwärter. Im Haushalt der Hebamme Adam Luh Witw. leben nur 3 Frauen. Bei mindestens 5 Familien ist jeweils eine Magd beschäftigt. Weitere nachträgliche Zusätze in anderer Schrift konnte ich noch nicht deuten. 

Aus all dem geht hervor, daß die Menschen dieser Zeit einen Wandel der wirtschaftlichen Struktur unseres Gebietes erleben. Für die Einwohner Klein-Lindens, 590 insgesamt, ergibt sich daher folgende berufliche Aufschlüsselung für das Jahr 1861:
425 leben von ihrer Arbeit in der Landwirtschaft.
88 erarbeiten sich ihren Lebensunterhalt im Bergbau, in der aufkommenden Industrie und im Baugewerbe.
48 leben aus Einkünften ihrer Arbeit im Handel und Verkehr.
[Rudolf Weigel, Seite 60; ohne Quellenangabe.]

1862  Unsere jetzige Lahnbrücke (Eisenkonstruktion) erbaut.
[Zeittafel zur Geschichte Heuchelheims - Zusammengestellt von Otto Henkelmann II. in "Heuchelheim in Wort und Bild", 1961, S. 142-144.]
Nach Rudolf Weigel wurde die Brücke von der Linneser Schmiede Schaum erbaut. 

In den Jahren 1862/63 erleben die Klein-Lindener den Bau und die Eröffnung der Bahnstrecke nach Koblenz und Köln (97). In diesen Jahren sind schon einzelne Mitglieder der Gemeinde an der Bahn oder in ihrer Werkstätte tätig (88). [Rudolf Weigel, Seite 59. Quellen 88 & 97: s. o.]

1864 muß die alte Kapelle, die der Gemeinde als Gotteshaus und der adligen Familie als Begräbnisstätte gedient hat, wegen Baufälligkeit abgebrochen werden. Ihr Turm (Dachreiter) wird auf den einstöckigen Schulsaal gesetzt. Die Orgel, die später in das Kirchlein Einzug gehalten hat, wird von dem Werkmeister an der Bahn, Ph. Jung, für seinen "Missionsverein" gekauft. Nach seinem Tode kommt sie als altes Gerümpel in die Scheuer. Später erwirbt sie der Geheimrat Gail aus Gießen und schenkt das hergerichtete Instrument dem Oberhessischen Museum in der Stadt (27). Einige mit schönen Bildhauerarbeiten versehene Grabsteine der Familie Wrede sind heute an der Außenmauer oder neben der neuen Friedhofskapelle zu sehen. [Rudolf Weigel, Seite 62. Quelle 27: s. o.]

Von der Volkszählung im Großherzogthum Hessen vom 3. December 1864 in Klein=Linden ist im Stadtarchiv Gießen nur das Notizbuch über die Vertheilung und Wieder=Einsammlung der für obigen Zählbezirk bestimmten Zählungs-Listen erhalten. Daraus ergibt sich nur, daß unter 79 Hausnummern Zähllisten an 107 Familien verteilt wurden. Dabei wird die Hausnummer 60 als Spritzenhaus, unbewohnt, geführt und auch das Backhaus, die Nr. 62, ist unbewohnt. Das Haus Nr. 44 ist abgebrannt; die Kirche, Nr. 43, ist abgebrochen. Wohl ür die neue Kirche ist in einem Nachtarg die Nr. 83 vorhanden. Bei Haus Nr. 40 steht: als Gemeindehaus unbewohnt.

Der 12. März 1865 ist der Gründungstag des Gesangvereins "Eintracht". Wieviel Bürger sich aus der damals kleinen Gemeinde an der Gründung beteiligten, ist nicht mehr bekannt. Den älteren Vereinsmitgliedern sind jedoch von den Gründern noch folgende Namen in Erinnerung: Kaspar Klein, Schmiedemeister L. Schaum (späterer Bürgermeister), Weinhändler und Gastwirt Wilhelm Rinn, Johannes Schaum, Friedrich Jung I. (genannt "Schul-Friedrich"), Philipp Jung IX. und der damalige Gemeinderechner Ludwig Jung. Letzterer wurde bei der Gründung Vereinsvorsitzender. Die Chorleitung übernahm der Musiker Feldhaus aus Gießen, der als erstes Lied einübte: "O Vaterland, mein schönster Stern ...". [100 Jahre Männergesangverein "Eintracht" Gießen-Klein-Linden; Seite 33.]

Noch einmal erlebt unsere Heimat im Jahr 1866 Kriegshandlungen. Im Krieg Preußen gegen Österreich (deutscher Bruderkrieg) sind im Juni/Juli d. J. Truppen der süddeutschen 2. badischen Division in Gießen. Doch bald wird die Gegend von den Preußen, die auch in Klein-Linden nach "Österreichern" suchen, [heimgesucht?]. Die Kinder verstecken sich in den Kellern.
Nach dem Friedensvertrag vom 3. Sept. zwischen Preußen und dem Großherzogtum Hessen, das auf der Seite Österreichs gekämpft hat, kommt der nordwestliche Teil des Kreises mit Frankenbach, Krumbach, Königsberg, Fellingshausen, Bieber, Haina, Rodheim, Waldgirmes, Naunheim und Hermannstein an Preußen (101).
[Rudolf Weigel, Seite 66.  Quelle 101: Dreher, F  "Das Kriegsjahr 1866".]
Im Kirchenbuch findet sich in dieser Zeit z. B. bei (seltenen) Paten aus Lützellinden die Herkunftsbezeichnung "aus Lützellinden im Königreich Preußen" oder "aus Lützellinden im königlich preußischen Kreise Wetzlar".

1866: Am letzten Oktobersonntag wird die neue Kirche eingeweiht. Sie ist die dritte bisher bekannte Kirche in Linnes.
Die beiden Bronzeglocken, die 1843 und 1849 von dem Gießener Glockengießer Fr. Otto noch für die alte Kapelle gegossen worden sind und ein Gewicht von 2 1/2 und 5 1/2 Zentner haben, werden in dem schlanken Turm des Neubaues wieder aufgehängt. Die große Glocke ist auf den Ton "C" gestimmt und trägt die Inschrift: "Gegossen von Friedrich Otto in Gießen für die Gemeinde Klein-Linden im Jahre 1849. - Zum Gottesdienst herbeizulocken, des Fürsten Willen kund zu tun, ist die Bestimmung aller Glocken. Oh, möchten sie von Sturme ruhn! Phil. Weigel, Bürgermeister. - Der Gemeinderat Phil. Schaum, Kasp. Weigel III., Georg Philipp Weigel, Kaspar Klein, Joh. Jung III., Kaspar Weigel I., Ludwig Reuschling I., Ludwig Weller I., Pfarrer Eigenbrod, Schullehrer Weigel." [Diese Glocke fiel dem 1. Weltkrieg zum Opfer und wurde erst 1921 ersetzt.]
Die kleine Glocke ist auf den Ton F gestimmt und trägt die Inschrift: "Goß mich Friedrich Otto in Gießen 1843 für Klein-Linden. Der Bürgermeister Weigel, Pfarrer Eigenbrod, Schullehrer Weigel. Die Gemeinderäte Phil. Weigel, Johann Jung, Joh. Germer, Kaspar Klein, Joh. Lenz, Joh. Kinzenbach, Konrad Weigel, Ludwig Reuschling." (27) [Rudolf Weigel; Seite 62/63.  Quelle 27: s. o.]

Im Jahr 1868 gibt es 33 Sterbeeinträge in Klein-Linden. Zwischen dem 30.04. und 22.08.1868 sind darunter 18 Kinder. Eine Todesursache wird in keinem Eintrag angegeben.

Am 16.02.1869 sterben zwei Kinder durch den Einsturz eines Wohnhauses: 
Abends um halb acht Uhr starb einen gewaltsamen Tod durch den Einsturz des Wohnhauses Anton Adolph, ein Kind, des hiesigen Ortsbürgers und Bergmanns Anton Adolph mit Elisabetha, gebornen Lenz ehelich erzeugter Sohn, alt neun Jahre, einen Monat und vier Tage. [Die Schwester Christine Adolph, fünfjährig, starb ebenfalls.]
Klein-Linden, im Kreise Gießen, den 17. Febr. 1869.
Ein tiefes Entsetzen erregendes Unglück hat sich in unserer seit Jahren schwer heimgesuchten Gemeinde zugetragen. Gestern Abend gegen acht Uhr stürzte der westliche Flügel eines alten, wahrscheinlich durch den vorausgegangenen heftigen Sturm erschütterten steinernen Gebäudes - die Burg genannt und der frühere Sitz einer adeligen Familie - ganz plötzlich zusammen und begrub die im dritten Stock wohnende Familie des braven Bergmanns Anton Adolph in seinen Trümmern. Der Vater und drei Kinder, unter letzteren der Säugling, den die Mutter im Arm hatte, blieben zwar durch Gottes wunderbare Hülfe ganz unverletzt, doch zwei Kinder, ein sehr hoffnungsvoller Knabe von 9 Jahren, seinen Eltern und seines Lehrers Freude, und ein liebliches Mädchen von 6 Jahren wurden als Leichen und die Mutter und eine Tochter von beinahe 14 Jahren schwer verletzt unter den Trümmern hervorgezogen. Neben dem schweren Verluste, der die brave Familie betroffen, ist auch die äußere Noth außerordentlich groß, da die Hausgeräthschaften großen Theils zertrümmert, der Familienvater, der die Seinigen mit seiner Hände Arbeit ernähren muß, auf längere Zeit an derselben gehindert ist und dabei schwere Wunden zu heilen sind. Auch der Besitzer des Hauses hat einen großen Verlust erlitten, da der brave Mann gering bemittelt ist und auf keine Entschädigung rechnen kann. Die Unterzeichneten bitten darum Menschenfreunde in der Nähe und Ferne, durch Gaben der Liebe diesen Jammer lindern zu helfen und erklären sich zur Empfangnahme und gewissenhaften Verwendung socher Gaben bereit. *)
Koch, Pfarrer. Seib, Lehrer. J. Weigel, Bürgermeister.
*) Auch die Expedition d. Blatts ist zur Entgegennahme von Beiträgen bereit.
[100 Jahre Freiwillige Feuerwehr Giessen-Klein-Linden, 1995; Seite 75. (Ohne Quellenangabe.)]

1869 muß ein zweiter Schulsaal über dem schon bestehenden errichtet werden. Der Dachreiter der alten Kapelle kommt einen Stock höher. Gleichzeitig wird das in unmittelbarer Nähe stehende Brauhaus wegen Baufälligkeit abgerissen. An seiner Stelle entsteht eine neue geräumige Lehrerwohnung. (Alle hier genannten Gebäude sind 1969 abgerissen worden) [Rudolf Weigel, Seite 64.]

1870: Gründung der Burschenschaft "Burgundia". [Siehe: 100 Jahre Männergesangverein "Arion" Giessen-Klein-Linden, Seite 10.]
Nach Ewald Klein wurde die Burgundia am 1. Juli 1879 im Gathaus zur Burg gegründet. [Siehe Gießener Allgemeine vom 10.07.20112.]    

Später, um 1870 wandern einige Leute nach Amerika aus. Unter ihnen ist der Lehrer Seib, der von 1850 - 1870 in Klein-Linden tätig gewesen ist. [Rudolf Weigel, Seite 67.]
Zu diesem Lehrer Jakob Seip ist in der Hassia sacra, Band X, Hessisches Lehrerbuch, Zweiter Teil, Oberfürstentum Hessen, auf Seite 48 vermerkt:
..., 1859-1862 Vikar, 1862-1872 Lehrer in Klein=Linden, geht 1872 flüchtig, wird 1872 in absentia zu 10 Jahren Zuchthaus verurteilt und abgesetzt.
Hier interessiert mich sehr, ob er ausschließlich dafür, daß er nach Amerika gegangen ist, in Abwesenheit zu 10 Jahren Zuchthaus verurteilt wurde, oder ob es andere Gründe gab, daß er "flüchtig gegangen" ist. Konnten fehlende behördliche Genehmigung zur Auswanderung und nicht gezahlte Abgaben in dieser Zeit noch zu einer solchen Verurteilung führen?

Den Krieg von 1870 erlebt unser Ort - nach Jahrhunderten eigentlich wieder zum erstenmal - nur aus der Ferne. Aber auch an ihm sind Einwohner unseres Ortes beteiligt. So wird erzählt, daß einer am Hochzeitstag seinen Einberufungsbefehl erhält. Später soll er dann bei der Kaiserkrönung in Paris gewesen sein. Gefallene zählt man in unserem Ort. [Rudolf Weigel, Seite 66.] [Im Sterberegister des Kirchenbuches sind keine Opfer dieses Krieges eingetragen.]

08.07.1877: Der Kirchenchor Klein-Linden wird gegründet. Er entstand aus dem im Jahre 1854 gegründeten "Kreuzerverein", einem Verein der sich namentlich auf dem Gebiet der Missionspflege betätigte und aus dem ebenfalls im Jahre 1854 gegründeten Posaunenchor, dem ältesten in Hessen. [125 Jahre Kirche Kleinlinden, 1866-1991, Seite 13.]

1879 wird wiederum ein neuer Friedhof erwähnt. 
Am 16. Juni wird Luise Weigel (ein 4jähriges Kind) begraben, wobei am Rand vermerkt ist: 
Letzte Beerdigung auf dem alten Friedhofe.
Der am 31. 10. 1865 geborene Bruder der Luise Weigel, Ludwig Weigel, ertrunken in einer Lache[einem Bache??] an der Eisenbahn bei KleinLinden, wird am 4. August 1879 beerdigt: 
Erste Beerdigung auf dem neuen Friedhofe.  

Addiert man die 4 Control=Listen der Volkszählung im Großherzogthum Hessen am 1. Dezember 1880 (Stadtarchiv Gießen) so hat Linnes 895 Einwohner, die in 168 Familien leben; 433 Bewohner sind männlich und 462 weiblich.
Leider sind keine Beruf angegeben; die Spalte Bemerkungen ist in allen 4 Listen leer.
Es werden 129 Hausnummern genannt, wobei es bei manchen Nummern Zusätze gibt wie z. B. "27,4; 27,5" bis "27,9". Die Hausnummern 5-8, 16, 21, 28, 43, 85, 98-100, 120, 121 und 126 fehlen; die Liste endet mit: Bahnwärterhaus 129. Im 1. Zählbezirk zählte Lehrer Schmidt. Dazu gehörte auf der Chaussee nach Groß=Linden die Hausnummer 1 mit 3 Familien; 1,5 mit 2 und 1,9 mit einer Familie; insgesamt 33 Personen. Auf die Chaussee nach Wetzlar gehören die Hausnummern 2 bis 15, die Nummern 17 bis 27 liegen in der Straße nach der Kirche bis zur Chaussee nach Groß-Linden.
Im 2. Bezirk zählt Bürgermeister Weigel. Dazu gehörte die KirchGasse, Hausnummer 29-33 und die Hintergasse mit den Nummern 34 bis 44. Die Häuser mit den Nummern 45 bis 48 lagen wieder in der Kirchgasse und zur Lützellinder Straße gehörten die Hausnummern 49 bis 57.
Im 3. Bezirk, den Lehrer Karl Doering zu zählen hatte, lagen die Hausnummern 58 bis 62,1 in der Lützellinder Straße und die Häuser Nr. 63-90 in der Wetzlarer Staatsstraße.
Der 4. Zählbezirk von Ludwig Schaum umfaßte die Hausnummern 91 bis 97 und 108-128 in der Wetzlarerstraße und die Nummern 101-107 in der Heuchelheimergaß.

In den Jahren 1880 - 1890 wird die Frankfurter Straße bebaut und auch ein Teil von "Bernhardshausen" entsteht. [Rudolf Weigel, Seite 55.]

Wegen der starken Zunahme der Einwohnerzahl muß 1885 eine 3. Lehrerstelle eingerichtet werden. Lehrer Eß aus Alzey besetzt diese und muß in der früheren Gastwirtschaft "Zum kühlen Grund", bei der Witwe Lenz, in der Frankfurter Straße seinen Unterricht halten. [Rudolf Weigel, Seite 64.]

Rudolf Weigel berichtet nach mündlicher Überlieferung von Karl Klein auf Seite 59, daß 1886 Linnes die Möglichkeit gehabt habe, eine Haltestation der Bahn zu bekommen. Die Kosten von eintausend Mark seien dem Bürgermeister und der Gemeinde aber zu hoch gewesen.

Der Gesangverein Harmonie wurde am 5. Mai des Jahres 1887 gegründet. Die Mitgliederzahl betrug damals 15 Mann. Zum 1. Vorsitzenden wurde 1887 Wilhelm Lenz I. gewählt, der - laut Protokollbuch - seines Amtes 10 jahre lang "tüchtig waltete".
"Zweck des Vereins", so heißt es in den uns erhalten gebliebenen Statuten aus dem Gründungsjahr "ist die Mitwirkung zur Verbesserung des Kirchengesangs und die Veredelung des geselligen Lebens". Bedingungen zur Aufnahme in den Verein sind "moralisch guter Ruf, abgediente aktive Militärdienstzeit oder ein Alter von 25 Jahren". Und an anderer Stelle der Statuten: "Das Singen von Vereinsliedern über die Straße und in der Spinnstube wird von 50 Pfennig bis zu 1 Mark bestraft. Eine Ausnahme kann nur gemacht werden, wenn jede Stimme mit mindestens zwei Mann vertreten ist; sollte ein Vorstandsmitglied zugegen sein, so muß dessen Genehmigung eingeholt werden."
  [90 Jahre Gesangverein "Harmonie" Klein-Linden; Seite 9.]

Im Jahre 1889 wurde der Gedanke lebendig, auch in Klein-Linden einen Turnverein zu gründen, dessen Gründung dann am 9.9.1889 in der damaligen Gastwirtschaft "die Reichshalle" (ein früheres Lokal gegenüber der Kirche, etwa hinter der jetzigen Metzgerei Volk) auch vollzogen wurde. .....
Die einzige Sportart war das Turnen ....  [Hanfried Knapp in: 90 Jahre TSV Klein-Linden.]

Zehn Jahre vor der Jahrhundertwende, am 21. Juni 1890, gründeten 43 tatenfrohe Männer aus Freude an Gesang und Geselligkeit den Männergesangverein Arion. Zur Erinnerung an den griechischen Sänger Arion wählte man diesen Namen und hat auch das Wappen als Symbol auf die Vereinsfahne übernommen. ....
1. Vorsitzender wurde Wilhelm Reuschling und Chorleiter Lehrer Karcher.
Am 29. Juni 1890 fand im Lokal des Gastwirts Balthasar Hinterlang die erste Singstunde statt. ....
 
[100 Jahre Männergesangverein "Arion" Giessen-Klein-Linden, Seite 13.]

Nach Hermann Rau "300 Jahre Volksschule in Gießen=Klein=Linden, Seite 47, wurde 1894 mit dem Bau des neuen Schulhauses begonnen. 1899 wurde der Erweiterungsbau beschlossen und 1901 ausgeführt, das neue Schulhaus wurde damit um zwei sonnige Säle und zwei Dienstwohnungen vergrößert.
Rudolf Weigel schreibt dazu auf Seite 64: Im Jahre 1894 wird das neue Schulhaus an der Kirche mit einem Saal und einer Lehrerwohnung gebaut. 3 Jahre später, 1897, wird die 4. Stelle errichtet und mit dem Schulverwalter Keil aus Eddingshausen besetzt. Schon 1901 muß jedoch das Schulgebäude um 2 Säle und eine zweite Lehrerwohnung erweitert werden. Gleichzeitig erhält Klein-Linden die 5. Schulstelle.

Am 10. Januar 1895 wurde die Freiwillige Feuerwehr Klein-Linden im Gasthaus "Zum Deutschen Hof" gegründet.  [100 Jahre Freiwillige Feuerwehr Giessen-Klein-Linden, 1995; Seite 133.]

04.06.1896: Gründung der "Kleinkinderschule" (Evangelischer Kindergarten). [125 Jahre Kirche Kleinlinden, 1866-1991, Seite 14.]

Reichstagswahlergebnisse in Kleinlinden
16.6.1898  Dr. Frank - 26  /  Köhler - 43  /  Scheidemann (SPD) - 88  Stimmen
                Stichwahl am 24.6.1898
                Köhler 95 Stimmen  / Scheidemann (SPD) 87 Stimmen

[Erwin Watz und Karl Volk in "Gechichte der Arbeiterbewegung in Kleinlinden"; Seite 6.]

Am 09.09.1899 sprach Wilhelm Liebknecht im "Hinterlang´schen Saale" in Klein-Linden über die Landtagswahlen in Hessen.
Wie sich ein Teil der Kleinlindener gegen diese Neue Bewegung sperrte, zeigte eine überlieferte Äußerung des damaligen Gastwirtes, aus der hervorgeht, daß der Besuch des Lokals nach der Versammlung mit Wilhelm Liebknecht rapide zurückgegangen war. [Erwin Watz und Karl Volk in "Gechichte der Arbeiterbewegung in Kleinlinden"; Seite 2.]

Nach dem wirtschaftlichen Aufschwung der gesamten Gegend, der in der Mitte des 19. Jahrhunderts seinen Anfang genommen hat, zählt Klein-Linden im Jahr 1900 über 1500 Seelen. Damals tragen die Mädchen im Dorf meist halblange Kleider und haben Zöpfe und keinen Schnatz wie im benachbarten Hüttenberg. Die Spinnstuben sind die Parties des jungen Volkes. [Rudolf Weigel, Seite 67.]

Reichstagswahlergebnisse in Kleinlinden
16.6.1903  Heyligenstaedt - 67  /  Köhler - 38  /  Krumm (SPD) - 88  Stimmen
                Stichwahl
                Heyligenstaedt 132   / Krumm (SPD)  105 Stimmen

[Erwin Watz und Karl Volk in "Gechichte der Arbeiterbewegung in Kleinlinden"; Seite 6.]

1904: Siebzehn Klein-Lindener Radler fanden sich im Monat Mai des Jahres 1904 zusammen und gründeten den ersten Radfahrer-Verein.  ...
Der Verein erhielt den Namen "Potentia". Kurze Zeit später wurde dieser in Radfahrer-Verein 1904 Klein-Linden geändert ....

Im Jahre 1905 trennte sich vom Radfahrer-Verein 1904 ein neuer Verein ab, der sich "Wanderlust" nannte, aber nur eine kurze Lebensdauer hatte.
[75 Jahre Radfahrer- Vereinigung 1904/27 Gießen-Klein-Linden; Seite 55.]

1906: Schon 1896 war in unserer Gemeinde die Kinderschule gegründet worden. 10 Jahre danach kann für sie ein neues Gebäude an der Pfingstweide eingeweiht werden. (27) [Rudolf Weigel, Seite 64.  Quelle 27: s. o.]

1906 wurde der Außenputz der Kirche durch die Weißbindermeister Jakob Fink und Ludwig Viehmann erneuert. [Nach einem Artikel von Hermann Rau aus Anlaß der nächsten Renovierung im Gießener Anzeiger vom 17.05.1952.]

Im Jahre 1908 bekam Klein-Linden einen Pfarrassistenten mit Wohnung in Klein-Linden. Von diesem Zeitpunkt ab wurde Klein-Linden immer mehr eine selbständige Kirchengemeinde im Pfarreiverband Großen-Linden.
Im Jahre 1910 wurden bereits 1802 evangelische Gemeindeglieder gezählt.
In den Jahren 1908 bis 1935 wirkten in Klein-Linden 9 Pfarrassistenten.
Erst 1935 wurde ein Pfarrer mit definitiven Rechten eingestellt. Im Zuge der Loslösung von Großen-Linden baute die Kirchengemeinde in den Jahren 1934/35 ein Pfarrhaus. Mit Wirkung vom 1. April 1951 wurde schließlich Klein-Linden vollständig aus dem Pfarreiverband Großen-Linden herausgenommen und zur selbständigen Pfarrei innerhalb des Dekanates Gießen erklärt.
 [Pfr. König in "Heimatbuch für das evangelische Dekanat Giessen - 1954"; S. 57.]

1909: Der Schützenclub "Roland" wird gegründet. [Nach "Linneser Backschießer", Ausgabe 48, Juli 1999.]
Am 10. Juni 1909 trafen sich im "Bernhardshäuser Hof" (dem späteren Turnerheim und und jetzigen Frankfurter Hof) einige schießfreudige Männer und gründeten den "Zimmerstutzenclub Roland 1909". Der Gedanke zur Gründung eines Schützenvereins war von dem Wirt des Bernhardshäuser Hofs, August Lamm, ausgegangen. (August Lamm wurde später der Besitzer des Gasthauses "Zum Lamm" in der Westanlage in Giessen). Man entwarf die Statuten und reichte sie "untertänigst", wie in den Akten steht, der Großherzoglichen Bürgermeisterei Klein-Linden zur Genehmigung ein. Am 9. Juli 1909 unterschrieb sie der damalige Bürgermeister Schaum und versah sie mit dem Dienstsiegel der Gemeinde. Danach durfte der junge Verein seine Schießtätigkeit aufnehmen.
[1909 - 1989   80 Jahre Schützenclub Roland e.v.]

1910.
Die oberhessischen Volkszählungsergebnisse Kreis Gießen, Gemeinde Klein-Linden:
Zahl der Haushaltungen 396, Einwohnerzahl 1841, davon sind 1802 evangelisch, 25 katholisch, 14 anderer Religion. (1905: 1642.) Der nach Gießen zu gelegene Ortsteil "Bernhardshausen" stieg von nicht ganz 200 auf 297 Personen.
[100 Jahre Freiwillige Feuerwehr Giessen-Klein-Linden, 1995; S. 169.]
[Nach: Hermann Rau: Geschichtliches von Klein-Linden, in: 50jähriges Jubiläumsfest der Radfahrervereinigung Klein-Linden; Seite 21. (Ohne Quellenangabe.) hatte Klein-Linden 1910 1680 Einwohner.]
Nach Gießen zu baut Maurermeister Bernhard die meisten Häuser und verkauft sie schlüsselfertig an die Interessenten. (s. B. Hahn 1908) Der Ortsteil heißt daraufhin Bernhardshausen. Auch an der linken Seite der oberen Lützellindener Straße, an der linken Seite der Hügelstraße und im oberen Teil der heutigen Schulgärten wird gebaut. Das Dorf wird mit elektrischem Strom versorgt und hat im Jahr 1910 (etwa) 1680 [Quellenangabe: Rau, H. in "300 Jahre Volksschule Gi.-Kl.-L."] oder 1802 [Quellenangabe: König, P. Pfarrgemeinde Klein-Linden im Heimatbuch f. d. evang. Dekannat Gießen, 1954] Einwohner. Die Mehrzahl der schon länger im Ort Ansässigen, betreibt neben ihrer Arbeit noch eine kleine Landwirtschaft, hält eine oder zwei Ziegen und füttert sich ihr Schwein.  [Rudolf Weigel; Seite 67.]

1910/1911: Die evangelische Krankenpflegestation wird gegründet. Am 01.07.1911 bezog die erste Schwester ihre Wohnung in der Kinderschule an der Pfingstweide. [125 Jahre Kirche Kleinlinden, Seite 42.]

Reichstagswahlergebnisse in Kleinlinden
10.3.1911  Beckmann  (SPD) - 116  /  Gisevus - 28  /  Korell - 120  /  Werner - 71  Stimmen
                Stichwahl am 21.3.1911
                Beckmann (SPD)  204   /  Werner  128 Stimmen

[Erwin Watz und Karl Volk in "Gechichte der Arbeiterbewegung in Kleinlinden"; Seite 6.]

Reichstagswahlergebnisse in Kleinlinden
12.1.1912  Werner - 88  /  Erkelenz - 156  /  Beckmann (SPD) - 123  Stimmen
                Stichwahl am 22.1.1912
                Werner  141  /  Beckmann (SPD)  205 Stimmen

[Erwin Watz und Karl Volk in "Gechichte der Arbeiterbewegung in Kleinlinden"; Seite 6.]

Am 18.und 19.10.1913 fand auch in Linnes eine Gedenkfeier zur hundertjährigen Wiederkehr der Völkerschlacht bei Leipzig statt. Dabei wurde auch an der Ecke Lützellindener Straße, Katzenbach und Hintergasse eine Gedächntnis-Eiche gepflanzt. Sie fiel Ende November 1961 einem Sturm zum Opfer. [Siehe: Linneser Backschießer, Ausgabe 45, Oktober 1998, nach einem Zeitungsartikel im GA vom 06.12.1961.]
Dazu gibt es eine interessante Urkunde im Archiv der evangelischen Kirchengemeinde Klein-Linden, die Sie hier sehen können.

Am 5. Oktober 1914 schließt ein Artikel des "Gießener Anzeiger - Generalanzeiger für Oberhessen" über einen Vergleich, mit dem die Enteignung von Gelände für die Umgehungsbahn abgewendet wurde, und von der Eisenbahnbehörde ein Quadratmeterpreis von 8 Mk gezahlt wurde:
Seither wurden Bauplätze an der Frankfurter Straße und in deren Nachbarschaft mit 3 - 4 Mk. für den Quadratmeter bezahlt. Es war dadurch auch dem geringen Manne möglich, ein Eigentum zu erwerben. Nachdem die Bodenpreise durch die Bahn doppelt so hoch geschraubt sind, wird die weitere Entwicklung des Dorfes wohl vorerst langsam vor sich gehen. [Zitiert nach: 100 Jahre Freiwillige Feuerwehr Giessen-Klein-Linden, 1995; Seite 173.]

Am 01. Juli 1918 wird die Strecke der sogenannten Klein-Lindener Verbindungsbahn erstmals befahren.
[Nach Dieter Eckert: Zur Entlastung des Gießener Bahnhofs; Ein kurzer aber wichtiger Schienenweg: Die Klein-Lindener Verbindungsbahn; Hess. Heimat, Nr. 13 / 25.6.2005]

Der 1. Weltkrieg bringt den Aufschwung zum Erliegen. Nun werden nur noch kriegswichtige Arbeiten erledigt. So wird 1914/15 mit italienischen "Gastarbeitern" die Umgehungsbahn gebaut, deren hoher Damm das Gesicht des Lahntals stark verändert. Im Jahr 1916 übernimmt die Friedrich Krupp AG den Bergwerksbetrieb und eröffnet das Manganbergwerk vor dem Eichenwäldchen jenseits der südlichen Grenze unserer Gemarkung (Alfredschacht).
........
Während des Krieges fallen 35 Ortsbewohner, während 3 als vermißt gelten. 5 davon sind auf dem hiesigen Friedhof beigesetzt (43 insg.??)

[Rudolf Weigel, Seite 68.]

1919
Es war ein relativ schwieriges Unterfangen, das Alter des hiesigen Ortsvereins der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands präzise zu belegen, ....
Aus den Eintrittsdaten in einem noch vorhandenen alten Mitgliedsbuch und den Eintragungen in den neueren Mitgliedsbüchern geht hervor, daß die Sozialdemokraten in Kleinlinden seit 1919 fest organisiert waren.
Somit dürfte das Gründungsjahr 1919 für den Ortsverein Kleinlinden feststehen.
  [Erwin Watz und Karl Volk in "Gechichte der Arbeiterbewegung in Kleinlinden"; Seite 1/2.]

Reichstagswahlergebnisse in Kleinlinden
6.6.1920  SPD  /  USPD  /  KPD  /  NSDAP  /  alle anderen Parteien zusammen  /  Anzahl der anderen Parteien  
              
327       150          ---        ---              413                                               4
[Erwin Watz und Karl Volk in "Gechichte der Arbeiterbewegung in Kleinlinden"; Seite 6.]

Etwa 1920: Gründung der Freien Turnerschaft. [Siehe unten; 1924.]

1921 kaufte der Turnverein von der Brauerei Melchior in Butzbach für 35.000,-- Mark den Bernhardshäuser Hof und von nun hatte der Verein ein eigenes Heim, welches den Namen "Turnerheim" trug.  Am 28.11.1935 mußte das Turnerheim, das bei dem Bombenangriff am 06.12.1944 vollständig zerstört wurde, aus finanziellen Gründen wieder verkauft werden. [Siehe: Hanfried Knapp in: 90 Jahre TSV Klein-Linden.]

Im Jahr 1921 wird die 1849 gegossene Glocke, die während des Krieges beschlagnehmt worden ist, durch eine neue ersetzt. Auf ihr ist zu lesen: "Nach Krieg und Leid und harter Zeit ruf ich erneut zur Seligkeit. Glockengießer Rincker in Sinn."
Im selben Jahr muß eine 6. Schulstelle eingerichtet werden. In diese wird der Schulverwalter Richard Matthes aus Haingrund im Odenwald eingewiesen.
1 Jahr später wird Albert Boßler 1. Rektor in Klein-Linden.
[Rudolf Weigel, Seite 68.]
Rektor Boßler und Lehrer Matthes betreiben intensiv Ortsgeschichtsforschung zu Linnes und veröffentlichen viele Artikel.

3. Januar 1922.
Die Grippe wütet fast in allen Orten des Kreises, mitunter liegen ganze Familie darnieder. Besonders stark tritt die Krankheit in der Gegend von Langsdorf, Hungen, Ettingshausen und Klein-Linden auf. Nicht selten treten Todesfälle ein.
[100 Jahre Freiwillige Feuerwehr Giessen-Klein-Linden, 1995; Seite 175; nach GA.]

1922: Der Frauenverein (heute Frauenhilfe) wird gegründet. [125 Jahre Kirche Kleinlinden, 1866-1991, Seite 15.]

19.11.1922 - Gemeindewahlen in Linnes:
  VSPD               3
  Demokraten      3
  Bürgerliste        6
(Stimmanteile nicht feststellbar)
  [Erwin Watz und Karl Volk in "Gechichte der Arbeiterbewegung in Kleinlinden"; Seite 4.]

Am 5. Mai des Jahres 1923 trafen sich in der Gastwirtschaft des Friedrich Rinn 64 Kleinlindener Bürger zur Gründungsversammlung der Spar- und Darlehenskasse. So beginnt die Chronik zum 75jährigen Bestehen der Genossenschaftsbank, die heute unter dem Dach der Volksbank Gießen weiter existiert. [Linneser Backschießer, Ausgabe 43, 1. April 1998.]

Einen kurzen Einblick in die Zeit der Inflation gewährt uns Rudolf Germer in seinem Artikel "Als Klein-Linden noch wirklich ein Dorf war".

Reichstagswahlergebnisse in Kleinlinden
4.5.1924  SPD  /  KPD  /  NSDAP  /  alle anderen Parteien zusammen  /  Anzahl der anderen Parteien  
              
456       19          12           354                                                 5
[Erwin Watz und Karl Volk in "Gechichte der Arbeiterbewegung in Kleinlinden"; Seite 6.]

1924 wird der SV "Germania" Klein-Linden als Fußballverein gegründet. [Nach: Hanfried Knapp in: 90 Jahre TSV Klein-Linden. Siehe auch unten: Einweihung des Sportplatzes am 03.04.1932. Herr Knapp schreibt weiter:]
Nach kaum dreijährigem Bestehen mußte jedoch der Spielbetrieb wieder aufgegeben werden und der SV "Germania" gehörte der Vergangenheit an, aber Fußball spielte man in Klein-Linden weiter, nämlich in der Freien Turnerschaft, die etwa im Jahr 1920 entstand und im Spieljahr 1925/26 erstmals eine Fußballabteilung gründete.
Klein-Lindener Jugendliche, die im Turnverein keinen Fußball spielen konnten und bei der Freien Turnerschaft nicht spielen wollten, gründeten in der Gastwirtschaft "Speier" auf Initiative von Willi Knapp im Jahre 1929 einen neuen Sportverein, in dem allerdings nur Jugendmannschaften spielten, da nicht genügend aktive Spieler vorhanden waren.
Siehe dazu auch: "Geschichte der Arbeiterbewegung in Kleinlinden" von Erwin Watz und Karl Volk, Seite 14. Danach wurde etwa im Jahre 1920 in Kleinlinden eine Freie Turnerschaft gegründet. Die Freie Turnerschaft wurde, wie alle Arbeitervereine, 1933 von den Nazis verboten; ihr Vermögen rissen sich die Nazis unter den Nagel und verwendeten es für ihre verbrecherischen Zwecke.

24. Juni 1924.
Man schreibt uns: In diesem Blatte wurde schon auf die große Staubplage in der Frankfurter Straße hingewiesen. Wie allgemein bekannt, haben die hiesigen Anwohner der Wetzlarer- und Frankfurter Straße unter diesem Mißstand ebenfalls schwer zu leiden, namentlich in der engen Wetzlarer Straße kann der Staub nicht abziehen, und die Hausfrauen wissen ein Lied davon zu singen, wie bei Trockenheit alles Putzen und Staubwischen nichts hilft, da durch die vielen durchrasenden Autos alle Arbeit als vergeblich gilt. .....  
[GA; zitiert nach: 100 Jahre Freiwillige Feuerwehr Giessen-Klein-Linden, 1995; Seite 175.]

Im Jahr 1925 wohnen 1985 Männer, Frauen und Kinder in unserer Gemeinde.
Von diesen ernähren sich:
   421 aus der Landwirtschaft  =  21 %
   690 durch ihre Arbeit in der Industrie, im Bergbau und im Baugewerbe  =  35 %
   668 durch ihre Beschäftigung in Handel und Verkehr (Eisenbahn)  =  34 %
   215 übrige  =  10 %
Auch jetzt bearbeiten noch viele Familien nebenbei ihre 2 - 3 Äcker u. Wiesen und halten sich Schweine und Ziegen (Beamtenkühe). Im gleichen Jahr wird die Feldbereinigung durchgeführt. .....
In diesen Jahren werden die Häuser an der rechten Seite der Hügelstraße gebaut und im Brandweg entsteht die neue Zigarrenfabrik Behrens, die vorher in einem alten Gebäude in der Wetzlarer Straße untergebracht war.
  [Rudolf Weigel, Seite 68.]

15.11.1925 - Gemeindewahlen in Linnes:
  SPD                               168 Stimmen     4 Sitze
  Vereinigte Landliste         134 Stimmen     4 Sitze 
  Bürgerliche Vereinigung   118 Stimmen     2 Sitze
  Friedrich Jung                 100 Stimmen     2 Sitze
(Bezeichnent bei der Wahl war die überaus große Stimmenthaltung der Frauen - Giessener Anzeiger -)
[Erwin Watz und Karl Volk in "Gechichte der Arbeiterbewegung in Kleinlinden"; Seite 4.]

Im Mai 1927 gründeten zehn Radfahrer, ..... in der Gaststätte "Zum Löwen" einen weiteren Verein, der sich "Radclub Germania" nannte. [25jähriges Jubiläumsfest Radfahrer-Vereinigung Giessen-Klein-Linden; Seite 39.]

Im Jahre 1927 gründete der damalige Pfarrer Wilhelm Göbel mit seiner Konfirmandengruppe den christlichen Jugendverein. [125 Jahre Kirche Kleinlinden, 1866-1991, Seite 17.] 
Pfarrer Walter Bremmer führte die Jugendarbeit in Klein-Linden von 1928 bis zu
m Verbot durch die Nazis weiter. Von ihm und seinem Vorgänger berichteten ältere Linneser begeistert. Mehrfach waren die Eltern der im späteren CVJM aktiven Jugendlichen Mitglieder im Jugendverein.
In einem Artikel der Gießener Allgemeinen vom 12.09.12 zum 125-Jährigen des CVJM Gießen heißt es sogar: In Kleinlinden war unter der Leitung von Pfarrer Bremmer die „Evangelische Jugenvereinigung (CVJM)“ entstanden.   
Hanfried Klein erinnert sich, daß die Jüngeren im Evangelischen Jugendverein zwar die Eichenkreuzfahne führten, aber "CVJM" hätten sie sich s. W. nicht genannt. 
Direkt nach der "Machtergreifung" der Nazis wurde auch die ev. Jugendarbeit massiv behindert; die ev. Jugend sollte aufgelöst werden. Dagegen wurde in Mainz auf einer großen zentralen Versammlung protestiert. [Hinweis Dieter Allendörfer nach Bericht von Hanfried Klein.] 
Hanfried Klein berichtet mir in einem Telefonat 2012 ebenfalls von dieser Fahrt: 
Die Linneser Jugendlichen fuhren auf einem offenen LKW unter der Eichenkreuzfahne von Kleinlinden nach Mainz gefahren. Ein ca. 5 bis 6 km langer Fackelzug zog abends durch Mainz; übernachtet wurde in der "Goldene Ross Kaserne" in Mainz. 
Aber auch diese Protestveranstaltung der Ev. Jugend konnte den Terror der braunen Barbaren nicht aufhalten. 
Elisabeth Allendörfer berichtete, dass mit der Machtergreifung durch die NSDAP im Vereinshaus "Germersch Häuschen" Zerstörungen angerichtet wurden. Die Polizei riet von einer Anzeige ab, weil dann mit Problemen zu rechnen sei. Man vermutete Mitglieder der Hitlerjugend, die die Arbeit des evangelischen Jugendvereins behindern wollten.


Im Herbst 1927 wurde das Innere der Kirche durch die Weißbindermeister Ludwig Viehmann und Friedrich Lenz II. renoviert; die Ausmalung der Stirnseite und der Männerempore führte der Kirchenmaler Kienzle aus Eberstadt bei Darmstadt durch. [Nach einem Artikel von Hermann Rau im Gießener Anzeiger vom 17.05.1952.]

Reichstagswahlergebnisse in Kleinlinden
20.5.1928  SPD  /  KPD  /  NSDAP  /  alle anderen Parteien zusammen  /  Anzahl der anderen Parteien  
                
332       13          10           234                                                 8
[Erwin Watz und Karl Volk in "Gechichte der Arbeiterbewegung in Kleinlinden"; Seite 6.]

Ab 1928 bemühten sich eine Anzahl junger Leute in einer Ortsgruppe der Sozialistischen Arbeiterjugend (SAJ) um die politische Aufklärung der Jugend. [Erwin Watz und Karl Volk in "Gechichte der Arbeiterbewegung in Kleinlinden"; Seite 8 und Seite 11 (unten).]
Im Jahre 1928 wurde auch in Kleinlinden von einer Gruppe Jugendlicher ein Ortsverein der SAJ Gegründet.

9. Dez. 1928.
Seit einigen Tagen hat die Reichspost wieder einen Autobus-Pendelverkehr zwischen Gießen und Klein-Linden eingerichtet. Leider aber muß man die Feststellung machen, daß von dieser Einrichtung, die von allen Seiten gewünscht worden war, nur sehr wenig Gebrauch gemacht wird, da sie allem Anschein nach noch nicht bekannt ist. Außerdem verkehren nach wie vor Autoomnibus-Fahrten ins Kleebachtal, die unser Dord berühren.
[GA; zitiert nach: 100 Jahre Freiwillige Feuerwehr Giessen-Klein-Linden, 1995; Seite 175.] 

17.11.1929 - Gemeindewahlen in Linnes:
 
Zahl der Stimmberechtigten     1333
  Zahl der Wähler                        733
  davon gültig 724 ungültig 9 Stimmen
  Sozialdemokratische Partei               333 Stimmen    6 Sitze
  Christl. Sozialer Volksdienst              125 Stimmen    2 Sitze
  Hessischer Landbund                        109 Stimmen    2 Sitze
  Bürgerliche Vereinigung                       59 Stimmen    1 Sitz
  Liste der Bürgerlichen                          98 Stimmen    1 Sitz
[Erwin Watz und Karl Volk in "Gechichte der Arbeiterbewegung in Kleinlinden"; Seite 4.]

Klein-Lindener Sportverein 1929/30
Diesen neu gegründeten Sportverein ereilte nach zweijährigem Bestehen das gleiche Schicksal wie der SV "Germania", denn auch hier mußte der Spielbetrieb wieder eingestellt werden.
[Hanfried Knapp in: 90 Jahre TSV Klein-Linden.]

Zur Zeit der Arbeitslosigkeit (1929-1933) kommt es zu verschiedenen Formen von "Arbeitsdiensten". Da gibt es eine Gruppe, die Wald- und Wegearbeiten verrichtet oder eine andere, die in Lager einzieht und schließlich auch Uniform trägt. 1931/32 werden - sicher als Notstandsarbeiten - das Wasserleitungs- und das Kanalnetz gebaut.  [Rudolf Weigel; Seite 68/69.]

Reichstagswahlergebnisse in Kleinlinden
14.9.1930  SPD  /  KPD  /  NSDAP  /  alle anderen Parteien zusammen  /  Anzahl der anderen Parteien  
                
498       21          171           395                                                 10

[Erwin Watz und Karl Volk in "Gechichte der Arbeiterbewegung in Kleinlinden"; Seite 6.]

2. Juli 1930.
Die hiesige Gemeindekasse ist von gestern ab in die neue Schule verlegt, so daß eine unmittelbare Verbindung mit den Diensträumen der Bürgermeisterei hergestellt ist. Hierdurch werden viele unnötige Wege gespart.
  [GA; zitiert nach: 100 Jahre Freiwillige Feuerwehr Giessen-Klein-Linden, 1995; Seite 177.]

14. August 1930.
In unserer Gemeinde befinden sich zur Zeit 60 Arbeitslose, worunter 10 Ausgesteuerte zu verzeichnen sind. Die verheirateten ausgesteuerten Erwerbslosen werden von der Gemeinde unterstützt, und es entstehen derselben hierduch größere Aufwendungen. Um das Los der Erwerbslosen zu erleichtern und so viel wie möglich Arbeitsgelegenheit zu schaffen, wäre es sehr zu wünschen, wenn endlich im kommenden Herbst mit dem dringend notwendigen Bau der Wasserleitung und Kanalisation begonnen würde.
  [GA; zitiert nach: 100 Jahre Freiwillige Feuerwehr Giessen-Klein-Linden, 1995; Seite 179.]

24. September 1930.
Die geringe Obsternte der Gemeinde gelangte heute zur Versteigerung. Birnen und Zwetschen waren überhaupt nicht vorhanden, nur einzelne Bäume mit Äpfel wurden ausgeboten. Infolge der vielen Liebhaber kam der Zentner am Baum auf 15 bis 20 Mark. Der Gesamtertrag der Versteigerung beläuft sich auf 118 Mark, gegen 1400 Mark im vorigen Jahr.
16. Oktober 1930.
Hier werden seit einigen Tagen viele Kinder, besonders solche in noch nicht schulpflichtigem Alter, von den Masern heimgesucht. Die Kinderschule mußte geschlossen werden, da weit mehr als die Hälfte der Kinder von der Krankheit befallen ist.
30. Okt. 1930.
Heute morgen ist mit den Wasserleitungsarbeiten begonnen worden. Im ganzen werden etwa 100 Arbeiter bei dem Bau beschäftigt sein, so daß unsere gesamten Erwerbslosen für die nächste Zeit untergebracht sind. Auch dürfen bis zu 20 v. H. der Belegschaft Wohlfahrtsunterstützungsempfänger sein, so daß der Gemeinde hierdurch eine gewisse Entlastung zuteil geworden ist.
[GA; zitiert nach: 100 Jahre Freiwillige Feuerwehr Giessen-Klein-Linden, 1995; Seite 181.]

Nach einem ersten, 1928 gescheitertem Versuch, eine Handballabteilung innerhalb des Turnvereins ins Leben zu rufen, wurde diese am 30.05.1930 gegründet, nachdem schon am 27.04.1930, ohne Zustimmung des Vorstandes, ein Freundschaftsspiel in Großen-Linden stattgefunden hatte.
Am 18.4.1931 schloß sich die Handballmannschaft des Jugendbundes Klein-Linden dem Turnverein an.
[Siehe: Hanfried Knapp in: 90 Jahre TSV Klein-Linden.]
Herr Knapp erwähnt, daß es in dieser Zeit in Klein-Linden auch noch eine Freie Turnerschaft gab. 

Zusammen mit den Sportlern der anderen Vereine fand dann die Einweihung des Sportplatzes am Sonntag, dem 3. April 1932 statt.
Der Fußballsport nahm nicht im Turnverein seinen Anfang, sondern im SV "Germania" Klein-Linden, der im Jahre 1924 von Klein-Lindener Buben im damaligen "Bernhardshäuser Hof" gegründet wurde, ...
[Hanfried Knapp in: 90 Jahre TSV Klein-Linden; siehe oben.]

Reichstagswahlergebnisse in Kleinlinden
31.7.1932  SPD  /  KPD  /  NSDAP  /  alle anderen Parteien zusammen  /  Anzahl der anderen Parteien  
              
  450       32         594           122                                                 7
[Erwin Watz und Karl Volk in "Gechichte der Arbeiterbewegung in Kleinlinden"; Seite 6.]

Reichstagswahlergebnisse in Kleinlinden
6.11.1932  SPD  /  KPD  /  NSDAP  /  alle anderen Parteien zusammen  /  Anzahl der anderen Parteien  
                
384       64         505           169                                                 7
[Erwin Watz und Karl Volk in "Gechichte der Arbeiterbewegung in Kleinlinden"; Seite 6.]

Reichstagswahlergebnisse in Kleinlinden
5.3.1933  SPD  /  KPD  /  NSDAP  /  alle anderen Parteien zusammen  /  Anzahl der anderen Parteien  
              
376       34          682           206                                                 6
[Erwin Watz und Karl Volk in "Gechichte der Arbeiterbewegung in Kleinlinden"; Seite 6.]
Hier haben sich die Deutschen, und auch die Linneser, ihre Schlächter mit Mehrheit selbst gewählt. Deutschland versinkt für 12 Jahre in Terror und Wahnsinn, Mord und Völkermord und zwingt der Welt einen Krieg auf, wie ihn die Menschheitsgeschichte bis dahin noch nicht erlebt hat.

1933 hatte Linnes 2085 Einwohner. [Nach: Hermann Rau: Geschichtliches von Klein-Linden, in: 50jähriges Jubiläumsfest der Radfahrervereinigung Klein-Linden; Seite 21. (Ohne Quellenangabe.)]

1933 greifen Partei und Staat in das Vereinsleben ein. Auf behördliche Weisung werden die beiden Klein-Lindener Gesangvereine Eintracht und Harmonie zur "Sängervereinigung Klein-Linden" verschmolzen. Im gegenseitigen Einvernehmen wird in der Generalversammlung von 1936 mit "behördlicher Billigung" die Trennung der Sängervereinigung in die ursprünglichen Vereine vollzogen.  [90 Jahre Gesangverein "Harmonie" Klein-Linden; Seite 11.]

02.07.1934: Einweihung eines neuen Spritzenhauses in Klein-Linden. [Siehe: 100 Jahre Freiwillige Feuerwehr Giessen-Klein-Linden, 1995; Seite 151.]

Am 14.10.1934 wird das Kriegerdenkmal eingeweiht. Nachdem das Hakenkreuz nach Ende der Naziherrschaft entfernt wurde, erfolgte erst 1990 [! kein Eingabefehler!] eine Art Umwidmung durch das Anbringen der folgenden Inschrift:
Die Toten mahnen die Lebenden. Lernen wir, miteinander zu leben, nicht gegeneinander. Ehren wir die Freiheit. Arbeiten wir für den Frieden. Nie wieder Krieg. 1. September 1990
Im Linneser Backschießer, Ausgabe 39, 1. April 1997, ist eine Schülerarbeit von Stefan Scholz, Lützellinden, über das Denkmal veröffentlicht, die im Rahmen des Kunstunterrichts der August-Hermann-Francke-Schule entstand. Die Arbeit endet mit den Worten:
"Was noch anzumerken ist: Wie praktisch eigentlich, dem Denkmal von damals das Hakenkreuz zu nehmen und ein paar kluge Worte anzubringen, um genau die gegenteilige Aussage zu machen, ohne das Denkmal wesentlich anders gestalten zu müssen. Alle Achtung!"
Wie erschreckend diese verbliebene Monstrosität auf, besonders auch ausländische, Besucher von Linnes wirkt, habe ich mehrmals beim ersten Besuch von Freunden erfahren, die mich irritiert fragten, ob Linnes eine Militaristen- oder Nazihochburg sei. 
Dabei können die Linneser noch froh sein, daß ein vorher vorgesehener Standort nicht genehmigt wurde: Ein Entwurf, das Ensemble direkt vor der Kirche aufzubauen, sodaß man die Kirchentür nur noch von seitwärts, hinter der Rückwand mit Bank, erreichen konnte, wurde abgelehnt. [Entwurf im Kirchenarchiv vorhanden.]   

Seit Beginn des Jahrhunderts ist Klein-Linden von Pfarrassistenten  seelsorgerisch betreut worden, die bei Privatleuten auf Miete gewohnt haben.
In den Jahren 1934/35 wird das Pfarrhaus in der Hügelstraße gebaut.
  [Rudolf Weigel, Seite 69] 

Im Jahre 1935 trat die "Radfahrer-Vereinigung Klein-Linden" unter Führung von Johannes Gärtner das Erbe der beiden Klein-Lindener Radfahrer-Vereine an. Der Verein "Wanderlust" hatte nur kurze Zeit bestanden, und so fanden sich die beiden Vereine Klein-Lindens von 1904 und der Radclub "Germania" von 1927 zusammen und beschlossen, in der Vereinigung die alte Tradition des Radsportes in Klein-Linden hochzuhalten und zu fördern. [25jähriges Jubiläumsfest Radfahrer-Vereinigung Giessen-Klein-Linden; Seite 41.]

20. Nov. 1935.
In den letztenTagen wurden in der Frankfurter und der Wetzlarer Straße nahe der durch die vielen Unfälle bekannten Straßengabelung von der Straßenverwaltung größere, weithin sichtbare, nachts leuchtende Schilder mit der Aufschrift "Todesfalle" angebracht. Man glaubt, damit den großen Gefahren vorzubeugen, die an dieser Stelle den Fahrzeugen aller Art drohen. Ob mit dieser Maßnahme für die Zukunft wirklich den Unfällen gesteuert wird, muß dahingestellt bleiben, zumal die an der Straße aufgestellten Totenköpfe auch nicht die Unfälle verhinderten. Die einzige sichere Maßnahme wäre die Regelung des Verkehrs durch einen Verkehrsposten und die Ermäßigung der Geschwindigkeiten für die Kraftfahrzeuge bei der Durchfahrt durch unser Dorf. Auch die Anbringung einer Verkehrsampel mit verschieden farbigem Licht über einer noch zu errichtenden Verkehrsinsel wäre in Erwägung zu ziehen.
12. Dezember 1935.
Die Ortsschelle wird außer Dienst gestellt. Infolge der größeren Ausbreitung unseres Dorfes in den letzten Jahren ist es nicht mehr möglich, durch die Ortsschelle die ortsüblichen Bekanntmachungen allen Einwohnern, namentlich den am Rande wohnenden, zugänglich zu machen. Auch machte der überaus starke, viel Lärm verursachende Verkehr vieler Kraftfahrzeuge dem die Bekanntmachungen ausrufenden Polizeidiener die Arbeit des Ausrufens oft recht sauer. Gegenwärtig werden an den Straßen Kästen aufgehängt, im ganzen zwanzig Stück, in denen die Bekanntmachungen in Zukunft ausgehängt werden.
12. Dezember 1935.
Bei der Viehzählung in unserer Gemeinde wurde folgender Bestand festgestellt: 19 Pferde, 310 Stück Rindvieh, 282 Schweine, 199 Ziegen, 89 Angora-Wollkaninchen, sonstige Kaninchen 149, 3061 Stück Federvieh, 29 Bienenvölker. In den Monaten September, Oktober und November wurden 90 Hausschlachtungen vorgenommen.

[GA; zitiert nach: 100 Jahre Freiwillige Feuerwehr Giessen-Klein-Linden, 1995; Seite 185.]

1935/36 baut die Gemeinde auf der Pfingsweide das Schwimmbad und danach wird das "Hitler-Jugend-Heim", die frühere Burgschule, auf dem Platz des ehemaligen alten Friedhofes erstellt.  [Rudolf Weigel, Seite 69.]

1937 zählt unser Ort 2240 Einwohner. Im Jahr [1938] baut man in unserem Dorf ein großes unterirdisches Verstärkeramt. Die Erdmassen genügen, um einen tiefen Graben, die "Hohl", zwischen der Lützellindener Straße und der Straße "auf der Hohl" sowie die Wüstung zwischen der Burggartenstraße und der Lützellindener Straße zuschütten, einplanieren und in Gartenland umwandeln zu können. [Rudolf Weigel, Seite 69.]

Am 10. Oktober 1938 hatte Linnes 2251 Einwohner. [Nach: Hermann Rau: Geschichtliches von Klein-Linden, in: 50jähriges Jubiläumsfest der Radfahrervereinigung Klein-Linden; Seite 21. (Ohne Quellenangabe.)]

Am 31.03.1939, um 12.00 Uhr, verliert Klein-Linden seine Selbständigkeit durch Zwangseingemeindung nach Gießen.

Am 18.06.1942 wurde die Obusstrecke vom Selterstor nach Linnes eröffnet und ersetzte den seit 1926 bestehenden Kraftpostdienst. [Siehe "Linneser Backschießer", Ausgabe 59, 1. April 2002.]

Ab August 1942 bis zum Kriegsende sind russische Zwangsarbeiter in der "Eiche" untergebracht; siehe "Linneser Backschießer", Ausgabe 56, Juli 2001.

06.12.1944: Die Menschen in Linnes erleben den ganzen Wahnsinn eines Krieges. Ich wünsche mir, daß meine und alle folgenden Generationen so etwas nie mehr erleben müssen und daß sich viele Menschen aus Linnes auch weiterhin schon im Vorfeld gegen Kriegs- und Rüstungswahnsinn, Nationalismus und Chauvinismus, fortbestehende und wiederauflebende faschistische Tendenzen, neue deutsche Großmachtfantasien, und auch gegen jeglichen Einsatz von Militär als (nie funktionierender) "Konfliktlösungsversuch" in aller Welt, wenden. Was "Kollateralschäden" einer wahnsinnig gewordenen, den Militärs überlassenen, Politik sind, haben die Linneser in diesen schrecklichen Tagen, die ich als 6 Monate altes Kind auf den Kartoffeln im Luftschutzkeller "erlebte", furchtbar erfahren müssen.

Bei den schweren Bombenangriffen am 6. und 11. Dezember 1944, bei denen über 100 Gemeindemitglieder getötet und viele Häuser zerstört wurden, ... [Pfr. König in "Heimatbuch für das evangelische Dekanat Giessen - 1954"; S. 58.]
Nach Beendigung der nationalsozialistischen Diktatur und eines entsätzlichen Weltkrieges beklagte der Vorort Klein-Linden den Tod von über 100 Angehörigen, die durch Bombenangriffe umgekommen waren sowie zahlreiche gefallene und vermißte Väter und Söhne.  .......
Von ca. 420 Häusern in Klein-Linden waren nicht beschädigt     14
                                                                   leicht beschädigt   317
                                                        mittelschwer beschädigt     29
                                                                          total zerstört     39

[Erwin Watz, Stadtältester, in "75 Jahre Radfahrer- Vereinigung 1904/27 Gießen-Klein-Linden"; Seite 19.]

Ein Gedenkbuch mit den Namen aller Linneser Opfer des 2. Weltkrieges wurde von Erwin Watz und Karl Volk erstellt und am 10.09.1983 den beiden Kirchengemeinden übergeben. Das Gedenkbuch soll nun in der Kirche allen Klein-Lindenern zugänglich sein. Eine Fotokopie wird in der Friedhofskapelle ausgelegt.
Nach den Erkenntnissen von Erwin Watz und Karl Volk verloren 256 Männer, Frauen und Kinder aus Linnes in diesem Krieg ihr Leben.
Davon sind 155 gefallene oder vermißte Kleinlindener Soldaten. Die restlichen 101 Personen waren Bombenopfer der Angriffe im November und Dezember 1944. Damit fielen bei einer Einwohnerzahl von 2350 im Jahr 1939 zwölf Prozent der Bevölkerung Klein-Lindens dem Krieg zum Opfer. Selbst die beiden Forschenden hätten nicht gedacht, daß es so viele waren. Eine besonders traurige und makabre Erkenntnis war für die Beteiligten die Tatsache, daß vierzig Prozent der Toten nicht auf dem Schlachtfeld starben, sondern in der Heimat. [Siehe: Erwin Watz und Karl Volk: "Gechichte der Arbeiterbewegung in Kleinlinden"; Seite 100.]
Die Namen der Opfer des Bombenangriffs und die Namen der aus Linnes stammenden Gefallenen werden auch in Hugo Weigels 2004 erschienen Gedenkschrift zum 60. Jahrestages des Bombenangriffes vom 06.12.1944 genannt. Die Gedenkschrift ist unter "Veröffentlichungen / Hugo Weigel" zu lesen.

Es ist mir bisher nicht bekannt, wieviele Menschen aus Linnes zwischen 1933 und 1945 insgesamt Opfer des Naziregimes wurden, da meines Wissens noch nicht erforscht ist, ob auch in den Konzentrationslagern Menschen aus Linnes ermordet wurden. Bisher ist mir nur bekannt, daß (mindestens) eine Frau aus Linnes, Anna Marie Markel, in der Hadamarer Psychiatrie ermordet wurde, in der, neben anderen psychiatrischen Kliniken, die Unmenschen an psychisch kranken Menschen ihre Mordmethoden entwickelten, mit denen sie später den Völkermord in "industrialisierter Perfektion" vollzogen.
Für Hinweise bin ich dankbar, denn ich bin der Meinung, daß auch diese Opfer des Terrors nicht vergessen werden dürfen.
Der namentlich bekannten Ermordeten und Verfolgten wird innerhalb der "Linneser Familiengeschichte" mit einer Extraseite gedacht.  
Unbekannt ist auch, wieviel Menschen in den Selbstmord getrieben wurden, und wieviele an den Folgen körperlicher und seelischer Verletzungen zu leiden hatten und dadurch verfrüht verstarben.
Ebenfalls noch unbekannt ist, ob Soldaten aus Linnes der Nazi-Miltärjustiz zum Opfer fielen.
Mit Bewunderung blicke ich auf Herrn Otto Etzel, der auch in der Zeit des Terrorregimes seinen Überzeugungen und seinem Glauben treu blieb und Gestapo- und KZ-Haft zu erdulden hatte, weil er jüdischen Mitbürgern half. [Siehe auch bei "Linneser Familien".]
Einen kleinen Einblick in die Verfolgung Andersdenkender schon im Mai 1933 geben die beiden Sozialdemokraten Karl Volk und Erwin Watz in ihrer Geschichte der Arbeiterbewegung in Kleinlinden.
Ich würde mich freuen, wenn ich noch weitere Linneser in ehrendem Andenken nennen könnte und bitte deshalb um Hinweise.

Das selbstgewählte Naziregime und seine Untaten sind bis heute fast völlig unbearbeitet geblieben. Eine sogenannte "Entnazifizierung" blieb eine Verhöhnung der Opfer, schaffte aber eine "ausreichende" Verleugnung und Verdrängung.
Wie aus der Psychotherapie eindeutig bekannt ist, sind Verdrängung und Verleugnung Mechanismen, die der Fortdauer der Erkrankung dienen.
Nur so ist es meines Erachtens zu erklären, daß heute, 2004, in einer erneuten wirtschaftlichen Krisensituation, die genau gleichen Mechanismen, die zur Naziherrschaft geführt haben, wieder Anwendung finden. Die "Schuld" für eine wirtschaftlich mißliche Lage wird auf die Schwachen des Gemeinwesens übertragen. Heute sind dies Rentner, Arbeitslose, Kranke und Sozialhilfeempfänger. Die Opfer einer neoliberalen, menschenverachtenden Globalisierung werden in einer perversen Verdrehung von Ursache und Wirkung zu Schuldigen erklärt.
Für einen Menschen mit noch etwas funktionierendem Verstand ist es einfach nicht nachvollziehbar, daß der Arbeitslose, der durch seine Arbeitslosigkeit oft noch psychisch erkrankt ist, schuld sein soll an den bestehenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten.
Die aktuelle Verteufelung dieser Menschen durch einen, heute oft freiwillig "gleichgeschalteten" kleinen aber lautstarken Teil der Presse, und die bespiellose finanzielle Ausbeutung der Schwächsten durch neueste "Reform"-Gesetzgebung erinnert fatal an die Zeiten vor Beginn der Naziherrschaft.
Ohne eine generelle Aufarbeitung ist hier das Schlimmste zu befürchten.
Heute, 2018, haben sich meine schlimmsten Befürchtungen bestäigt: Der braune Mob zieht wieder durch Deutschlands Straßen und jagt seine Opfer.  
Auch der zweite Hauptweg des Ablenkens von realen Schwierigkeiten, der militärische Angriff gegen wahnhaft als Feindvölker erlebte Menschen, der heute von den USA betrieben wird, ist in Deutschland leider wieder "denkbar" geworden. Es gab keinen Aufschrei der Empörung bei uns gegen den offenen Wahnsinn einer Aussage, daß die Freiheit der Deutschen heute am Hindukusch verteidigt werden muß.

Am 28.04.1945 besetzen Amerikaner den Ort. Wieviel gefallene und vermißte Wehrmachtsangehörige Klein-Linden im 2. Weltkrieg hat, ist zunächst nicht zu ermitteln. Nach der Kapitulation am 8. u. 9. Mai 45, befinden sich aber über 250 ehemalige Soldaten in fremdem Gewahrsam. Von ihnen kehren nach 1946 noch über 90 aus Kriegsgefangenschaft zurück.  [Rudolf Weigel, Seite 69]
Bald nach Kriegsende ist die sog. "Kanalflotille" an der Arbeit. Zu ihr werden zahlreiche Ortsbewohner verpflichtet, die "wiedergutmachen" sollen und die Bombenschäden beseitigen sollen. [Rudolf Weigel, Seite 70.]

So wurde, nachdem die Militärregierung ihre Genehmigung erteilt hatte, allerdings mit der Auflage, daß es nur ein Verein sein darf, in dem alle Sportarten vereinigt sein müssen, im Juli 1945 ein Verein gegründet, der den Namen Sportverein trug. Auch die Radfahrvereinigung 04/27 Klein-Linden war mit einbezogen und gehörte diesem neu gegründeten Verein an.  ............
Mit vereinsinternen Schwierigkeiten begründeten einige Mitglieder der Radsportabteilung die am 11.9.1948 vollzogene Trennung und die Abteilung machte sich wieder unter dem Namen Radfahrvereinigung 1904/27 selbständig.  [Hanfried Knapp in: 90 Jahre TSV Klein-Linden.]

Kurz nach der Wiedergründung der SPD für den Gießener Raum im September 1945 trafen sich auch ehemalige schon vor 1933 der Partei angehörige Mitglieder und einige Sympathiesanten in Kleinlinden zur Gründung eines Ortsvereins in der Gastwirtschaft "Zum Strümpfchen". Zum ersten Vorsitzenden wurde Erwin Watz gewählt.  [Erwin Watz und Karl Volk in "Gechichte der Arbeiterbewegung in Kleinlinden"; Seite 26. Seite 27:]
Das durch die zwangsweise Eingemeindung am 1.4.1939 zum Stadtteil von Giessen gewordene Gemeinwesen, beklagte über 100 Angehörige, die durch Bombenangriffe umgekommen waren sowie über 150 gefallene und vermißte Väter und Söhne. [Es folgt dann die obige Häuserliste.]

Linnes hat 1945 noch 70 landwirtschaftliche Betriebe mit eigenem Fuhrwerk, meist Nebenerwerbsbetriebe.  [Hugo Weigel.]   

Für Mitte Mai 1946 ist die Wiederaufnahme des Obus-Verkehrs vom Selterstor nach Kleinlinden geplant. 
[Gießener Allgemeine, 09.04.2016; Gießener Stadtgeschichte; Vor 70 Jahren:] 

Über den Wiederbeginn der ev. Jugendarbeit nach Ende der Naziherrschaft und des Krieges berichtet Hanfried Lenz: 
Nach Kriegsende war zunächst einmal das EJW  durch Herrn Weckbach (später persönlicher Referent des  hessischen Kirchenpräsidenten) und dann durch Herrn Gärtner in Klein-Linden tätig. Danach kam der CVJM. In Linnes leitete
Pfarrvikar Karl Trechsler die CVJM-Gruppe. Er hielt bis zur Rückkehr von Pfarrer König eine Zeitlang die Gottesdienste in Linnes. 
Dieter Allendörfer berichtet: 
Anfang 1947 setzte sich der Vorstand wie folgt zusammen:  
1. Vorsitzender: Karl Trechsler  
Stellvertreter: Karl Lenz sen.  
Kassenwart: Heinz Rau   
Schriftführer: Ernst Holler   
Schriftführerin Mädchen: Brigitte König   
Beisitzer: Hans Germer und Inge Stein
  
Am 17.12.1947 fand eine Vorstandsitzung des CVJM Klein-Linden statt. Am 04.01.1948 wurde das neue Heim feierlich eingeweiht. Vorsitzender war Karl Trechsler, Pfarrer, Inhaber einer Kohlenhandlung. Das Heim war ein Gartenhaus im Feld zwischen Klein-Linden und Allendorf/Lahn. Es gehörte Karl Germer, Besitzer einer Gärtnerei in der Frankfurter Straße. Sein Sohn Hans Germer führte diesen Betrieb weiter. Karl Germer war auch im Kirchenvorstand. Gemietet wurde das Haus vom CVJM Klein-Linden ab 1. Juli 1947 bis 31.12.1950 für halbjährlich 60 Reichsmark/DM.  
Mit Beschluss des CVJM-Vorstandes vom 18.0
2.1974 wurde der Verein aufgelöst. Die Arbeit wurde nach Absprache mit dem Kirchenvorstand  von der Ev. Kirchengemeinde weitergeführt.       
[Eine Dokumentation über die von Hans Hamel, Kurt Bovensiepen und Herbert Kraske geleiteten, und teilweise gegründeten, CVJM-Gruppen in Linnes, Heuchelheim, Alten-Buseck u.a.kann beim Autor dieser Chronik von damaligen Mitgliedern der Gruppen abgeholt werden. Bitte"Stick" mitbringen. Da viele Bilder vorhanden sind, umfaßt die Dokumentation 3,87 GB.]

Im Jahr der Währungsreform 1948 wird die während des Krieges abgeholte Kirchenglocke durch eine neue ersetzt und geweiht. [Rudolf Weigel, S. 70.]
[Zur Glockenweihe am 31.10.1948 findet sich im Kirchenarchiv folgender Zeitungsartikel:]

Glockenweihe in Klein-Linden
Klein-Linden (G). Von den vielen Glocken, die während des Krieges abgeliefert werden mußten, sind nur wenige wieder in ihre Heimatorte zurückgekehrt. Auch eine Glocke von Klein-Linden kam nicht zurück, so daß sich die Gemeinde dazu entschloß, allen Schwierigkeiten zum Trotz wieder eine zweite Glocke zu erwerben. Für die neue Glocke mußte Altmaterial abgegeben werden. Durch Mitglieder der Jugendvereinigung, der Konfirmanden und des Ortspfarrers wurden aus Bombentrichtern in schwerer mühevoller Arbeit 7 Zentner Kupfer zusammengetragen, außerdem wurden noch 2 Zentner Altkupfer von einem Ortseinwohner gestiftet. Als nach der Währungsreform das gestiftete Geld zusammengeschrumpft war, wurde durch den Kirchenvorstand erneut eine Sammlung durchgeführt, so daß die benötigte Summe wieder zusammenkam.
  Am 28. Oktober wurde die neue Glocke aus der Glockengießerei Gebr. Rinker, Sinn, geholt und mit Hilfe einiger Gemeindeglieder in den Turm gebracht. Am vergangenen Sonntag erfogte im Rahmen des Kirchweihgottesdienstes unter Mitwirkung des Kirchenchores die feierliche Einweihung der Glocke durch Pfarrer König. Zwei von der Schwester i. R. Elisabeth Jung, verfaßte und von Konfirmanden vorgetragene Gedichte "Willkommen der Gemeinde an die neue Glocke" und "Mahnung und Ruf der Glocke" verschönten die Weihestunde.
  Die neue Glocke trägt die Inschrift: "Aus Krieg und Leid und schwerer Zeit, ruf ich erneut zur Seeligkeit" - "Wachet, stehet im Glauben, seid männlich und seid stark." Die Jahreszahlen: "1849 - 1921 - 1948" erinnern spätere Geschlechter an die Geschichte der Glocken. Wenn nun die Glocken von Klein-Linden ihr Geläute ertönen lassen, so wollen wir hoffen, daß sie auch bald den langersehnten Frieden einläuten mögen.

In der Gießener Algemeinen vom 08.11.2008 findet sich zur Glockenweihe in der Rubrik Gießener Stadtgeschichte - Vor 60 Jahren:
"Aus Krieg und Leid und schwerer Zeit ruf ich erneut zur Seligkeit" - "Wachet, stehet im Glauben, seid männlich und seid stark" - so lautet die Inschrift der neuen Glocke der Kleinlindener Kirche. Ihre Vorgängerin hatte - wie so viele andere - im Krieg abgegeben werden müssen. Zum Bau der neuen Glocke hatten die Gemeindemitglieder - darunter Jugendchor und Konfirmanden - in mühevoller Kleinarbeit aus den Bombentrichtern sieben Zentner Kupfer zusammengetragen, zudem stiftete ein Ortseinwohner noch zwei Zentner Altkupfer. Jetzt konnte die fertige Glocke in der Gießerei Gebr. Rinker, Sinn, abgeholt und feierlich geweiht werden.     

1948 ist auch das Gründungsjahr des Linneser Obst- und Gartenbauvereins.

1948
In der Gießener Algemeinen vom 04.10.2008 findet sich in der Rubrik Gießener Stadtgeschichte - Vor 60 Jahren:
Die Eisenbahnbrücke über die Main-Weser-Bahn beim Stellwerk Klein-Linden wird zur Zeit wieder hergestellt. Sie wurde in den letzte Kriegstagen durch Bombenwurf zerstört, sodass sie vollständig neu gebaut werden musste. Nachdem die Betonierung fertiggestellt ist, wird jetzt die Auffahrt angelegt, sodass die Brücke in acht Tagen für den Verkehr freigegeben werden kann. Damit wird vor allem denlandwirtschaftlichen Betrieben aus Klein-Linden ein erheblicher Zeitverlust erspart, der sich gerade in den Erntezeiten bemerkbar gemacht hat.  

Januar 1949 [Gießener Allgemeine, 14.02.2009; Gießener Stadtgeschichte; Vor 60 Jahren:] 
Auf Grund der sich mehrenden Grippeerkrankungen bei den Schülern müssen die Pestalozzischule und die Schulen in Wieseck und Kleinlinden vorübergehend geschlossen werden. In anderen Schulen wird der Lehrbetrieb in den Klassen unterbrochen, in denen mehr als die Hälfte der Schüler erkrankt ist. 

Januar 1949 [Gießener Allgemeine, 21.02.2009; Gießener Stadtgeschichte; Vor 60 Jahren:] 
In Klein-Linden fällt ein siebenjähriger Jung beim Spielen in den Feuerlöschteich in der oberen Frankfurter Straße. Ein Anwohner wird durch das Schreien des Kindes auf den Vorfall aufmerksam, holt den Kleinen aus dem unfreiwilligen Bad und bringt ihn nach Hause.  
[Wie lange bestand der Löschteich? Hat noch jemand ein Foto, das er zur Verfügung stellen kann?] 

Im Jahre 1949 wäre der frühere Turnverein 60 Jahre alt geworden und der im Jahre 1945 zugelassene Sportverein war ja als Nachfolger des Turnvereins anzusehen.
Man nahm daher diesen Geburtstag zum Anlaß, um viele Mitglieder des früheren Turnvereins wieder als Mitglieder aufzunehmen, der Verein führte ab sofort den Namen Turn- und Sportverein Klein-Linden und das 60-jährige Stiftungsfest fand unter Mitwirkung der drei Klein-Lindener Gesamtvereine
[Gesangvereine?] am 20.10.1949 in der Gastwirtschaft "Zur Deutschen Eiche" statt. [Hanfried Knapp in: 90 Jahre TSV Klein-Linden.]

1950: Die 300-Jahr-Feier der Volksschule Gießen-Klein-Linden (1650-1950) wurde am 17. und 18. Juni 1950 mit einem reichhaltigen Programm begangen. [Erwin Watz, Stadtältester, in "75 Jahre Radfahrer- Vereinigung 1904/27 Gießen-Klein-Linden"; Seite 23.]
1950 hatte Linnes 2780 Einwohner. [Nach: Hermann Rau: Geschichtliches von Klein-Linden, in: 50jähriges Jubiläumsfest der Radfahrervereinigung Klein-Linden; Seite 21. (Ohne Quellenangabe.)]
So hat unser Stadtteil 1950 rund 2780 Einwohner. Das sind 530 Menschen mehr als kurz vor dem Krieg. [Rudolf Weigel, Seite 70.]

Februar 1950 [Gießener Allgemeine, 27.02.2010; Gießener Stadtgeschichte; Vor 60 Jahren:] 
Nachdem schon vor einigen Jahren das alte Leiternhaus mit seiner mannigfaltigen Tradition auf dem Maiplatz und dann das kleine Spritzenhaus sowie die "Gassebomp" aus dem Dorfbild Kleinlindens verschwunden sind, ist die Stadt nunmehr dazu übergegangen, auch den alten Dorfbrunnen in der Wetzlarer Straße mit Erde zu füllen.   

Dezember 1950 [Gießener Allgemeine, 18.12.2010; Gießener Stadtgeschichte; Vor 60 Jahren:] 
Feuerpilze von bis zu 50 Meter Höhe entwickeln sich bei einem Brand auf dem Verschiebebahnhof Kleinlinden. Ein auf einem toten Gleis abgestellter Güterzug, dessen Wagen mit Benzinfässern beladen ist, fängt Feuer durch die Funken, die von einem vorbeifahrenden Zug herrühren. 
Bahnpersonal kann den brennenden Waggon zwar noch an eine ungefährlichere Stelle bugsieren, dort explodieren die Fässer jedoch, und es kommt zu einem Flammeninferno, bei dem glücklicherweise nur hoher Sachschaden entsteht. 

Am 01.04.1951 wird Klein-Linden selbständige Pfarrei innerhalb des Dekanats Gießen.  [Rudolf Weigel, Seite 70.]

Am 31.03.1951 hatte Klein-Linden 2822 Einwohner. [Nach Gießener Allgemeine vom 16.04.2011; Gießener Stadtgeschichte; Vor 60 Jahren.] 

Am 10. September 1951 wurde die "Markwald-Siedlung" mit 240 Wohnungen eingeweiht. 
Nach "Erste Schritte zum Neuanfang - Der Bau der Vertriebenensiedlung Markwald ab 1949", einer Arbeit von 2 Schülerinnen der Landgraf-Ludwig-Schule im Rahmen eines bundesweiten Geschichtswettbewerbs "Geschichte des Helfens" (um 1997). 
In der sehr gut zusammengestellten und lesenswerten Arbeit erfährt man, wie in Lützellinden untergebrachte Heimatvertriebene 1949 die Gemeinnützige Bau- und Siedlungsgenossenschaft Lützellinden eGmbH gründeten und mit welchen Schwierigkeiten sie zu kämpfen hatten, bis die Markwald-Siedlung gebaut war: 
1950 begann der Bau der Doppelhäuser. Am 8. September 1951 wurde das Richtfest für die ersten sechs Doppelhäuser "zu einem rechten Volksfest". 1952 lebten bereits 100 Menschen in den Häusern, obwohl noch keine Wasserleitungen verlegt waren; das Wasser mußte in der Sandgrube (Bacheler) geholt werden. 
1953 begann der Bau der restlichen 6 Doppelhäuser; ebenfalls wurde mit dem Bau der Nebenerwerbssiedlung mit 14 Einzelhäusern begonnen. Fertigstellung und Verlosung der 14 Häuser sei 1956 erfolgt. Im letzten Teil der Siedlung, Frankfurter- und Gregor-Mendel-Straße wurde auch schon ab 1953 gebaut. Ende der 50er Jahre wurden 4 Bungalows auf dem "Tennisschläger" erbaut, nachdem die katholische Kirche den Bau einer kleinen Kirche dort abgelehnt hatte. 
Der aus Spendengeldern finanzierte Gedenkstein am Bacheler, der an die Vertreibung erinnert, wurde 1980 vom Bund der Vertriebenen aufgestellt. 
1986 wurde "30 Jahre Markwald" mit einem Straßenfest gefeiert. 

Im Mai 1952 wurde die Burgschule eingeweiht [Gießener Allgemeine, 12.05.2012; Gießener Stadtgeschichte; Vor 60 Jahren:] 
Bei strahlendem Sonnenschein strömen zahlreiche Kleinlindener zu dem neuen Schulgebäude, das in schöner Hanglage in der Wetzlarer Straße steht und im Rahmen eines Festakts seiner Bestimmung übergeben wird. Um der durch den Krieg und die Nachkriegszeit verursachten kulturellen Verarmung entgegenzutreten und um neuen Schulraum zu beschaffen, hatte die Stadtverwaltung vor Jahresfrist beschlossen, das ehemalige Hitlerjugend-Heim in Kleinlinden zu einem Schulhaus umzubauen. 

Im Jahre 1952 wurde die Burgschule (früheres HJ-Heim) mit drei Unterrichtsräumen eingeweiht, etwas später das alte Schulhaus renoviert und darin ein weiterer Schulsaal freigemacht.
1952 wurde auch die Renovierung der Kirche abgeschlossen. Bei den Bombenangriffen vom 06. und 11.12.1944 hatte ein großer Stein das Kirchendach durchschlagen, die Kirchendecke zertrümmert und war im Kirchenschiff gelandet. Der Schaden wurde bald behoben. 1951 wurden das Kirchen- und das Turmdach überholt. [Nach einem Artikel von Hermann Rau im Gießener Anzeiger vom 17.05.1952, kurz vor Ende der Renovierungsarbeiten.]
.................
Nach zögerndem Beginn machte die Bautätigkeit in einem bis dahin nie gekannten Ausmaß Fortschritte. Die Stadt mußte immer wieder - so auch in Klein-Linden - neue Baugebiete erschließen. So wurde auf der Heide (Andreasteich) mit dem Bau eines neuen Ortsteils begonnen. Im Jahre 1952 erwarb die Stadt von Großen-Linden 4,6 ha Land am Südrand der Gemarkung östlich der Frankfurter Straße. Hier errichteten sich Heimatvertriebene, von denen viele vorher in Lützellinden gewohnt hatten, neue Heimstätten. Schließlich wurde auch das Land zwischen Frankfurter Straße und Main-Weser-Bahn erschlossen und bebaut.
[Erwin Watz, Stadtältester, in "75 Jahre Radfahrer- Vereinigung 1904/27 Gießen-Klein-Linden"; Seite 25.] 
[Zum Bau der Markwaldsiedlung: siehe unter dem 10. September 1951.] 

24.01.1953: Das Jugendheim in der Hügelstraße wird eingeweiht. [Siehe: 125 Jahre Kirche Kleinlinden, 1866-1991, Seite 19.]
                  [Nach den Unterlagen im Kirchenarchiv war die Einweihung am 24.01.1954.]   

Am 20.05.1953 wurde das durch Kriegseinwirkung zerstörte Schwimmbad in Klein-Linden wieder eröffnet.  [Erwin Watz, Stadtältester, in "75 Jahre Radfahrer- Vereinigung 1904/27 Gießen-Klein-Linden"; Seite 25.]
[Gießener Allgemeine, 24.03.2003; Gießener Stadtgeschichte; Vor 50 Jahren:]
Kleinlinden badet wieder - nach 9 Jahren Unterbrechung im schön gelegenen Freibad, das im Krieg durch Bombentreffer schwer beschädigt wurde. Die Wände der Becken wurden mit der sogenannten "Mammuthaut", einem neuen Mittel in der Bädertechnik, wasserundurchlässig gemacht. Die Bombentrichter sind eingeebnet, konnten aber nicht mehr rechtzeitig mit Rasen eingesät werden.  

Juni 1953 [Gießener Allgemeine, 15.06.2013; Gießener Stadtgeschichte; Vor 60 Jahren:] 
Die am südlichen Ausgang von Kleinlinden von Heimatvertriebenen erbaute Markwaldsiedlung ist nunmehr aufgrund eines Beschlusses der hessischen Staatsregierung offiziell nach Gießen eingemeindet worden. Seither gehörten die Bewohner der an Kleinlinden angrenzenden Siedlung gemeindlich zu dem etwa drei Kilometer entfernten Großen-Linden.

Im Februar 1954 hat Kleinlinden 3154 Einwohner. [GA vom 20.03.1004; Gießener Stadtgschichte; vor 50 Jahren.]
1954 hatte Linnes 3178 Einwohner. [Nach: Hermann Rau: Geschichtliches von Klein-Linden, in: 50jähriges Jubiläumsfest der Radfahrervereinigung Klein-Linden; Seite 21. (Ohne Quellenangabe.)]

Am 16.05.1954 und am 24./25.07.1954 fanden die ersten Radrennen "Rund um Klein-Linden" im Rahmen des 50jährigen Jubiläums der Radfahrer-Vereinigung statt. Der Rundkurs führte durch die Schulstraße (heute: Schulgärten), Waldweide, Bergstraße (Albert-Boßler-Straße), Am Kirchpfad, Heide, Lützellindener-Straße und Steinstraße (Katzenbach). Herr Deibel teilte noch mit, daß bis 1956 insgesamt 6 Radrennen auf diesem Rundkurs durchgeführt wurden.

Jahrelange Bemühungen aller sporttreibenden Vereine in Klein-Linden zum Bau einer Turnhalle führten im Mai 1958 zum Erfolg. Die neue Turnhalle, nach den damaligen modernsten Gesichtspunkten des Sportstättenbaues errichtet, wurde am 10. 5. 1958 feierlich eingeweiht.  [Erwin Watz, Stadtältester, in "75 Jahre Radfahrer- Vereinigung 1904/27 Gießen-Klein-Linden"; Seite 27.]

Im Dezember 1958 werden einige Linneser noch einmal mit den Folgen der 14 Jahre zurückliegenden Bombardierung konfrontiert. In der Gießener Allgemeinen findet sich am 13.12.2008 in der Rubrik "Gießener Stadtgeschichte - Vor 50 Jahren":
Bange, spannungsgeladene anderthalb Stunden müssen viele Bürger von Kleinlinden und mit ihnen ein großes Aufgebot der Gießener und der Landpolizei überstehen, bis der Leiter des Wiesbadener Sprengkommandos und sein Helfer aus dem 3,50 Meter tiefen Bombenloch auf der Pfingstweide wieder herauskommen. Ihr Lächeln deutet an: Es ist geschafft. Nachdem am Vortage die Entschärfung der Zehn-Zentner-Bombe wegen Komplikationen hatte unterbrochen werden müssen, konnte die Arbeit nun - trotz weiterer Schwierigkeiten - vollendet werden. Die Sperrung der Bundesstraße 49 wird aufgehoben, die Bewohner der umliegenden Häuser können in ihre Wohnungen zurückkehren.       

Januar 1959 [Gießener Allgemeine, 10.01.2009; Gießener Stadtgeschichte; Vor 50 Jahren:]
Viele der alten Linden und auch etliche der alljährlich so früh grünenden Kastanienbäume wurden ein Opfer der immer mehr fortschreitenden Verkehrsentwicklung. Infolge der Straßen- und Erdarbeiten mussten die Bäume gefällt werden. Vor einigen Jahrzehnten war die geplante Frankfurter Straße noch bis zum heutigen Stadtausgang im südlichen Kleinlinden auf mehr als zwei Kilometer zu beiden Seiten mit Bäumen bepflanzt.  

August 1959 [Gießener Allgemeine, 15.08.2009; Gießener Stadtgeschichte; Vor 50 Jahren:]
Der Vorort Kleinlinden gehört schon seit 1939 zur Stadt Gießen. Somit sollte man annehmen, dass sich die Kleinlindener kaum noch wie eine eigene Gemeinschaft fühlen und ihr Eigenleben aufgegeben haben. So ist es aber doch nicht ganz. Die 3600 Bewohner, darunter besonders die älteren, sind echte Kleinlindener, betreiben noch einen kleinen landwirtschaftlichen Betrieb und sprechen ihren eigenen Dialekt, der sich von dem der Gießener unterscheidet. Die jüngere Generation zieht es allerdings stärker zur Stadt. Dem Autofahrer, der auf der Frankfurter Straße nach Gießen zufährt, werden die fast kahl wirkenden Häuserfassaden rechts und links auffallen. Nur ein paar Schritte braucht man in eine der Seitenstraßen tun, um sich zu überzeugen, dass der Anschein der Kahlheit täuscht.    

August 1959 [Gießener Allgemeine, 22.08.2009; Gießener Stadtgeschichte; Vor 50 Jahren:]
Nachdem inzwischen auch für die Stadtteile Klein-Linden und Wieseck die Müllabfuhr obligatorisch eingeführt worden ist, wird das "wilde Ablagern" von Müll in Sandgruben und Bombentrichtern verboten und unter Strafe gestellt. Die Stadt unterhält einen ständigen Müllabladeplatz am Leihgesterner Weg (Bergwerkswald) und einen vorübergehenden Müllabladeplatz an der Ursulum. Auf beiden Plätzen sind Vorkehrungen getroffen, dass Ratten- und Fliegenplagen nicht entstehen und Grundwasservergiftungen vermieden werden.  

Am 14. 5. 1961 wurde auf dem Friedhof in Klein-Linden in einer Weihestunde die neue Friedhofskapelle durch Oberbürgermeister Osswald den beiden christlichen Kirchen in ihre Obhut übergeben. [Erwin Watz, Stadtältester, in "75 Jahre Radfahrer- Vereinigung 1904/27 Gießen-Klein-Linden"; Seite 29.]  
14.05.1961 [Gießener Allgemeine, 14.05.2011; Gießener Stadtgeschichte; Vor 50 Jahren:] 
Auf dem schönen Friedhof von Kleinlinden wird die neue Friedhofskapelle in feierlichem Rahmen ihrer Bestimmung übergeben. Viele Kleinlindener Bürger haben sich in und bei der Kapelle versammelt, auf deren Dachfirst ein Kreuz vom Sinn des Evangeliums kündet. Im Verlauf der kurzen Weihestunde danken Pfarrer König für die evangelische Gemeinde und Oberstudienrat Dr. Hans Lutz für die katholische Gemeinde der Stadt und allen Helfern, die dieses schöne neue Gebäude geschaffen haben. 

24.01.1964 [Gießener Allgemeine, 24.01.2004; Gießener Stadtgeschichte; Vor 40 Jahren:]  
Bei einem verheerenden Großbrand in der Gaststätte "Frankfurter Hof" in Kleinlinden werden ein 13 Jahre alter Junge getötet und drei weitere Menschen verletzt. Nach ersten Erkenntnissen der Feuerwehr ist das Feuer vermutlich zwischen 1.15 Uhr und 2 Uhr im Schankraum ausgebrochen und hat sich danach in Windeseile über die anderen Räume im Erdgeschoss ausgebreitet und das Mobiliar völlig zertsört. Der 13-Jährige sei wahrscheinlich bei dem Versuch, ins Freie zu gelangen, von Rauch und Gasen bewusstlos geworden und erstickt.

Am 1. 12. 1964 wurde der neue Glockenturm der Klein-Lindener Kirche aufgesetzt. Die Arbeiten dauerten etwa 2 Stunden. Zunächst hob ein Kran die Holzkonstruktion für den Glockenraum auf die Aufsatzstelle, dann wurde die rund sieben Meter hohe Turmspitze auf das Glockenteil gesetzt.
Durch eine Spendensammlung in der Gemeinde konnten bald zwei weitere Glocken angeschafft werden.
  [Erwin Watz, Stadtältester, in "75 Jahre Radfahrer- Vereinigung 1904/27 Gießen-Klein-Linden"; Seite 31.] 
[Die beiden neuen Glocken läuteten zu Ostern 1965 erstmalig.]    

Am 30. Jan. 1965 [1963?] hat Klein-Linden 4100 Einwohner. [Rudolf Weigel, Seite 70.]

22.06.1966: "Das schwerste Sommerhochwasser seit Menschengedenken"
"Ein Unwetter ungeheuren Ausmaßes suchte gestern Oberhessen, vor allem aber den Kreis Gießen heim! 80-jährige Augenzeugen berichteten, dies sei das schwerste Sommerhochwasser der letzten 100 Jahre gewesen. Besonders schwer betroffen sind die Gemeinden im Lumdatal und im Lahntal" - So begann ein Bericht der "Allgemeinen Zeitung" am Samstag, 23. Juli 1966. Bereits drei Tage zuvor waren Wassermassen ins Lumdatal eingedrungen, hatten Schäden in Millionenhöhe angerichtet. [Gießener Allgemeine vom 22.06.2006]
Es werden Überflutungen und Schäden aus Heuchelheim berichtet; ob es auch in Linnes zu Schäden kam, ist nicht erwähnt.

1966 wurde, vor der 100-Jahrfeier im Oktober, die Kirche renoviert und dabei der Chor erweitert. [Nach einem Artikel von Peter Weyrauch im Dez. 1977 im Gießener Anzeiger.]

Wegen des starken Kraftfahrzeugverkehrs mußte die Frankfurter Straße in Klein-Linden erweiteret werden. Im August 1967 wurde mit den Vorarbeiten begonnen. Zunächst wurden etwa 40 bis 50 Chausseebäume gefällt, .... [Erwin Watz, Stadtältester, in "75 Jahre Radfahrer- Vereinigung 1904/27 Gießen-Klein-Linden"; Seite 33.]
[Auch die Baumgruppe mit einer schönen Kastanie an der Einmündung der Waldweide in die Frankfurterstraße fiel dieser, bald wieder zurückgenommenen, Baumaßnahme zum Opfer.]
Wegen des starken Verkehrs muß zu dieser Zeit auch die Frankfurter Straße im Ort erweitert werden. Dabei fallen die Chaussebäume der Säge zum Opfer.
[Rudolf Weigel, Seite 71.]
Anfang September 1967 öffnete die neu errichtete große Mittelpunktschule (Brüder-Grimm-Schule) für 450 Kinder aus Klein-Linden und Allendorf [ihre] Pforten.
  [Die offizielle Einweihung erfolgte am 02.02.1968.]
In der alten "Roten Schule" wurde am 1. 7. 1968 der Kindergarten in modernisierten Räumen in Betrieb genommen.
[Erwin Watz, Stadtältester, in "75 Jahre Radfahrer- Vereinigung 1904/27 Gießen-Klein-Linden"; Seite 33.]

Im Sommer 1969 setzt man die Spitzhacke an das alte Lehrerhaus und die beiden Schulsäle in der Wetzlarer Str.
Am 8. Sept. d. J. soll das Türmchen der 1613 erbauten Kapelle mit einem Kran von den alten Schulsälen genommen werden, um vielleicht auf dem Friedhof eine neue Verwendung zu finden. Das Unternehmen mißlingt jedoch. Das Türmchen kommt zwar gut vom Dach herunter, bricht aber dann über dem Lastwagen - wegen einer kleinen Unvorsichtigkeit auseinander -. Es ist danach wohl auch zu alt, um noch einmal renoviert werden zu können.
[Rudolf Weigel, Seite 71.]

Am 20.06.1971 wird der neue Fußballplatz, eine Aschenbahn und eine Leichtathletikanlage eingeweiht. [Nach Erwin Watz, a. a. O., S. 35] 
[Gießener Allgemeine, 25.06.2011; Gießener Stadtgeschichte; Vor 40 Jahren:] 
Der Regen hat es nicht vermocht, Sportenthusiasten und städtische Prominenz von der Einweihung der neuen Sportanlage in Kleinlinden abzuhalten. Bei großer Beteiligung findet das lokale Ereignis unter Regenschirmen statt, was den Vorsitzenden des Turn- und Sportvereins Gießen-Klein-Linden, Hermann Hinterlang zu der Bemerkung veranlasst: "Hier gehört noch eine überdachte Tribüne hin." 

04.07.1971: Das evangelische Gemeindehaus in den Schulgärten wird eingeweiht. [Siehe: 125 Jahre Kirche Kleinlinden, 1866-1991, Seite 25.]

20.10.1971: Die Dreschhalle wird durch ein Feuer vernichtet.

Der südliche Erweiterungsbau der Brüder-Grimm-Schule wurde bis zum Beginn des Schuljahres 1972 fertiggestellt. Er nimmt den Realschul- und Gymnasialzweig der damit zur schulformbezogenen Gesamtschule gewordenen Bildungsstätte auf.  [Erwin Watz, Stadtältester, in "75 Jahre Radfahrer- Vereinigung 1904/27 Gießen-Klein-Linden"; Seite 35.]

Im Jahre 1973 wurden das Hanggelände hinter der Burg und das Gelände hinter der Gastwirtschaft "Zur deutschen Eiche" (Hermann-Rau-Straße) als neue Wohngebiete erschlossen.
Nach dem Ausbau einer Radrennstrecke im Sportgelände wurde am 30. 9. 1973 erstmals nach vielen Jahren wieder ein Rundstreckenrennen durchgeführt.
[Erwin Watz, Stadtältester, in "75 Jahre Radfahrer- Vereinigung 1904/27 Gießen-Klein-Linden"; Seite 37.] 

Am 8. Mai 1974 fand im "Frankfurter Hof" die Gründungsversammlung des Ortsverbandes Kleinlinden der CDU statt. [Backschießer Nr. 108,S. 39f.]   

Mit dem Bau der Turnhalle bei der Brüder-Grimm- Schule im Jahre 1974 wurde der Trainings- in Spielbetrieb in die dortige Turnhalle verlegt und von nun an hatte man noch bessere Möglichkeiten.  [Siehe: Hanfried Knapp in: 90 Jahre TSV Klein-Linden.] 

17.10.1974: Erste Veranstaltung des Seniorenclubs Klein-Linden, später Seniorenteff.

Am 17. 8. 1975 wurde "In der Hell" in der Gemarkung Klein-Linden ein romatisch gelegener Grillplatz eingeweiht. [Erwin Watz, Stadtältester, in "75 Jahre Radfahrer- Vereinigung 1904/27 Gießen-Klein-Linden"; Seite 41.]

1975 findet am letzten Augustwochenende nach 10jähriger Pause wieder eine Kirmes in Linnes statt. Ausrichter ist der TSV.
[Gießener Allgemeine; 23.07.1975.]

Am 02.10.1976 berichtet die Gießener Allgemeine, daß die Kirche geschlossen werden mußte, da der Hausschwamm das Deckengebälk über dem Chor befallen hatte. Gottesdienste werden während der notwendigen Sanierung in der Friedhofskapelle gehalten.

Die Linneser waren vom 01.01.1977 bis Mitte 1979 Einwohner einer Großstadt. Diese Großtat der Politik und der Verwaltungsbürokratie scheiterte glücklicherweise am Widerstand der Bevölkerung. Schade, daß bei der Auflösung der "Großstadt Lahn" nicht auch gleich die Zwangseingemeindung von Linnes rückgängig gemacht wurde. 

Etwa ab 1978 wird der "Südeingang" von Linnes von einer riesigen Betonkonstruktion "verziert". "Beste Möglichkeiten" für den Autoverkehr hatten hier noch Vorrang vor Wohnqualität, und ein Chronist nennt das Bauwerk sogar eine Attraktion für unseren Stadtteil. Trotz des nun geschlossenen Straßenrings um Gießen wurde die nun eigentlich unnötige Durchfahrt durch Linnes auf der Frankfurterstraße aber nie gesperrt.

Das Klein-Lindener Bürgerhaus, ein neues Zentrum örtlichen Gemeinschaftslebens, wurde am Samstag, dem 9. September 1978, unter starker Beteiligung der Bürger eingeweiht.  [Erwin Watz, Stadtältester, in "75 Jahre Radfahrer- Vereinigung 1904/27 Gießen-Klein-Linden"; Seite 47.]

Am 06. September 1981 fand erstmals der "Tag der Ortsvereine" statt.

Am 28. Oktober 1983 wurde der neu erstellte Brunnen vor der evangelischen Kirche offiziell in Betrieb genommen. [Erwin Watz und Karl Volk in "Gechichte der Arbeiterbewegung in Kleinlinden"; Seite 53.]

1984: Beginn der Partnerschaft der ev. Kirchengemeinden Klein-Linden und Luthergemeinde Gießen mit der presbyterianischen Kirche im Distrikt Bawku in Ghana. Im Februar 2004 fand zum 20jährigen Bestehen der Partnerschaft eine Ausstellung im Gemeindehaus statt.

06.05.1984: Einweihung des neuen Gerätehauses der Freiwilligen Feuerwehr.

Im September 1987 erscheint die erste Ausgabe des "Linneser Backschießer".

Juli 1988 [Gießener Allgemeine, 13.07.2013; Gießener Stadtgeschichte; Vor 25 Jahren:]  
Das erste Gießener Wohngebiet mit einer flächendeckenden Geschwindigkeitsbeschränkung wird das "Märchenviertel" in Kleinlinden sein. Der Regierungspräsident hat soeben dem Antrag der Stadt entsprochen, für alle Straßen zwischen Frankfurter Straß und Bahnlinie Tempo 30 zu verhängen. Bis zu einer entsprechenden Kennzeichnung aller Zufahrten werden allerdings noch einige Wochen verstreichen, weil zunächst die erforderlichen Schilder angeschafft werden müssen.   
Zum Glück wurden später auch die Straßen auf der anderen Seite der Frankfurterstraße zur Tempo 30 Zone. 
Ich hoffe, daß meine Enkel noch erleben werden, daß sich "menschenschonende verkehrspolitische Vernunft" weiter durchsetzt, daß Frankfurter- und Wetzlarerstraße mit Tempo 30 befahren werden dürfen, alle anderen Linneser Straßen aber zu für alle Verkehrsteilnehmer gelichberechtigten "Spielstraßen" werden.

Im Herbst 1995 wird mit "Märchenland" der zweite Linneser Kindergarten in Betrieb genommen.

Im Jahr 1996 lebten in Klein-Linden 4690 Menschen in 1079 Häusern. 48 Kinder wurden  geboren und 12 Männer und 19 Frauen starben. Es gab 2031 Pkw, 111 Krafträder, 69 Lkw und 23 Zugmaschinen. [Linneser Backschießer, Ausgabe 43, 01.04.1998; nach dem Statistischen Jahresbericht 1996.]

1997, im November(?), wird das Postamt Klein-Linden geschlossen; im Dezember besteht die Postagentur "beim Roland".

1998 hatte Linnes 4326 Einwohner, werden auch mit Nebenwohnsitz gemeldeten dazu gerechnet, sind es 4766. Es gab 1101 bewohnte Gebäude.
[Linneser Backschießer, Ausgabe 53, Oktober 2000; nach dem Jahresbericht der Stadt Gießen.]

1998 bis 2000: Das Kirchenasyl für eine kurdische Familie in Kleinlinden kann nach genau zwei Jahren beendet werden. Wie der Gemeindepfarrer mitteilt, hat die Familie soeben nach Vorlage einer Reihe von medizinischen Gutachten eine dreimonatige Duldung durch den Landrat des Kreises Gießen erhalten. Die Kirchengemeinde sei erleichtert, dass für die Familie ein, wenn auch befristet, legaler Zustand erreicht worden sei, erklärt der Pfarrer. Die Gemeinde hoffe, dass sich nun weitere Lösungsmöglichkeiten fänden. [Gießener Allgemeine, 04.09.2010; Gießener Stadtgeschichte; Vor 10 Jahren.]
Wie würde unsere Welt heute aussehen, wenn sich die christliche "Amtskirche" in den vergangenen 2000 Jahren auch schon an die Vorgaben ihres Stifters gehalten hätte?

Februar 2001: [Gießener Allgemeine, 12.02.2011; Gießener Stadtgeschichte; Vor 10 Jahren:] 
Die Selbstmorddrohung eines 42-jährigen Waffennarrs führt in der Nacht zu einem Großaufgebot von Polizei und Rettungsdiensten in Kleinlinden. Die Straße, in der der Mann lebt, wird komplett abgesperrt. Weil seine Frau ihn verlassen hatte, wolle er sich erschießen, hatte der Familienvater seiner Tochter gesagt und sich in der Wohnung verschanzt. Viele Medienvertreter bis hin zu Kamerateams privater Fernsehsender sind in den Ortskern gekommen. Nachdem sich die Polizeikräfte Zutritt ins Haus verschafft haben, finden sie den 42-Jährigen tot vor. Er hat sich erschossen.  

Vom 28. Juli bis zum 5. August 2001 führt der TSV Gießen-Kleinlinden unter dem Motto "Fremde werden Freunde" sein erstes internationales Jugendcamp durch.

Seit dem 18.10.2002 hat Linnes wieder eine Burschenschaft. 21 Gründungsmitglieder riefen an diesem Tag in der Gaststätte "Zum Linneser" die Burschenschaft "Linneser Bierkehlchen" ins Leben. [Siehe "Linneser Backschießer", Ausgabe 62, Januar 2003.]

Ende August 2003 wurde auf dem Kirchenvorplatz der Historische Stein aus Linnes angebracht, dessen Ursprung bis heute noch nicht geklärt ist. [Siehe "Linneser Backschießer", Ausgabe 65, Oktober 2003, und mehrere frühere Ausgaben.]  

Nach Auffinden der alten Fahne wurde die Burschaft "Burgundia" in 2003 auf Iniative von Ewald Klein wiederbelebt.  

Am 28.02.2005 ging Roland Germer in Rente. In 27 Jahren Dienstzeit bestand "beim Roland" nicht nur ein Lebensmittelmarkt sondern eine "Linneser Institution".
Noch im Laufe des Jahre 2005 soll Linnes nun sein letztes innerörtliches Lebensmittelgeschäft verlieren.
In meiner Kindheit und Jugendzeit konnte ich noch vier Lebensmittelgeschäfte in 2 bis 5 Minuten zu Fuß erreichen (Häusersch; Konsum; Fouriersch; Schepps), mindestens zwei weitere (Germer; Jung) gab es in der Wetzlarer Straße und eins in Bernhardshausen (Adolphs).
Was ist nun eigentlich Fortschritt, und was Rückschritt?

Im Herbst 2006 stellten Linneser Frauen im Rahmen einer sehr gut besuchten Ausstellung im ev. Gemeindehaus ihr erstes Buch
"Was könnt' man schreiben ..., Buch und Bibel!  Auf den Spuren der Kleinlindener Frauengeschichte" (Redaktion Dagmar Hinterlang) vor.

November 2007:  
Sehr erschreckend finde ich, daß der Ungeist der Naziverbrecher auch heute noch in manchen Hirnen herumspukt; auch wenn es sich im hier dokumentierten Fall um einen "Einzeltäter" handelt.
Hier zitiert nach Amadeu Antonio Stiftung im Internet; Chronik antisemitischer Vorfälle 2007: 
Gießen (Hessen)
Jüdischer Küster angegriffen 

Ein Mann hat den jüdischen Küster der evangelischen Gemeinde im Gießener Stadtteil Kleinlinden (Hessen) am 3. November mit den Worten »Judenschwein, raus aus Deutschland« beschimpft und auf ihn eingeschlagen. Der Küster wurde verletzt und musste im Universitätsklinikum behandelt werden. Nach Informationen des Gießener Anzeigers wurde er nicht zum ersten Mal angegangen. Es soll auch eine Morddrohung gegeben haben. Bereits Mitte Oktober hatte der Mann Anzeige erstattet. Der Pfarrer der Gemeinde erklärte dem Gießener Anzeiger, es handele sich »um das Problem einer Person und nicht einer Gruppe oder irgendeiner Bewegung«. Ein Streit zwischen Nachbarn sei vorausgegangen.
(Jungle World, 15.11.2007)
Leider setzte sich diese furchtbare Sache auch in 2008 fort; siehe unten: 

Am 24.05.2008 gründet sich im Bürgerhaus der inzwischen eingetragene Verein Arbeitsgruppe Orts- und Vereinsarchiv Kleinlinden.
Gründungsmitglieder sind: Hans Hinterlang, Hartmut Klein, Otto Olbrich, Dr. Gerd Steinmüller, Hans-Jürgen Volk, Helmut Volkmann, Hugo Weigel.
Dr. Gerd Steimüller wird zum 1. Vorsitzenden, Hans-Jügren Volk zum 2. Vorsitzenden gewählt.
Die Arbeitsgruppe besteht seit dem 17.05.2005 und gestaltete inzwischen zwei Ausstellungen in der Volksbankfiliale in Linnes.

September 2008:
Erfreulich ist, daß am 17.09.2008, nachdem der Täter vom November 2007 nun allgemein antisemitische Parolen und persönliche, gegen den Küster gerichtete, Beleidigungen an die Kirchentür geklebt hatte, eine von der Evangelischen Kirchengemeinde initiierte
                           Mahnwache für den Frieden in Kleinlinden 
sehr gut besucht war.
Ich wünsche mir, daß die folgenden, aus dem Begleitblatt zur Mahnwache zitierten, Sätze für alle Linneser Gültigkeit haben:
Was wir wollen:
- Wir stehen dafür, dass alle Menschen in Kleinlinden ohne Angst und Bedrohung leben können.
- Wer angegriffen, verletzt, verleumdet oder bedroht wird kann mit der Unterstützung der Mitbürgerinnen
   und Mitbürger in Kleinlinden rechnen.
- Wir wollen die Kultur gegenseitiger Achtung und Toleranz in unserem Zusammenleben in Kleinlinden verteidigen.
- Wir verurteilen jeden Versuch durch antijüdische und volksverhetzende Äußerungen Unfrieden und Hass in Kleinlinden zu säen.
  

Am 12. Februar 2009 wurde vor dem Haus Weigelstraße 3 (früher Hintergasse 3) für Frau Anna Marie Markel, die 1941 in Hadamar ermordet wurde, ein Stolperstein verlegt.
[Einen Bericht über die Verlegung finden Sie hier.

Am 21. März 2009 wurde von der Linneser Archivgruppe eine Stieleiche vor dem Bürgerhaus gepflanzt.
Am 19. November 2008 war die stark geschädigte, 450 bis 500 Jahre alte, "Linneser Eiche" vom Gartenamt entfernt worden. Auf Iniative von Herrn Hugo Weigel spendete das Gartenamt die Stieleiche als Ersatz für den alten Eichbaum.

Im Sommer 2009 wird die Brüder-Grimm-Schule integrierte Gesamtschule, nachdem das Kollegium mit mehr als zwei Dritteln der Stimmen für diese Umwandlung gestimmt hatten. [Nach einer kurzen Notiz in der Gießener Allgemeinen vom 15.01.2009.] 

Vom 28. bis zum 30. August 2009 feierte der Schützenclub Roland sein hundertjähriges Bestehen.
Aus diesem Anlaß zog endlich mal wieder ein Festzug durch Linnes, den der Roland zusammen mit Linneser Vereinen, befreundeten Schützenvereinen und dem Fanfarenzug Hansa Gießen gestaltet hatte.

Am 3. Oktober 2010 fand im ev. Gemeindehaus die 2. Ausstellung und die 2. Buchpräsentation "Linneser FrauenGeschichte(n)" statt: "Der Lobeerduft in Omas Küche" von Dagmar Hinterlang unter Mitwirkung von Kornelia Claes

Am 11. Mai 2012 werden die Neue Mensa und 6 neue Klassenräume der Brüder-Grimm-Schule eingeweiht. 
Die Gießener Allgemeine berichtet am 12. Mai darüber. In der gleichen Ausgabe findet sich auch der Hinweis, daß vor 60 Jahren die "Burgschule" in Linnes eingeweiht wurde, siehe unter dem Jahr 1952
Gleichzeitig wurde zu Linnes aber leider auch noch berichtet, daß der Einsatz vieler Linneser Bürger für den Erhalt der Tempo-30-Zone in der Wetzlarerstr. (hoffentlich nur vorerst) vergeblich war. 
So konnte Linnes gleichzeitig einen Schritt vorwärts zum Aufbau einer modernen Schule und einen Schritt rückwärts, also ein Stück Abbau einer modernen, menschenfreundlichen Verkehrsentwicklung tun. Noch einmal setzte sich die europaweit lange überhholte Ideologie, nach der der "Fluß des Verkehrs" wichtiger als menschliche Unversehrtheit ist, durch.  

Ebenfalls im Frühjahr 2012 zeigte sich sehr deutlich, wie weit Linnes seinen dörflichen Charakter schon eingebüßt hat. Während Forscher die letzten verbliebenen Kuhställe aufsuchen, um ein Mittel gegen die stark zunehmenden Allergie-Erkrankungen zu finden, siehe GEO, löst das Auftreten einer Schafskrankheit, die auch Menschen befallen kann, in Linnes recht panische Reaktionen aus, die leider sogar zu persönlichen Angriffen gegen den einzigen Linneser Schäfer führten. 
Wenn es nicht so bedauerlich wäre, da der Schäfer, von dem ich seit Jahren bestes Fleisch beziehe, in seiner Existenz bedroht wird, könnte man von einer Provinzposse mit excellentem Beispiel der Psychopathologie des Politkerlebens sprechen. 
Nachdem der Linneser Ortsvorsteher viel von sich gab, um die Stimmung aufzuheizen, versuchte ein Amtsvorgänger - zu meiner Übreraschung - mit viel Vernunft auf die Tatsachen, wie es zu dem Q-Fieber in Linnes kam, hinzuweisen und die Wogen zu glätten. Mit dem Erfolg, daß nun wohl bei dem amtierenden Herrn alle parteipolitischen Scheuklappen fielen; nun sollte die Schäferei - wohl samt Schäfer - aus Linnes verschwinden! 
Ich kann nur hoffen, daß die Veranstaltung, in der dann Fachleute über das Q-Fieber und die Entwicklung in Linnes referierten, wieder etwas zur Ausbreitung der Vernunft beigetragen hat. 
Trauriger Nachsatz: Der Schäfer gab auf.   

Und so ging's vielleicht weiter - satirischer Ausblick. Klicken sie hier. 

Am 24. Januar 2014 beendete Heinz Schlosser nach 33 Jahren seine Zeit als Vorsitzender des Schützenclubs "Roland", kandidierte aber für das Amt eines Beisitzers. In einem GAZ-Gespräch berichtete Heinz Schlosser von seiner erfolgreichen Aufbauarbeit in diesen Jahren. 
Für seine ehrenamtliche Tätigkeit erhielt er den Ehrenbrief des Landes Hessen, überreicht durch die Oberbürgermeisterin. (Nach Gießener Allgmeinen.) 
Gibt es weitere Linneser Vereine, bei denen der Vorsitzende so langjährig aktiv war?  

Am 26. Januar 2014 eröffnet der Linneser Posaunenchor um 18 Uhr sein Jubiläumsjahr zum 160-jährigen Bestehen mit einem konzertanten Gottesdienst. (Nach Gießener Allgmeinen.)  
135-jähriges Bestehen feiert 2014 die Burschenschaft "Burgundia" am 1 Juli 2014. (Nach Gießener Allgmeinen.) Die Burschenschaft bestand aber nicht durchängig, in den 50er Jahren "fand die Burschenherrlichkeit" ein Ende; wurde aber 2003 "wiederbelebt".    
Am 5. Juli 2014 feierte der Linneser TSV sein125-jähgriges Bestehen mit einem "Sportfest für die ganze Familie.   
Am 8. Mai 1974 fand im "Frankfurter Hof" die Gründungsversammlung des CDU-Ortsverbandes Kleinlinden statt. Otto Olbrich und Egbert Schellhase berichten im "Backschießer" Nr. 108 über die zurückliegenden 40 Jahre.  
10 Jahre "sind die "Linneser Frauen" in Sachen Ortsgeschichte aktiv." (Backschießer Nr. 108.)    

Ein großes Ereignis wirft seinen Schatten voraus: 
Wenn nicht erneut, wie kurz nach Beginn der Planung einer 700-Jahr-Feier - damals von Herrn Weitershaus - eine noch ältere Urkunde gefunden wird, kann Linnes 2019 seine Ersterwähnung vor 750 Jahren feiern.  
Gerd Zörb, als Vorsitzender der Linneser Vereinsgemeinschaft, hat zu einer ersten Vorbesprechung am 24. September eingeladen.  

Am 06.12.2014 jährte sich der große Bombenangriff auf Gießen und Klein-Linden zum 70. Mal. In der voll besetzten Kirche fand eine Gedenkstunde statt. 
Lt. Gießener Allgemeinen stand "eine bewegende Rede von Helmut Hillgärtner, der als Zeitzeuge den 6. Dezember 1944 in Kleinlinden miterlebt hatte," im Mittelpunkt der Gedenkstunde. Seine Rede "Bombensplitter" hatte er auch bei der zentralen Gedenkveranstaltung der Stadt Gießen gehalten.   

Am 31.12.2014 schließt die Bäckerei Lutz, die letzte eigenständige Bäckerei in Linnes. Die Bäckerei bestand seit 1925 und wurde in 4. Generation von Alexander Lutz geführt.  

Jubiläen in 2015: 
150 Jahre Gesangverein Eintracht, gegründet am 12.03.1865.   
125 Jahre Gesangverein
Arion, gegründet am 21. Juni 1890. Erste Singstunde am 29. Juni 1890 im Lokal des Gastwirts Balthasar Hinterlang.

Im Dezember 2018 wird die letzte Ausgabe des Linneser Backschießers erscheinen. Ich muß es mit Bedauern zur Kenntnis nehmen und möchte hier meinen Dank und meine Anerkennung für die 31 Jahre aussdrücken, in denen ich mich 4mal im Jahr auf den neuen Backschießer freuen durfte.    

Am 06.12.1219 jährt sich der vernichtende Bombenangriff auf Linnes zum 75. Mal. Ich hoffe, daß dieses Tages angemessen gedacht wird.
Am 13.12.2019 wird Linnes 750 Jahre alt
, oder genauer gesagt, liegt die erste bekannte Erwähnung unseres Ortes nun 750 Jahre zurück.
Erstmalig wird unser Linnes ein Wappen erhalten.
Ein Buch zur Geschichte unseres Ortes wird erscheinen und weitere Festlichkeiten und Jubiläums-Veranstaltungen sind geplant.  

>Linnes ist schon sehr lange ein "Ein- oder Zuwanderungsort" und hat nach allem, was ich dazu finden konnte, immer von den Zuwanderern profitiert. Egal ob sie aus Tirol oder "nur" aus einem deutschen Kleinstaat kamen oder gar nur "üwer die Leh aus Heuchelhem", wie viele der heute noch hier vertretenden Familien. Die allermeisten der Zuwanderer, die Linnes größer gemacht haben, würde man heute mit dem abschätzigen Wort "Wirtschaftflüchtlinge" bezeichnen - sie wollten ihre Familie ausreichend versorgen - und dies war zeitweise in Linnes mit der schnell wachsenden Eisenbahn und dem Braunsteinbergbau gut möglich.
So werden wir mit Sicherheit auch wieder von den heutigen Zuwanderern profitieren, egal ob sie als Studierende, umworbene und gesuchte "Gastarbeiter" oder als Flüchtlinge und Asylsuchende zu uns kamen. Oder als Wohnungsmieter und Mitarbeiter von UNI und Stadt  Gießen etc., die den Linnesern mit Grundbesitz zum Zweithaus oder Ditthaus verhalfen.
Ich würde mich sehr freuen, wenn mir Linneser "Neu-Bürger" Erfahrungsberichte zur Veröffentlichung auf dieser Seite zur Verfügung stellen könnten. Wie kamen Sie nach Linnes? Wie wurden Sie aufgenommen? Fühlen Sie sich wohl in Linnes und sind Sie vielleicht schon ein Linneser?< 
So hatte ich am 02.12.2018 am Ende meiner Linneser Chronik geschrieben - ohne zu wissen, daß die Linneser Frauen wirder einmal schneller waren!
Im letzten Backschießer las ich, daß am 12.05.2019 das vierte Buch der Linneser Frauen -Titel noch offen - erscheinen und von 11-17 Uhr im Evangelischen Gemeindehaus vorgestellt wird.

Ich wünsche beiden Büchern, daß sie von den Linnesern gut angenommen werden -
und ich wünsche beiden Forschungsgruppen weiterhin viele Erfolge bei der Erforschung der Linneser Geschichte.
Vielleicht forschen sie in zwei- oder dreihundert Jahren schon zusammen. 

Nach einem von eingeweihten Kreisen nicht bestätigten Gerücht, plant die Männergruppe in etwa 10 Jahren, nach gründlicher Aufarbeitung der Erfahrungen mit dem Jubiläumsjahr 2019, einen vereinsinternen Ausschuß einzusetzen, der in den folgenden 100 Jahren prüfen soll, ob so um 2250 ein Fachgutachten zu der Frage "Ist eine gemeinsame Vorbereitung der Eintausend-Jahr-Feier von Linnes durch ein paritätisch besetzten Planungsausschuß der beiden in Linnes ortsgeschichtlich aktiven Gruppen denkbar? - wünschenswert? oder gar nicht konsens- und mehrheitsfähig." Diskutiert werden muß auch noch, ob dem Gutachter eine Zusatzfrage nach den Vorteilen der strikten Geschlechtertrennung gestellt werden soll.  

                                                  =============== 

Ich hoffe Sie hatten Spaß bei Lesen dieser Linneser Chronik.
Wenn Sie mit meinen Bemerkungen zum Zeitgeschehen nicht einverstanden sein sollten, denken Sie bitte daran, daß es meine persönliche Meinung ist. Ich bitte Sie, diese genau so zu respektieren, wie ich Ihre Meinung respektiere, solange die Grundlagen unserer Demokratie nicht infrage gestellt werden.
Leider mußte ich beim Durchlesen meiner zwischen 2004 und 2015 erstandenen Arbeit feststellen, daß die Zukunftsprognose heute deutlich düsterer ausfällt.
Gegen besseres Wissen habe ich immer gehofft, daß wir aus unserer Vegangenheit lernen werden. Das war wohl nix!
Ich kann einfach nicht begreifen, daß heute wieder faschistische und religiös-fundamentalistische Haßredner auftreten dürfen.
Und daß es tatsächlich wieder Menschen gibt, die diesen fanatischen Haßparolen folgen. 
Haben wir denn gar nichts gelernt aus den Greultaten der Nazizeit und den Untaten des religiösen Fanatismus?

Ich beende diesen Versuch einer Linneser Chronik heute am 02.12.18 mit einem Stoßgebet meines Enkels Kevin, dem ich sie gewidmet habe:   
Herr, laß Hirn vom Himmel regnen!   

                                                -t-

 

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Anhang:

Im Nachlaß von Herrn Weitershaus fand ich neben den Fotokopien der Schul- und Kirchenvisitationen noch folgende Abschrift aus dem KB 2 Kll:

Freiheiten und Utilien der Kirchensenioren in Hessen.
        § I  Freiheiten
Sollen die Kirchensenioren befreit sein von den mit ihren Pflichten inkompatiblen Diensten, als
1) Von Tag- und Nachtwache, jedoch mit der Einschränkung, daß in dringenden Fällen wo die wache zu verdoppeln nötig ist, die unter fünfzig Jahre stehende, der Reihe nach dazu anzuhalten sind
2) von Bottengängen
3) vom Schützendienst und anderen gemeinen Ämter, jedoch sollen sie von dem eines Vorstehers nicht befreit sein, aber das eines Burgermeisters und Geldhebers .... sie solche nicht gutwillig übernehmen, nicht aufgebürdet werden.
4) vom Feuerlaufen
5) von Streifzügen
6) von anderen Ausschußdiensten und von den dabei einschlagenden(?) Verrichtungen
7) von Handarbeiten und gemeinen Anlagen
8) von Herrschaftlichen Personal Diensten, namentl. der Jagd u. anderen Handdiensten, die an Chausseen zu leisten ausgenommen.

Wogegen ihnen aber alle sowohl herrschaftlichen als gemeine Dienste, die sie als bespannte und begüterte Bauern zu leisten haben, so wie auch solche Lasten, die in der Gemeinde von älteren Zeiten her und nicht etwa durch neuere die Befreiung der Kirchen-Senioren beschränkende Einrichtungen in Geldbeiträge verwandelt sind zur Obliegenheit bleiben.

[Ja, die Behördensprache hat Tradition! Unter gemeinen Diensten sind hier immer Gemeindedienste, also Dienste die jeder vollwertige Gemeindsmann für die Gemeinde zu leisten hatte, zu verstehen. Der Ausschuß, unterteilt in einen jungen und alten, war eine Art Selbstverteidigungsmiliz, die bei Angriffen die Gemeinden und die Region schützen sollte. Der Ausschuß übte auch zeitweise regelmäßig in Gießen. Es gab auch einen Lieutenant und einen Haubtmann unter dem Ausschuß, daß ein solches Amt einmal von einem Linneser besetzt war, habe ich nicht feststellen können.]

         § II   Utilien
An dergleichen sollen ihnen zugestanden werden:
1) Bei groben Excessen, namentlich
   a) in unehelichen Schwängerungsfällen jeder Art;
   b) in Ehedissidien Fällen;
   c) bei Schlägerei auf Sonn- und Feiertagen;
   d) bei Entweihung der Sonn- und Feiertage durch Tänze oder sonstige lärmende      
       Lustbarkeiten;
   e) bei grosen Ungezogenheiten in der Kirche
für den oder die anbringenden Kirchensenioren 30 Xer.
2) Bei geringen Excessen, z. B. bei Verübten geringer Unordnung in der Kirche, als

     Drängen in den Stühlen, oder auf der Bühne, lautes Reden, Lachen u. dgl.,
     ferner bei an Sonn- und Feiertagen getriebenem Handel: 10 Kreuzer.
3) Bei Versäumnissen der Katechismus-Lehre von den (?)Ungligenten 1/3. Strafen
    wohingegen sie ein genaues Verzeichnis zu führen haben.
Diese sub 1. 2. und 3. bemerkte von den Excedenten zu bezahlende Gebühren sollen aber auch alsdann wenngleich mehrere Kirchen-Senioren einen Excess anzeigen dennoch nicht verdoppelt, sondern auch einfach angesetzt und hierauf lediglich unter die anzeigenden Kirchen-Senioren verteilt werden.    

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Interessante Kirchenbuch-Einträge zu Einzelpersonen.

In diesem Kapitel sind besonders interessante und hervorstechende Einträge zu einzelnen Personen zusammengestellt.

Im Pönitenzregister (Verzeichnis der Kirchenstrafen) findet sich 1670 dieser Eintrag:
Johannes Eckhardt zu Lindes daß er seinen Schwieger-Vatter und Mutter geschlagen.

den 6ten Aug. 1686 Johann Jacob Jung, mit Anna Eva, Johann Baltzer Lentz Tochter, auf Special consistorial Befehl, weil sie noch eine frische Kindbetterin war, im Hauß copuliert, sc servata poena et civil et occlefistica(?), pp Scortationem(?).

Dazu gehört der Pönitenzeintrag vom
27ten 7bris 1687 Johann Jacob Jung und Anna Eva Lentzin Kirchenpönitenz getahn zu Lindes, welche vorigen Jahres den 6ten August im Hauß auf Special Befehl waren copuliert worden.
(Datensatznummer 3209 & 3210)

1692 konnte eine Heirat nur nach dem Pönitenzregister "aufgeklärt" werden. Im Copulationsregister stand nur:
den 3ten Apr. Johann Conrad Andermann mit Margaretha von Watzenborn nach gethaner Kirchenpönitenz ehel. cop. worden.
Im Pönitenzregister ist von Watzenborn gestrichen, und der Eintrag lautet dann:
den 3ten April 1692 Johann Conrad Andermann zu Lindes mit Margaretha, Marx Rinnen Tochter von Heuchelheim Kirchenpönitenz getahn, sind zugleich ehelich cop. worden. 
(Datensatznummer 4185 & 4922)

1712 findet sich folgender Sterbeeintrag im ersten Kirchenbuch von Klein-Linden:
den 29t Martz ist Philipps Lentz bey abbdachung Firstbau Inbesonirt(?), so Lutwig Schleher becker gekaufft allhir Ver Weklagt(?) worden Daß ein Wandt auf ihn gefallen, Und das er so beschätiget, daß wurde gedacht Er würde so gleich todt sein, noch der wandt(?) von den anwesenden, Endletiget, Und bürden frei gemacht, so ist ihm daß Knick. bein am Decke(?) von dem Kinn biß an den leib gantzZerschmetert, weil(?) das ruckrath Enthezwey, daß die beide bein kein leben gehabt; ist auch den 7. Tag gestorben alß den 5ten Apprilß, und begrab(en) den 7t April 1712.
Im KB Großen-Linden steht dazu:
... ist eine Wand auff ihn gefallen gewesen, welche ihn sehr beschädiget, daß er bald darauf gestorben ... 
(Datensatznummer 4356)

den 8. 8bris 1717 nach gehaltener Bettags Predigt ehelich copuliert Johann Jacob, Johann Balthasar Andermanns nachgelassner Sohn zu Lindes mit Anna Barbara, ehel. Tochter Henrich Fuhrbachs, eines armen Mannes, seines Hanwerks ein Schuster, der sich hin und wieder aufhält, vormals aber zu Münster gewohnt und vor jetzo sich in Launspach befindet.
N.B. wegen dieser Cop. ist vorher hochfürstl. Consistorial-verordtnung eingeholt worden. 
(Datensatznummer 5793 & 5795)

den 11ten Mertz 1718 begraben Anna Catharina, Joh. Melchior Lentzen Frau zu Lindes, diese Frau ist einige Jahr lang sehr mit der Melancholie geplaget gewesen, und hat sich allerhand Hertz quälende gedanken und Einbildungen gemacht, welche endlich so heftig überhand genommen, daß sie am 25. Febr. früh morgens gegen 4 Uhr auß dem Bette auffgestanden, und in eine Kammer beyseyte gegen der Schlaft Stube übergegangen, und sich allda mit einem Messer die Gurgel, also Kehle, durchgeschnitten, und obzwar die Medici und Chirurgi verletzung so lethal gehalten, daß sie keine Churmittel bey ihr applicieret, so hat doch gleichwohl die Frau noch bis in den 12. Tag hernach gelebt; weil aber die Gurgel so hart verletzt geweßen, daß nicht das allergeringste an Speiß und Tranck können bey sie gebracht werden, so ist sie von Hunger und Durst ausgezehret am 8ten Mertz frühmorgens gegen 8 Uhr verschieden, nachdem sie vorher ihre unglückselige That hertzlich bereuet auch von dem in ihrem Leben sichß aufgeführet gehabt, daß sie ein gutes Lob hat.
Ist alt gewesen 30 Jahr weniger 1 Monath.
Das Begräbnuß ist nach gewöhnlichem christl. Brauch auf ergangenen Consistorial-Befehl geschehen.
(KB Großen-Linden)
(Datensatznummer 5242)

Am 18. Junii, Dnca 11. p. Trin. 1719 Joh. Henrich Weygel zu Lindes begraben, nachdem er 16ten ejgd. mittags zwischen 12 und 1 plötzlich auft folgende Weise gestorben: Vormittag hat er noch Mist aufgeführt, darauft zu Mittag gegessen und getruncken, und hat sich vorgenommen, in die Beicht zu gehen welche damahls zu Lindes gehalten worden, als er aber vom Essen aufgestanden hat er gesagt, er wolle, wie auch sonsten seine Gewohnheit gewesen, in den Stall auft die Bühn gehen und ein wenig ruhen, alß man nun zur Kirchen geläutet, und er etwas lange ausbliebet, läuft die Frau zum Stall und sieht ihn Kniend auff der Erde und mit dem Kopf an der wand wieder eine da stehende Leyter angelehnt sitzen, worauft die Frau ihm zu ruft, alß sie aber keine Antwort bekomt, läuft sie bey Ihn und meinet er seye in einer ohnmacht, worauft sie alsobald ein Geschrey macht, da aber die Leute hin zu kommen hat er noch etliche mahl den mund aufgethan und die Augen veroemlet(?), und weiter keine Empfindung mehr spüren laßen, nachgehends ist er auff der brust und gantzen lincken Seiten
blau worden, daß es also ein starker Schlag=fluß gewesen, wovon er gestorben, etliche wochen aber zuvor hat er ofters über Hauptwehe und Taumelung im Kopf geklaget, auch zu weilen einen halben oder gantzen Tag sich geleget gehabt. Alt worden 33 Jahr.
(KB Gr-L)
(Datensatznummer 4956)

Am 4. Sept. 1719 Johann Caspar, Johann Jacob Schuppen Söhnlein zu Lindes begraben, so am 2. morgens zwischen 7 und 8 Uhr von der Mutter im Bett todt gefunden worden nachdem sie solches eine halbe viertel Stund zu vor gantz frisch und gesund hineingelegt gehabt, und währender Zeit von einem heftigen Schlagfluß so hart und plötzlich überfallen worden, daß es auch noch unverrückt auf der Stelle gelegen, wie die Mutter es gelegt gehabt. Alt 1 Jahr 5 Wochen 4 Tag. (KB Großen-Linden)  (Datensatznummer 5535)

Eine Art Zwangshochzeit? Folgender Eintrag findet sich nur im KB Großen-Linden:
den 6ten 8bris 1719 auf Consistorial Befehl Johann Peter Andermann zu Lindes aufgesucht und alß Er zur Stelle gebracht worden ist Er als bald in seinem Kittel mit Maria Catharina Weygelin im beysein des H(errn) Ambtsschultheißen und derer Vorsteher copuliert worden.
(Datensatznummer 4190 & 2486)

Am 23. Febr. 1720 alß nacher Lindes kam (?)Crattennah vor der Thür Joh. Hermann Lampes, Burger und Constabler von Gießen gegen mich sagend: er hätte die traurige Bottschaft vernommen, daß seine Frau in der Lohn, genannt im Heßler, todt gefunden und hieher gebracht worden wäre, und solle dieselbe anitzo begraben werden, daher er sich melden und mit zur Leiche gehen wolle. Weil mir nun hier von nichts bewußt, so fragte den Vorsteher Hn.Caspar Reinhardt, welcher mich dann berichtete, es seye gemeldte frau gestern gegen 4 Uhr gefunden an benahmtem Ort gefunden und auff Befehl des Hn. Cammeraths gegen 7 Uhr Abends nach Lindes gebracht, auch alsobald von dem Land Physico und behörigen Chirurgo im Beyseyn des Hn. Cammeraths und derer Lindeßer Vorsteher geöffnet und besichtiget worden; da sich dann befunden daß sie im Wasser ertrunk.(en) und hätte der H. Cammerath verleßen, sie könne nur bey meiner Ankunft, weil man nicht wisse, was es vor eine frau seye, (alß welches gestern noch unbekant gewesen) unter dem Kirchen Geläut begraben werden.
Alß ich nun weiter den Lampes fragte, ob er dann nicht wisse, wie die frau ins wasser kommen, gab er zur Antwort: sie seye von Königsberg gebürtig, und vor 14 Tagen seye er mit Ihr dahin zu ihren Brüdern und freunden gegangen, es habe sich aber einiger Wiederwillen zwischen Ihnen Beyden ereignet, daß sie 0 wieder mit ihm zurück gehen wollen, und hätte er sich wiederumb allein müßen nach Gießen begeben, da er dann den Verlauff dem H. Pfarrer Schilling angezeiget, welcher darauff verschaffet, daß an den Hn. Pfarrer nach Königsberg wäre geschrieben worden, und nun muthwahr er, die Frau würde sich auff des Pfarrers Erinnerung wieder nach Gießen haben begeben wollen, und bey jezigem grosen wassers Anlauff in die Gefahr gekommen seyn; er selbst hätte nichts von der Sache gewußt, sondern erst vor einer Stunde solches von dem Hn. Cammrath erfahren, welcher ihn dann=nach eilen heißen, wann er noch bey der Begräbniß seyn wolte; wo mir nun gefällig die Begräbniß ordentl. vor sich gehen zu laßen so wäre es ihme gar lieb, er wolle alles bezahlen, hierauf resolvirte mich dazu, und liese die Schüler durch den Schuldiener beordern, und wurde vorm Backhauß allwo die Tote lag das Lied angefangen, Herr Jesu Christ ich weiß gar wohl etc: und biß auft den Kirchhoff continuirt, In der Kirche ward gesungen: O Jesu Christ mein Lebens Licht, zum Text behielte den ordentl. passions Spruch, und machte hier und da einige adplication, sagte auch vorher auß des Mannes relation gantz Kurtz personalien auff.
(KB Großen-Linden)
(Datensatznummer 5264)

Ein Heiratseintrag aus dem KB Großen-Linden:
den 10. 9bris 1722 Johann Wilhelm Lampus, Schuldiener zu Lindes und Anna Maria, Johann Henrich Ackers Tochter daselbst nach gehaltener Hochzeitspredigt copuliert worden.
NB. Weil der Bethtag in diese Woche eingefallen, so hat der Schuldiener bey H(errn) Superintendenten umb Erlaubniß, die Hochzeit mit Spiel=Leuten zu halten, angesucht, auch erlangt, nachgehends aber doch Straf geben müssen, weil vcidict(??) war worden.
(Datensatznummer 4980 & 4694)

1743 ist in beiden Kirchenbüchern eine Taufe auf der Burg dokumentiert:
Dienstag, den 10. Xbr. zwischen 8 und 9 Uhr vormittags wurde H(errn) Ludwig Leopold von Wrede, Ihro hochfürstl. durchl. zu Hessen Darmstadt bestellter Lieutnant der Infanterie, und dessen Frau gemahlin, Maria Burckhardina, eine geb. von Seebach, aus dem Hause Storndorff, eine junge Tochter gebohren, Mittwochs, den 11. gedachten Monats auff der Burg getaufft worden. Tauff Zeugen sind:
1. Frau wohl gebohrne von Waldheim, geb. von Schrautenbach
2. Frau von Seebach, geb. von Schenk zu Schweinsburg
3. Frau von Wrede, geb. von Merlau
4. Fräülein von Trillitz
5. Frl. von Schrautenbach
6. Frl. von Seebach
7. Frl. von Weiffenbach 
8. Herr von Wrede Senior
9. Herr von Seebach, Ihro Churfürstl. durchl. zu Sachsen bestellter Lieutnant 
10. Herr von Lesch zu Mühlheim, Königl. Schwedischer Fähndrich Heßischer Trouppen 
11. Herr von Schwalbach, Hochfürstl. Heßendarmstättischer Fähndrich
Ists Kind genannt: Sophia, Louisa, Wilhelmina, Friderica.  
(Datensatznummer 6299)

den 19. Febr. 1745, die vener p. Dnic. Sptuag., copulierte zu Lindes in der Stille, dimissio coctu, Joh. Philipp Diehl von Wisseck, einen geweßener mousquetier, mit Anna Catharina, Joh. Melchior Kintzenbachs p. m. Tochter, mit welcher er vor etl. Jahren auff der Burg gedienet und sie geschwängert hatte, IX(?) Decret Consistor puod dctirt war Gieß(en) im Decembr.vorig Jahres, ego u. d. 16. Febr. 1745 erhalten, da er die Regiments Straff ausgestanden, und Sie 5 fl. 10.alb civil straff dem H(err)n Rath Wittich gezahlet hatte C. q. u. vor der Kirche coram conventu sich beyde bußfertig histi(sisti?) ...(?) in templo in suit locir(locis?), consecto(confecto?) more, Ihre poenitentz gethan, doch u. (?)prunciatis noib(us).
(Datensatznummer 5923 & 4973)

1751 gibt es die beiden folgenden Heiratseinträge:
Freytag, den 26ten Febr. Johann Conrad Küntzenbach, weyland Johann Conrad Küntzenbachs, gewesenen Einwohner in Kleinlinden hinterlassener ehelicher 2. Sohn, so als Mousquetier unter dem löbl. rothen Regiment gestanden, und nachgehends das Maurer-Handwerk erlernt mit Maria Catharina, Joseph Größers, Maurers und Beysaßen eheliche Tochter nach vorhergegangener stillen Kirchenbuß ob praematurium concubitum, und erlangter Heuraths Concession in der Stille ehelich eingesegnet. 
(Datensatznummer 4976 & 564)

den 10ten Apr. wurden nach erlangter gnädigster Concession von meinem Herrn Collegen Christoph Simon Runkel / qua Pfarrers in Allendorf / weinkäuflich copuliert: Johann Conrad Andermann, Johann peter Andermanns, Einwohners in Kleinlinden ehelich eintziger Sohn, und Catharina Elisabetha, Caspar Luhen, Einwohner in Allendorf, eheliche Tochter aus 1ter Ehe, nachdem dieselbe von einem hochfürstlichen Consistorio von ihrem ersteren Bräutigam, mit dem sie in Unehren ein Kind gehabt, vor einigen Jahren war losgesprochen worden, Dienstag, den 25ten May ehelich copuliert.  (Datensatznummer 2646 & 4917)

Donnerstag, den 3. Febr. 1752, Abends zwischen 11 und 12 Uhr (in Großen-Linden) starb Andreas, Johannes Eiffens, Einwohner in Kleinlinden ehel. Sohn, welcher an eben dem Tag des morgens vor Tag zwischen 5 und 6 Uhr in der Scheune vom Gerüst herunter gefallen und sich sehr auf der Brust beschädiget hatte, da er als Knecht bey H(errn) Land-bereuter Schupp allhier gedient, alt 28 Jahr, 5 Monath weniger 9 Tage. Er ward begraben Samstag den 5ten.  (Datensatznummer 4888) (KB Gr-L)

1752 findet sich im KB Gr-L ein Taufeintrag, der etwas über die Pflichten der damaligen Kirchenvorsteher aussagt:
Donnerstag, den 4. May nachmittags zwischen 4 und 5 Uhr, kam weyland Henrich Weygels hinterlaßene älteste Tochter, deren Mutter ebenfalls vorlängst gestorben, mit einem unehelichen Kind, einem Knäblein nieder. Sie hatte biß daher in Gißen gedient und sich etwa bey 7 biß 8 Wochen her wieder nach Lindes begeben, ohne daß sie oder ein Kirchen-Senior mir die geringste Nachricht von Ihrer Schwangerschaft gegeben. Sie gibt zum Vater Ihres Kindes an Simon Herman, von Maulbach bürtig, einen Soldaten unter dem weisen Regiment in Gißen. Sonntag Rogate, als d. 7. ejusd. getauft, Gevattern:
1. Andreas Eckhardt, Einwohner in Lindes 
2. Johan Ernst, Tobias Klingelhöfers, des Adel. Burgmanns ältester Sohn 
3. Catharina Maria, weyland Joh. Adam Weygels jüngste Tochter. 
Ist Kind gnt: Johann Andreas. 
(Datensatznummer 6657)

Den folgenden Eintrag habe ich hier aufgenommen, obwohl er nach Großen-Linden gehört:
Montags den 31ten Octobr. (1757) wurde ein fündling in der Pastorey getauft, welchen ungefähr vor einem Jahr seine Mutter treu- und gewissens loser weise auf dem diesenbacher feld in einem Erbsen Acker Haissen(?Hausten?) nieder gesetzt hatte, und sodann davon gegangen war. Nun hatte sich zwar der sogenannte Amts Visitator im Amt Blanckenstein und bieden Kopf sich bey dem Burgermeister und auch zu Gießen bey H. Rath Wittich anheischig gemacht, Er wolle die Dirne, seine Mutter liefern. Hat auch zu dem Ende 3.fl. Geld vom hiesigen Stadt=Rath empfangen Es ...lebte derselbe bey mir, das Kind wäre zu Breitenbach getauft, und hieße Wilhelm, sein angebl. Vatter aber heiße mit seinem Zunahmen Becher. Hierauf schrieb an H. Pfarrer Happel zu Breitenbach, der mir aber nicht wieder geantwortet; weshalben dann auf Genehmhaltung Ihro Hochwürd. H. Superintend. D. Benners das Kind getauffet, und den hiesig. Burgermeister, Stadt Rath und ganze Burgerschaft zu Taufzeugen erbethen habe, in deren Namen H. Stadtschreiber, Kirchen-Senior und Schöff, Wagner, erschienen, welcher dem Kind den Nahmen: Ludwig Wilhelm in der h. Tauffe beygeleget, das Kind mag nunmehro so viel man muthmaßen kann dritthalb Jahr alt seyn. Zum Zunahmen hat man Ihm den Nahmen: Diesenbach gegeben.
+ 1763 d. 4. Januarj. 
(Einen Sterbeeintrag habe ich unter dem Datum nicht gefunden.)

Am 24.4.1759 ertrinkt ein Müllerskind in Großen-Linden, ein anderes Kind rettet ein Soldat aus der Bach vorm Ertrinken, der Pfarrer notiert dann weiter:
An dem unseligen Tage geriet auch Johann Henrich Lenz zu Kleinlinden in Lebens Gefahr im Wasser, als er durch die Lahn fahren wollte, und die Ochsen unvermuthet den Strom hinunter liefen, da er sich kümmerlich noch erretten können.

1762 findet sich dieser Copulationseintrag:
Dom. Sexages. öffentl. procl. Joh. Philipp Lenz, wittwer, und Maria Catharina, weyland Eberhard Henrichs, gewesenen Einwohners zu Heuchelheim hinterlassene ehel. Tochter, nachdem der bräutigam durch ein Consistorial-Urtheil gegen Erlegung von 3 fl ad pias causas von Johannes Lenzen Tochter, mit welcher er sich verlobt hatte, war losgesprochen worden. Weilen die braut von Heuchelheim bürtig, so waren beyde Samstags vorher, den 13ten Febr. von Herrn Pfarrer Steinberger zu Heuchelheim weinkäuflich copuliert worden. Hierauf wurden sie ferner Dom. Estomihi, Innocauit zum 2ten und 3ten mahl proclamirt und sodann Montags, den 1ten Merz 1762, weil ich zu Lindes wegen einer Kindtauf war, und Er auf die Vorspann fort muste, auf sein Anhalten ehel. copuliert.
(Datensatznummer 3652 & 4394)

Gegen Bezahlung konnte auch gelegentlich die Einhaltung des Trauerjahrs umgangen werden:
VIII. p. Trin. 1762, den 1ten Aug., weinkäuflich cop. Conrad Lenz, wittwer, nach erhaltener concession ob nondum finitum annum Nutus gegen Erlegung 2. fl. laut Scheins von H(errn) Rath Wittich, mit .... 
(Datensatznummer 2904/2905)

Streit um die Zuständigkeit bei weinkäuflicher und ehelicher/priesterlicher Copulation ist öfters vermerkt, besonders mit Gießener Pfarrern, in folgendem Beispiel scheint der Ärger so groß gewesen zu sein, daß sogar der Name des Gießener Amtsbruders nicht genannt wird:
Dom. XXII, XXII, XXIV. p. Trin. 1762 öffentlich proclamiert Henrich Musculus, wittwer und burger zu Gießen, mit Anna Maria, weyland Jacob Heepens hinterl. ehel. Tochter, nachdem solche von einem H(errn) Pfarrer in Gießen wieder die herrschaftliche Verordnung waren weinkäuflich copuliert worden, wurden sodann hernachenwegs in Gießen ehelich zusammen gegeben. 
(Datensatznummer 5997/98)

Auflösungen von Verlobungen sind mehrfach erwähnt, es ist dabei nicht ersichtlich, ob mit Verlobung oder Verlöbnis die weinkäufliche Copulation gleichzusetzen ist, die in der Funktion eher der heutigen standesamtlichen Heirat entsprach, meist in Anwesenheit des Pfarrers und des Schultheiß mit einem ausführlichen Ehepacten vollzogen wurde. Ein weiteres Beispiel:
Grl, Samstag, den 5ten Märtz 1763 wurden nach erhaltenem Urtheil des Consistorio, daß die ältere Schwester ... als Braut, mit der er sich vorher versprochen, nichts mehr an Ihn zu fordern habe, weink. cop. Caspar Kläber, weyland Caspar Kläbers hinterl. ehel. Sohn und Catharina Elisabetha, Joh. Melchior Lenzens, Einwohner zu Kleinlinden ehel. Tochter, Donnerstag, den 14ten Apr. in der Stille ehel. cop.
(Datensatznummer 6001 & 5581)

Ein Linneser, der in eine Stadt heiratete, wie hier z. B. Großen-Linden, mußte sich zuerst aus der Leibeigenschaft freikaufen:
Grl, Samstag, den 26ten März 1763, nach erhaltener Erlassung der Leibeigenschaft von Darmstadt weinkäuflich copuliert Johann Peter Klingelhöfer, weyland Tobias Klingelhöfers, gewesenen Hofmanns auf der Adelichen Burg zu Kleinlindes, hinterl. ehel. 2. Sohn mit Christina Elisabetha, Christoph Erbs, hiesig burgers, ehel. 2. Tochter, den 26. 4. ... 
(Datesnatznummer 4885 & 6027)

Die zu zahlenden "Gebühren" ratione aetatis (aus Gründen des Alters) bei Heiraten scheinen eher willkürlich, abhängig vom jeweiligen Pfarrer und der Zeit, verlangt worden zu sein. Solche Einträge finden sich wiederholt. Im folgenden Beispiel sind die Brautleute 22 und 29 Jahre alt, sollte hier die Frau "zu alt" gewesen sein?
XI. p. Trin., als den 14ten Aug. 1763, und XII. und XII. proclamiert, nach Erlegung 3 fl ratione aetatis, weinkäuflich cop. zu Watzenborn, Johannes Herbert, Zimmermeister zu Kleinlinden, Eberhard Herberts, Gemeindsmann daselbst ehel. 4ter Sohn und Maria Elisabetha Happelin, Andreas Happels, Einwohners zu Steinberg ehel. Tochter, den 1ten 7bris zu Kleinlinden ehelich cop. 
(Datensatznummer 4654 & 4653)

Montag, den 25ten Sept. 1763 findet sich bei der Taufe von Johann Balthaser Klingelhöfer, Datensatznummer 2009, der folgende Zusatz:
NB. Ob ich schon Montags den Martini Tag eine Predigt gehalten so bin doch auf begehren des Klingelhöfers wiederum nach Lindes unter beständigem Regen u. donner wetter dahin gefahren u. habe das Kind getauft; ob ich schon nicht schuldig gewesen in einer wahr 2mahl dahin mich zu begeben. Im Rückweg geschahe nahe am Chaisgen ein dergestalt lauter Schlag, daß das Pferd auf die Picte(?) schwang und das Chaisgen fast umgeworfen hätte. Gelobet sey der Allmächtige, der mich in dieser Gefahr erhalten. Klingelhöfer wäre schuldig gewesen mir zum wenigsten den Fuhrlohn zu bezahlen.

Einer unehelichen Geburt folgte damals eine Kirchenstrafe (Poenitenz), ein Civilstrafe, und, falls der Vater Soldat war, eine Militärstrafe. (siehe 19.2.1745) Dazu noch ein Beispiel:
Montag, den 23. Julii 1764, morgens um 1 Uhr, kam Anna Elisabetha, Joh. Balthasar Weygels / der Zeit Witt. / eheliche Tochter mit einem unehelichen Töchterlein nieder. Sie hatte zum Vatter dieses ihres Kindes schon ein Viertel Jahr vorher Johannes Weygel, welcher als Corporal unter dem Löbl. weißen Regiment zu Gießen stehet, angegeben, welcher solches auch vltro vor mir eingestanden, dahero die Sache auf das hochfürstl. Consistorium berichtet worden. Gevattern .... 
(Datensatznummer 6209)  
Zumindestens zeitweise hat es offensichtlich aber auch die Möglichkeit gegeben, daß der Vater eines unehelichen Kindes sich seiner Verantwortung (und der Bestrafung) durch die "Flucht ins Militär" entziehen konnte, wie ein Eintrag aus dem KB Lützellinden belegt:
oo: 1752 sind uf Mar: Reinigung copuliret worden
Johannes Jung, so vor 10. jahren ein unehel.
Kinde mit Elisabeth Hoffmännin gezeuget
v. deswegen, weilen er ein Soldat vermöge
einer herrschafftl. ordnung ganz ledig v. freij
von aller Schuld v. straff {in der welt} absolvi-
ret v. loßgesprochen worden.
mit Elisabeth Viehmännin, Jacob Viehmanns Tochter
von Hörnsheim.

Ob diese "herschaftliche Ordnung" nur in Nassau-Weilburg oder auch in Hessen-Darmstadt galt, ist mir nicht bekannt.

Aerzte von Gießen, insbesondere mehrfach der hier genannte Professor Ahlefeld, treten in Lindes als Geburtshelfer bei Komplikationen auf, im vorliegenden Fall allerdings vergebens:
Montags den 25ten May (1767) morgens zwichen 6. u. 7. Uhr starb Anna Maria Winterin, Johann Melchior Winters, gebürtig von Wißmar im Weilburg(ischen) dermahlen aber Einwohners zu KleinLindes, ehel(iche) Haußfraue, nachdem sie vorher 4. Tage lang in Kindes-Nöthen gelegen, und H(err) D. u. Professor Ahlefeld zu Gießen derselben assistiret und sie von dem Kinde, das schon 2. Tage im Mutterleibe tod war, befreyet hatte. Sie wurde begraben dienstags den 26ten eiusdem; alt 29. Jahr 1. Monat und 22. Tage. 
(Datensatznummer 5767)

In den ersten ca. 20 Jahren sind im 2. Kirchenbuch von Klein-Linden, begonnen 1769, die Einträge oft ausführlicher als im KB Gr-L. Als Beispiel sei hier ein Heiratseintrag aufgeführt:
Copulirte in Ao: 1771
Johannes Weygel, Ludwig Weygels Christophs Sohn, ehlr. ältester Sohn, läßt sich mit Susanna Elisabetha, weyland Johann Jacob Amends, gewesenen Einwohners zu Allendorf Amts Hüttenberg, hinterlaßenen ehl(iche)n. ältesten Tochter, bey öffentl. Kirchgang, priesterlich copuliren und einsegnen. Geschehen Donnerstags, am 20ten Juny 1771.
Text der Hochzeit Predigt war genommen aus Syrach XXVI, v. 3. ....: Ein tugendsam Weib ist eine edle Gabe, und wird dem gegeben, der Gott fürchtet.
(Datensatznummer 3255 & 4112)

Eine Adelshochzeit liest sich dann so:
Copulirte in Ao: 1777
Der Hochwohlgebohrne Herr, Herr Ludwig Anton Friedrich August von Wrede, Rußisch Kayserlicher Major und Ritter St. George, wurden mit der Hochwohlgeb. Fräulein, Christiana Lousia Elenora Adelheid von Loewenfeld, des weiland Hochwohlgeb. Herrn, Christian Georg Wilhelm von Loewenfeld, HochFürstl. Hessen-Darmstädtischen Hochbestallt gewesenen Obristen, bey dem Lobl. Infanterie Regiment zu Giessen, hinterlassenen ehel. Fräulein Tochter, auf der Frey Adelichen Burg allhier, Priesterlich copuliren, Donnerstags den 28ten Aug. 
(Datensatznummer 6298 & 6311)

1801 findet sich dann folgender Eintrag in beiden Kirchenbüchern:
den 2. Juni, Dienstag Nachmittag gegen 5 Uhr ist Johann Ludwig, Johannes Theißen Söhnlein, auf der Tuchbleich in das sogenannte Weyher baden gegangen, und ist bei sehr grosem Wasser ertrunken [fiel an der Tuchbleiche unglücklicherweise in einen Teich und da niemand zugegen war, so mußte er ertrinken], es wurden zwar allerlei Versuch von H(errn) Professor Müller, H(errn) Amtsfisicus Schwabe und Amtschirurgus Keller gemacht, um daselbe wieder zum Leben zu bringen, da es aber über zwei Stunden im Wasser gelegen, und lange dauerte bis die Doctors herbei kamen, so war alle Mühe vergeblich. Sein Alter war 4. Jahr 2. Monath und 1. Tag. Den 4. Juni ist es beerdigt worden.
(Datensatznummer 6512)

1803 findet sich folgender Eintrag im KB Großen-Linden:
Adam Henrich Herbert, Feldschütz in Kleinlinden, kam unglücklicherweise unter 4. Wilde Fuhrmanns Pferde, welche er aus dienstfertigkeit aufhalten wollte und wurde elendiglich zertreten, und zu Tode gestoßen, den 8.July starb er den nemlichen Tage, da ihm das Unglück begegnete, jedoch bey gutem Verstand und Gebät endigte er sein Leben. Atat. 65 Jahr 8 Mon. und 7 Tage. Er wurde den 10ten July begraben.
(Datensatznummer 5874)

1873:
Im Jahre Christi Achtzehnhundert Drei und Siebzig den zehnten April gegen Abend um sieben Uhr starb einen schnellen gewaltsamen Tod zerschmettert durch einen auf ihn gefallenen Baumstamm Ludwig Viehmann, hiesiger Ortsbürger und Taglöhner, alt vier und dreißig Jahre, zehn Monate und vier Tage und wurde den Zwölften desselben Monats Nachmittags um fünf Uhr christlichem Gebrauche nach zur Erde bestattet in Gegenwart
   des hiesigen Ortsbürgers und Leichenbeschauers Johannes Weigel Vierten
   des hiesigen Ortsbürgers und Taglöhners Philipp Holler,
   welche gegenwärtiges Protocoll nebst mir dem Pfarrer unterschrieben haben.
(Datensatznummer: 10545) [Der Eintrag ist auch interessant, da ein "Leichenbeschauer" genannt wird.]